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Vor 35 Jahren: Der Tod von Josip Broz Tito

Der Tod von Josip Broz Tito die Folgen für Jugoslawien

Mit einer schweren Thrombose im linken Bein wurde Josip Broz, genannt Tito, im Januar 1980 in ein Krankenhaus in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana eingeliefert. Die Amputation seines Beines konnte Titos Gesundheitszustand nicht mehr verbessern, sodass er kurz vor seinem 88sten Geburtstag am 04.05.1980 (15 Uhr 05) in diesem Krankenhaus verstarb. Sein Leichnam wurde von Ljubljana nach Belgrad überführt, wobei ihm Millionen Menschen die letzte Ehre erwiesen. An seiner Bestattung am 08.05.1980 in Belgrad nahmen vier Könige, fünf Prinzen, 31 Staatspräsidenten, 22 Ministerpräsidenten, 47 Außenminister und 6 Parlamentspräsidenten teil. Insgesamt waren Vertreter aus 127 Staaten anwesend, für die Bundesrepublik Deutschland nahm der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt teil. Keinem anderen Begräbnis eines Staatspräsidenten im 20. Jahrhundert wurde eine solch hohe Anteilnahme von hochrangigen politischen und staatlichen Vertretern zuteil. Seine letzte Ruhe fand Tito im Belgrader Mausoleum „Haus der Blumen“.

 

Nach seinem Tod wurde die Funktion des Staatsoberhauptes vom Präsidium der SFRJ übernommen. In diesem Präsidium saßen jeweils ein Vertreter aus jeder jugoslawischen Republik und autonomen Gebietskörperschaft. Auch der Vorsitzende des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens war von Amtswegen Mitglied in diesem Präsidium. Der Vorsitzende des Präsidiums, der ebenfalls als Staatspräsident fungierte, wurde jährlich aus dem Kreise der Vertreter der jugoslawischen Republiken und autonomen Gebietskörperschaften gewählt. Jede jugoslawische Republik und autonome Gebietskörperschaft stellte so in einem regelmäßigen Rhythmus den Vorsitzenden des Präsidiums der SFRJ und damit das amtierende jugoslawische Staatsoberhaupt.

 

Titos innenpolitische Integrationskraft konnte allerdings von keinem jugoslawischen Politiker oder Organ ersetzt werden. Eine Wirtschaftskrise führte in den 80er Jahren zunehmend zur jugoslawischen System- und Sinnkrise. Eine viel zu spät eingeführte Demokratisierung konnte die Desintegration der jugoslawischen Föderation nicht mehr aufhalten. Erst am 08.08.1990 wurden das Einparteiensystem und der Selbstverwaltungssozialismus durch eine Änderung der jugoslawischen Verfassung zugunsten der Einführung eines Mehrparteiensystems und der Marktwirtschaft abgeschafft. Die jugoslawischen Völker drifteten zu dieser Zeit bereits mit unterschiedlicher Intensität und Geschwindigkeit auseinander. Der staatliche Zerfall der SFRJ begann im Jahre 1991 und führte zu einem ethnischen Krieg zwischen einzelnen jugoslawischen Völkern. Mit der Proklamation der Bundesrepublik Jugoslawien am 27.04.1992 war die staatliche sozialistische Ära formell beendet.  In den nostalgischen Erinnerungen einiger lebt die Zeit des Titoismus und des gemeinsamen jugoslawischen Staates  immer noch fort.

 

Die von Tito initiierte Antwort auf die makedonische Frage war hingegen nachhaltig. Die staatsrechtliche Anerkennung der ethnischen bzw. slawischen Makedonier als eigenständige jugoslawische Ethnie bzw. Nation und die Schaffung eines makedonischen Staatswesens im Rahmen einer jugoslawischen Föderation geht im Wesentlichen auf die Politik des jugoslawischen Politikers und Staatsmannes Josip Broz Tito zurück. Unter seiner Leitung erfolgte am 29.11.1943 auf der Zweiten Sitzung des „Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Jugoslawiens“ (AVNOJ) formell die Anerkennung der ethnischen bzw. slawischen Makedonier, als gleichberechtigt mit den übrigen jugoslawischen Völkern und damit als eigenständige Ethnie bzw. Nation. Mit dieser Anerkennung war auch die Schaffung eines makedonischen Staatswesens verbunden, aus dem die heutige „Republik Makedonien“ hervorging. Die formelle Gründung eines makedonischen Staates erfolgte am 02.08.1944 auf der konstituierenden Sitzung des „Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Makedoniens“ („Antifaschistische Sobranje der Volksbefreiung Makedoniens“, ASNOM) im damals von den Besatzern befreiten und heute in Serbien liegenden Klosters Prohor Pčinski.

 

Die ersten Lebensjahre von Tito

Josip Broz wurde am 07.05.1892 im kroatischen Kumrovec geboren, das damals noch zu Österreich-Ungarn gehörte. Sein Geburtstag wurde jedoch ab 1945 immer am 25.05. als „Tag der Jugend“ begangen. Hintergrund ist, dass Josip Broz Tito am 25.05.1944 in seinem Unterschlupf bei Drva nur knapp einer militärischen Strafexpedition der deutschen Besatzer entging. Den Zusatznahmen „Tito“, dessen genauer Ursprung unklar und Gegenstand von Legenden ist, verwendete Josip Broz ab dem Jahr 1934. Josip Broz Tito, nachfolgend Tito genannt, wurde als siebtes Kind eines kroatischen Vaters und einer slowenischen Mutter geboren. Tito absolvierte in Sisak eine Lehre als Schlosser. Nach seiner Lehre arbeitete er als Metallarbeiter in verschiedenen Firmen, unter anderem in Zagreb, in der Autofabrik Laurin & Klement im böhmischen Jungbunzlau und ab 1911 bei Benz & Cie in Mannheim / Deutschland. Danach arbeitete er bis zu seiner Einziehung in die Armee von Österreich-Ungarn im Jahre 1913 als Einfahrer bei Daimler in Wien Neustadt. Im Ersten Weltkrieg wurde Tito zunächst als Artillerie-Unteroffizier an die Front gegen Serbien eingesetzt. Im Jahr 1915 geriet er an der Ostfront in russische Kriegsgefangenschaft. Während der russischen Februarrevolution im Jahre 1917 wurde Tito aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und kam im Juni nach Petrograd. Dort betätigte sich der bereits 1910 der Sozialdemokratischen Partei Beigetretene politisch. Von der Oktoberrevolution beeinflusst, trat Tito in die Rote Armee ein und kämpfte mit ihr im Bürgerkrieg zwischen den Bolschewisten und ihren Gegnern. Im Jahre 1920 kehrte Tito in das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen zurück, aus dem 1929 das zentralistisch organisierte „Königreich Jugoslawien“ hervorging.

 

Tito im Königreich Jugoslawien und im Ausland

Nach seiner Heimkehr schloss sich Tito der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) an. Zunächst widmete er sich jedoch seiner kriminellen Laufbahn. Als ausgebildeter Schmied und Schlosser setzte er seine Kenntnisse zur Herstellung von Nachschlüsseln und Brecheisen ein. Als Einbrecher verurteilt gewesen, kam er im Jahr 1928 durch eine allgemeine Amnestie wieder frei. Die Akten der jugoslawischen Polizei belegen seine Beteiligung an einem Raubüberfall in einem Dorf bei Zagreb und die Mitgliedschaft in einer Geldfälscherbande. Bei dem Raumüberfall kam ein Gendarm ums Leben und weitere wurden verletzt. Doch mehr als seine kriminelle Laufbahn brachte ihn seine politische Laufbahn in den Konflikt mit den jugoslawischen Behörden. Im Jahr 1927 wurde Tito zum Sekretär der Metallarbeitsgewerkschaft gewählt. Da die KPJ im Königreich Jugoslawien verboten war, wurde Tito wegen politischer Agitation mehrfach inhaftiert. Nach seiner letzten Inhaftierung von 1928 bis 1934 emigrierte er nach Paris. Im Jahr 1934 wurde Tito in das Zentralkomitee des Politbüros der KPJ gewählt. Von 1936 bis 1938 engagierte er sich auf Seiten der Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg, indem er die Einschleusung von 11.000 jugoslawischen Kämpfern nach Spanien organisierte. Von diesen Kämpfern kehrten über 10.000 nicht mehr nach Jugoslawien zurück. An der Seite des französischen Kommunistenführers André Marty beteiligte sich Tito im spanischen Albacete auch an der militärischen Schulung der kommunistischen Kämpfer der Internationalen Brigade. Nach blutigen Parteisäuberungen wurde Tito im Jahre 1937 von der Komintern zum Generalsekretär der KPJ ernannt. Sein Vorgänger, Milan Gorkić, fiel der Säuberungsaktion zum Opfer. Tito galt in dieser Zeit als zuverlässiger Anhänger Stalins und wurde 1940 als Generalsekretär der KPJ bestätigt. Seine weitere Laufbahn wurde durch die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges bestimmt. Zunächst trat das Königreich Jugoslawien am 25.03.1941 dem Dreimächtepakt zwischen Deutschland, Italien und Japan bei. In der Nacht vom 26. auf dem 27.03.1941 fand jedoch ein Putsch gegen die damalige jugoslawische Regierung statt. Die Putschisten unter der Führung des jugoslawischen Generals Dušan Simović sympathisierten mit den Westmächten. Kurze Zeit später, vom 06.04. bis zum 17.04.1941, eroberte die deutsche Wehrmacht das Königreich Jugoslawien, das am 17.04.1941 kapitulierte. Die Kapitulation beendete das Königreich Jugoslawien, das mehr aufgrund seiner innenpolitischen Gegensätze zerfiel und deswegen kaum Widerstand leisten konnte. Die deutschen und italienischen Besatzer teilten das Land zusätzlich auf.

 

Tito als Partisanenführer im Zweiten Weltkrieg

Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf das Königreich Jugoslawien lebte Tito zunächst unbehelligt in Belgrad. Erst nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion am 22.06.1941 musste Tito untertauchen. Im Untergrund organisierte er erfolgreich den Volksbefreiungskampf gegen die deutschen und italienischen Besatzer als auch gegen seine Gegner im eigenen Land. Zu den Gegnern des kommunistischen Volksbefreiungskampfes im eigenen Land gehörten vor allem die serbischen Tschetnik-Freischärler, die als königstreu galten und für ein Großserbien eintraten, sowie die Anhänger der kroatischen, faschistischen Ustascha-Bewegung, die mit deutscher Billigung einen eigenen kroatischen Staat ausgerufen hatten. Anfang 1942 nahm die Bewegung um Tito und seinen ranghöchsten Offizier Milovan Djilas einen größeren Umfang an und konnte so den Volksbefreiungskampf beginnen. Bis 1943 hatten sich in allen Gebieten Jugoslawiens Partisanen-Einheiten organisiert, die mit großem Erfolg gegen ihre Gegner kämpften. Während des Volksbefreiungskampfes wurde Tito zum Marschall ernannt und nach der Konferenz von Teheran im Jahre 1943 von den Alliierten unterstützt.

Mit dem Volksbefreiungskampf ging auch die politische Neuordnung Jugoslawiens einher. Als politisches Leitungsorgan für das zu befreiende Jugoslawien schuf Tito den  „Antifaschistischen Rat der Volksbefreiung Jugoslawiens“ (AVNOJ). Die erste Sitzung fand am 26.11. und 27.11.1942 im nordbosnischen Bihać statt, die zweite am 29.11. und 30.11.1942  in der nordbosnischen Stadt Jajce. Auf dieser zweiten Sitzung wurde die Neuordnung Jugoslawiens konkretisiert und ein föderales und demokratisches Jugoslawien proklamiert. Damit war formell der Grundstein der „Föderativen Volksrepublik Jugoslawien“ gelegt, die im Jahre 1963 in „Sozialistisch Föderative Republik Jugoslawien“ (SFRJ) umbenannt wurde. Auch der Grundstein für die staatsrechtliche und soziologische Entwicklung der makedonischen Nation und ihres Staatswesens wurde auf der zweiten Sitzung des AVNOJ gelegt. Zum Ende des Jahres 1944 übte der Antifaschistische Rat die Macht in ganz Jugoslawien aus und Tito genoss sehr große Popularität – auch im Ausland.

Die Volksbefreiungsarmee hatte im Wesentlichen aus eigener Kraft den Kampf gegen die deutschen Besatzer und ihre jugoslawischen Gegner gewonnen. Dies war letztendlich auch die Grundlage für Titos Macht. Zunächst wurde im März 1945 auf Druck des Auslandes eine provisorische Regierung aus 20 Mitgliedern des Antifaschistischen Rates aus 5 Mitgliedern nicht kompromittierter jugoslawischer Vorkriegsparteien und 3 Mitgliedern der jugoslawischen Exilregierung aus London gebildet. Ministerpräsident dieser Regierung wurde Tito. Doch schon bald erkannten Tito und seine Bewegung die Exilregierung nicht mehr an und drängten alle nichtkommunistischen Mitglieder aus der provisorischen Regierung raus. Die Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung am 11.11.1945 erfolgen nicht mehr frei auf Basis einer Einheitsliste. Die als Nachfolgerin der Volksbefreiungsfront gegründete „Volksfront“ gewann so die Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung. Die Monarchie wurde abgeschafft und am 29.11.1945 die „Föderative Volksrepublik Jugoslawien“ proklamiert. Jugoslawien wurde damit zu einem kommunistischen Einparteienstaat unter Titos Führung.

 

Tito als jugoslawischer Staatsmann

Tito war alles andere als ein Demokrat. Seine politischen Gegner wurden verfolgt und inhaftiert. Auch fanden unter seiner Herrschaft große Vertreibungsaktionen und Kriegsverbrechen statt, so unter anderem die Massaker von Bleiburg und Kočevje, bei denen über 30.000 Menschen getötet wurden. Gegenüber der Sowjetunion konnte Tito sehr unabhängig agieren, da der Volksbefreiungskampf ohne direktes Eingreifen der Roten Armee erfolgreich gewesen ist und auch nur wenige sowjetische Truppen im Land waren. Zunächst orientierte sich Tito an Stalin, doch schon bald ging er seinen eigenen Weg im Sozialismus. Am 28.06.1948 kam es zum Bruch mit der Sowjetunion und den sowjetisch abhängigen Ostblockstaaten. In Folge lehnte sich Tito stärker an den Westen an, konnte gleichzeitig Jugoslawien als blockfreien Staat etablieren und sich so ein großes Maß an internationaler Unabhängigkeit sichern. Die Normalisierung der Beziehungen mit der Sowjetunion und den Ostblockstaaten erfolgte erst 1956 wieder, als Stalin tot und Nikita Chruschtschow an der Macht war. Unter Tito nahm der staatliche Sozialismus in Jugoslawien eine besondere Form an und wurde daher auch als Titoismus bezeichnet. Im Gegensatz zum sowjetischen System wurde ein System von tatsächlicher staatlicher und betrieblicher Selbstverwaltung in Jugoslawien eingeführt. Sowohl bei der Organisation ihres Betriebes als auch des Staates wurden die Bürger beteiligt. Auch wenn dies noch kein demokratisches System war, hatten die Bürger wesentlich mehr Freiheiten. Dieses System wurde bis in die 70er Jahre immer weiter ausgebaut. Mit der letzten Verfassung der Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien vom 21.04.1974 und dem Gesetz über die assoziierte Arbeit aus dem Jahre 1976 erreichte der Selbstverwaltungssozialismus seinen formellen und materiellen Höhepunkt. Nach dem sich die erste jugoslawische Nachkriegsverfassung vom 31.01.1946 noch an der Sowjetunion orientierte, definierte die erste große Revision der jugoslawischen Verfassung vom 14.01.1953 bereits den Selbstverwaltungssozialismus und ermöglichte die Wahl von Tito zum jugoslawischen Staatspräsidenten. Dieses Amt hatte Tito aufgrund einer weiteren umfangreichen Verfassungsrevision im Jahre 1963 dann auf Lebenszeit inne. Außenpolitisch setzte sich Tito für die Gleichberechtigung der Staaten, die friedliche Koexistenz der Blöcke und für die Entwicklungsländer ein. Zusammen mit dem ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser und dem indischen Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru forcierte er eine Politik der Blockfreiheit, die mit der Gründung der „Bewegung der blockfreien Staaten“ auch institutionalisiert wurde. Durch seine auf Ausgleich abzielende Politik als angesehener Vertreter der blockfreien Staaten und mithilfe seines Charismas verschaffte er sich in der internationalen Gemeinschaft ein hohes Ansehen. Den Einmarsch der sowjetischen Truppen in die Tschechoslowakei kritisierte Tito sehr scharf, womit er seinen unabhängigen Weg im Sozialismus gegenüber der Sowjetunion einmal mehr verdeutlichte.  Innenpolitisch blieb Tito autoritär, ermöglichte jedoch durch die Absetzung des ebenfalls sehr autoritären jugoslawischen Innenministers Alexander Ranković im Jahre 1966 eine Liberalisierung von Staat und Gesellschaft. Es kam nicht nur zu einer relativen Freiheit von Kunst und Kultur, sondern auch zur weiteren Dezentralisierung des Staates und der Autonomisierung der staatlichen Einheiten. Auf eine besonders liberale und auch nationalistische Bewegung in Kroatien, den sogenannten kroatischen Frühling, reagierte er hingegen wieder kritisch. Es kam zu Massenverhaftungen, da er den Kern des jugoslawischen Sozialismus – die „Brüderlichkeit und Einheit“, gefährdet sah.

Mit der Verfassung von 1974 wurde nicht nur der jugoslawische Föderalismus und die Arbeiterselbstverwaltung gestärkt, sondern die Macht von Tito als jugoslawischer Staatspräsident. Er erhielt umfangreiche Vollmachten und war gegenüber keinem staatlichen Organ politisch oder rechtlich verantwortlich. In jeder jugoslawischen Republik und autonomen Gebietskörperschaft wurde eine Stadt nach Tito benannt, wie beispielsweise die Stadt Titov Veles (Veles) in der jugoslawischen Republik Makedonien.

 

Tito und Willy Brand

Tito und die makedonische Frage

Die Beantwortung der makedonischen Frage durch die staatsrechtliche Anerkennung einer makedonischen Nation und die Schaffung eines makedonischen Staatswesens geht maßgeblich auf Tito zurück. Der Streit zwischen Serbien und Bulgarien um das Gebiet von Makedonien (Vardar-Makedonien) destabilisierte diese Region seit den Balkankriegen in den Jahren 1912/1913. Für die Serben galten die Makedonier als Südserben, für die Bulgaren als Angehörige des bulgarischen Volkes. Durch die Anerkennung einer eigenständigen makedonischen Ethnie bzw. Nation wurde ein ethnologisches Vakuum in diesem Gebiet gefüllt und damit eine wesentliche Grundlage für den bulgarisch-serbischen Streit um die Vorherrschaft in Makedonien entzogen. Titos Politik zielte vor allem gegen die Politik der bulgarischen Kommunisten, die Makedonien zu einem unabhängigen Staat machen wollten. Dieser makedonische Staat hätte in dem Fall unter der Kontrolle Bulgariens gestanden. Durch ein eigenes makedonisches Nationalbewusstsein wurde der bulgarische Einfluss in Makedonien geschwächt und die dortige Bevölkerung konnte somit erfolgreich für den jugoslawischen Volksbefreiungskampf und die jugoslawische Idee gewonnen werden.  Folgerichtig war mit der Anerkennung einer makedonischen Nation auch die Schaffung eines makedonischen Staatswesens verbunden. Die Politik Titos in der makedonischen Frage ging im Wesentlichen auf. Die makedonische Nation und das makedonische Staatswesen konnten sich im Rahmen der jugoslawischen Föderation fest neben den anderen jugoslawischen Völkern mit ihren Staatswesen etablieren. Oft wird behauptet, dass Tito die makedonische Nation ohne jede weitere Grundlage oder Legitimation einfach aus politischen Gründen heraus erfunden hat. Diese Behauptung ist jedoch nicht richtig. Tito griff eine bereits vorhandene Entwicklung auf, die sicher noch nicht abgeschlossen und daher ergebnisoffen war. Nicht die Erfindung sondern die Anerkennung der ethnischen bzw. slawischen Makedonier als Ethnie bzw. Nation und die Schaffung eines makedonischen Staatswesens führte zum heutigen Resultat dieser Entwicklung. Heute sind die ethnischen bzw. slawischen Makedonier unbestreitbar eine eigenständige Nation, die sich weder der bulgarischen noch der serbischen Nation zugehörig fühlt. Diese Entwicklung wird international anerkannt, auch wenn Bulgarien teilweise noch immer die makedonische Nation als Kunstprodukt ansieht und Griechenland die Bezeichnung dieser Nation und ihres Staatswesens in Frage stellt. Jedenfalls hat die Existenz einer makedonischen Nation und eines makedonischen Staatswesens zu großer Stabilität in einer zuvor sehr instabilen und umkämpften Region geführt. Titos Antwort auf die makedonische Frage ist jedenfalls von nachhaltiger Wirkung und damit wohl die bestmögliche Antwort auf die makedonische Frage.