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Juli 2008

Der Exodus der Ägäis-Makedonier (Teil 1)

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UPDATE: VIDEO: http://www.youtube.com/watch?v=LOFcR2yTKN8

Aleksandra Cvetanoska hat ihren Bruder Gjorgji nach 54 Jahren in Australien gefunden. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie in Heimen in Polen, nachdem sie als Zweieinhalbjahre altes Kind mit anderen Kindern des Dorfes „Shtrkovo“ gebracht wurde.

Doca Gogarevska aus „Sheshtevo“ hatte ihre Mutter nie gesehen. Nach der Massenevakuierung der Kinder aus Ägäis-Makedonien 1948 starb ihre Mutter kurz nachdem griechische Soldaten ihren Mann und ihre beiden größeren Töchter auf irgendeine Insel gebracht und interniert wurden.
Beide Schwestern leben heute in Griechenland, der ältere Bruder in Tschechien. Der kleinere Bruder ist mit ihr in Polen.

„Das erste Treffen mit meinen Eltern war nach acht Jahren. Als ich sie zum ersten Mal sag, empfand ich sie nicht als Vater und Mutter, nicht mal den Bruder als Bruder. Ich bin in Heimen aufgewachsen, ich habe dieses Gefühl verloren“, sagt Vaska Petroska.

Als man Sofija Ristoska mitteilte, dass sie zu ihren Eltern nach Polen müsse, bat sie weiterhin im Heim bei den anderen Flüchtlingskindern in Rumänien zu verbleiben.

Fana Martinova, Lena Miljova, Milka Damoska und Ksantipa Kirova stiegen als 10-jährige Mädchen im Frühling 1948 auf den Kirchturm des Dorfes Pozdivishta (Kostur/Kastoria) und sangen das Lied: „Zbogum Majko, Zbogum Tatko, Zbogum rodnini, jas odam na dalechen pat“ (dt. Lebe wohl Mutter, Lebe wohl Vater, Lebe wohl geliebte Verwandte, ich gehe auf eine weite Reise“). Sie kamen nie zurück. Sie verbrachten ihre Jugend in Weisenheimen in Rumänien und Polen und als sie älter wurden gingen sind weg. Lena ging nach Toronto, Kanada, Ksantipa heiratete einen Polen und blieb in Polen, Milka ging zu ihrem Vater, der in Taschkent lebte, und Fana kam zurück nach Makedonien. Nach 40 Jahren sahen sie sich wieder.

Als Jane Bendevski seinen Geburtsort Orovo besuchte, fand er keine Spur von dem Dorf. Die Grundsteine seines Elternhauses fand er nur auf Basis einer von einem anderen gezeichneten Karte.

Dies sind nur wenige Eindrücke des großen Dramas, welches die „Detsa Begaltsi“ (dt. die vertriebenen Kinder“) und ihre Eltern aus dem griechischen Teil Makedoniens während und nach dem griechischen Bürgerkrieg 1946-1949 erlebten mussten.
In diesem Jahr werden es nun 60 Jahre her sein, seit dem diese Tragödie stattfand, welche in dem kollektiven Bewusstsein aller Makedonier verankert ist.

Die Makedonier zahlten den höchsten Preis für den Bürgerkrieg in Griechenland. Zwischen 25.000 und 30.000 Kinder aus Ägäis-Makedonien wurden von ihren Eltern getrennt und in sog. demokratische Länder des kommunistischen Blocks gebracht. Alle Kinder hatten keine wirkliche Kindheit. Die schönste Zeit ihres Lebens verbrachten sei in Weisenheimen ohne die Zuwendung ihrer Eltern. Unter ihnen waren makedonische und griechische Kinder. Ihre Eltern, Brüder und Schwestern blieben zurück und kämpften in einem Krieg, den sie schon verloren hatten. Ebenfalls ca. 30.000 makedonische Kinder wurden mit Gewalt von griechischen Soldaten und Polizisten den Müttern weggenommen und unter der Schirmherrschaft der damaligen Königin Frederika in Weisenheime gebracht.

Später bestimmte die Kommunistische Partei Griechenlands, dass die kleinen Kinder über die Grenze nach (damals) Jugoslawien überführt werden sollten. Damals wurde den Kindern gesagt, dass sie schnell wieder zurückkehren würden, denn sie würden gewinnen. Doch sie kamen nie wieder zurück, weder nach einem Jahr, noch nach zehn und 60 Jahren. Nur die griechischen Kinder kamen zurück, nicht jedoch die makedonischen, weil sie eben nicht griechisch waren.

Die Kinder am Bahnhof in Skopje

Mehr als ein halbes Jahrhundert war es ihnen nicht gestattet, die Orte zu besuchen, wo sie ihre Kindheit verbracht hatten. Ihre Versuche das Land zu betreten endeten bereits an der Grenze. Sie wurden von griechischen Beamten zurückgewiesen.

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