von Andreas Schwarz
In vielen Artikeln wurde der von 1991 bis 2019 bestehende sogenannte Namensstreit zwischen der Hellenischen Republik (Griechenland) und der Republik Makedonien sowie die daraus resultierende Namensfrage für die Republik Makedonien hauptsächlich aus Sicht des Völkerrechts behandelt. Doch diese Namensfrage und ein möglicher Namenskompromiss im sogenannten Namensstreit waren auch eine staatsrechtliche Frage für die Republik Makedonien. Denn jede mögliche Änderung oder Ergänzung des verfassungsmäßigen Namens der Republik Makedonien berührt auch ihre verfassungsrechtlichen Grundlagen. Daher soll in diesem Artikel der staatsrechtliche bzw. der verfassungsrechtliche Aspekt der Namensfrage der Republik Makedonien behandelt werden, auch wenn aufgrund der Überwindung des sogenannten Namensstreits die Thematik nur noch von akademischer Natur ist.
Der makedonische Staat als Staatsrechtssubjekt der jugoslawischen Föderation
Der makedonische Staat wurde mit der Eröffnung der ersten Tagung des Antifaschistischen Sobranje der Volksbefreiung Makedoniens im Kloster Prohor Pčinski (heute in der Republik Serbien gelegen) am 02.08.1944 gegründet und als „Volksrepublik Makedonien“ am 30.04.1945 innerhalb der „Föderativen Volksrepublik Jugoslawien“ proklamiert. Am 07.07.1963 trat eine Änderung der Staatsnamen der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien und der Volksrepublik Makedonien in Kraft; nach dieser Änderung waren die offiziellen Staatsnamen „Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien“ und „Sozialistische Republik Makedonien“.
Der erste Schritt in Richtung formelle Unabhängigkeit der Republik Makedonien erfolgte am 25.01.1991 durch die „Souveränitätserklärung“ des Parlaments der Sozialistischen Republik Makedonien. Per Akklamation stimmte die Sobranje für diese Souveränitätserklärung, in der das „Recht auf Selbstbestimmung einschließlich des Rechtes auf Sezession“ von der Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) betont wurde. Nach der Einführung des Mehrparteiensystems und der Marktwirtschaft im Jahr 1990 wurde folgerichtig durch Parlamentsbeschluss vom 15.04.1991 die Sozialistische Republik Makedonien in „Republik Makedonien“ umbenannt. Dieser Beschluss trat am 07.06.1991 in Kraft.
In einem Referendum am 08.09.1991 sprachen sich bei einer Wahlbeteiligung von 75% über 90% der Abstimmungsberechtigten der Republik Makedonien für die Unabhängigkeit und Souveränität dieser Republik aus, wobei diese das Recht haben sollte, einem neu zu formierenden und später nie gegründeten jugoslawischen Staatsgefüge aus souveränen Staaten beizutreten. Am 18.09.1991 erklärte die Republik Makedonien unter ihrem verfassungsmäßigen Namen „Republik Makedonien“ ihre Unabhängigkeit. Das makedonische Parlament nahm am 18.11.1991 eine neue Verfassung an, die am 20.11.1991 proklamiert wurde. In dieser bis heute gültigen Verfassung wird die Republik Makedonien als souveräner, unabhängiger, demokratischer und sozialer Staat definiert.
Aufgrund des Prespa-Abkommens mit Griechenland vom 17.06.2018 erfolgte am 11.01.2019 eine Änderung der Verfassung der Republik Makedonien, welche am 12.02.2019 in Kraft trat. Mit dieser Änderung wurde die völkerrechtliche und staatsrechtliche Bezeichnung von „Republik Makedonien“ in „Republik Nord-Makedonien umbenannt.
Noch einmal der völkerrechtliche Aspekt
Aufgrund des sogenannten Namensstreits zwischen der Hellenischen Republik und der Republik Makedonien von 1991 bis 2019 erfolgte zunächst nur zögerlich eine völkerrechtliche Anerkennung der Republik Makedonien durch die Staatengemeinschaft. Am 07.04.1993 nahmen die Hellenische Republik und die Republik Makedonien ein Vermittlungsangebot der Vereinten Nationen an. Bis zu einer endgültigen Lösung des sogenannten Namensstreits wurde die Republik Makedonien als „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ in die Vereinten Nationen aufgenommen, was am 08.04.1993 per Akklamation durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) erfolgte. Die Lösungsfindung im sogenannten Namensstreit sollte gemäß der Resolution 845 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen unter Schirmherrschaft der Vereinten Nationen in bilateralen Gesprächen zwischen der Hellenischen Republik und der Republik Makedonien erfolgen. Diese Gespräche führte erst im Juni 2018 zu einem Erfolg und zu einer daraus resultierenden Überwindung des sogenannten Namensstreits im Jahr 2019. Nach der Aufnahme der Republik Makedonien in die Vereinten Nationen erfolgte ihre weitgehende völkerrechtliche Anerkennung durch andere Staaten. Im bilateralen völkerrechtlichen Verkehr wird die Republik Makedonien von der überwiegenden Mehrheit der Staaten unter ihrem verfassungsmäßigen Namen „Republik Makedonien“ anerkannt.
Die Republik Nord-Makedonien (25.713km²) ist Teil der größeren geographischen Region Makedonien (67.313km²). Die anderen Teile der geographischen Region Makedonien gehören zur Hellenischen Republik (Ägäisch-Makedonien, 34.800 km²) und zu Bulgarien (Pirin-Makedonien, 6800km²). Allein der hellenische Teil von Makedonien ist größer als die Republik Nord-Makedonien. Diese Tatsache und der Anspruch auf das kulturelle Erbe des antiken Makedoniens durch die Hellenische Republik begründeten den Namensstreit. Konkret forderte die Hellenische Republik einen Namen mit geographischer Spezifizierung für die Republik Makedonien. Dieser Name sollte eine universelle Verwendung („erga omnes“) finden und nicht bloß in bestimmten Fällen, wie etwa im bilateralen Verkehr zwischen der Hellenischen Republik und der Republik Makedonien. Hier gab die Republik Makedonien nach und heißt seit dem 12.02.2019 („erga omnes“) „Republik Nord-Makedonien“
Die Namensgebung der Republik Makedonien bzw. der Republik Nord-Makedonien ist grundsätzlich durch das Völkerrecht gedeckt und folgt unmittelbar aus dem Selbstbestimmungsrecht eines Volkes. Das grundsätzliche Problem ist folgender Präzedenzfall: Das antike Makedonien und die antiken Makedonier werden nach mehrheitlicher Auffassung der hellenischen Geschichte und Kultur zugerechnet. Darauf begründet die Hellenische Republik auch ihren grundsätzlich alleinigen Anspruch auf die Bezeichnungen „Makedonien“ und „Makedonier“. Sie sah in der Verwendung der Bezeichnungen Makedonien und Makedonier durch die Republik Makedonien und die mit ihr assozierte makedonische Nation eine Verletzung ihrer kulturellen Integrität, die wir formell als Unterfall der territorialen Integrität auffassen können.
Die Republik Makedonien leitete ihren Namen und die Bezeichnung ihrer Nation vom geographischen Makedonien im heutigen Sinne ab. Das heutige Makedonien unterscheidet sich territorial und materiell vom antiken Makedonien, ebenso unterscheiden sich die heutigen Makedonier personell und materiell von den antiken Makedoniern. Die völkerrechtlich zu klärende Frage war: Hat die Republik Makedonien aufgrund des völkerrechtlich verbrieften Selbstbestimmungsrechtes das Recht die Bezeichnung „Republik Makedonien“ zu verwenden oder stellt diese Bezeichnung eine Verletzung der kulturellen Integrität (Unterfall der territorialen Integrität) der Hellenischen Republik dar. Dies war der völkerrechtliche Präzedenzfall, der geklärt und entschieden werden musste.
Kein Präzedenzfall und kein Widerspruch zum Völkerrecht ist hingegen die Tatsache, dass die Republik Makedonien bzw. die Republik Nord-Makedonien nur ein Teil der geographischen Region Makedonien ist und es auch drei griechische Regionen mit den Namensbestandteil Makedonien gibt: West-Makedonien, Zentral-Makedonien und Ost-Makedonien-Thrakien. Es gibt auf internationaler Ebene genügend Beispiele dafür, dass ein Völkerrechtssubjekt nur Teil einer größeren Region gleichen Namens ist, bzw. dass ein Völkerrechtssubjekt die gleiche Bezeichnung trägt wie die Region eines anderen Völkerrechtssubjektes. Beispiele hierfür sind: Asserbaidschan (Völkerrechtssubjekt und gleichnamige iranische Provinz), Luxemburg (Völkerrechtssubjekt und gleichnamige belgische Provinz) und Kongo (zwei gleichnamige Völkerrechtssubjekte). In keinem der Fälle wird die Gefahr einer Verwechselung gesehen oder bedarf es zusätzlicher Bezeichnungen mit einer geographischen Spezifizierung.
Der staatsrechtliche Aspekt der Namensfrage
Der völkerrechtliche Aspekt der Namensfrage war auch für den staatsrechtlichen Aspekt der Namensfrage sehr wichtig. In Artikel 1 der Verfassung der Republik Makedonien vom 20.11.1991 sind die allgemeinen Staatsgrundsätze festgelegt. In Absatz 1 dieses Artikel heißt es bis zum 12.02.2019: „Die Republik Makedonien ist ein souveräner, selbstständiger, demokratischer und sozialer Staat“. Absatz 2 ergänzt: „Die Souveränität der Republik Makedonien ist unteilbar, unveräußerlich und unübertragbar“. Dieser Artikel legte ebenso wie die Präambel der Verfassung die staatsrechtliche Bezeichnung „Republik Makedonien“ abschließend fest. Auf völkerrechtlicher Ebene findet jedoch neben der staatsrechtlichen Bezeichnung auch die Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ Anwendung. Unter dieser Bezeichnung ist die Republik Makedonien Mitglied in den Vereinten Nationen und in anderen internationalen Organisationen. Einige Staaten verwenden die Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ auch in ihren bilateralen völkerrechtlichen Beziehungen zu ihr.
Ohne eine entsprechende Änderung der Verfassung der Republik Makedonien stellte die bloße Akzeptanz des Namens „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ oder jede von der verfassungsgemäßen Bezeichnung „Republik Makedonien“ abweichende Bezeichnung eine Verletzung von Artikel 1 Absatz 1 der makedonischen Verfassung dar. Auch die in dem Interimsabkommen vom 13.09.1995 gewählten Bezeichnungen der Vertragsparteien als Erste Partei (Hellenische Republik) und als Zweite Partei (Republik Makedonien) verletzten letztendlich die staatliche Souveränität und das völkerrechtliche Selbstbestimmungsrecht der Republik Makedonien. Letzteres war auch nicht mit der Unteilbarkeit, der Unverletzlichkeit und der Unübertragbarkeit der Souveränität gemäß Artikel 1 Absatz 2 der makedonischen Verfassung vereinbar.
Die Republik Makedonien hatte völkerrechtliche Verträge abgeschlossen, in der sie als Vertragspartner mit der Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ oder als „Zweite Partei“ auftrat. Hier war die Frage, ob diese völkerrechtlichen Verträge verfassungswidrig waren oder diese der Verfassung im Rang vor gingen. Gemäß Artikel 118 sind völkerrechtliche Verträge Teil der innerstaatlichen Rechtsordnung und können nicht durch Gesetz geändert werden, wenn sie gemäß der Verfassung ratifiziert worden sind. Völkerrechtliche Verträge stehen dem Rang nach unter der Verfassung und über den Gesetzen. Eine Änderung der Verfassung erfolgt durch völkerrechtliche Verträge nicht. Demnach kann der verfassungsmäßige Name der Republik Makedonien nicht alleine durch einen völkerrechtlichen Vertrag geändert oder ergänzt werden, es bedarf einer formellen Änderung der Verfassung der Republik Makedonien.
Artikel 2 Absatz 1 „In der Republik Makedonien erwächst die Souveränität aus den Bürgern und gehört den Bürgern“, Artikel 2 Absatz 2 „Die Bürger der Republik Makedonien üben die Staatsgewalt durch demokratisch gewählte Vertreter, durch Volksentscheide und anderer Formen der unmittelbaren Willensäußerungen aus“ und das in Artikel 1 Absatz 1 der makedonischen Verfassung als Staatsgrundsatz festgelegte „Demokratieprinzip“, wurden dadurch verletzt, dass der im Referendum vom 08.09.1991 geäußerte Wille der Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien missachtet wurde. Nach diesem Willen sollte der makedonische Staat als „Republik Makedonien“ seine Unabhängigkeit und Souveränität erklären.
Daraus kann ggf. abgeleitet werden, dass eine Änderung des verfassungsmäßigen Namens der Republik Makedonien, neben einer Änderung der Verfassung der Republik Makedonien gemäß der Artikel 129 bis 131 mit einer Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten im Parlament, auch einer Volksabstimmung bedürfen sollte. Zwingend erforderlich ist diese aufgrund der Verfassung der Republik Makedonien jedoch nicht. Im Falle der Namensänderung von „Republik Makedonien in „Republik Nord-Makedonien“ konnten die Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien über den Prespa-Vertrag vom 17.06.2018 und dessen verfassungsrechtlichen Implementierung entscheiden.
Bei dem entsprechenden Referendum am 30.09.2018 hatten allerdings nur 34,15 Prozent der 1.806.336 registrierten Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Zwar haben 90,94 Prozent der Abstimmenden für das Prespa-Abkommen mit Griechenland gestimmt, doch war für die Gültigkeit des Referendums eine Abstimmungsbeteiligung von über 50 Prozent bzw. von mindestens 903.169 Wahlberechtigten erforderlich.
Die konkrete Frage bei dem Referendum lautete: „Sind Sie für die Mitgliedschaft in EU und NATO durch die Annahme des Abkommens zwischen Makedonien und Griechenland?“. Diese komplexe Fragestellung war sowohl politisch als auch rechtlich sehr umstritten. Fragestellungen in Referenden müssen klar in der Sache sein und dürfen zu keinen missverständlichen Fragestellungen führen. Auch wer die Namensänderung ablehnte, war damit ja nicht automatisch gegen eine Mitgliedschaft der Republik Makedonien in der EU und NATO. Die Art der Fragestellung hätte aus verfassungsrechtlicher Sicht beanstandet werden müssen.
Trotz der Verknüpfung der Frage mit einer möglichen EU- und NATO-Mitgliedschaft der Republik Makedonien ging es in erster Linie um den Namenskompromiss mit Griechenland. Im Ergebnis hat die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien das Prespa-Abkommen nicht aktiv unterstützt, jedoch auch nicht ausdrücklich abgelehnt. Damit blieb von Seiten des makedonischen Staatsvolkes die Antwort auf die ausgehandelte Klärung der makedonischen Frage offen. Infolge lag die Entscheidung beim Parlament der Republik Makedonien.
Das Verfassungsgericht der Republik Makedonien zur Namensfrage
Das Verfassungsgericht der Republik Makedonien hatte mehrfach die Gelegenheit zu überprüfen, ob die Verwendung der Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ verfassungsgemäß war. In einem Normenkontrollverfahren war der Rechtsakt der Regierung der Republik Makedonien Gegenstand, mit dem die Aufnahme Makedoniens als „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ in die Vereinten Nationen beschlossen wurde. In einem anderen Fall war der zugehörige bilaterale völkerrechtliche Vertrag mit der Hellenischen Republik Gegenstand eines entsprechenden Normenkontrollverfahrens. Das Verfassungsgericht lehnte es in beiden Fällen ab die Dokumente wegen der Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ für verfassungswidrig zu erklären.
Auch in einem weiteren Fall lehnte es das Verfassungsgericht ab entsprechende Dokumente für verfassungswidrig zu erklären. In diesem Fall ging es um ein Normenkontrollverfahren zum Gesetz über die Ratifikation einer völkerrechtlichen Übereinkunft zwischen der Regierung der Republik Makedonien und der Weltbank über die Gewährung von Entwicklungskrediten, in der die Republik Makedonien als Vertragspartner mit der Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ auftrat.
Im Falle des Interimsabkommens vom 13.09.1995, in der die Republik Makedonien als Zweite Partei (Vertragspartei) bezeichnet wurde, lag wie weiter oben geschildert ein Verstoß gegen Artikel 1 der makedonischen Verfassung vor. Das makedonische Verfassungsgericht lehnte trotz dieser Sachlage aus formalen Gründen die Überprüfung der völkerrechtlichen Übereinkunft ab und wies den Antrag mit der Begründung zurück, dass nach Artikel 8 Absatz 1 Spiegelstrich 11 der Verfassung der Republik Makedonien die allgemeinen anerkannten Grundsätze des Völkerrechts Grundwerte der verfassungsmäßigen Ordnung seien. Demnach sei es völkerrechtlich anerkannt, dass der Minister für auswärtige Angelegenheiten als Vertreter der Regierung der Republik Makedonien berechtigt sei, die Republik Makedonien international zu vertreten. Darüber hinaus hätte das Verfassungsgericht allenfalls das Gesetz zur Ratifikation der Übereinkunft für verfassungswidrig erklären können. Selbst wenn das Interimsabkommen gemessen an der Verfassung der Republik Makedonien verfassungswidrig zustande gekommen und damit nicht gemäß Artikel 118 der makedonischen Verfassung Teil des makedonischen Rechtssystems geworden sein sollte, musste es aus völkerrechtlicher Sicht gleichwohl beachtet und umgesetzt werden. Grundsätzlich müssen völkerrechtliche Verträge eingehalten werden, auch wenn sie verfassungswidrig sind. Es gilt der Grundsatz: „pacta sunt servanda“. Das Verfassungsgericht der Republik Makedonien machte mit seinen Entscheidungen deutlich, dass die faktische Situation aufgrund des sogenannten Namensstreit mit der Hellenischen Republik Teil der rechtlichen Realität war und eine Lösung nur im Rahmen der Politik erfolgen konnte.
Fazit
Jede Änderung oder Ergänzung des verfassungsmäßigen Namens der Republik Makedoniens bedurfte einer entsprechenden Änderung der makedonischen Verfassung. Ansonsten war jede Änderung oder Ergänzung des verfassungsmäßigen Namens der Republik Makedonien, vor allem gemessen an Artikel 1 der makedonischen Verfassung, verfassungswidrig. Aufgrund des in Artikel 1 Absatz 1 festgelegten demokratischen Staatsprinzips in Verbindung mit Artikel 2 („Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus“) der makedonischen Verfassung musste auch der in dem Referendum vom 08.09.1991 geäußerte Wille der makedonischen Bürgerinnen und Bürger beachtet werden. Daraus konnte ggf. die Notwendigkeit eines Referendums über eine mögliche Änderung oder Ergänzung des verfassungsmäßigen Namens der Republik Makedonien abgeleitet werden. Die Notwendigkeit eines Referendums ergibt sich zwar nicht zwingend aus einer konkreten verfassungsrechtlichen Norm, wohl aber aus einer aus dem Referendum vom 08.09.1991 gewachsenen demokratischen, politischen Kultur und dem völkerrechtlichen Selbstbestimmungsrecht der makedonischen Nation. Ein entsprechendes Referendum, wenn auch mit komplexer und umstrittener Fragestellung, fand bei der Änderung des Namens von Republik Makedonien in „Republik Makedonien“ auch statt.
Hinweis /Literatur zur Verfassungsgerichtsbarkeit und zum Verfassungsrecht in Makedonien
Dieser Artikel beruht zu einem wesentlichen Teil auf dem Buch „Verfassungsgerichtsbarkeit und Verfassungsrechtsentwicklung in Makedonien“ von Goran Čobanov. Neben persönlichen Quellen wurden grundlegende Informationen aus diesem Buch verwendet, das insgesamt eine sehr gute und verständliche Einführung in das makedonische Verfassungsrecht gibt. Neben der historischen und aktuellen Entwicklung des makedonischen Verfassungsrechts, wird auch die makedonische Verfassungsgerichtsbarkeit ausführlich behandelt und dargestellt. „Goran Čobanov gewährt nicht nur einen auch für Nichtjuristen verständlichen Einblick in das makedonische Verfassungsrecht und in die Arbeitsweise und Rechtsprechung des Verfassungsgerichts der Republik Makedonien, sondern setzt sich auch mit den historischen, politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auseinander.“ (Anmerkung des Verlages) Das Buch ist im Tectum Verlag (ISBN 978-3-8288-9962-9) erschienen und berücksichtigt alle verfassungsrechtlichen Entwicklungen bis zum Mai 2009.