von Andreas Schwarz
Der bekannte König von Makedonien, Alexander der Große, hat in nur kurzer Zeit ein Weltreich begründet, das vom heutigen Makedonien bis nach Ägypten und an den Indus reichte. Basis für seine Eroberungen war die Hegemonie über die antiken griechischen Stämme, die aufgrund der Eroberungsfeldzüge von Philipp dem Zweiten, seinem Vater, erreicht wurde. Der am 20.07.356 vor Christus geborene Alexander der Große wurde nur knapp 33 Jahre alt. Während der Vorbereitung eines erneuten Feldzuges zur Eroberung der arabischen Halbinsel starb Alexander der Große am 10.06.323 vor Christus an Fieber.
Streitgegenstand: Alexander der Große
Alexander der Große hat unbestreitbar den Hellenismus in der damals bekannten Welt weit verbreitet und damit die hellenische Kultur nachhaltig etabliert. Doch war Alexander der Große nun Hellene oder Makedonier? Diese Frage muss nach den damaligen Maßstäben beantwortet werden. In der Antike gab es keinen einheitlichen hellenischen Staat, sondern nur eine durch eine gemeinsame Kultur, Religion und Sprache verbundene Gemeinschaft der griechischen Klein- und Stadtstaaten. Bereits durch die Staatsform als Königreich und als Flächenstaat unterschied sich das antiken Makedonien von den antiken griechischen Klein- und Stadtstaaten. Alexander der Große war König von Makedonien.
Die antiken Makedonier waren nach der vorherrschenden Auffassung in der Wissenschaft ein antiker griechischer Volksstamm, den es heutzutage nicht mehr gibt. Allerdings unterschieden sich die antiken Makedonier deutlich von den anderen antiken griechischen Stämmen. Daher wird durchaus auch von einer Verwandtschaft zwischen den antiken Makedoniern und den anderen antiken griechischen Völkern gesprochen. Es gibt auch den Standpunkt, dass die antiken Makedonier zunächst ein eigenständiger Volksstamm waren und erst später hellenisiert wurden. Deutlich wird das auch bei der antiken makedonischen Sprache. Bis heute kann wissenschaftlich nicht eindeutig verifiziert werden, ob das Makedonische ein antiker griechischer Dialekt war oder eine eigenständige Sprache, die mit der antiken griechischen Sprache verwandt war. Das es sprachliche Differenzen zwischen den antiken Makedoniern und den anderen antiken griechischen Stämmen gegeben haben muss, lässt sich auch aus der Titulierung der antiken Makedonier als Barbaren durch die übrigen antiken griechischen Völker herleiten. Barbar bedeutet sinngemäß „Fremdsprachig“.
Ursprünglich wurden die antiken Makedonier von den übrigen griechischen Völkern nicht als hellenisch anerkannt. Später wurde nur das makedonische Königshaus als hellenisch anerkannt, nicht jedoch das antike makedonische Volk. Etwa seit der Zeit von Philipp dem Zweiten und Alexander dem Großen galten auch die antiken Makedonier als hellenisch. Als solche gingen sie dann in der alexandrinischen, römischen und byzantinischen Zeit mit den übrigen antiken griechischen Stämmen und wohl auch anderen Völkern im allgemeinen Griechentum auf.
Heute gibt es die antiken Makedonier, die Namensgeber für die heutige Region Makedonien waren, daher nicht mehr. Die heutigen Makedonier umfassen neben den geographischen Makedoniern (alle Bewohner der Region Makedonien unabhängig von ihrer Ethnie) vor allem zwei Gruppen: Die ethnischen bzw. slawischen Makedonier als Kulturnation und die griechischen Makedonier als Teil der griechischen Kulturnation mit einer besonders ausgeprägten makedonischen Regionalidentität. Beide Gruppen beanspruchen zum Teil eine kulturelle Verwandtschaft mit den antiken Makedoniern. Innerhalb der ethnischen bzw. slawischen Makedonier ist eine Anknüpfung an die antiken Makedonier zum Teil sehr umstritten. Die griechischen Makedonier betrachten sich hingegen weitgehend unumstritten als Nachfolger der antiken Makedonier. Tatsächlich dürften die heutigen Makedonier insgesamt keine Abbildung der antiken Makedonier in die Gegenwart sein.
Eine kurze Biographie von Alexander dem Großen
Alexander der Große wurde am 20.07.356 vor Christus in der damaligen makedonischen Hauptstadt Pella (heute griechische Region Zentralmakedonien) geboren. Seine Eltern waren der damalige makedonische König Philipp der Zweite und Königin Olympias von Epirus. Über die Kindheit von Alexander dem Großen ist, bis auf zahlreiche Legenden, relativ wenig bekannt. Als Schüler von Aristoteles genoss er eine gehobene Bildung, die bei der Verwirklichung seiner späteren Politik als König und Eroberer eine wichtige Grundlage bilden sollte.
Nach der Ermordung seines Vaters, Philipp dem Zweiten, im Jahre 336 vor Christus wurde Alexander der Große mit knapp 20 Jahren König von Makedonien. Zunächst sicherte Alexander der Große mit einem Feldzug gegen die Illyrer und die Thraker die Nordgrenze seines Königreiches. Innerhalb Griechenlands kam es 335 v. Chr. zu einer Revolte, die er durch die Zerstörung Thebens niederschlug. Damit festigte Alexander der Große seine Macht im hellenischen Raum und hatte so eine Basis für seine weiteren Feldzüge. Im Jahre 334 v. Chr. zog Alexander der Große gegen Persien aus. Dieser Feldzug wurde anfänglich als Rachefeldzug für die Zerstörungen in Griechenland während der Perserkriege (etwa um 480 v. Chr.) deklariert. Damit wollte er vor allem die griechischen Stämme für seine Feldzüge gewinnen. Persien war zu Zeiten Alexander des Großen die größte Territorialmacht. Das Verhältnis zwischen beiden Reichen war aufgrund der vergangenen Kriege und gegenseitigem Hegemoniestreben angespannt. In der Schlacht von Granikos im Jahre 334 v. Chr. kam es zum ersten Gefecht zwischen den Truppen Alexanders und den persischen Truppen, die unter der Führung des Kriegsrates der Satrapen standen. Nach dem Sieg Alexanders kam es im Jahre 333 v. Chr. bei Issos zu einer weiteren entscheidenden Schlacht, bei der Alexander der Große die gegnerischen Truppen unter Führung des persischen Herrscher Dareios III. besiegte.
In den Jahren 333 – 332 v. Chr. eroberte Alexander der Große Palästina und 332 – 332 Ägypten. In Ägypten wurde Alexander als Befreier begrüßt und gründete dort die Stadt Alexandria. Ebenfalls dort besuchte er auch das Amun-Orakel in der Oase Siwa, wo er nach seiner Auffassung das Bewusstsein seiner höheren Sendung als Gottesbotschaft bestätigt erhielt. Zunehmend betrachtete sich Alexander der Große als Gott und verhielt sich auch entsprechend Selbstherrlich.
In den Jahren 331 – 330 v. Chr. besiegte er den persischen Herrscher Dareios III. bei der Schlacht von Gaugamela und rückte in Babylon, Susa und in die persische Hauptstadt Persepolis ein. Damit war Alexander der Große jetzt Herrscher über ganz Persien. Dareios III. flüchtete nach Baktrien, wo er bei einem Verwandten namens Bessos Satrap Unterschlupf finden wollte. Dieser nahm Dareios jedoch gefangen und wollte ihn für die Freiheit von Baktrien an Alexander ausliefern. Als Alexander der Große dies ablehnte, ermordete Bessos seinen Gefangenen. Um seine Herrschaft in Persien abzusichern brauchte Alexander jedoch die Unterstützung der persischen Adligen, die er durch einen Rachefeldzug gegen Bessos gewinnen wollte. Die Verfolgung von Bessos dauerte bis 329 v. Chr. und führte zu seiner Gefangennahme. Alexander lieferten ihn dann an einen Verwandten (Bruder) von Dareios aus, der Bessos dann kreuzigen ließ. Den Leichnam des früheren persischen Herrschers Dareios III. ließ Alexander nach Persepolis bringen und dort feierlich beisetzen.
Als neuer Herrscher von Persien trug Alexander nun persische Kleidung, lebte nach orientalischen Sitten und heiratete die aus Baktrien stammende Roxane. Er erhob den Anspruch auf Verehrung durch Proskynese, eine vor allem in den Reichen des alten Orients geübte Geste der Anbetung, Ehrerbietung und Unterwerfung. In der Regel bestand die Proskynese darin, dass sich der Untertan seinem Herrscher zu Füßen warf, dabei entweder mit zu Boden geneigtem Kopf in die Knie ging oder sich Flach auf dem Boden legten. Der Versuch die orientalischen Sitten bei seinen makedonischen Untertanen einzuführen, führte jedoch zu Unwillen und Widerstand bei diesen. Eine daraus resultierende Verschwörung gegen ihn im Jahre 330 v. Chr. konnte er durch die Hinrichtung ihres Anführers Philotas und dessen Vaters Parmenion, seines bewährtesten Feldherren, niederschlagen.
Ohne strategische Notwendigkeit zog Alexander der Große in den Jahren 327 – 325 v. Chr. in den Nordwesten von Indien und siegte dort am Hydaspes über Peros. In den Jahren 325 – 324 beendete eine Meuterei seiner Truppen seine weiteren Feldzüge und zwang ihn zur Umkehr ins persische Susa. Dort suchte er durch eine Massenhochzeit zwischen Makedoniern und Persern wohl eine Verschmelzung der Völker zu erreichen, um so eine politische Einheit zwischen Makedonien, Griechenland und Vorderasien zu schaffen. Bei dieser Massenhochzeit heiratete Alexander der Große selbst noch einmal zwei persische Prinzessinnen. Das Ziel dieser Massenhochzeit konnte aufgrund des Todes von Alexander dem Großen im Jahre 323 v. Chr. nicht mehr erreicht werden. Nach seinem Tod kam es zwischen seinen Feldherren zu einem erbitterten Kampf um seine Nachfolge (Diadochen) und zu einem Zerfall des Reiches.
Der Tod von Alexander des Großen
Im Februar 323 v. Chr. kehrte Alexander der Große nach Babylon zurück und wollte von dort aus weitere Feldzüge vorbereiten. Bei diesen Feldzügen sollte vor allem die arabische Halbinsel eingenommen werden. Ob davon ausgehend der weitere westliche Mittelmehrraum mit Karthago und Rom erobert werden sollte ist aufgrund der vorhandenen Quellenlage unsicher.
Im Mai 323 v. Chr. verkündete Alexander der Große, dass sein toter Freund Hephaistion fortan als Halbgott zu verehren sei. Eine Entscheidung für die er sich zuvor beim Amrun-Orakel in der Oase Siwa eine entsprechende Bestätigung einholte. Aus diesem Anlass veranstaltete Alexander große Feiern und trank, wie bereits zu früheren Zeiten, große Mengen an alkoholischen Getränken. Am Tag nach den Feiern erkrankte er an Fieber und starb schließlich am 10.06.323 v. Chr. im Alter von 32 Jahren. Die genaue Todesursache lässt sich heute nicht mehr verifizieren. Diskutiert wurden mehrere Todesursachen, so unter anderem das Alexander am West-Nil-Fieber erkrankt sei. Auch eine vorsätzliche Vergiftung durch vergiftetes Wasser sei eine mögliche Todesursache gewesen. Insgesamt dürfte Alexander der Große aufgrund seiner Kampfverletzungen und seines übermäßigen Alkoholkonsums körperlich bereits sehr geschwächt gewesen sein. Dies könnte im Ergebnis zu einem Schwächeanfall oder einer Krankheit bei ihm geführt haben. Zur damaligen Zeit setzten die Ärzte auf die reinigende Wirkung von herbeigeführten Erbrechen und Durchfall durch verabreichten Weißen Germer in geringen Dosen. Diese Behandlungsmethode könnte auch bei Alexander dem Großen zur Anwendung gekommen sein. Die überlieferten Symptome könnten auf eine Vergiftung durch Weißen Germer hindeuten. Durch die immer wieder zugeführten geringen Dosen dieser antiken Arznei könnte der körperliche Zustand von Alexander immer mehr geschwächt worden sein.
Als Alexander der Große gefragt wurde, wem er sein Reich hinterlasse, soll er geantwortet haben: „Dem Stärksten von Euch“. Dies sollen auch seine letzten Worte gewesen sein. Sein Leichnam soll in Honig gelegt worden sein, um ihn zu konservieren. Bestattet wurde Alexander der Große entgegen seinem Wunsch in Alexandria. Er selbst wollte im Ammonium von Siwa, wo er einst aus seiner Sicht die Bestätigung seiner Göttlichkeit erhielt, bestattet werden. Seinen Siegelring überließ Alexander der Große Perikles, der nach dem Tod von Hephaistion zu seinem engsten Vertrauten wurde. Erst nach seinem Tod kam der einzige Sohn von Alexander dem Großen und seiner persischen Frau Roxane zur Welt. Er bekam den Namen Alexander IV. Aigos und wurde noch im Kindesalter ermordet. Ansonsten sind keine Nachfahren von Alexander dem Großen bekannt.
Das Grab von Alexander dem Großen
Die Grabstelle von Alexander dem Großen konnte bisher nicht ausfindig gemacht werden. Nach seinem Wunsch sollte er in der Oase Siwa bestattet werden. Die Vorbereitungen zu seiner Überführung dauerten zwei Jahre. Als sich der Leichenzug von Babylon nach Syrien in Bewegung setzte, wurde er dort vom ägyptischen Herrscher Ptolemaios in Empfang genommen und nach Ägypten geleitet. Von dort aus wurde der Leichnam dann allerdings nicht in die Oase Siwa gebracht, sondern zunächst in Memphis bestattet und einige Jahre später nach Alexandria verlegt. Dort wurde für ihn zuvor eine Grabstätte errichtet, die später durch ein Mausoleum ersetzt wurde. Der mumifizierte Leichnam von Alexander dem Großen befand sich zu dieser Zeit in einem goldenen Sarkophag. Im Ersten Jahrhundert v. Chr. wurde dieser Sarkophag von dem ägyptischen König Ptolemaios X. durch einen gläsernen ersetzt. Mit der Sicht auf den einbalsamierten Leichnam von Alexander dem Großen sollte ein Kult um den früheren makedonischen König und Eroberer gefördert werden. Als historisch gesichert gelten noch Besuche der späteren römischen Herrscher Caesar und Augustus an der Grabstätte von Alexander dem Großen.
Was mit der Grabstätte von Alexander dem Großen dann passierte, lässt sich aufgrund der Quellenlage nicht mehr genau nachvollziehen. Die Grabstätte in Alexandria könnte sowohl durch Unruhen in der Stadt als auch durch Naturkatastrophen in der Zeit der Spätantike zerstört worden sein. Danach verliert sich die Spur des Leichnams von Alexander dem Großen. Vermutungen über mögliche Grabstellen stellten sich im Nachhinein ausnahmslos als falsch heraus. Bis heute ist die Grabstelle von Alexander dem Großen verborgen geblieben.
Siehe auch den Artikel „Das antike und das heutige Makedonien„