Die Abhandlung „Die erweiterte makedonische Frage als völkerrechtliches Problem“ ist von mir redaktionell und in geringen Umfang inhaltlich überarbeitet worden. Das Kapitel 7.4 „Allgemeiner Lösungsansatz“ ist komplett neu verfasst worden. Meine Motivation, diese relativ kurze Abhandlung über den Themenkomplex Makedonien zu schreiben und zu überarbeiten, liegt darin begründet, auf völkerrechtlicher Basis Lösungsmodelle für den sogenannten Namensstreit zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM zu entwickeln. Nach meiner Auffassung ist der sogenannte Namensstreit der Ausdruck einer neuen (speziellen) makedonischen Frage, welche die bisherige klassische (allgemeine) makedonische Frage überlagert hat. Die klassische makedonische Frage betraf das Schicksal der Bevölkerung des geographischen Makedonien im heutigen Sinne unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches ab etwa der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und nach der Aufteilung dieses Gebietes unter den Staaten Bulgarien, Griechenland und Serbien ab 1913. Durch die Anerkennung einer eigenständigen makedonischen Nation und durch Gründung des makedonischen Staates innerhalb der jugoslawischen Föderation im Jahre 1944 ist diese klassische makedonische Frage weitgehend geklärt. Offen bleibt die Frage nach der Anerkennung und dem Status von makedonischen Minderheiten in anderen Staaten, sowie die Anerkennung einer makedonischen Nation durch die Staaten, die bisher eine makedonische Nation noch nicht anerkannt haben. Die Summe aus der klassischen (allgemeinen) makedonischen Frage und der neuen (speziellen) makedonischen Frage bildet die erweiterte makedonische Frage. Die neue bzw. spezielle makedonische Frage ist die Ursache des sogenannten Namensstreits und gliedert sich in drei Teilfragen:
1. Welcher Art war das antike Makedonien und waren die antiken Makedonier?
2. Welcher Art ist das heutige Makedonien und sind die heutigen Makedonier?
3. In welchen Verhältnis stehen das antike Makedonien und die antiken Makedonier zum heutigen Makedonien und zu den heutigen Makedoniern?
Diese spezielle makedonische Frage ist primär eine wissenschaftliche und nur sekundär eine darauf aufbauende politische Frage. Ohne die Klärung der primären, wissenschaftlichen Frage ist jede politische Klärung oberflächlich und unzureichend. Jede Klärung der speziellen bzw. der erweiterten makedonischen Frage sollte das Völkerrecht und eine objektive Bewertung des Sachverhaltes als Grundlage haben. In diesem Sinne sind auch die in der Abhandlung angegebenen Lösungsansätze zu verstehen. Wegen der Grundsätzlichkeit dieser neuen, speziellen makedonischen Frage sollte diese als völkerrechtliches Problem behandelt und im Rahmen der internationalen Politik geklärt werden. Der grundlegende „Allgemeine Lösungsansatz“ aus der Abhandlung wird hier nachfolgend wiedergegeben. Für eine tiefer gehende Begründung dieses Lösungsansatzes verweise ich auf die Abhandlung.
Allgemeiner Lösungsansatz (ausführliche Darstellung)
Nach der mehrheitlichen Auffassung ist das antike Makedonien Teil der griechischen Geschichte und Kultur. Zu der mehrheitlichen Auffassung, dass das antike Makedonien Teil der griechischen Geschichte und Kultur sei, gibt es auch abweichende Auffassungen. Deshalb kann der Sachverhalt auch allgemeiner betrachtet und ein entsprechend abstrakterer Vorschlag verfasst werden. Demnach gibt es einen Anteil der Griechischen Republik und einen Anteil der Republik Makedonien / EJRM an der Gesamtgeschichte und Kultur Makedoniens. Auch diese Anteile lassen sich formal und materiell sowie personell und territorial voneinander abgrenzen. Diese Abgrenzung kann und sollte im Rahmen eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM oder durch einen entsprechenden Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen erfolgen. Betrachten wir das Ganze jetzt abstrakt, ohne Festlegungen, kann ein möglicher Vorschlag zur Klärung der erweiterten makedonischen Frage und der Namensfrage wie folgt aussehen:
Definition des sogenannten Namensstreits zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM als inhaltlicher Streit um die materielle Bedeutung der Begriffe „Makedonien“ und „Makedonier“. Diese Begriffe haben zu unterschiedliche Zeiten eine unterschiedliche territoriale und personelle Bedeutung gehabt. Die Lösung des sogenannten Namensstreits ist daher grundsätzlich mit der objektiven Klärung der speziellen makedonischen Frage assoziiert, die lautet:
1. Welcher Art war das antike Makedonien und waren die antiken Makedonier?
2. Welcher Art ist das heutige Makedonien und sind die heutigen Makedonier?
3. In welchem Verhältnis stehen das antike Makedonien und die antiken Makedonier zum heutigen Makedonien und zu den heutigen Makedoniern?
Anforderungen an eine objektive Klärung der speziellen makedonischen Frage:
1. auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen,
2. auf Basis des Völkerrechts,
3. im Rahmen eines neutralen und unabhängigen Expertengremiums unter Beteiligung der betroffenen Parteien,
4. im Rahmen eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen den betroffenen Parteien oder durch einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen,
5. im Falle eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen den betroffenen Parteien durch einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen formal und materiell bestätigt.
Auf Basis der objektiven Klärung der speziellen makedonischen Frage werden verbindlich in einem völkerrechtlichen Vertrag oder durch Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM festgelegt und voneinander abgegrenzt:
1. der formale und materielle Anteil der Griechischen Republik an der Gesamtgeschichte und Kultur Makedoniens sowie
2. der formale und materielle Anteil der Republik Makedonien / EJRM an der Gesamtgeschichte und Kultur Makedoniens.
Keine Partei darf Anspruch auf den formalen und materiellen Anteil der jeweils anderen Partei erheben oder sich darauf beziehen. Desweiteren werden in diesem völkerrechtlichen Vertrag oder durch einen entsprechenden Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen nachfolgende, sich aus der objektiven Klärung der speziellen makedonischen Frage ergebende, materielle Definitionen und Abgrenzungskriterien verbindlich festgelegt. Formal und materiell definiert werden
1. die Art des antiken Makedonien und die Art der antiken Makedonier sowie
2. die Art des heutigen Makedonien und die Art der heutigen Makedonier.
Formal, materiell und zeitlich wird unterschieden zwischen
1. dem antiken Makedonien und den antiken Makedoniern sowie
2. dem heutigen Makedonien und den heutigen Makedoniern.
Im Falle des heutigen Makedonien wird territorial und materiell unterschieden zwischen
1. der Republik Makedonien / EJRM als Völkerrechtssubjekt sowie
2. der griechischen Region Makedonien als völkerrechtlichem und staatsrechtlichem Bestandteil der Griechischen Republik.
Im Falle der heutigen Makedonier wird personell und materiell unterschieden zwischen
1. den slawischen Makedoniern als Nation sowie
2. den griechischen Makedoniern als Bestandteil der griechischen Nation.
Desweiteren ist im Falle der heutigen Makedonier formal und materiell zu definieren
1. die Art der slawischen Makedonier als Nation sowie
2. die Art der griechischen Makedonier als Bestandteil der griechischen Nation.
Im Falle der makedonischen Sprache ist formal und materiell zu unterscheiden zwischen
1. der antiken makedonischen Sprache sowie
2. der heutigen makedonischen Sprache der ethnischen oder slawischen Makedonier.
Der völkerrechtliche Vertrag oder der Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Klärung der speziellen makedonischen Frage und zur Lösung des sogenannten Namensstreits zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM muss staatsrechtlich von den betroffenen Parteien umgesetzt werden. Über die Umsetzung hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu wachen. Die oben genannten Definitionen und Abgrenzungskriterien sind formaler und materieller Art und bedürfen einer effektiven Wahrnehmung sowohl durch die Griechische Republik und die Republik Makedonien / EJRM als auch durch die internationale Staatengemeinschaft. Zur Förderung einer effektiven nationalen und internationalen Wahrnehmung der objektiven Klärung der speziellen makedonischen Frage sowie der verbindlich festgelegten materiellen Definitionen und Abgrenzungskriterien verpflichten sich beide Parteien zu einer entsprechenden:
1. nationalen Bildungspolitik,
2. nationale Informationspolitik sowie
3. internationaler Informationspolitik
Aufgrund einer entsprechenden Politik werden die nationalen Identitäten der Völker der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM sowohl durch die beiden Parteien selbst als auch durch die internationale Staatengemeinschaft entsprechend der objektiven Klärung der speziellen makedonischen Frage wahrgenommen, geachtet und geschützt. Eine auf einer objektiven Klärung der speziellen makedonischen Frage aufbauende Bildungs- und Informationspolitik ist effektiver geeignet zur Lösung des sogenannten Namensstreits als Namenszusätze zum verfassungsmäßigen Namen der Republik Makedonien / EJRM. Die Eigenschaft „makedonisch“ kann sich völkerrechtlich betrachtet auf das antike Makedonien oder auf das heutige Makedonien beziehen. Im Falle des heutigen Makedonien kann sich die Eigenschaft „makedonisch“ sowohl auf die Republik Makedonien / EJRM und die damit assozierte makedonische Nation als auch auf die griechische Region Makedonien und die damit assoziierten griechischen Makedonier als Bestandteil der griechischen Nation beziehen. Im völkerrechtlichen Verkehr sollte daher in allen Fällen, wo eine klare Zuordnung der Eigenschaft „makedonisch“ nicht ersichtlich ist, eine entsprechende Zusatzbezeichnung in Klammern mit einer entsprechenden Zuordnung verwendet werden. Entsprechendes gilt in allen analogen Fällen:
1. makedonisch (Zusatzbezeichnung)
2. Makedonier (Zusatzbezeichnung)
Mögliche Zusatzbezeichnungen für eine im völkerrechtlichen Verkehr notwendige Unterscheidung könnten sein:
1. makedonisch (Republik); makedonisch (Nation); makedonisch (ethnisch oder slawisch); makedonisch (MK) sowie
2. makedonisch (Hellenische Republik); makedonisch (Hellenische Nation); makedonisch (hellenisch); makedonisch (GR).
Eine formal ausreichende Unterscheidung des Begriffes „Makedonien“ im völkerrechtlichen Verkehr ist durch die völkerrechtliche und staatsrechtliche Bezeichnung „Republik Makedonien“ gegeben. Weitere Zusätze in Form von Zusatzbezeichnungen sind in diesem Fall nicht notwendig. Mit diesem Lösungsansatz ist sowohl die allgemeine (klassische) makedonische Frage als auch die spezielle makedonische Frage endgültig und völkerrechtlich verbindlich geklärt.
Gründe für diesen allgemeinen Lösungsansatz
Das heutige Makedonien und die heutigen Makedonier sind keine Abbildung des antiken Makedonien und der antiken Makedonier in die heutige Zeit. Das antike Makedonien hat mit dem geographischen Makedonien im heutigen Sinne nicht mehr viel zu tun und hat lediglich noch als Namensgeber für das heutige Makedonien eine Bedeutung. Die Geschichte der geographischen Region Makedonien lässt sich heute nicht mehr auf das antike Makedonien oder auf die griechische Geschichte und Kultur reduzieren. Das direkte Anknüpfen an die Geschichte des antiken Makedonien zur Begründung von heutigen Sachverhalten in der geographischen Region Makedonien ist irrational und ungeeignet, entsprechende Sachverhalte zu begründen bzw. daraus folgende Interessenkonflikte zu lösen. Das heutige Makedonien hat einen mehrdimensionalen Charakter. Jeder dieser Charaktere ist gleichwertig und ein fester Bestandteil der Realität. Die Art des antiken Makedonien und der antiken Makedonier präjudiziert nicht die Art des heutigen Makedonien und der heutigen Makedonier. Daher kann ein Lösungsansatz zur Klärung der speziellen bzw. der erweiterten makedonischen Frage und zur Lösung des sogenannten Namensstreits nur auf Basis des Völkerrechts und einer objektiven Bewertung des Sachverhalts nach rationalen Gesichtspunkten erfolgen. Eine ausführlichere Begründung findet sich in der neu überarbeiteten Abhandlung „Die erweiterte makedonischen Frage als völkerrechtliches Problem“
Schlusswort zur Abhandlung
Die Abhandlung „Die erweiterte makedonische Frage als völkerrechtliches Problem“ beruht im Wesentlichen auf einer eingehenden Literaturrecherche. Da ich weder Historiker noch Ethnologe oder Sprachwissenschaftler bin, beschränke ich mich in dieser Abhandlung auf die Angabe und Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Recherche. Bei der Darstellung der Ergebnisse stehen die mehrheitlichen Auffassungen zu dieser Thematik im Zentrum, wobei auch die abweichenden und gegenteiligen Auffassungen angegeben werden. Jedoch muss betont werden, dass der Themenkomplex Makedonien nicht nur in der Politik sondern auch in der Wissenschaft und Forschung zum Teil umstritten und vieles auch ein Ergebnis von Wertungen ist. Keine Aussage zu diesem Themenkomplex ist ein Naturgesetz, mehrheitliche Auffassungen können sich ändern oder sogar als falsch herausstellen. Wir müssen diese Tatsache immer im Hinterkopf behalten. Auf Basis dieser Recherche habe ich die Lösungsmodelle zur Klärung der speziellen bzw. erweiterten makedonischen Frage und zur Lösung des sogenannten Namensstreits entwickelt. Ich bin dabei nach besten Wissen und so objektiv wie möglich vorgegangen. Trotzdem kann ich nicht zu hundert Prozent ausschließen, dass es noch effektivere andere Wege für eine Klärung gibt oder ich bestimmte Sachverhalte nicht berücksichtigt habe. Ich möchte in dieser Hinsicht um Nachsicht bitten. Vorsatz besteht hier auf jeden Fall nicht. Auch bedeutet eine Angabe und Zusammenfassung von Ergebnissen immer, dass nicht alles erwähnt und nicht auf jedes Detail eingegangen werden kann. Die Konzentration auf das Wesentliche steht für mich im Vordergrund; wer mehr wissen und tiefer in diesen Themenkomplex einsteigen möchte, dem wird weiterführende Literatur empfohlen. Im Zentrum dieser Abhandlung stehen die Behandlung der erweiterten makedonischen Frage als völkerrechtliches Problem und die möglichen Lösungsmodelle zur Klärung dieser Frage. In dieser Abhandlung werden der verfassungsmäßige Name „Republik Makedonien“ und die völkerrechtliche Bezeichnung im Rahmen von multilateralen Beziehungen „Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ gleichwertig verwendet, wobei letztere mit „EJRM“ abgekürzt wird. Ich hoffe, dass ich mit dieser Abhandlung einen Beitrag zur Klärung der erweiterten makedonischen Frage und des daraus resultierenden Namensstreits leisten kann.