Zur Lösung des sogenannten Namensstreits zwischen Griechenland und der Republik Makedonien schlägt der griechische Außenminister Dimitris Avramopoulos die Unterzeichnung eines Memorandums zwischen beiden Staaten vor. Damit soll die Lösungsfindung im bisherigen Rahmen beschleunigt werden. Dies teilte der griechische Außenminister in einem Brief seinem makedonischen Kollegen Nikola Popovski mit. Nach Auffassung von Avramopoulos würde eine von beiden Seiten akzeptierte Lösung zu diesem langwierigen Streit zur einer Normalisierung der Beziehung zwischen Griechenland und der Republik Makedonien und zu einer Erfüllung der Erwartungen der betroffenen Völker führen.
Griechenland schlägt vor, dass beide Seiten die existierenden Grenzen als unverletzlich anerkennen und die Androhung von Gewalt zur Änderung der bestehenden Grenzen ablehnen. Die territoriale Integrität und die politische Souveränität des jeweils anderen Staates sollen gegenseitig respektiert und garantiert werden. Der endgültige Name der Republik Makedonien solle eine geographische Spezifizierung enthalten, damit keine Verwechslungsgefahr mit der nordgriechischen Region Makedonien bestehe.
Im Prinzip beinhaltet das vorgeschlagene Memorandum nichts Neues. Bis auf die Forderung Griechenlands nach einem Namenszusatz mit geographischer Spezifizierung ist alles andere bereits im Interimsabkommen zwischen Griechenland und der Republik Makedonien vom 13.09.1995 geregelt. Die Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen und die territoriale Integrität und Souveränität Griechenlands wird bereits schon jetzt völkerrechtlich verbindlich durch die Republik Makedonien anerkannt. Auch innerstaatlich bzw. staatsrechtlich erkennt die Republik Makedonien dies aufgrund von entsprechenden Bestimmungen in ihrer Verfassung an.
Das Memorandum sieht als Grundlage für eine Lösungsfindung auch die Resolutionen 817 und 845 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vor. In der Resolution 817 wird die Existenz des Namensstreits zwischen Griechenland und der Republik Makedonien und die Bedeutung einer Lösungsfindung für den Frieden in der betroffenen Region festgestellt. Für alle Zwecke in den Vereinten Nationen ist gemäß dieser Resolution für die Republik Makedonien bis zu einer Lösung dieses Streits die vorläufige Bezeichnung „Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ zu verwenden. In der Resolution 845 wird festgelegt, dass eine Lösungsfindungen in bilateralen Gesprächen zwischen Griechenland und der Republik Makedonien im Rahmen und unter Vermittlung der Vereinten Nationen erfolgen soll.
Sinn und Zweck dieses Memorandums sind auf dem ersten Blick unklar. Es könnte sich um einen Versuch Griechenlands handeln das Interimsabkommen vom 13.09.1995 zu unterlaufen. Dort ist eine mögliche Mitgliedschaft der Republik Makedonien in internationalen Organisationen, etwa der Europäischen Union (EU) und der NATO, unter ihrer vorläufigen Bezeichnung „Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ vereinbart. Die Republik Makedonien strebt diese Mitgliedschaften an, Griechenland will diese bis zu einer Lösung dieses sogenannten Namensstreits entgegen dem Wortlaut des Interimsabkommens blockieren. Am 05.12.2011 wurde Griechenland wegen der Blockierung eines möglichen Beitritts der Republik Makedonien zur NATO auf dem NATO-Gipfel von Bukarest im Jahre 2008 entsprechend vom Internationalen Gerichtshof (IGH) verurteilt. Das Urteil wird jedoch umgangen, da sich die Mitglieder der EU und der NATO offiziell den Standpunkt Griechenlands zu eigen gemacht haben. Das erfolgt nur aufgrund einer Solidarität mit dem EU- und NATO-Mitglied Griechenland. In den jeweiligen Mitgliedsstaaten selbst ist diese Haltung jedoch überwiegend sehr umstritten.
Der Vorschlag Griechenlands dürfte daher eher ins Leere laufen und an der gegenwärtigen Situation nichts ändern. Außenpolitisch bekräftigt Griechenland damit scheinbar den Willen zu einer Lösungsfindung. Der makedonische Außenminister Nikola Popovski wird natürlich auf die griechische Offerte antworten.