Für die Demokratie der Republik Makedonien war der 24.12.2012 kein sehr guter Tag. An diesem Tag wurde der Haushalt im Parlament besprochen und sollte verabschiedet werden. Die Opposition versuchte die Verabschiedung des Haushaltes durch Boykottmaßnamen zu verhindern. Nach ihrer Auffassung würde der Haushalt die Republik Makedonien in die Schuldenfalle treiben. Die Regierung wollte den Haushalt hingegen unbedingt durchbringen. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen im und vorm Parlament zwischen Angehörigen der nationalkonservativen Regierungspartei VMRO-DPMNE und der Opposition. Sicherheitskräfte gingen daraufhin gewaltsam gegen die Boykottierenden vor. Auch Journalisten wurden einfach aus dem Parlament geworfen. Der Haushalt wurde dann im Schnellverfahren verabschiedet. Nicht der kritische Dialog und das Argument beherrschten die Debatte, sondern die Gewalt und die Missachtung demokratischer Grundwerte. Das ist insgesamt kein Ruhmesblatt für die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der makedonischen Nation. Seit dem boykottiert die größte Oppositionspartei, die sozialdemokratische SDSM, die Arbeit im Parlament und droht bei den anstehenden Kommunalwahlen am 24.03.2013 mit einem Wahlboykott.
Die innenpolitische Lage
Für den Chef der SDSM, Branko Crvenkovski, ist das Parlament nun zu einem Hort des „Faschismus und der Kriminalität“ geworden. Die Abgeordneten der SDSM verweigern bis auf weiteres die Rückkehr ins Parlament und drohen auch bei den kommenden Kommunalwahlen am 24.03.2013 mit einem Wahlboykott. Ein Vorschlag des makedonischen Staatspräsidenten Gjorge Ivanov nach einer unabhängigen Untersuchungskommission zur Aufklärung der Vorfälle vom 24.12.2012 lehnt die SDSM ab. Stattdessen fordert sie vorgezogene Parlamentswahlen. Bisher konnte der extreme Gegensatz zwischen der VMRO-DPMNE und der SDSM auch durch Gespräche nicht aufgelöst werden. Die Opposition bleibt bei ihrer Forderung nach vorgezogenen Parlamentswahlen und fordert, dass bis dahin eine Allparteienregierung gebildet wird. Des Weiteren müssten der Finanzminister, der Innenminister, der Justizminister und der Chef des öffentlichen Fernsehens ausgetauscht werden. Am 16.02.2013 endet die Frist, bis zu der sich die SDSM für oder gegen eine Teilnahme an den Kommunalwahlen entscheiden muss. Vertreter der Europäischen Union (EU), so wie der für die Republik Makedonien zuständige Berichterstatter aus dem europäischen Parlament Richard Howitt, bemühten sich bisher vergeblich die makedonischen Politiker zu einem Einlenken zu bewegen. Auch der EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle wird im Rahmen seines Besuches in Skopje versuchen auf die makedonischen Politiker einzuwirken. Neben der EU versuchen auch die Vereinigten Staaten von Amerika durch diplomatischen Druck eine Lösung herbeizuführen.
Nachbetrachtung
Die innenpolitische Krise ist dieses Mal eine gesellschaftliche und keine inner-ethnische Krise. Der Konflikt besteht unabhängig von den Ethnien zwischen dem Regierungslager und der Opposition. Themen der Krise sind die Demokratie und die Finanzen der Republik Makedonien. Diese innenpolitische Krise gefährdet auch eine mögliche Lösung des sogenannten Namensstreits und die Annäherung der Republik Makedonien an die EU. Auf Dauer kann die Stabilität des Staates insgesamt auf dem Spiel stehen. Demokratische Grundsätze müssen von allen Parteien beachtet werden – sowohl von den Regierungsparteien als auch von der Opposition. Politische Lösungen für viele aktuelle Fragen sind aufgrund von Debatten im Dialog zwischen den Parlamentsparteien zu finden und nicht im Rahmen von gewaltsamen Auseinandersetzungen. Die Opposition sollte ihren Boykott der Parlamentsarbeit und einen möglichen Wahlboykott aufgeben. Die Regierungsparteien müssen viel stärker auf die Belange der Opposition eingehen. Tatsächlich müssen die Vorfälle vom 24.12.2012 unabhängig untersucht werden. Alle Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien haben einen Anspruch auf eine vernünftige und würdige Vertretung ihrer Interessen im Parlament. Diesen Anspruch fordern sie auch ein, darüber sollten sich alle Parteien im Klaren sein und wieder zu einer demokratischen Parlamentskultur zurückfinden. Dies sollte im Interesse der Nation unverzüglich erfolgen. Doch die kommenden Tage werden zeigen, ob es eine Besinnung zur Vernunft gibt oder aus der innenpolitischen Krise eine Staatskrise wird.