Am 20.03.2013 fanden wieder Gesprächen zwischen dem kosovarischen Ministerpräsidenten Hashim Thaci und seinem serbischen Amtskollegen Ivica Dačić in Brüssel statt. Geleitet wurde diese Gespräche wieder von der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Bei diesen Gesprächen ging es um die serbischen Parallelstrukturen im Nordkosovo und welchen staatsrechtlichen Status die Angehörigen des serbischen Volkes im Kosovo haben sollten.
Die gegenseitigen Vorstellungen und Befürchtungen
Nach der Vorstellung Serbiens sollen die serbischen Gemeinden im Kosovo in einem staatsrechtlichen Verband mit legislativen und exekutiven Befugnissen zusammengefasst werden. Dieser Verband soll sowohl Beziehungen zur Republik Serbien als auch zu den kosovarischen staatlichen Strukturen unterhalten. Es soll dabei aber nicht um eine mit der serbischen Entität in Bosnien und Herzegowina vergleichbaren Einrichtung gehen. Doch genau eine solche Entwicklung fürchtet die kosovarische Regierung. Zwar sollen die serbischen Gemeinden einen Verband gründen und in ihm die kommunalen Aufgaben koordinieren können, nicht jedoch einen staatsrechtlichen Verband mit legislativen und exekutiven Vollmachten. Die serbische Bevölkerung im Norden des Kosovo weigert sich bisher in den staatlichen Strukturen des Kosovo mitzuwirken und sieht schon die Vorstellungen Serbiens als ein zu großes Entgegenkommen gegenüber dem Kosovo an. Auf der anderen Seite wollen neben dem Kosovo auch die Vertreter der EU eine zweite serbische Entität wie in Bosnien und Herzegowina mit allen ihren Problemen verhindern. Doch zwischen den Vorstellungen des Kosovos und Serbiens muss unter Einbindung der betroffenen Bevölkerung ein Kompromiss gefunden werden. Das wird nicht einfach werden. Die nächsten Gespräche sollen am 02.04.2013 stattfinden. Vom erfolgreichen Ausgang dieser Gespräche hängen auch die weitere Annäherung Serbiens und des Kosovo an der Europäischen Union (EU) ab.
Das Kosovo-Frage in der serbischen Innenpolitik
In der serbischen Innenpolitik kommt es hingegen immer mehr zu einem Machtkampf zwischen dem serbischen Ministerpräsidenten Ivica Dačić und dem stellvertretenden Ministerpräsidenten / Verteidigungsminister Aleksandar Vučić. Letzterer ist Vorsitzender der Serbischen Fortschrittspartei (SNS), der stärksten Regierungspartei und möchte als solcher natürlich Ministerpräsident Serbiens werden. Die Partei des jetzigen Ministerpräsidenten Dačić, die Sozialistische Partei Serbiens (SPS), hat nur halb so viele Stimmen im Parlament. Doch nur durch eine Koalition mit der SPS konnte die SNS eine Regierung bilden und nur durch das ungewöhnliche Zugeständnis an die SPS bzw. an Dačić den Ministerpräsidenten stellen zu können kam die Koalition überhaupt zu standen.
Doch jetzt wird die Kosovo-Frage auch innenpolitisch im Machtkampf zwischen Dačić und Vučić ausgeschlachtet. Während sich Dačić für serbische Verhältnisse ungewöhnlich kompromissbereit zeigt lehnt Vučić die Kosovo-Politik des Ministerpräsidenten strikt ab und versucht sich damit gegenüber diesem zu profilieren. Ein Scheitern der serbischen Regierung und vorgezogene Neuwahlen wären aufgrund dieses Machtkampfes durchaus möglich.
Ausblick und die Bedeutung für die Republik Makedonien
Im Falle des Kosovo sind die Gespräche vom 20.03.2013 nicht völlig gescheitert. Beide Seiten scheinen sich angenähert zu haben, traten gemeinsam vor die Presse und sind bezüglich einer Lösungsfindung optimistisch. Für die Republik Makedonien ist eine stabile Entwicklung des Kosovo und eine endgültige Klärung des Kosovo-Status von großer Bedeutung. In der Republik Makedonien beträgt der Anteil der albanischen Volksgruppe an der Gesamtbevölkerung nach der letzten Volkszählung 25,2 %. Deren staatsrechtliches Schicksal wurde durch eine umfangreiche Änderung der Verfassung und von weiteren Gesetzen der Republik Makedonien aufgrund des Rahmenabkommens von Ohrid aus dem Jahre 2001 formell grundsätzlich geklärt. Materiell ist die Umsetzung der entsprechenden Regelungen allerdings weiterhin zwischen den beiden größten Volksgruppen in der Republik Makedonien umstritten und führt zu entsprechenden Spannungen. Eine positive Entwicklung im Kosovo kann daher eine entsprechende Entwicklung auch in der Republik Makedonien begünstigen.