Den Staaten des Westbalkans steht nach Auffassung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel eine klare Perspektive für den Beitritt zur Europäischen Union (EU) zu. Allerdings stehe den Staaten des Westbalkans noch ein weiter Weg bis zu einem möglichem EU-Beitritt hervor. Die Bundesrepublik Deutschland unterstütze den EU-Beitritt dieser Staaten, doch müssten dafür auch die Kriterien für eine Annäherung an die EU erfüllt werden, so Angela Merkel in einer am 07.06.2014 veröffentlichten Video-Botschaft.
Angela Merkel zur EU-Beitrittsperspektive des WestbalkansNotwendig seien vor allem Fortschritte in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Freiheiten und Korruptionsbekämpfung. Nach Aussage von Angela Merkel gibt es da Fortschritte, aber es gibt auch noch sehr viel zu tun.
Jeder Staat des Westbalkans hat seine spezifischen Probleme für einen möglichen EU-Beitritt zu bewältigen. Als Staaten des ehemaligen Jugoslawiens sind bisher nur Kroatien und Slowenien Mitglieder der Europäischen Union. Als weiterer südslawischer Staat ist auch Bulgarien Mitglied in der EU. Am weitesten von einer möglichen EU-Mitgliedschaft entfernt dürften noch das Kosovo, Bosnien und Herzegowina und Albanien sein. Im Falle des Kosovos fehlt immer noch eine endgültige Klärung seines völkerrechtlichen Verhältnisses zu Serbien. Noch immer erkennen unter anderem Serbien, die Russische Föderation sowie fünf EU-Mitgliedsstaaten das Kosovo nicht völkerrechtlich an. Im Falle von Bosnien und Herzegowina muss seine innere staatliche Struktur dringend reformiert werden. Vor allem muss dabei das staatsrechtliche Verhältnis seiner Volksgruppen und Föderationssubjekte effektiver geregelt werden. Auf Grund seiner jetzigen staatsrechtlichen Konstruktion ist Bosnien und Herzegowina nicht Reif für eine mögliche EU-Mitgliedschaft. Auch Albanien benötigt eine Reform seines Staatswesens und eine Bekämpfung der Korruption. Von wirtschaftlichen Problemen und Korruption sind alle Staaten des Westbalkans betroffen.
Die Republik Makedonien gehört zu den am besten aufgestellten Staaten des Westbalkans. Allerdings werden auch im Falle der Republik Makedonien Mängel in der Rechtsstaatlichkeit, bei den bürgerlichen Freiheiten und der Korruptionsbekämpfung angemahnt. Unter dem immer autoritärer agierenden Ministerpräsidenten Nikola Gruevski gibt es in diesen Bereichen sogar Rückschritte und eine immer mehr um sich greifende Klientelpolitik. Ein Haupthindernis bleibt der sogenannte Namensstreit mit dem EU-Mitglied Griechenland. Unter dem Hardliner Andonis Samaras als griechischen Ministerpräsidenten dürfte eine Überwindung dieses Streits eher unwahrscheinlich sein.
Mit Montenegro und Serbien finden hingegen bereits EU-Beitrittsgespräche statt. Im bilateralen Verhältnis von Serbien zum Kosovo kam es zum Abschluss von gegenseitigen Übereinkünften und zu einer deutlichen Entspannung. Faktisch geht Serbien von der Unabhängigkeit des Kosovos aus, ohne es jedoch völkerrechtlich anzuerkennen. Auch im Verhältnis zu Bosnien und Herzegowina setzte Serbien deutliche Zeichen zur Entspannung, in dem der neue serbische Ministerpräsident Aleksandar Vucic als erstes die bosnisch-herzegowinische Hauptstadt Sarajevo besuchte. Am 11.06.2014 wird der serbische Ministerpräsident in Berlin zu einem Gespräch bei der deutschen Bundeskanzlerin erwartet.
Der Deutsche Bundestag berät zurzeit über einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Bosnien und Herzegowina, Serbien und die Republik Makedonien als sichere Herkunftsstaaten für Asylsuchende einzustufen. Damit soll die steigende Zahl von zumeist aussichtslosen Asylanträgen vor allem aus Bosnien und Herzegowina, Serbien und der Republik Makedonien eingedämmt werden. Wenn diese Staaten als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, können Asylanträge von dort schneller abgewiesen werden. Von Januar bis April 2014 gab es aus Bosnien und Herzegowina und Serbien rund 9000 Asylanträge, das waren zweieinhalb mal so viele wie im selben Zeitraum des vorherigen Jahres. Die geplante Einstufung als sichere Herkunftsstaaten wird allerdings von Flüchtlingsorganisationen kritisiert. Aufgrund der mangelnden Rechtsstaatlichkeit seien vor allem Minderheiten in diesen Staaten benachteiligt und sind zum Teil auch bedroht.