Während des Kosovokrieges zwischen Serbien und der kosovarischen Befreiungsarmee (UCK) in den Jahren 1998/99 kam es auch auf Seiten der UCK zu schweren Verbrechen. Um diese Verbrechen ahnden zu können wird im Kosovo ein Spezialgericht eingesetzt. Sobald es seine Tätigkeit aufnimmt, wird bereits unverzüglich Anklage erhoben werden. So sind die Anklagen gegen einige ehemalige ranghohe Führer der UCK praktisch fertig. Dies gab der Chefankläger der speziellen Untersuchungs-Taskforce, Clint Williamson, am 29.07.2014 nach zweijähriger Ermittlungsarbeit bekannt.
Die Anklageerhebung soll wegen Tötungen, Entführungen, illegaler Gefangennahme in Lagern im Kosovo und in Albanien, sexueller Gewalt, Vertreibungen und Zerstörungen von Kirchen erfolgen. Opfer dieser Verbrechen waren vor allem Serben und Roma. Doch auch Albaner, die nicht mit der UCK kooperieren wollten, wurden Opfer von Verbrechen von Seiten der UCK. Im Ergebnis führten die Verbrechen der UCK zu ethnischen Säuberungen im Kosovo.
Nach dem Chefankläger Williamson seien die Verbrechen im Kosovo nicht nur von Individuen begangen, sondern auch in einer organisierten Art mit Genehmigung durch die Führungsebene der UCK durchgeführt worden. Selbst innerhalb UCK soll es Mordaufträge gegeben haben, um Gegner in den eigenen Reihen auszuschalten. Mordmotive waren dabei vor allem der Machterhalt bzw. die Machtabsicherung von Mitgliedern der UCK-Führungsebene. Ausreichende Beweise für die Organentnahme bei Gefangen und den illegalen Organhandel konnten hingegen nicht gefunden werden.
Ermittlungen im Kosovo bzw. im Umfeld der UCK sind sehr schwierig. Zeugen von Verbrechen werden eingeschüchtert oder ermordet. Nach Aussage von Williamson gebe es im Kosovo ein Klima der Einschüchterung gegenüber potentiellen Zeugen. Viele der ehemaligen Führer der UCK seien auch heute noch an der Macht und erschwerten so mögliche Ermittlungen. Konkrete Namen nannte der Chefankläger allerdings nicht.
Bereits Ende 2010 hatte der Europarat-Berichterstatter Dick Marty in einem Bericht erstmals konkrete Vorwürfe gegen ehemalige Führer der UCK erhoben. Aufgrund dessen wurde im Rahmen der Rechtsstaatsmission der Europäischen Union (EULEX) die Untersuchungs-Taskforce eingesetzt, welche jedoch autonom arbeitet und ihren Sitz in Brüssel hat.
Die Einrichtung eines Sondergerichts für das Kosovo war notwendig geworden, da das Jugoslawien-Tribunal nur ein Mandat für die Zeit des bewaffneten Konfliktes im ehemaligen Jugoslawien hat und daher in der oben geschilderten Angelegenheit nicht tätig werden konnte. Allerdings ist für die Einführung des Sondergerichts eine Änderung von kosovarischen Gesetzen notwendig, welche aufgrund der strittigen und offenen Regierungsbildung im Kosovo nach den kosovarischen Parlamentswahlen vom 08.06.2014 noch nicht erfolgt sind.