Am 18./19. Dezember 2014 tagt der Europäische Rat der Europäischen Union (EU), eine Versammlung der Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedsstaaten, um Grundsätzliches für die EU zu beschließen. Zu diesen grundsätzlichen Angelegenheiten gehören auch Fragen zur Weiterentwicklung und Erweiterung der EU. Ein möglicher Beginn von offiziellen EU-Beitrittsgesprächen mit einem Beitrittskandidaten muss einstimmig vom Europäischen Rat beschlossen werden. Die Republik Makedonien ist seit Dezember 2005 offizieller EU-Beitrittskandidat. Aufgrund des Namensstreits mit dem EU-Mitglied Griechenland konnten jedoch bisher keine offiziellen EU-Beitrittsgespräche mit der Republik Makedonien beginnen. Die EU-Kommission empfiehlt in ihrem Fortschrittsbericht jährlich den Start von Beitrittsgesprächen zwischen der Europäischen Union und der Republik Makedonien, jedoch folgte der Europäische Rat bisher dieser Empfehlung nicht.
Johannes Hahn ist österreichischer Politiker der ÖVP und seit dem 1. November 2014 EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen in der Kommission Juncker (Quelle: Wikimedia.org)Die offizielle Beschlusslage des Europäischen Rates dürfte weiterhin wie bisher bleiben, wonach erst der sogenannte Namensstreit mit Griechenland überwunden werden müsse, bevor offizielle EU-Beitrittsgespräche mit der Republik Makedonien begonnen werden können. Diese Beschlusslage zeichnet sich nach dem vorliegenden Entwurf zu den vorgesehenen Beschlüssen für die kommende Sitzung des Europäischen Rates ab. Zwar befürwortet die große Mehrheit der EU-Staaten den Beginn von Beitrittsgesprächen mit der Republik Makedonien, doch können sich diese aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips im Europäischen Rat nicht gegen Griechenland durchsetzen. Der Europäische Rat soll dem Entwurf zur Folge zu der Schlussfolgerung kommen, dass die Republik Makedonien im Rahmen von durchgeführten Reformen eine hohe Übereinstimmung ihres Rechts mit dem EU-Recht erreicht habe. Kritisch würde allerdings die zunehmende Politisierung der staatlichen Institutionen gesehen. Die derzeitige Situation zwischen der Regierungskoalition und der Opposition in der Republik Makedonien würde ebenfalls kritisch gesehen. Im Jahr 2015 soll die Angelegenheit des möglichen Beginns von EU-Beitrittsgesprächen mit der Republik Makedonien erneut auf die Agenda des Europäischen Rates kommen.
Das Fazit ist klar: Nichts Neues und die Bestätigung des bisherigen Status quo. Tatsächlich dürfte nach dem Stand der Dinge solange nichts Neues passieren, bis der sogenannte Namensstreit tatsächlich gelöst ist. Doch eine Lösung des Namensstreits ist aufgrund der außenpolitischen Position Griechenlands in dieser Frage und der innenpolitischen Situation in Griechenland derzeit unwahrscheinlich. Das Rahmenabkommen zwischen Griechenland und der Republik Makedonien vom 13.09.1995 sieht die Möglichkeit der EU-Mitgliedschaft der Republik Makedonien unter ihrer provisorischen Bezeichnung im Rahmen der Vereinten Nationen „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ zwar vor, doch hält sich Griechenland nicht an dieses Abkommen. Im Falle der Verhinderung eines möglichen NATO-Beitritts der Republik Makedonien unter ihrer provisorischen UN-Bezeichnung durch Griechenland auf dem Bukarester NATO-Gipfel im Jahre 2008 gibt es ein eindeutiges Urteil des Internationalen Gerichtshofes (IGH) vom 05.12.2011. Nach diesem Urteil hat Griechenland gegen das Interimsabkommen verstoßen, während im Falle der Republik Makedonien kein Fehlverhalten festgestellt wurde. Die EU verliert als Institution an Glaubwürdigkeit, wenn sie das Völkerrecht nicht beachtet und in bilateralen Streitigkeiten zwischen einem EU-Mitglied und einem Nicht-EU-Mitglied faktisch Partei für das EU-Mitglied ergreift, obwohl die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten nicht die Auffassung des betreffenden EU-Mitglieds teilt.