Die Republik Makedonien war im Jahr 1991 ein Musterbeispiel für die Staaten auf dem Balkan. Es nahm weder die Extrempositionen von Slowenien und Kroatien in Richtung Unabhängigkeit noch die von Serbien und Montenegro in Richtung jugoslawischen Unitarismus ein. Die Frage Beitritt zur damals geplanten Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) oder Unabhängigkeit wurde sorgsam abgewogen und demokratisch durch die Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien in einem Referendum entschieden. Die Republik Makedonien erreichte als einzige jugoslawische Republik die Unabhängigkeit ohne zwischenstaatlichen oder ethnischen Krieg.
Nach der Unabhängigkeit der Republik Makedonien im September 1991 wurde bis November 1991 eine neue und demokratische Verfassung ausgearbeitet und beschlossen. In dieser noch heute gültigen Verfassung wurden Menschen- und Bürgerrechte verankert, Demokratie sowie Sozial- und Rechtsstaatlichkeit festgelegt und alle Ethnien als gleichwertig anerkannt. Auch von den etablierten Demokratien im westlichen Europa wurde die makedonische Verfassung als Vorbildlich anerkannt.
Seit der Unabhängigkeit der Republik Makedonien wurde an jeder makedonischen Regierung auch immer eine Partei der albanischen Makedonier beteiligt. Stabile Regierungen und demokratische Regierungswechsel waren grundsätzlich normal für die Republik Makedonien. Die bestehenden Differenzen zwischen der Republik Makedonien und den albanischen Makedoniern führten zwar zu einem bewaffneten Konflikt zwischen Januar und August 2001. Doch konnte dieser durch Gespräche zwischen den zwei größten ethnisch-makedonischen und den zwei größten albanisch makedonischen Parteien mit dem Rahmenabkommen von Ohrid am 13.08.2001 beigelegt werden. Seit dem wurde die Rechte der ethnischen Gemeinschaften sowohl im Rahmen von Verfassungsänderungen als auch durch den Erlass von entsprechenden Gesetzen massiv erweitert. Selbstverständlich gibt es immer noch Differenzen, doch keine die zu einem bewaffneten Konflikt führen.
Außenpolitische Probleme aufgrund des sogenannten Namensstreits mit Griechenland wurden durch entsprechende Änderungen der makedonischen Verfassung im Januar 1992 und durch ein Interimsabkommen mit Griechenland vom 13.09.1995 entschärft.
Seit dem Jahr 2005 ist die Republik Makedonien Beitrittskandidatin der Europäischen Union (EU). Aufgrund des sogenannten Namensstreits mit Griechenland, welcher seit dem Jahr 1991 besteht, können bisher keine EU-Beitrittsgespräche beginnen und kann bisher kein NATO-Beitritt erfolgen. Obwohl das Interimsabkommen mit dem EU- und NATO-Mitglied Griechenland eine mögliche Mitgliedschaft der Republik Makedonien unter der provisorischen Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ in internationalen Organisationen ausdrücklich vorsieht und Griechenland wegen eines entsprechenden Verstoßes gegen das Interimsabkommen bereits durch den Internationalen Gerichtshofes (IGH) verurteilt wurde, bleibt die europäische und die euro-atlantische Integration der Republik Makedonien blockiert. Die EU- und NATO-Staaten unterstützen durch eine fahrlässige Passivität Verletzungen des Völkerrechts durch Griechenland gegenüber der Republik Makedonien und verstoßen damit auch gegen ihre eigenen Werte, zu denen die Achtung des Völkerrechts und die Gleichberechtigung der Staaten gehören.
Die Folge ist ein zunehmender Nationalismus sowie politische und ethnischen Spannungen in der Republik Makedonien. Des Weiteren belastet die Blockade einer möglichen EU- und NATO-Mitgliedschaft der Republik Makedonien und die Inkonsequenz der anderen EU- und NATO-Mitglieder gegenüber Griechenland die Gesellschaft der Republik Makedonien schwer und führt zu einer zunehmenden Polarisierung. Auch schwindet das Vertrauen in die europäischen und euro-atlantischen Institutionen. Dieses schwindende Vertrauen wird wiederum von EU- und NATO-kritischen Staaten wie die Russische Föderation ausgenutzt, so dass die Republik Makedonien zu einem Spielball in einem West-Ost-Konflikt werden könnte. Erste Tendenzen in dieser Richtung gibt es bereits. Auch kann aus einem Konflikt in der Republik Makedonien schnell ein regionaler Konflikt auf dem Balkan werden.
Es wird dringen Zeit, dass Griechenland sowie die EU und NATO ihre bisherige Politik gegenüber der Republik Makedonien überdenken. Ein ursprünglich demokratischer und rechtsstaatlicher Musterstaat namens „Republik Makedonien“ droht auch aufgrund der Passivität der EU und der NATO zu einem autoritären und instabilen Staat mit Konfliktpotential zu werden. Vor allem muss der sogenannte Namensstreit endlich überwunden werden. Zwar unterstützen alle EU- und NATO-Staaten offiziell eine Lösungsfindung, verhalten sich jedoch fahrlässig passiv und tragen damit zur negativen Entwicklung bei. Wenn ein Wille vorhanden wäre, könnte der Konflikt zwischen Griechenland und der Republik Makedonien mit breiterer und stärkerer internationaler Unterstützung (besonders EU und NATO) ggf. längst behoben sein. Eines dürfte jedoch sicher sein: Weder die Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien noch Griechenland, die EU und die NATO können ein Interesse an einer autoritären und instabilen Republik Makedonien mit polarisierter Bevölkerung und Konfliktpotential haben.