Im November 2014 besuchte der albanische Ministerpräsident Edi Rama die Republik Serbien. Damals war der Besuch noch von Spannungen überschattet, welche durch das Zeigen einer groß-albanischen Flagge von einem albanischen Fan während eines albanisch-serbischen Fußballspieles in Belgrad am 16.10.2014 ausgelöst wurde.
Der Gegenbesuch des serbischen Ministerpräsidenten Aleksandar Vučić am 27./28.05.2015 in der albanischen Hauptstadt Tirana fand trotz auch weiterhin bestehenden Meinungsverschiedenheiten in entspannterer Atmosphäre statt. Es war der erste Besuch eines serbischen Ministerpräsidenten in Albanien, der dann auch sagte, dass er stolz sei als erster serbischer Premier Albanien zu besuchen. Sein Gastgeber, Ministerpräsident Edi Rama, verglich den historischen Besuch mit der Situation der Deutschen und Franzosen nach dem Zweiten Weltkrieg und der erfolgreichen deutsch-französischen Aussöhnung. Es würde ein Willen vorhanden sein, die beiden Völker (Anmerkung: Albaner und Serben) näher zueinander zu bringen. Der albanische Ministerpräsident sprach die Hoffnung aus, dass der serbische Ministerpräsident bald wieder nach Albanien zurückkehren möge und auch seine serbischen Landsleute Albanien besuchen mögen.
Sowohl Albanien als auch Serbien streben in die Europäische Union (EU). Uneinigkeit gibt es vor allem bezüglich des Status des Kosovos. Nach albanischer Auffassung ist das Kosovo ein von Serbien unabhängiger Staat und Völkerrechtssubjekt. Für Serbien ist das Kosovo weiterhin staats- und völkerrechtlicher Bestandteil der Republik Serbien, auch wenn es faktisch von einem unabhängigen Kosovo ausgeht. Diesbezüglich scheint es in Serbien zwischen dem serbischen Staatspräsidenten Tomislav Nikolić und der serbischen Regierung unter Ministerpräsident Aleksandar Vučić Meinungsverschiedenheiten zu geben. Nikolić möchte das Kosovo als Provinz mit sehr weitgehender Autonomie wieder offiziell in den serbischen Staat eingliedern, während die serbische Regierung unter Vučić vor allem aus außenpolitischen Gründen in dieser Frage sehr viel zurückhaltender agiert und zumindest faktisch den Kosovo als unabhängig betrachtet.
Unabhängig von dieser Frage gibt es jedoch viel Verbindendes zwischen Albanien und Serbien. Sie wollen beide in die EU und sich auf den Weg dahin gegenseitig unterstützen. Für beide sind Frieden, Sicherheit und Stabilität auf dem Balkan eine wichtige Priorität. Albanien bekräftigte, dass es keine Absicht hege ein „Groß-Albanien“ bzw. ein „ethnisches Albanien“ zu schaffen. Bestehende Grenzen und die territoriale Integrität der albanischen Nachbarstaaten würden geachtet. Vielmehr soll die Zusammenarbeit zwischen Albanien und Serbien zum Wohle beider Völker und zum Zwecke einer friedenssichernden, prosperierenden Zukunft ausgebaut werden. So wurde unter anderem eine Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Infrastruktur und Tourismus vereinbart. Dies soll auch die Gegenseitige Anerkennung von Hochschulabschlüssen beinhalten.
Die deutsch-französische Freundschaft und ihr Aufbau in der Vergangenheit sind ein großes Vorbild für Albanien und Serbien. Ein wichtiger Bestandteil der deutsch-französischen Freundschaft ist der gegenseitige Jugendaustausch und gemeinsame Jugendeinrichtungen. Dies streben Albanien und Serbien auch an.
Der Weg den Albanien und Serbien bisher beschreiten ist trotz mancher Meinungsverschiedenheiten und Streitpunkte vorbildlich. Die Bildung wird ein wichtiger Aspekt auf den Weg zu einer albanisch-serbischen Aussöhnung darstellen. In beiden Staaten gibt die Bildung die jeweils nationalen Interpretationen der Geschichte wieder. Zielführend kann jedoch nur eine differenzierte Darstellung der Geschichte sein. Vertrauensbildende Maßnahmen, wie etwa den angestrebten Jugendrauschtausch oder die geplanten Zusammenarbeit, sind ein weiterer wichtiger Schritt. Griechenland und die Republik Makedonien könnten sich ein Beispiel an Albanien und Serbien nehmen.