Sowohl in Griechenland als auch in der Türkei werden vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden. Nach dem Rücktritt des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras am 20. August 2015 bekamen die drei stärksten Parteien im Parlament zunächst den Auftrag vom griechischen Staatspräsidenten Prokopis Pavlopoulos eine Regierung zu bilden. Sie hatte jeweils drei Tage Zeit dafür. Das Linksbündnis SYRIZA von Alexis Tsipras strebt vorgezogene Parlamentswahlen an, so dass diese keine neue Regierung bilden wollte. Die zweitstärkste Partei im Parlament, die Nea Dimokratia (ND), konnte aufgrund der Mehrheitsverhältnisse keine neue Regierung bilden. Die nun drittstärkste Kraft im Parlament ist die „Volkseinheit“ („Laiki Enotita“), welche sich nach dem Rücktritt von Alexis Tsipras vom Linksbündnis SYRIZA abgespalten hatte. Auch diese dürfte aufgrund der Mehrheitsverhältnisse scheitern, so dass voraussichtlich am 20. September 2015 vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden werden. Bis dahin fungiert eine Übergangsregierung unter Vorsitz der Präsidentin des Verfassungsgerichts Vassiliki Thanou-Christofilou.
Nach einer Umfrage würde das Linksbündnis SYRIZA mit 24,0 Prozent der Stimmen nur knapp vor der konservativen Nea Dimokratia (ND) liegen, welche auf 22,0 Prozent der Stimmen käme. Zwar würde das Linksbündnis SYRIZA als stärkste Kraft wieder ein Bonus von 50 zusätzlichen Parlamentssitzen bekommen, jedoch die absolute Mehrheit verfehlen. Bei den Parlamentswahlen im Januar 2015 erhielt das SYRIZA noch 36,3 Prozent der Stimmen und würde damit um 12 Prozentpunkte fallen. Die ND ist nach dem Rücktritt ihres Vorsitzenden Andonis Samaras personell noch nicht neu wieder aufgestellt und wird vom Interimsvorsitzenden Evangelos Meimarakes geführt. Das Linksbündnis SYRIZA dürfte Stimmen auch an die von ihr abgespaltene Volkseinheit verlieren, welche nach einer Umfrage im Auftrag von TV Vergina auf 4,5 Prozent der Stimmen kommen dürfte. Des Weiteren dürfte auch eine Unzufriedenheit in der Wählerschaft bestehen, die sowohl vorgezogene Parlamentswahlen als auch die Reform- und Sparmaßnahmen in Teilen ablehnt. Der Koalitionspartner des SYRIZA, die Unabhängigen Griechen (ANEL), legen mit 3,5 Prozent der Stimmen knapp über der Dreiprozenthürde. Drittstärkste Kraft würden nach dieser Umfrage wieder die faschistische Goldene Morgenröte, welche auf etwa 6,0 Prozent der Stimmen käme. Die liberale Partei „To Potami“ („Der Fluss“) käme auf 5,5 bis 6,1 Prozent der Stimmen. Doch bis zum eigentlichen Wahltag kann sich noch einiges ändern. 15 Prozent der Wählerschaft sind noch unentschlossen.
Hintergrund für die vorgezogenen Parlamentswahlen in der Türkei ist das Scheitern der Bildung einer Regierungskoalition nach den Parlamentswahlen am 07. Juni 2015. Die islamisch-konservative AKP („Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung“) kam auf 40,8 Prozent der Stimmen und verlor die absolute Mehrheit. Ursache für den Verlust der absoluten Mehrheit war der Einzug der pro-kurdischen HDP („Demokratische Partei der Völker“) mit 12,8 Prozent der Stimmen. In der Türkei gilt eine Zehn-Prozent-Hürde für Parteien. Die säkulare CHP („Republikanische Volkspartei“) kam auf 25,2 Prozent und die nationalistische MHP („Partei der Nationalistischen Bewegung“) auf 16,6 Prozent der Stimmen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan strebte ohnehin keine Machtteilung mit anderen Parteien an, so dass Beobachter von einem Scheitern der Regierungsbildung und vorgezogenen Neuwahlen ausgingen. Diese Neuwahlen werden am 01. November 2015 stattfinden. Bis dahin amtiert aufgrund der türkischen Verfassung eine Übergangsregierung, an der alle im Parlament vertretenen Parteien beteiligt sind.
Nach einer Umfrage würde sich bei der vorgezogenen Neuwahl des Parlaments nicht viel ändern. Die AKP würde um rund einem Prozentpunkt zulegen und würde auf 41,7 Prozent der Stimmen kommen. Am stärksten würde die HDP zulegen, welche auf 14,7 Prozent der Stimmen kommen würde. Die CHP käme auf 25,5 und die MHP auf 15,7 Prozent der Stimmen. Damit würde die AKP weiterhin nicht auf eine absolute Mehrheit der Stimmen kommen. Bis November 2015 kann sich natürlich noch einiges ändern, zumal die Türkei und die PKK den Friedensprozess beendet haben und es wieder Kampfhandlungen gibt. Des Weiteren liegt eine äußere Bedrohung der Türkei durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ vor.