Montenegro befindet sich in einer schweren innenpolitischen Krise. Hintergrund sind die politischen Machtstrukturen in Montenegro, die zu Korruption und Klientelismus führen. Die aus dem „Bund der Kommunisten Montenegros“ im Jahre 1991 hervorgegangene „Demokratische Partei der Sozialisten Montenegros“ („DPS“) ist ununterbrochen an der Macht. Damit hat es in Montenegro bisher keinen politischen Machtwechsel gegeben, auch wenn es Koalitionsregierungen bzw. gemeinsame Wahlbündnis mit anderen Parteien gab. Der seit 1997 amtierende Parteivorsitzende Milo Đukanović ist seit 1991 mit kurzen Unterbrechungen entweder Staatspräsident (1998 – 2002) oder Ministerpräsident in Montenegro (1991 – 1998, 2002 – 2006, 2008 – 2010 und seit 2012). Montenegrinischer Staatspräsident ist seit dem Jahr 2002 ununterbrochen Filip Vujanović, der zwischen 1998 und 2002 Ministerpräsident von Montenegro war. Gegen Milo Đukanović wird in Deutschland und Italien wegen des Verdachts auf Zigarettenschmuggel ermittelt.
Die Opposition und regierungskritische Demonstranten werfen dem montenegrinischen Ministerpräsidenten Milo Đukanović einen autoritären Führungsstil vor und fordern seinen Rücktritt. Des Weiteren kritisieren sie die Pläne für eine mögliche Mitgliedschaft von Montenegro in der NATO. Die montenegrinische Gesellschaft ist in zwei Lager gespalten. Die einen betonen die Eigenständigkeit der montenegrinischen Kulturnation von der serbischen und sind pro-westlich orientiert. Sie streben neben der Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU) auch die in der NATO an und stimmten im Jahre 2006 für die Unabhängigkeit Montenegros von der Staatenunion mit Serbien. Aus diesem Lager rekrutiert sich die Anhängerschaft der DPS und dieses ist gegenüber dem anderen Lager leicht in der Mehrheit. Das andere Lager sieht sich als Teil der serbischen Kulturnation und fühlt sich mit dem Nachbarn Serbien eng verbunden. Ebenso wie die Mehrheit der Serben lehnen die Angehörigen dieses Lagers eine NATO-Mitgliedschaft Montenegros ab, streben jedoch auch die EU-Mitgliedschaft an. Des Weiteren fühlt sich dieses Lager stärker mit Russland verbunden.
Mittlerweile demonstrieren regelmäßig Tausende Montenegriner gegen Milo Đukanović und die Dauerherrschaft von ihm und seiner DPS. Dabei kommt es zunehmend auch zu Gewalt, so versuchten Demonstranten die Polizeiabsperrungen um das montenegrinischen Parlament zu durchbrechen. Daraufhin setzte die Polizei Tränengas ein. Bei den Zusammenstößen wurden sowohl Demonstranten als auch Polizisten verletzt, einige davon schwer.
Im Dezember 2015 findet ein NATO-Gipfel statt, bei dem Montenegro wahrscheinlich eingeladen wird dem Militärbündnis beizutreten. Der montenegrinischer Ministerpräsident Milo Đukanović lehnt einen Rücktritt bisher ab, ist jedoch zu vorgezogenen Parlamentswahlen nach dem NATO-Gipfel bereit. Letztendlich reichen Gründe für die gesellschaftlichen Probleme sehr viel tiefer. Das Problem ist die grundsätzliche Spaltung der Gesellschaft in zwei Lager und fehlende, regelmäßige politische Machtwechsel. Im Ergebnis führt das auch zu einer Verfestigung von Korruption und Klientelismus. Des Weiteren fehlt aufgrund dieser Rahmenbedingungen eine demokratische und rechtsstaatliche Kultur. Das bisherige staatliche System Montenegros ist an seine Grenzen gelangt.