Die parlamentarische Arbeit im Kosovo ist gelähmt, da politischen Auseinandersetzungen im kosovarischen Parlament seit Monaten gewaltsam und durch unangemessene Störaktionen ausgetragen werden. Vor wichtigen Entscheidungen im Parlament kommt es zu Störaktionen, etwa dem Einsatz von Tränengas, so dass das Parlament seine Sitzung nicht fortsetzen und Entscheidungen treffen kann.
Konkret geht es um die Implementierung eines Verbandes für die serbisch-kosovarischen Gemeinden im Nordkosovo, welche vertraglich zwischen dem Kosovo und der Republik Serbien vereinbart wurden. Diesem Verband sollen in bestimmten Bereichen staatlichen Kompetenzen übertragen werden, was im Ergebnis eine Autonomie für die serbischen Kosovaren in bestimmten Bereichen bedeutet. Dies wird jedoch von der Oppositionspartei „Vetëvendosje“ („Selbstbestimmung“) strikt abgelehnt. Die Partei stellt 16 Abgeordnete im kosovarischen Parlament und ist damit drittstärkste parlamentarische Kraft. Die Regierungsparteien PDK („Demokratische Partei des Kosovo“) und LDK („Demokratische Liga des Kosovo“) stellen 37 und 30 Sitze im kosovarischen Parlament. Die PDK ist die politische Nachfolgeorganisation der aufgelösten „Befreiungsarmee des Kosovo“ („UCK“). Die LDK wurde unter anderem vom ersten kosovarischen Präsidenten Ibrahim Rugova gegründet, der nach dem Vorbild Mohandas Karamchand Gandhi in Indien auf einen friedlichen Widerstand setzte.
Die Vetëvendosje (VV) ist eine Oppositionspartei, die sich insgesamt kritisch mit den Regierungsparteien auseinandersetzt und auch gegen die verbreitete Korruption und den Klientelismus im Kosovo auftritt. Sie hat einen intellektuellen Hintergrund und genießt unter anderem bei Studierenden große Zustimmung. Sie hat allerdings auch eine nationalistische Ausrichtung. Sie ist gegen Zugeständnisse an die Serben und tritt unter anderem auch für die Vereinigung des Kosovo mit Albanien ein. Die VV stellt mit Shpend Ahmet unter anderem den Bürgermeister der kosovarischen Hauptstadt Priština.
Die derzeitigen politischen Auseinandersetzungen, besonders ihre Form, gefährden die demokratische und rechtsstaatliche Kultur im Kosovo und im Ergebnis auch das Verhältnis zwischen Albanern und Serben. Die serbischen Kosovaren müssen in den kosovarischen Staat, der von ihnen strikt abgelehnt wird, integriert werden. Das geht nur durch Zugeständnisse. Auch muss das Verhältnis zwischen dem Kosovo und Serbien stetig entwickelt und verbessert werden, vor allem in Hinblick auf eine gewollte zukünftige Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU). Mittlerweile geht der kosovarische Staat gegen die Störenfriede aus der VV vor. Es kam zu Verhaftungen von Parlamentsmitgliedern und prominenten Vertretern der Partei VV, was auch nicht unumstritten ist. Ein Ende der innenpolitischen Eskalation und eine Rückkehr zu einer normalen parlamentarischen Arbeit zeichnen sich im Kosovo derzeit noch nicht ab.