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Institutionelle Krise in der Republik Kroatien

Seit der Parlamentswahl in Kroatien am 08. November 2015 konnte weder das Parlament konstituiert noch eine Regierung gebildet werden. Hintergrund ist, dass weder die regierende sozialdemokratische SDP noch die oppositionelle und konservative HDZ eine ausreichende Mehrheit im Parlament für eine Regierungsbildung haben. Zünglein an der Waage ist die Partei MOST (deutsch: „Brücke“), die nach dem Austritt von vier Mitgliedern noch mit 15 Sitzen im Parlament vertreten und drittstärkste Partei ist.

Die Partei MOST fordert eine Reformregierung, an der sowohl die SDP als auch die HDZ beteiligt ist. Eine Koalition nur mit der SDP oder der HDZ wird abgelehnt, da dies aus Sicht der Partei MOST dem angestrebten Ziel einer Reform-Konzentrationsregierung widerspricht. Die SDP und die HDZ lehnen eine solche Regierung oder auch eine große Koalition bisher ab. Wenn es weiterhin nicht zu einer Regierungsbildung kommen sollte werden erneute und vorgezogene Parlamentswahlen immer wahrscheinlicher.

Aufgrund der Situation ist die Republik Kroatien in eine Verfassungskrise geschlittert. Aufgrund des Unwillens der Partei MOST sich für einen Koalitionspartner zu entscheiden, kann im Ergebnis das Parlament nicht konstituiert werden. Es bedarf der Wahl einer Präsidentin oder eines Präsidenten des Parlaments, zumindest pro forma. Aufgrund der Nicht-Konstituierung des Parlaments können wichtige Entscheidungen nicht getroffen werden. So müssen unter anderem neue Richterinnen und Richter für den Verfassungsgerichtshof gewählt werden, da die Amtszeiten von Teilen der bisherigen Richterschaft ablief bzw. ausläuft. Ohne Neuwahl der Verfassungsrichterinnen und -richter würde der Verfassungsgerichtshof nicht mehr arbeiten können. Des Weiteren könnte der Haushalt nicht verabschiedet werden, was zu Zahlungsengpässen im öffentlichen Sektor führen würde.

Wie die institutionelle Krise in Kroatien ausgehen wird ist noch offen. Die Verfassung trifft für die aktuelle Situation keine Regelungen, so dass nur ein Einlenken der Parteien zu einer Lösung der Krise führen könnte. Wenn ein Einlenken ausbleiben sollte sind vorgezogene Neuwahlen die logische Konsequenz aus der verfahrenden Situation.