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Der makedonische Staatspräsident begnadigt Akteure des Abhör- und Korruptionsskandals

Makedonische Präsident mit Begnadigungswelle, mit dem Ziel, den „nationalen Frieden“ wiederherzustellen. Viele seiner Parteifreunde sind auch darunter. Die Entscheidung wird sehr kritisch in der Bevölkerung gesehen.

Am 12. April 2016 hat der makedonische Staatspräsident Gjorge Ivanov alle Akteure des Abhör- und Korruptionsskandals faktisch begnadigt, obwohl die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind und noch keine Gerichtsverfahren stattfanden. Konkret hat er entsprechende Begnadigungen für alle Beteiligten angekündigt, sie bisher jedoch noch nicht durchgeführt. Allerdings ist eine entsprechende Ankündigung bereits eine Untergrabung der Arbeit der Justiz und der Rechtsstaatlichkeit in der Republik Makedonien. Politiker, die sich entsprechende Verbrechen schuldig gemacht haben, haben nichts mehr zur befürchten und die juristische Aufarbeitung wird so zu einer Farce.

Präsident Gjorge Ivanov, der der VMRO-DPMNE unter Vorsitz des Ex-Ministerpräsidenten Nikola Gruevski angehört, begründete den umstrittenen Schritt damit, dass er dem „politischen Leiden Makedoniens“ ein Ende setzen wolle. Nach Auffassung des Vorsitzenden der größten makedonischen Oppositionspartei SDSM, Zoran Zaev, würde ein Ende der juristischen Untersuchungen einem Putsch gleichkommen. Auch EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn äußerte Unverständnis und bezeichnete die Maßnahmen als nicht mit seiner Rechtsauffassung konform.

Zwar kann der makedonische Staatspräsident gemäß Artikel 84 der Verfassung der Republik Makedonien im Rahmen der Gesetze Begnadigungen aussprechen, jedoch sind Sinn und Zweck dieses Begnadigungsrechts nicht die massenhafte Vereitelung der Strafverfolgung. Vor allem stellen sich hier Politiker gegenseitig Freischeine für Korruption und Klientelismus aus. Nur im Rahmen einer politischen Übereinkunft der Parteien, zum Wohle der Republik Makedonien, kann unter Umständen eine breit angelegte Amnestie vorgesehen werden. Diese müsste dann jedoch durch das Parlament beschlossen werden. Sie müsste darüber hinaus aufgrund der Situation auch gerechtfertigt sein und unter Abwägung aller Umstände ein größeres Übel verhindern. Ein Beispiel hierfür war die Verhinderung eines ethnischen Krieges in der Republik Makedonien zwischen ethnischen und albanischen Makedoniern durch das Rahmenabkommen von Ohrid im Jahre 2001. Ob hier die Umstände eine Amnestie oder Begnadigung rechtfertigen würden bleibt fraglich.

Im Februar 2015 wurde ein massiver Abhörskandal durch den makedonischen Oppositionsführer Zoran Zaev öffentlich gemacht. So sollen bis zu 20.000 Personen, darunter Politiker, abgehört worden sein. Unter den abgehörten Politikern sind sowohl welche der Regierungsparteien als auch der Opposition. Nach Auffassung der Opposition seien Politiker der Regierungsparteien in Verbrechen verwickelt. Die Regierungsparteien bestritten dies und warfen der Opposition einen Putschversuch vor. Aufgrund einer politischen Übereinkunft zwischen den Regierungsparteien und den zwei maßgeblichen Parteien der Opposition von Juni bzw. Juli 2015 ermittelt nun eine Sonderstaatsanwaltschaft. Ihre Arbeit wird jedoch durch die Behörden der Republik Makedonien nicht ausreichend unterstützt. Hinzu kommen noch Vorwürfe der Opposition, dass es bei der Parlamentswahl vom 24. April 2014 zu Wahlmanipulationen gekommen sein soll. Seitdem boykottierte die Opposition die Parlamentsarbeit.

Demonstrationen in Skopje am 13.4.2016

 

Proteste in Skopje nach Begnadigungswelle am 13.4.2016

Hunderte Anhänger der Opposition demonstrierten am Abend des 12. und 13. April 2016 bereits gegen die Maßnahmen des makedonischen Staatspräsidenten. Die angekündigten Begnadigungen dürften nicht geeignet sein, den politischen und gesellschaftlichen Frieden in der Republik Makedonien wieder herbeizuführen. Vielmehr dürfte noch mehr Umfrieden gestiftet worden sein. Auch untergraben diese Sinn und Zweck entfremdeten Begnadigungen die juristische Aufarbeitung des Abhör- und Korruptionsskandals und die Rechtsstaatlichkeit in der Republik Makedonien.