Am 04. Juli 2016 fand in der französischen Hauptstadt Paris wieder eine Westbalkan-Konferenz statt. Ziel dieser Konferenz ist die Heranführung der Staaten des Westbalkans an die Europäische Union (EU). Teilnehmer waren Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Makedonien (Republik), Montenegro und Serbien sowie die EU-Mitgliedsstaaten Deutschland, Frankreich (als Gastgeber), Italien, Kroatien, Österreich und Slowenien. Die Staaten des Westbalkans haben viele gemeinsame strukturelle Probleme in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Eingebettet in der seit 2009 bestehenden europäischen Finanz- und Schuldenkrise kommen ihre Bemühungen, die politischen und ökonomischen Kriterien für einen EU-Beitritt zu erfüllen, nur mühsam voran. Auf der anderen Seite ist die Einbindung der Staaten des Westbalkans aus Sicht der EU aus strategischen Gründen, besonders mit Blick auf die Krise in der Ukraine und dem angespannten Verhältnis zu Russland, besonders wichtig. Daher kam es zur Etablierung der Westbalkankonferenz, welche bereits seit 2013 mindestens einmal jährlich stattfindet.
Die Konferenz am 04. Juli 2016 stand unter dem Eindruck des Referendums über den Verbleib des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland in der EU vom 23. Juni 2016. In diesem Referendum entschied sich eine knappe Mehrheit der abstimmenden Bürgerinnen und Bürger des Vereinigten Königreiches für einen Austritt aus der EU. Allerdings gab es regionale und gesellschaftliche Unterschiede beim Abstimmungsergebnis. So ist eine deutliche Mehrheit der jungen Bürgerinnen und Bürger sowie der Schotten für einen Verbleib in der EU. Ebenfalls mehrheitlich für den Verbleib sind die Nordiren. Nur im bevölkerungsreichen England sowie in Wales stimmte eine Mehrheit für den Austritt aus der EU. Wie es im sogenannten „Brexit“ nun weitergehen wird dürfte daher offen sein. Allerdings dämpft die derzeitige Situation in der EU die Hoffnungen der Westbalkanstaaten auf einen baldigen EU-Beitritt. Der Prozess zur Heranführung der Westbalkanstaaten an die EU und zur Vorbereitung auf ihre Zukunft in der EU sollte zum 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkrieges im Jahr 2018 abgeschlossen sein. Die Abschlusskonferenz sollte ursprünglich sogar im Vereinigten Königreich stattfinden.
Im Rahmen des Prozesses zur Heranführung der Westbalkanstaaten an die EU sollen alle bestehenden bilateralen Streitigkeiten zwischen ihnen geklärt und überwunden werden. Damit soll verhindert werden, dass bilaterale Streitigkeiten den EU-Beitrittsprozess blockieren. Beispiele hierfür sind der Streit um den Namen „Makedonien“ zwischen Griechenland und der Republik Makedonien sowie der vor dem EU-Beitritt Kroatiens bestehende Grenzstreit zwischen dem damaligen Nicht-EU-Mitglied Kroatien und dem EU-Mitglied Slowenien. Auch die Frage nach dem völkerrechtlichen Status des Kosovos ist teilweise noch umstritten. So erkennen Serbien sowie weitere fünf EU-Staaten das Kosovo völkerrechtlich nicht an. So ist denn auch die Verbesserung der bilateralen Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo ein wichtiges Ziel des Prozesses. Hier ist viel erreicht worden, doch jetzt stockt der Annäherungsprozess zwischen Serbien und dem Kosovo, ohne das die EU bisher weitere Initiativen ergriffen hätte.
Wichtige Themen auf der Konferenz waren unter anderem die Flüchtlingspolitik, Terrorismus, die wirtschaftliche Entwicklung und der Jugendaustausch. So soll die Verzahnung der Infrastruktur der Westbalkanstaaten untereinander und mit der EU verbessert werden. Nötig sind Produktionssteigerungen, damit es zu einem Wachstum der Wirtschaft auf dem Westbalkan kommt. Ohne dieses Wachstum können die Westbalkanstaaten wirtschaftlich nicht zur EU aufschließen. Wichtige Wirtschaftsbereiche sind Energie und Verkehr, welche von der EU gefördert werden sollen. Schon vor dem EU-Beitritt sollen die Staaten des Westbalkans Zugang zu den EU-Strukturfonds bekommen. Ohne Hilfe werden es die Westbalkanstaaten nicht schaffen, die ökonomische und soziale Stagnation zu überwinden.
Nach Vorbild des Deutsch-Französischen Jugendwerks wollen die Regierungen der Westbalkanstaaten ein Balkan-Jugendwerk mit Sitz in der albanischen Hauptstadt Tirana gründen. Begegnungen und Austauschprogramme, die auch Auszubildenden offenstehen, sollen helfen sich gegenseitig besser kennenzulernen, Vorurteile abzubauen und gemeinsame Projekte zu entwickeln. Die Jugend ist wichtig für die europäische Zukunft. Sie werden später Europa gestalten und weiterentwickeln.