Die Chancen für eine Überwindung des Streits um den Namen „Makedonien“ zwischen Griechenland und der Republik Makedonien sind im Vergleich zur Vergangenheit deutlich gestiegen. Die Bereitschaft zur Beendigung des Streits ist sowohl bei der griechischen als auch bei der makedonischen Regierung deutlich ausgeprägt. Dennoch gibt es noch große Hürden, welche für eine endgültige Lösung überwunden werden müssen.
Im ersten Schritt müssen beide Regierungen sich auf einen Kompromiss einigen. Dieser soll die Bezeichnung „Makedonien“ in Verbindung mit einem Adjektiv (Neu, Nord, Ober, Vardar, z.B. Nord-Makedonien) beinhalten. Entsprechende Adjektive sind dann auch für die Bezeichnung der makedonischen Nation und Sprache vorgesehen. Im Falle der Republik Makedonien ist dies unproblematischer, da alle Regierungsparteien (SDSM, DUI und Allianz der Albaner) hinter einem möglichen Kompromiss stehen dürften. Im Falle Griechenlands dürfte die größte Regierungspartei, das Linksbündnis SYRIZA, unter Führung des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras, hinter einem entsprechenden Kompromiss stehen. Der kleinere Koalitionspartner, die Unabhängigen Griechen (ANEL), unter Führung von Verteidigungsminister Panos Kammenos lehnen einen entsprechenden Kompromiss jedoch ab. Die ANEL würde wegen einem entsprechenden Kompromiss wohl nicht die Regierungskoalition aufkündigen. Auf Regierungsebene wäre die Hürde für eine Verständigung im Ergebnis am kleinsten.
Nach einer Verständigung auf Regierungsebene müssten allerdings die Parlamente Griechenlands und der Republik Makedonien zustimmen. In Griechenland bedarf es hierfür grundsätzlich einer absoluten Mehrheit im Parlament. Da der kleinere Regierungspartner ANEL gegen einen entsprechenden Kompromiss ist, hätte die Regierung insgesamt keine absolute Mehrheit im Parlament. Die Nea Dimokratia (ND), die größte Oppositionspartei, würde einen Kompromiss nur dann mittragen, wenn die Regierung eine eigene Mehrheit hätte. Viele der Oppositionsparteien wollen vor allem die Regierung aus innenpolitischen Gründen nicht unterstützen, selbst wenn sie einen entsprechenden Kompromiss mittragen würden. Ggf. könnten sich Oppositionsparteien zumindest enthalten, so dass ein Kompromiss zumindest mit relativer Mehrheit ratifiziert werden könnte. Doch auch das ist keineswegs sicher. Selbst bei einer Verständigung zwischen der griechischen und der makedonischen Regierung könnte ein Kompromiss am griechischen Parlament scheitern. Eine Volksabstimmung über einen Kompromiss ist in Griechenland nicht vorgesehen, nach einer Umfrage sollen rund Zweidrittel der Griechinnen und Griechen gegen einen Kompromiss sein, welcher den Namen „Makedonien“ beinhalten würde.
In der Republik Makedonien sind die parlamentarischen Hürden noch höher. Zwar dürfte die makedonische Regierung im Parlament eine absolute Mehrheit für einen entsprechenden Kompromiss haben, doch dürfte dies nicht ausreichen. Eine grundsätzliche Änderung des verfassungsmäßigen Namens, auch nur im außenpolitischen Verkehr, setzt eine entsprechende Änderung oder Ergänzung der Verfassung der Republik Makedonien voraus. Hierfür ist die Mehrheit von Zweidritteln aller Abgeordneten des makedonischen Parlaments erforderlich. Diese Mehrheit ist ohne Zustimmung von Abgeordneten der nationalkonservativen IMRO-DPMNE (VMRO-DPMNE) nicht zu erreichen. Deren Zustimmung ist jedoch nicht sicher und sie dürften aus ideologischen Gründen eher gegen einen entsprechenden Kompromiss sein. Des Weiteren ist auch eine Volksabstimmung über einen möglichen Kompromiss vorgesehen. Genau Umfrageergebnisse liegen der Redaktion nicht vor. Es könnte jedoch eine Mehrheit für den Kompromiss in der makedonischen Bevölkerung geben. Die Nationalitäten in der Republik Makedonien, welche nicht der Bevölkerungsmehrheit angehören, dürften wohl fast geschlossen für einen entsprechenden Kompromiss sein. Im Falle der makedonischen Bevölkerungsmehrheit dürften Befürworter und Gegner in etwa zwei gleich große Lager bilden. Hier wäre also im Ergebnis eine Mehrheit bei einer Volksabstimmung für einen Kompromiss möglich, wenn auch keineswegs sicher.