In der griechischen Hauptstadt Athen haben mehr als Hunderttausend Griechinnen und Griechen gegen den anstrebten Kompromiss im sogenannten Namensstreit protestiert. Dieser Kompromiss beinhaltet die weitere Verwendung des aus ihrer Sicht rein griechischen Namens „Makedonien“ im Staatsnamen der Republik Makedonien. Allerdings würde der Name gemäß dieses angestrebten Kompromisses eine zusätzliche geografische oder zeitliche Spezifizierung beinhalten: Republik Nord-Makedonien, Republik Ober-Makedonien, Republik Vardar-Makedonien oder Republik Neu-Makedonien. Allerdings lehnen nach einer neusten Umfrage 71 Prozent der Griechinnen und Griechen jeden Kompromiss ab, welcher den Namen „Makedonien“ beinhalten würde.
Die Teilnehmer der Großdemonstration wurden mit Bussen und Schiffen aus ganz Griechenland herangebracht. Dabei skandierten sie „Makedonien ist griechisch und nur griechisch“. Auf Flugblättern war zu lesen: „Nein zum Ausverkauf des einzigen und griechischen Makedonien“ Hauptredner der Veranstaltung war der 92-jährige Komponist Mikis Theodorakis. Dieser war Widerstandskämpfer während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg (1941 – 1945) und leistete auch Widerstand gegen das Regime der Obristen in Griechenland (1967 – 1974). Zwar hat Theodorakis sich zeitlebens als Linker definiert, im „Namensstreit“ steht er dennoch an der Spitze der nationalistischen Bewegung für ein rein griechisches Makedonien. So sagte der Komponist zum angestrebten Kompromiss mit der Republik Makedonien „Wir werden nie zustimmen, dass ein anderes Land den Namen Makedonien in irgendeiner Form trägt“.
Unterstützung bekommen die Demonstrantinnen und Demonstranten auch von Vertretern der konservativen und rechten Parteien, darunter auch Mitglieder des kleineren Regierungskoalitionspartners „Unabhängige Griechen“ (ANEL). Selbst die Griechisch-Orthodoxe Kirche ist aktiv an der Großdemonstration beteiligt. Zweifellos genießt die Großkundgebung starken Rückhalt in der griechischen Bevölkerung und kann nicht einfach nur als das Werk von einigen Nationalisten heruntergespielt werden. Die tatsächliche Anzahl der Teilnehmer ist übrigens auch umstritten. Während offizielle Stellen von mehr als Hunderttausend Teilnehmern sprechen, sprechen die Veranstalter von über einer Million. Vielleicht sind es einige Hunderttausend gewesen und auch schon das wäre eine große Anzahl an Demonstrantinnen und Demonstranten.
Die Emotionen der Griechinnen und Griechen bezüglich Makedoniens beruht nicht auf rationale Erwägungen. Verantwortlich für die Entwicklung ist eine jahrzehntelange einseitige Geschichtspolitik in Griechenland, welche nach dem Ende des Bürgerkrieges in Griechenland im Jahre 1949 ihren Anfang nahm. Nach dieser Geschichtspolitik sei der Bürgerkrieg nicht nur ein Krieg innerhalb Griechenlands gewesen, sondern ein Abwehrkampf gegenüber den slawischen Einfällen aus dem Norden (Bulgarien und Jugoslawien). Da in diesem Bürgerkrieg auch die makedonische Frage thematisiert wurde und die ethnischen bzw. slawischen Makedonier in Griechenland überwiegend auf Seiten der griechischen Kommunisten kämpften, welche wiederum von den kommunistischen Staaten Bulgarien und Jugoslawien unterstützt wurden, wurde jede Form von nichtgriechischen „Makedonismus“ zu einem Angriff auf die Einheit Griechenlands hochstilisiert. Um den Norden Griechenlands mit der Region Makedonien zu einem Hort des Patriotismus zu machen, welcher Bulgarien und Jugoslawien die Stirn bieten sollte, wurden die heutigen griechischen Makedonier in eine direkte Ahnenreihe mit den antiken Makedonier gestellt. Tatsächlich sind weder die heutigen griechischen Makedonier noch die ethnischen bzw. slawischen Makedonier direkt Nachfahren der antiken Makedonier. Eine objektive Auseinandersetzung mit der makedonischen Frage in Griechenland fand nie statt, so dass die alten, falschen Ansichten bestehen blieben und noch heute zu den wahrnehmbaren irrationalen Verhalten der Griechinnen und Griechen gegenüber der Republik Makedonien führen.