Griechenland hat ein Problem mit dem verfassungsmäßigen Namen seines Nachbarstaates, der Republik Mazedonien. Seit fast 20 Jahren werden deshalb auch Gespräche geführt, wie Griechenland dieses Problem lösen kann. Athen behauptet zwar, dass es bei diesen Problemen lediglich um den Namen des Landes geht, doch im Grundsatz und in den praktischen Gesprächen kann man feststellen, dass für Griechenland schon die Existenz einer mazedonischen Identität, die Existenz einer Republik Mazedonien, der verfassungsmäßige Name und die Frage bzgl. der Existenz oder Nichtexistenz von Minderheiten in Griechenland Tabu-Themen sind, die auf der heutigen griechischen Gesellschaft lasten.
Mit diesen Worten schilderte erst kürzlich der mazedonische Außenminister Antonio Milososki die aktuelle Situation in Bezug auf die Gespräche über Griechenlands Probleme mit Mazedonien:
„Ich glaube, dass diese griechischen Tabus Reste des Kalten Krieges darstellen, und diese Reste lasten heute auf die gesamte griechische Gesellschaft. Ein großer Teil jedoch ist erst in den Jahren 1991-92 entstanden, als Griechenland eine extrem-nationalistischen Politik gegenüber Mazedonien geführt hat.“ so Milososki. Das Problem ist somit nicht nur auf den Staatsnamen begrenzt, sondern auf alles, was als Mazedonien oder mazedonisch bezeichnet wird.
Mazedonien und deren Bürger haben ein Grundrecht, sich so zu nennen wie sie es wollen. Sie haben sich 1991 für den Namen „Republik Mazedonien“ entschieden. Eine erneute Befragung würde kein anderes Ergebnis bringen. Da die mazedonische Regierung bereits mehrmals angekündigt hatte, jede Option über ein Referendum zu legitimieren, wird eine Namensänderung des Staates wohl eher unwahrscheinlich sein.
Eine Namensänderung ist jedoch nur die eine Seite der Medaille, denn die andere Seite beschreibt, wann dieser Name verwendet werden soll. Mazedonien beharrt darauf, dass der „neue“ Name nur in den bilateralen Beziehungen zu Griechenland verwendet werden soll, Griechenland will aber, dass dieser neue Name UNIVERSAL eingesetzt werden muss, d.h. es würde dann auch die Identität und die Sprache betroffen sein. Aus Mazedonier würden „Vardarmazedonier“, aus Mazedonisch vielleicht „Nordmazedonisch“, etc. Diese Implikationen zeigen, weshalb es bis heute noch keine Lösung in diesem Problem gibt.
Athen kritisiert die Haltung der mazedonischen Regierung, diese sei nicht konstruktiv und wolle keine Lösung. Doch die Wirklichkeit sieht so aus, dass Griechenland eine Lösung vordiktieren möchte, die die mazedonische Regierung anzunehmen hat. Vor diesem Hintergrund wird es wohl nie eine Lösung geben.
Die irische Lösung
Irland ist eine Insel, zweigeteilt. Es gibt eine Republik Irland, unabhängig, und eine Provinz Nordirland, Teil des Vereinten Königreichs. Hier gibt es keine Probleme mit dem „Staatsnamen“. Kongo: Es gibt eine Republik Kongo und eine Demokratische Republik Kongo. Zwei eigenständige Staaten ohne Namensprobleme.
Wieso sollte nun Mazedonien den Namen ändern? Eine Verwechslung mit einer Südmazedonischen Region in Nordgriechenland ist ausgeschlossen. Gebietsansprüche an Nachbarstaaten per Verfassungseintrag von 1995 ausgeschlossen. Ja selbst die Staatsflagge wurde auf griechischen Druck hin 1995 geändert.
Es scheint so, als ob der mazedonische Außenminister den Kern des Problems erkannt und nun ausgesprochen hat. Griechenland will eine mazedonische Nation, eine mazedonische Identität, Sprache, Kultur nicht anerkennen. Für Griechenland gibt es keine Mazedonier. Eine Änderung des Staatsnamens wird an dieser Stelle auch nicht helfen. Deshalb ist die mazedonische Regierung wohl am besten beraten, wenn Sie den Staatsnamen nicht ändert, insbesondere dann nicht, wenn es von einem anderen Land erzwungen wird.
Die EU wird entscheiden müssen, ob das Grundrecht der Selbstbestimmung von jedem Staat mehr Wert ist, als das Athener Diktat der Erpressung, ohne Namensänderung den Weg in die EU zu blockieren. Solange Brüssel den Druck auf Athen nicht erhöht und die Namensfrage als „Aufnahmekriterium“ wieder fallen lässt, solange wird das Problem weiterhin akut bleiben und Mazedonien keine Beitrittsgespräche starten können. Athen sei dank. Das sind die Werte, die Europa vorleben muss.