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Vor 30 Jahren: Die Unabhängigkeit der Republik (Nord-)Makedonien

Vor 30 Jahren sprachen sich in einem Referendum am 08.09.1991 bei einer 75%-igen Abstimmungsbeteiligung über 90 % der teilnehmenden makedonischen Bürgerinnen und Bürger für die Unabhängigkeit und Souveränität der Republik Makedonien aus, wobei diese das Recht haben sollte, einem neu zu formierenden und später nie gegründeten jugoslawischen Staatsgefüge aus souveränen Staaten beizutreten. Seitdem gilt der 8. September als Unabhängigkeits-Feiertag in der Republik Makedonien bzw. Republik Nord-Makedonien.

Die formelle Unabhängigkeitserklärung von der damaligen „Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien“ („SFRJ“) erfolgte durch Parlamentsbeschluss am 18.09.1991. Auch die Unabhängigkeitserklärung des Parlaments sah noch die Möglichkeit vor, dass die Republik Makedonien Mitglied in einem erneuerten Bund souveräner und gleichberechtigter Staaten auf dem Boden Jugoslawiens werden könnte. Dazu kam es nicht mehr, so dass die Republik zu einem unabhängigen und souveränen Mitglied der Völkergemeinschaft wurde.

Nach Kroatien und Slowenien verließ damit die dritte jugoslawische Republik die SFRJ. Die Republik Makedonien schaffte diesen Schritt ohne Krieg. Der Weg der völkerrechtlichen Anerkennung war aufgrund des Streits um den Namen „Makedonien“ mit Griechenland allerdings mühsam. Dieser Streit war eines der größten außenpolitischen Probleme der Republik Makedonien und konnte erst im Jahr 2018 überwunden werden. Dennoch entwickelte sich die Republik Makedonien zu einem anerkannten und stabilen Staatswesen. Die Republik Makedonien heißt seit dem 12.02.2019 offiziell „Republik Nord-Makedonien“.

Die Gründung des makedonischen Staates

Seit der Antike gab es kein makedonisches Staatswesen mehr. Auch die antiken Makedonier gibt es nicht mehr. Das spätere Reich von Samuel (972 bis 1014) hatte zwar seinen Schwerpunkt in Makedonien und einen besonderen Charakter, jedoch kann in diesem Fall nicht ordinär von einem makedonischen Staatswesen gesprochen werden. Allerdings bildet das Reich von Samuel aufgrund seines besonderen Charakters sowohl für Bulgarien als auch für Makedonien eine wichtige historische Basis. Die jetzige Republik Nord-Makedonien hat ihre Wurzeln in der neueren Geschichte und ihre Gründung dem erfolgreichen kommunistisch-jugoslawischen Volksbefreiungskampf zwischen 1941 und 1944 zu verdanken. Auf dem Gebiet des jugoslawischen Teils von Makedonien begann dieser Kampf am 11.10.1941. Der Staatsgründung vorausgegangen war die Anerkennung der ethnischen bzw. slawischen Makedonier als eigenständige Ethnie bzw. Nation auf der zweiten Tagung des „Antifaschistischen Rates der Nationalen Befreiung Jugoslawiens“ (AVNOJ) am 29.11.1943.

Staatsrechtlich kann die Eröffnung der ersten Sitzung des „Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Makedoniens“ („ASNOM“) am 02.08.1944 als Gründungsakt für den noch heute existierenden makedonischen Staat angesehen werden. Der ASNOM bestand aus 17 Mitgliedern und kam im heute zu Serbien gehörenden Kloster Prohor Pčinski zu seiner ersten Sitzung zusammen. Mit dem Sitzungsdatum sollte historisch an den Beginn des Ilinden-Aufstandes und der Gründung der nur kurzzeitig existierenden „Republik von Kruševo“ am 02.08.1903 angeknüpft werden. Damit erhielt die Sitzung der ASNOM neben seinem kommunistischen auch einen besonderen nationalen Charakter makedonischer Prägung. Der Sitzungsort wurde deshalb gewählt, da er zu dieser Zeit bereits von bulgarischen und deutschen Besatzern geräumt war.

Auf der ersten Sitzung des ASNOM wurde die Staatsstruktur und die Grundlagen der Verfassung für den makedonischen Staat festgelegt, der als Gliedstaat mit der Bezeichnung „Volksrepublik Makedonien“ gleichberechtigtes Mitglied der „Föderativen Volksrepublik Jugoslawien“ sein und eigene Gesetzgebungskompetenzen haben sollte. Des Weiteren wurden auf Sitzung die Geltung der Menschen- und Bürgerrechte proklamiert, Minderheitenrechte für Ethnien in Makedonien garantiert und die Grundsätze des Wahlrechts festgelegt. Jede Bürgerin bzw. jedem Bürger wurde das Recht zur Beschwerde gegen staatliche Handlungen gewährt. Der makedonische Staat sollte nach den Beschlüssen des ASNOM nicht zentral verwaltet werden, sondern wurde in Bezirke, Kreise und Gemeinden gegliedert. Auch auf kulturellem Gebiet fasste der ASNOM Beschlüsse. Demnach sollten die makedonischen Dialekte, die um die Stadt Skopje herum gesprochen werden, zu einer Schriftsprache zusammengefasst werden. Diese Schriftsprache sollte eine wichtige Grundlage für die bereits erfolgte Anerkennung der makedonischen Kulturnation und Amtssprache in der Volksrepublik Makedonien sein. Der 02. August wurde als Nationalfeiertag festgelegt. Dieser Tag verkörpert symbolisch die Kontinuität des Freiheitskampfes der makedonischen Bevölkerung gegen alle Besatzer Makedoniens und ist auch heute noch ein wichtiger Feiertag. Außerdem wurde die Errichtung einer makedonischen Volksmiliz beschlossen, die am jugoslawischen Volksbefreiungskampf teilnehmen sollte. In der zweiten Hälfte des Jahres 1944 nahm auch im jugoslawischen Teil von Makedonien der Volksbefreiungskampf an Fahrt auf und war erfolgreich. Zurzeit des Volksbefreiungskampfes war der jugoslawische Teil von Makedonien hauptsächlich bulgarisch besetzt. Es gab auch einen Machtkampf zwischen den bulgarischen und den jugoslawischen Kommunisten um diesen Teil von Makedonien.  Letztendlich verzichtete Bulgarien am 11.10.1944 auf den jugoslawischen Teil von Makedonien.

Der Gründungsakt für den makedonischen Staat am 02.08.1944 erwies sich als nachhaltig. Am 30.04.1945 erfolgte die Proklamation der „Volksrepublik Makedonien“ innerhalb der kommunistisch-jugoslawischen Föderation, welche ihrerseits am 29.11.1945 als „Föderative Volksrepublik Jugoslawien“ proklamiert wurde. Die erste makedonische Regierung trat ihr Amt im Mai 1945 an. Das heutige makedonische Alphabet unter Verwendung der kyrillischen Schrift wurde am 05.05.1945 bekannt gegeben. Am 07.06.1945 folgte die Veröffentlichung der ersten Rechtschreibregeln für die makedonische Sprache. Auf Basis der Beschlüsse der ASNOM erfolgte die Ausarbeitung der ersten makedonischen Verfassung, welche am 31.12.1946 in Kraft trat.

Die Entwicklung des makedonischen Staates in der jugoslawischen Föderation

Mit der Anerkennung der ethnischen bzw. slawischen Makedonier als Ethnie bzw. Nation und der Staatsgründung begann die Entwicklung des makedonischen Staates. Zum einen konnten sich die ethnischen bzw. slawischen Makedonier nun frei und nachhaltig zu einer modernen Kulturnation entwickeln. Zum anderen entwickelte sich auch der makedonische Staat weiter. Innerhalb der jugoslawischen Föderation werden drei Verfassungsperioden unterschieden. Jeder makedonischen Verfassungsperiode ging eine entsprechende Revision der jugoslawischen Verfassung voraus. So erhielten die jugoslawische Föderation und der makedonischen Staat in den Jahren 1946, 1963 und 1974 jeweils neue Verfassungen. Die jugoslawische Verfassung von 1946 wurde im Jahr 1953 durch ein Verfassungsgesetz grundlegend reformiert, was auch eine entsprechende Reform der makedonischen Verfassung zur Folge hatte. Nachfolgend soll die Entwicklung des makedonischen Staates innerhalb der jugoslawischen Föderation anhand der jeweiligen Verfassungsperioden dargestellt werden. 

Die erste Verfassungsperiode von 1946 bis 1963 war durch dynamische Veränderungen der Verfassungsinstitutionen geprägt. Nachdem im Jahr 1950 mit dem Grundgesetz über die Arbeiterselbstverwaltung die wirtschaftliche Ordnung konkretisiert und gefestigt wurde, erfolgte im Jahre 1953 die Verabschiedung eines Verfassungsgesetzes. In diesem wurde die durch die Verfassung von 1946 vorgesehene politische Ordnung und Funktion der Organe der Staatsgewalt innerhalb der Volksrepublik Makedonien konkretisiert. Dieser Zeitabschnitt, in der der Einfluss der kommunistischen Partei und des Staates auf die wirtschaftliche Entwicklung am größten war, wird auch als „administrativer Sozialismus“ bezeichnet. Andere gängige Bezeichnungen waren auch „Staat der Avantgarde“ oder „Volksdemokratie“.

Die zweite Verfassungsperiode von 1963 bis 1974 begann mit dem Inkrafttreten der am 12.04.1963 beschlossenen, zweiten makedonischen Verfassung am 07.07.1963. Gemäß dieser Verfassung wurde der makedonische Staat nicht mehr als „Volksrepublik Makedonien“ sondern als „Sozialistische Republik Makedonien“ bezeichnet. Analog wurde bereits im Vorfeld durch die zweite Verfassung der jugoslawischen Föderation vom 07.03.1963 die „Föderative Volksrepublik Jugoslawien“ in „Sozialistisch Föderative Republik Jugoslawien“ („SFRJ“) umbenannt. Die zweite Verfassungsperiode war gekennzeichnet durch den Beginn der Selbstverwaltung der Betriebe und den Machtverlust der bisherigen Elite in Staat und Gesellschaft. Der sogenannte „Selbstverwaltungssozialismus“ sollte als dritter Weg zwischen den Marktwirtschaften westlicher Prägung und den sozialistischen Gesellschaftssystemen der Ostblockstaaten etabliert werden. In diesem System sollten sich die Betriebe und die mit ihnen verbundene Arbeiterschaft nicht nur formell sondern auch tatsächlich selbst verwalten können.

Die dritte Verfassungsperiode von 1974 bis 1991 war die letzte im Rahmen der jugoslawischen Föderation. Mit der jugoslawischen Verfassungsrevision vom 21.02.1974 erhielt der makedonische Staat eine sehr weitgehende Autonomie im Rahmen der jugoslawischen Föderation. Von der jugoslawischen Föderation wurden deutlich mehr Kompetenzen auf die Republiken übertragen, so dass an mancher Stelle der Eindruck entstehen konnte, dass die Föderation mehr einer Konföderation gleiche. So erhielt die Sozialistische Republik Makedonien unter anderem auch Kompetenzen in der Außen- und Verteidigungspolitik. Die jugoslawische Verfassung definierte die Föderation als staatliche Gemeinschaft ihrer Sozialistischen Republiken und Sozialistisch Autonomen Gebietskörperschaften (Kosovo und Vojvodina) im Verband der Sozialistischen Republik Serbien und weiterhin als Bundesstaat. Staatsrechtlich kann daher von einem kooperativen Föderalismus und weniger von einer Konföderation gesprochen werden.

Aufgrund der jugoslawischen Verfassungsrevision war allerdings auch eine entsprechende makedonische Verfassungsrevision notwendig, welche die dritte Verfassungsperiode in der Geschichte des makedonischen Staates einleitete. Die Verfassung der Sozialistischen Republik Makedonien vom 25.02.1974 definierte den makedonischen Staat als staatliche und gesellschaftspolitische Einheit innerhalb der jugoslawischen Föderation und hob das makedonische Volk ausdrücklich als staatsbildende Nation hervor. Die albanische und die türkische Minderheit wurden namentlich als integraler Bestandteil dieser Nation genannt. Die makedonische Verfassung von 1974 enthielt über ihren formal-juristischen Charakter hinaus auch politische und wirtschaftliche Absichtserklärungen, die den veränderten politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung tragen sollten. So enthielt die Verfassung auch individuelle Grundrechte, die allerdings nur im Rahmen des sozialistischen Systems verwirklicht werden konnten.

Nach der jugoslawischen bzw. der makedonischen Verfassungsrevision von 1974 und dem jugoslawischen Gesetz über die assoziierte Arbeit von 1976 waren nicht mehr die Unternehmen sondern die „Grundorganisation der assoziierten Arbeit“ die alleinigen Träger der Selbstverwaltung und ihnen fiel auch das finanzielle Ergebnis ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zu. Unternehmen bzw. Betrieben war ein Zusammenschluss dieser politisch und finanziell autonomen Grundorganisationen. Die Grundorganisation der assoziierten Arbeit war ein Zusammenschluss von Arbeiterinnen und Arbeitern. Allerdings stand die zunehmende Föderalisierung in einem unauflösbaren Spannungsverhältnis zur Einparteienherrschaft in der SFRJ und der SR Makedonien. Die jugoslawischen Republiken drifteten zunächst wirtschaftlich auseinander, dann auch politisch und in nationalen Fragen. Aus einer andauernden Wirtschaftskrise in der SFRJ war eine Systemkrise geworden. Der kooperative Bundesstaat konnte die divergierenden Interessen der jugoslawischen Republiken bzw. der einzelnen jugoslawischen Völker nicht mehr kanalisieren und ausgleichen.

Das Ende des Kommunismus und erste Mehrparteienwahlen

Das faktische Ende der kommunistischen Einparteienherrschaft leitete der 14. Kongress des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens (BdKJ) im Januar 1990 ein. Der BdKJ zerfiel praktisch aufgrund der Gegensätze der Parteiorganisationen auf der Ebene der Republiken und autonomen Gebietskörperschaften. In den Republiken Kroatien und Slowenien fanden bereits im April 1990 erste demokratische Mehrparteienwahlen statt. Ende Mai 1990 wurde der vertagte 14. Kongress des BdKJ fortgesetzt. Er beschloss formell das Ende der Einparteienherrschaft und die Möglichkeit von demokratischen Mehrparteienwahlen. Die Verfassung der SFRJ wurde daraufhin am 08.08.1990 in wesentlichen Punkten, die das gesellschaftliche System betrafen, vom jugoslawischen Parlament geändert. Das System der Selbstverwaltung der Arbeiterschaft wurde zugunsten marktwirtschaftlicher Strukturen abgeschafft. Des Weiteren wurde das Mehrparteiensystem eingeführt und so die Einparteienherrschaft durch den Bund der Kommunisten auch formell beendet. Zu weiteren Verfassungsreformen kam es danach aufgrund der Gegensätze zwischen den jugoslawischen Republiken nicht mehr. Das Ende der jugoslawischen Föderation zeichnete sich immer mehr ab.

Die Schwäche des Bundes der Kommunisten in der SFRJ und ihrer Parteiorganisationen in den Sozialistischen Republiken hinterließ ein politisches Vakuum, welches bereits vor der formellen Einführung des Mehrparteiensystems zur Gründung von politischen Parteien führte. Bereits Anfang 1990 entstanden in der Sozialistischen Republik Makedonien Parteien, die einerseits reformkommunistisch, andererseits auch national-konservativ, liberal oder nach ethnischen Gesichtspunkten orientiert waren. So entstand unter anderem Anfang des Jahres 1990 die „Bewegung für eine allmakedonische Aktion“ („MAAK“). Von dieser spaltete sich die „Innere Makedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für die makedonische Einheit“ („IMRO-DPMNE“) ab, welche im Juni 1990 erstmals öffentlich auftrat und Mitte Juli 1990 dann auch formell gegründet wurde. Der Bund der Kommunisten Makedoniens reformierte sich und wurde zunächst in „Bund der Kommunisten Makedoniens – Partei für demokratische Umgestaltung“ umbenannt. Unter dieser Bezeichnung trat diese Partei bei den ersten freien Parlamentswahlen in der Sozialistischen Republik Makedonien an. Formell wurden demokratische Strukturen und das Mehrparteiensystem in der Sozialistischen Republik Makedonien durch Parlamentsbeschluss vom 24.09.1990 eingeführt. Festgelegt wurden dabei auch die Termine für den ersten Wahlgang und für die Stichwahlen.

In der Sozialistischen Republik Makedonien fanden am 11.11.1990 die ersten Mehrparteienwahlen statt, die am 25.11.1990 (Stichwahlen) und am 09.12.1990 (Einzelne Wahlwiederholungen wegen Unregelmäßigkeiten) fortgesetzt wurden. Gleichzeitig mit der Parlamentswahl wurden die Kommunalparlamente der damaligen 34 Großgemeinden der Sozialistischen Republik Makedonien gewählt. Die Wahlbeteiligung lag im ersten Wahlgang bei 84 % und im zweiten Wahlgang bei 80 %.

Stärkste Kraft mit 37 von 120 Sitzen wurde die „Innere Makedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für die makedonische nationale Einheit“ („IMRO-DPMNE“) (Vnatrešna Makedonska Revolucionerna Organizacija – Demokratska Partija za Makedonsko Nacionalno Edinstvo / VMRO-DPMNE). Die VMRO-DPMNE bildete mit der „Bewegung für eine allmakedonische Aktion“ (MAAK) und zwei kleineren Gruppen eine nationale Front.

Es folgte als zweitstärkste Kraft mit 31 Sitzen der „Bund der Kommunisten Makedoniens – Parteien für demokratische Umgestaltung“, aus der im April 1991 der „Sozialdemokratische Bund Makedoniens“ (Socijaldemokratski Sojuz Makedonija / SDSM) hervorging.

Mit 18 Sitzen drittstärkste Kraft wurde die „Partei der demokratischen Prosperität“ (Partija za Demokratski Prosperitet / PDP bzw. Partie e Prosperitetit Demokratik) der albanischen und moslemischen Bürger der Sozialistischen Republik Makedonien. Sieben Sitze erhielt die PDP im Bündnis mit der ebenfalls albanisch-moslemischen „Demokratischen Volkspartei“ (NDP).

Elf Sitze gingen an die später zerfallende, gesamtjugoslawische „Allianz der Reformkräfte“ des damaligen jugoslawischen Ministerpräsidenten Ante Marković, die erstmals bei einer Wahl antrat. Sechs Sitze gewann ein Bündnis aus der Allianz und der ebenfalls gesamtjugoslawisch ausgerichteten „Jungen Demokratischen Fortschrittlichen Partei“.

Die zwei zuletzt genannten Parteien sowie die Roma-Partei und die Sozialisten errangen als Viererbündnis zwei weitere Sitze. Die „Sozialistische Partei Makedoniens“ gewann vier Sitze. Diese Partei war aus dem ehemaligen „Sozialistischen Bund der Werktätigen“ hervorgegangen. Ein Sitz ging an die „Partei der Jugoslawen“ und drei weitere Sitze an unabhängige Kandidierende.

Am 27.01.1991 wählte das makedonische Parlament im zweiten Wahlgang mit 114 Stimmen bei 119 anwesenden Abgeordneten Kiro Gligorov zum Staatspräsidenten der Sozialistischen Republik Makedonien. Kiro Gligorov war der Kandidierende der Reformkommunisten und hatte bereits eine erfolgreiche langjährige Karriere in der jugoslawischen Politik hinter sich gebracht. Auf diesen Kandidierenden einigten sich am 23.01.1991 alle im Parlament vertretenden Parteien, nach dem Kiro Gligorov am 19.01.1991 aufgrund des Widerstands der VMRO-DPMNE noch die notwendige Zweidrittelmehrheit verfehlte. Zum Vizepräsidenten wählte das makedonische Parlament am 01.02.1991 den damaligen Vorsitzenden der VMRO-DPMNE Ljubčo Georgievski, welcher am 22.10.1991 bereits wieder zurücktrat.

Der makedonische Präsident Kiro Gligorov wurde zur prägenden Gestalt auf dem Weg der Republik Makedonien in die Unabhängigkeit, auch wenn dieser zunächst noch mit der jugoslawischen Idee verbunden war. Ihm ist es im Wesentlichen zu verdanken, dass der Weg in die Unabhängigkeit friedlich und ohne Krieg vonstattenging. Auch die Einbeziehung der ethnisch-albanischen Gemeinschaft in die Regierung der Sozialistischen Republik Makedonien bzw. der Republik Makedonien ging auf seinen Einfluss und seine Initiative zurück und wird seitdem ununterbrochen so gehandhabt.

Im März 1991 einigten sich die Parteien im Parlament auf eine „Regierung der Experten“, so dass Staatspräsident Kiro Gligorov am 07.03.1991 den Unabhängigen Nikola Kljušev zum Ministerpräsidenten ernannte und mit der Regierungsbildung beauftragen konnte. Die erste demokratisch-parlamentarische Regierung bestand überwiegend aus Parteilosen, nur zwei Regierungsmitglieder waren parteigebunden und gehörten jeweils der VMRO-DPMNE und den Reformkommunisten an. Drei Mitglieder der Regierung waren Angehörige der albanischen Gemeinschaft. Außenminister wurde der parteilose Denko Malevski. Am 20.03.1991 wurde die erste nichtkommunistische Regierung vom Parlament bestätigt. Bei der Abstimmung votierten 83 Abgeordnete für die Regierung, 17 dagegen und drei enthielten sich. Damit konnte sich die Regierung zunächst auf über Zweidrittel der Abgeordneten stützen. Innenpolitisch stand sie vor großen Aufgaben: Die Wirtschaftslage in der Sozialistischen Republik Makedonien war sehr schwierig. Die Arbeitslosenquote lag bei über 20 Prozent und die Inflationsrate betrug im Jahr 1990 etwa 120 Prozent. Doch auch das Schicksal des makedonischen Staates musste geklärt werden.

Der Weg in die Unabhängigkeit

Nach makedonischer Auffassung sollte der jugoslawische Bundesstaat in einen Bund souveräner jugoslawischer Staaten umgewandelt werden. Das erste frei gewählte makedonische Parlament verabschiedete am 25.01.1991 per Akklamation eine Souveränitätserklärung, in der das „Recht auf Selbstbestimmung einschließlich des Rechtes auf Sezession“ von der „Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien“ („SFRJ“) betont wurde. Ebenfalls durch Parlamentsbeschluss wurde die „Sozialistische Republik Makedonien“ am 15.04.1991 in „Republik Makedonien“ umbenannt. Daraufhin erklärte Griechenland im Mai 1991, dass es eine internationale Anerkennung der Republik Makedonien unter diesem Namen verhindern wolle. Damit war der sogenannte Namensstreit geboren, der an sich ein griechisch-makedonischer Kulturstreit um die Bedeutung und Verwendung der Bezeichnung „Makedonien“ und der damit assoziierten Bezeichnungen für die makedonische Kulturnation und Sprache war.

Nach dem endgültigen Scheitern der jugoslawischen Föderation hatte die Republik Makedonien die Wahl mit den Republiken Serbien und Montenegro eine neue Föderation („Bundesrepublik Jugoslawien“) zu bilden oder die Unabhängigkeit anzustreben. Aufgrund der damaligen aggressiven und nationalistischen serbischen Politik entschied sich die Republik Makedonien für letzteren Weg und ließ darüber am 08.09.1991 ein Referendum abhalten. In diesem Referendum sprachen sich bei einer Abstimmungsbeteiligung von 75 % über 90 % der abstimmenden Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien für die Unabhängigkeit und Souveränität aus, wobei diese das Recht haben sollte, einem neu zu formierenden und später nie gegründeten jugoslawischen Staatsgefüge aus souveränen Staaten beizutreten. Am 18.09.1991 erklärte das makedonische Parlament formell die Unabhängigkeit der Republik Makedonien von der SFRJ.

Die bereits im Frühjahr 1991 begonnenen Arbeiten an einer neuen Verfassung konnten nach der Klärung des staatsrechtlichen und völkerrechtlichen Status der Republik Makedonien nun zum Abschluss gebracht werden. Der Entwurf für eine neue makedonische Verfassung war sowohl zwischen den politischen (konservativ, liberal, sozialistisch) als auch zwischen den ethnischen Parteien (ethnisch- bzw. slawisch-makedonisch und albanisch-makedonisch) umstritten. Im letzteren Fall ging es um den verfassungsrechtlichen Status der albanischen Makedonier und deren Rechte innerhalb der Republik Makedonien. Dieser Konflikt wurde im Wesentlichen erst zehn Jahre später durch das Rahmenabkommen von Ohrid (13.08.2001) beigelegt und verfassungsrechtlich umgesetzt, obgleich es auch heute noch offene Fragen und daraus resultierende Spannungen gibt. Auch im Außenverhältnis zu den unmittelbaren Nachbarstaaten Bulgarien, Griechenland und Jugoslawien (Serbien und Montenegro) war der Prozess, die Unabhängigkeit der Republik Makedonien auch verfassungsrechtlich umzusetzen, mit Schwierigkeiten verbunden. Nach Abschluss der Arbeiten wurde der Entwurf der Verfassung am 18.11.1991 vom makedonischen Parlament mit der erforderlichen Mehrheit gebilligt. Während einer Festsitzung des makedonischen Parlaments proklamierte am 20.11.1991 die Republik Makedonien feierlich die neue Verfassung, wonach die Republik Makedonien ein souveräner, unabhängiger, demokratischer und sozialer Staat ist. Damit wurde die Unabhängigkeit der Republik Makedonien auch materiell-rechtlich umgesetzt.

Nach der formellen Unabhängigkeitserklärung der Republik Makedonien und deren materiell-rechtlichen Umsetzung durch eine neue Verfassung musste der Prozess zur Trennung von der SFRJ auch durch praktische Schritte umgesetzt werden. Am 22.01.1992 beschloss das makedonische Parlament, alle Vertreter der Republik Makedonien aus den Organen der SFRJ zurückzuziehen. Gemäß diesem Beschluss sollten auch keine makedonische Bürgerinnen und Bürger mehr als Diplomat oder Soldat für die SFRJ tätig sein. Ein wichtiger Aspekt für die Unabhängigkeit blieb die noch vorhandene Anwesenheit von Einheiten der Jugoslawischen Volksarmee (JNA) auf makedonischem Territorium. Der makedonische Staatspräsident Kiro Gligorov und die JNA konnten sich auf einen Abzug bis zum 15.04.1992 einigen. Bereits am 26.03.1992 war der Abzug abgeschlossen. Die Republik Makedonien erreichte seinerzeit als einzige jugoslawische Republik die Unabhängigkeit friedlich und ohne Krieg. Im Falle von Kroatien und Slowenien war die Umsetzung der Unabhängigkeit mit einem Krieg verbunden, der im Falle Sloweniens nur knapp zwei Woche dauerte und im Falle Kroatiens mehrere Jahre. Auch die Unabhängigkeitserklärung von Bosnien und Herzegowina war mit einem langjährigen ethnischen Krieg verbunden. Der letzte Akt der Trennung von der SFRJ fand am 27.04.1992 statt. Die Republik Makedonien führte eine eigene Währung ein, den makedonischen Denar. Allerdings hörte am gleichen Tag mit der Proklamation der Bundesrepublik Jugoslawien durch Serbien und Montenegro auch die Existenz der sich auflösenden SFRJ endgültig auf. Damit war die Unabhängigkeit der Republik Makedonien auch praktisch abgeschlossen.

Der Kulturstreit mit Griechenland um „Makedonien“

Der Streit um den Namen „Makedonien“ war ein irrationaler Streit, welcher Teil eines „Kulturkampfes um Makedonien“ war. Dieser Kulturkampf fand zwischen Bulgarien, Griechenland und der Republik Makedonien statt und seine Wurzeln reichten zeitlich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurück. Geografisch bezog sich der Streit auf die Region „Makedonien“, welche bis zum Jahr 1912 zum Osmanischen Reich gehörte und im Jahre 1913 zwischen Bulgarien, Griechenland und Serbien aufgeteilt wurde. Aus dem serbischen bzw. jugoslawischen Teil von Makedonien ging im Jahre 1944 der makedonische Staat hervor, welcher seit 1991 als „Republik Makedonien“ ein unabhängiges Völkerrechtssubjekt ist und seit dem 12.02.2019 „Republik Nord-Makedonien“ heißt. Bei diesem Kulturkampf ging und geht es vor allem um die Identität der makedonischen Bevölkerung und um die inhaltliche Bedeutung der Begriffe „Makedonien“, „Makedonierin bzw. Makedonier“, „Makedonisch“ und „makedonisch“. Nachfolgend soll auf den Streit zwischen Griechenland und der Republik Makedonien (jetzt: Republik Nord-Makedonien) näher eingegangen werden.

Im Mai 1991 erklärte Griechenland, dass es eine internationale Anerkennung der Republik Makedonien nach einer möglichen Unabhängigkeit von der sich in Auflösung befindlichen „Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien“ („SFRJ“) mit der Staatsbezeichnung „Makedonien“ verhindern wolle. Damit war der Namensstreit, der an sich nur das größte Symptom eines Kulturstreits um Makedonien war, geboren. Nach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Makedonien von der SFRJ am 18.09.1991 und der Proklamation einer neuen makedonischen Verfassung am 20.11.1991, welche die Staatsbezeichnung „Republik Makedonien“ bekräftigte, forderte die damalige griechische Regierung unter ihrem Ministerpräsidenten Konstantin Mitsotakis am 04.12.1991 von der Republik Makedonien:

  1. Verzicht auf den Namen „Makedonien“, der einen geografischen Bereich und keine ethnische Einheit bezeichnen würde;
  2. Erklärung, dass die Republik Makedonien keine Ansprüche gegenüber Griechenland erheben würde;
  3. Erklärung, dass es keine „makedonische Minderheit“ in Griechenland gebe.

Mit dieser Forderung setzte die griechische Regierung ihre Ankündigung vom Mai 1991 in die außenpolitische Tat um und der sogenannte Namensstreit wurde zu einem internationalen Konflikt, der erst in den Jahren 2018 und 2019 gelöst werden konnte.

Die Reaktion der Republik Makedonien auf die griechischen Forderungen

Eine Reaktion auf die in der Einleitung dargestellten Forderungen der griechischen Regierung vom 04.12.1991 erfolgte unverzüglich. Die Hauptforderung nach einem Verzicht auf den Namen „Makedonien“ lehnte die Republik Makedonien klar ab. Allerdings erfüllte die Republik Makedonien unverzüglich den 2. Punkt der griechischen Forderungen, wonach die Republik erklären sollte, dass sie gegenüber Griechenland keine Gebietsansprüche habe. So wurde durch einen Verfassungszusatz vom 06.01.1992 zu Artikel 3 der makedonischen Verfassung eindeutig klargestellt:

  1. Die Republik Makedonien hat keine Gebietsansprüche gegenüber den Nachbarstaaten.
  2. Die Grenzen der Republik Makedonien können nur in Übereinstimmung mit der Verfassung, aufgrund des Prinzips der Freiwilligkeit und in Übereinstimmung mit den allgemein anerkannten internationalen Normen verändert werden.

Durch einen weiteren Verfassungszusatz vom 06.01.1992 zu Artikel 49 wurde außerdem klargestellt, dass sich die Republik Makedonien bei der Förderung und Wahrnehmung der Angelegenheiten und Rechte von Angehörigen des makedonischen Volkes im Ausland nicht in die souveränen Rechte anderer Staaten und deren inneren Angelegenheiten einmischen werde. Damit sollte der dritte Punkt der griechischen Forderung (keine makedonische Minderheit in Griechenland) zwar nicht erfüllt, doch damit verbundene Befürchtungen Griechenlands entkräftet werden.

Die sogenannte Namensstreit und die damalige Europäische Gemeinschaft (EG)

Zunächst wurde der bilaterale Namensstreit zwischen Griechenland und der Republik Makedonien hauptsächlich im Rahmen der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) weiter ausgetragen. Die damals zwölf Mitgliedsstaaten der EG, darunter Griechenland, versuchten eine gemeinsame Haltung gegenüber der Republik Makedonien zu finden. Sie wurden dabei zunächst von der griechischen Haltung überrumpelt, wobei Griechenland in fast allen europäischen Hauptstädten vorstellig wurde und seinen extremen Standpunkt gegenüber der Republik Makedonien vertrat. Zuvor hatte die sogenannte Bandinter-Kommission, eine aus Verfassungsrechtlern bestehende Beratergruppe des damaligen EG-Ministerrates, festgestellt, dass die Republik Makedonien alle Voraussetzungen für eine völkerrechtliche Anerkennung erfüllen würde. Eine sachliche Auseinandersetzung mit der sogenannten Namensfrage der Republik Makedonien konnte so kurzfristig im Rahmen der EG und vor allem bis heute in Griechenland nicht stattfinden.

Bereits am 16.12.1991 fand in Brüssel eine Außenministerkonferenz der EG statt, bei der das weitere gemeinsame Vorgehen gegenüber der Republik Makedonien besprochen wurde. Vor einer Anerkennung durch die EG-Staaten wurden von der Republik Makedonien verfassungsrechtliche und politische Garantien abverlangt, nach denen sie keine territorialen Ansprüche gegenüber EG-Nachbarstaaten erheben und keine feindselige Propaganda-Aktivitäten, einschließlich der Benutzung einer Bezeichnung, die territoriale Ansprüche einschließt, betreiben dürfe. Unklar war, ob die Bezeichnung „Makedonien“ solche Ansprüche automatisch mit einschließen würde. Auf einem informellen EG-Außenministertreffen am 01. und 02. Mai 1992 in Guimarães in Portugal kamen die EG-Außenminister zunächst überein, die „Republik von Skopje“ anzuerkennen und keine Staatsbezeichnung zu akzeptieren, der Griechenland nicht zustimmen würde. Diese Erklärung wurde von Griechenland und einigen anderen EG-Mitgliedsstaaten so ausgelegt, dass im Namen „Republik Makedonien“ die Bezeichnung „Makedonien“ nicht enthalten sein dürfe. Andere EG-Mitglieder wandten sich jedoch gegen eine solche Vorgehensweise. Einem Staat, der alle Voraussetzungen für seine Anerkennung erfülle, dürfe kein Name von außen auferlegt werden. Dennoch machten sich die EG-Mitglieder auf einem Gipfeltreffen der EG am 26. und 27.06.1992 zunächst den griechischen Standpunkt zu eigen, die Republik Makedonien nur unter einen Namen anzuerkennen, der nicht die Bezeichnung „Makedonien“ beinhalten würde. Damit setzte Griechenland seinen Standpunkt in der Namensfrage zunächst durch und bezeichnete das Ergebnis des EG-Gipfels entsprechend als großen nationalen Erfolg.

Doch danach setzte Ernüchterung ein. Die Republik Makedonien verzichtete nicht auf ihren verfassungsmäßigen Namen, denn einem Staat dürfe aufgrund des Selbstbestimmungsrechtes seines Volkes kein Name von außen auferlegt werden. Einige EG-Mitgliedsstaaten waren nun nicht mehr bereit den griechischen Standpunkt zu übernehmen und forderten sowohl eine Klärung als auch eine Lösung der Namensfrage. Diese Haltung relativierte das Ergebnis des EG-Gipfeltreffens vom 26./27.06.1992 wieder. Jetzt sollte zunächst auf internationaler Ebene, im Rahmen der Vereinten Nationen (UN), eine Lösungsfindung abgewartet werden. Der sogenannte Namensstreit wurde zu einem internationalen und völkerrechtlichen Präzedenzfall.

Der sogenannte Namensstreit auf internationaler Ebene

Nun wenige Staaten erkannten die Republik Makedonien zunächst völkerrechtlich an. Allerdings war kein Mitgliedsstaat der EG darunter. Die internationale Staatengemeinschaft, einschließlich einiger EG-Mitgliedsstaaten, wollte allerdings nicht einseitig der griechischen Argumentation folgen und forderte beide Seiten zum Kompromiss auf. Anfang 1993, nachdem klar wurde, dass ein weiteres kategorisches Ablehnen der Bezeichnung „Makedonien“ Griechenland in der internationalen Staatengemeinschaft isolieren würde, musste Griechenland schließlich einlenken. Auch die Republik Makedonien musste bis auf Weiteres auf eine uneingeschränkte Anerkennung ihrer verfassungsmäßigen Bezeichnung verzichten.

In der Resolution 817 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (UN) vom 07.04.1993 wurde die Existenz des Namensstreits zwischen der Republik Makedonien und der Hellenischen Republik (Amtliche Bezeichnung für Griechenland) sowie die Bedeutung der Lösung dieses Streits für den Frieden und die guten nachbarschaftlichen Beziehungen in der betroffenen Region festgestellt. Diese Feststellung erfolgte seinerzeit auch unter dem Eindruck der ethnischen Kriege in Bosnien und Herzegowina und in Kroatien. Gemäß dieser Resolution wurde die Republik Makedonien am 08.04.1993 unter der vorläufigen Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ in die Vereinten Nationen aufgenommen. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen stimmte dieser Aufnahme per Akklamation zu. In Griechenland und in der Republik Makedonien fand dieser Kompromiss keine große Zustimmung. Im griechischen Parlament erhielt er nur eine knappe Zustimmung von 152 gegen 146 Stimmen und im makedonischen Parlament beschuldigte die nationalkonservative Opposition die Regierung, der Endnationalisierung Makedoniens Vorschub geleistet zu haben.

In einer weiteren Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Resolution 845) vom 18.06.1993 wurden die Hellenische Republik und die Republik Makedonien dazu aufgefordert den zwischen ihnen bestehenden Namensstreit im Rahmen und unter Vermittlung der Vereinten Nationen zu lösen. Dieser Aufgabe war von 1993 bis 2019 ein entsprechender Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen zugewiesen. Von 1994 bis 2019 hatte Matthew Nimetz dieses Amt inne. Alle Gespräche und Vermittlungsversuche im Rahmen der Vereinten Nationen blieben bis zum Jahr 2018 zunächst erfolglos.

Das griechische Embargo gegen die Republik Makedonien (16.02. – 14.10.1995)

Im griechischen Wahlkampf 1993 spielte das Thema „Makedonien” eine sehr große Rolle und führte unter anderem zum Rücktritt des damaligen Außenministers und späteren Ministerpräsidenten Griechenlands Andonis Samaras. Dieser bildete 1993 eine von der konservativen „Nea Dimokratia” (ND) rechtsstehende Partei, die bei den Wahlen zum griechischen Parlament im Oktober 1993 einen Achtungserfolg erzielen sollte. Auch der damalige direkte Herausforderer von Premierminister Konstantin Mitsotakis, Andreas Papandreou von der „Panhellenischen Sozialistischen Bewegung” (PASOK), trat für eine harte und kompromisslose Linie gegenüber der Republik Makedonien ein. Am 10.10.1993 gewann die PASOK die Parlamentswahlen und Andreas Papandreou wurde griechischer Premierminister. Am 15.10.1993 gab der neue griechische Premierminister Andreas Papandreou den Abbruch des Dialogs mit der Republik Makedonien zur Lösung des Namensstreits bekannt und drohte bald immer offener mit einem möglichen Embargo gegenüber der Republik Makedonien.

Am 16.02.1994 verhängte Griechenland einseitig ein Handelsembargo gegenüber der Republik Makedonien und verschärfte damit den außenpolitischen Kurs. Die Republik Makedonien durfte keinerlei Warenverkehr mehr über den nordgriechischen Hafen Thessaloniki abwickeln, davon ausgenommen waren nur humanitäre Güter. Bis zu diesem Zeitpunkt importierte die Republik Makedonien 90 % des benötigten Öls sowie aller weiteren Treibstoffe über den Hafen von Thessaloniki und wickelte dort über 75 % seines Außenhandels ab. Darüber hinaus wurden alle Lieferungen über die griechisch-makedonische Grenze in die Republik Makedonien unterbunden sowie das griechische Generalkonsulat geschlossen. Am 18.02.1994 erweiterte Griechenland die Handelssperre auf alle Einfuhren aus der Republik Makedonien. Als Reaktion auf das griechische Embargo unterzeichneten am selben Tag Albanien, Bulgarien, Italien und die Türkei ein Dokument, in dem sie sich verpflichteten, den Straßen- und Eisenbahntransport von und nach der Republik Makedonien durch ihre Territorien zu erleichtern. Das Embargo traf die Republik schwer, zumal auch der Weg über Serbien aufgrund eines Embargo der Vereinten Nationen gegenüber der damaligen aus Serbien und Montenegro bestehenden Bundesrepublik Jugoslawien verschlossen war. Darüber hinaus war das Verhältnis zwischen der Republik Makedonien und der Bundesrepublik Jugoslawien nicht besonders gut. Es bestand zu dieser Zeit auch keine gegenseitige diplomatische Anerkennung zwischen beiden Staaten. Die möglichen Alternativrouten waren alle unwirtschaftlich, so dass die Republik Makedonien unter enormen wirtschaftlichen Druck stand. Das Embargo hatte große finanzielle und wirtschaftliche Nachteile zur Folge. Der Gesamtschaden durch das griechische Embargo lässt sich nicht genau beziffern. Er dürfte jedoch bei einigen Milliarden Euro gelegen haben.

Das Interimsabkommen vom 13.09.1995

Bereits vor und während des griechischen Handelsembargos gab es unter internationaler Vermittlung Gespräche zwischen Griechenland und der Republik Makedonien zur Überwindung der bestehenden Differenzen.

Im September 1995 konnte nach insgesamt 29-monatigen Gesprächen eine Übereinkunft erzielt werden, welche den Status quo zwischen Griechenland und der Republik Makedonien bestätigte und als Modus vivendi (vorübergehende Verständigung zur Regelung der bilateralen Beziehungen) für die Zeit bis zur endgültigen Lösung des sogenannten Namensstreit dienen sollte. Dieses „Abkommen über die Normalisierung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen“ (kurz: „Interimsabkommen“) zwischen Griechenland und der Republik Makedonien wurde am 13.09.1995 am Sitz der Vereinten Nationen in New York vom damaligen griechischen Außenminister Karolos Papoulias und dem damaligen Außenminister der Republik Makedonien Stevo Crvenkovski unterzeichnet. Griechenland verpflichtete sich gemäß dieses Abkommens dazu innerhalb einer Frist von 30 Tagen das Embargo gegenüber der Republik Makedonien aufzuheben. Die Republik Makedonien verpflichtete sich unter anderem dazu, auf die bisherige Nationalflagge mit dem Stern von Vergina zu verzichten. Dieses Symbol wird dem antiken Makedonien zugerechnet, das nach griechischer Auffassung Teil der hellenischen Geschichte und Kultur ist.

In diesem Abkommen wurden die jeweiligen verfassungsmäßigen Namen der Vertragsparteien nicht genannt. Griechenland bzw. die Hellenische Republik wurde in diesem Abkommen als „Erste Partei“ bezeichnet während die Republik Makedonien als „Zweite Partei“ bezeichnet wurde. Das Abkommen bestand aus sechs Abschnitten mit insgesamt 23 Artikeln.

In der makedonischen Hauptstadt Skopje wurde am 13.10.1995 aufgrund des Interimsabkommens eine endgültige Vereinbarung über die Normalisierung der bilateralen Beziehungen und die Einrichtung von gegenseitigen diplomatischen Vertretungen in den jeweiligen Hauptstädten unterzeichnet. Am 14.10.1995 wurde das griechische Handelsembargo gegen die Republik Makedonien aufgehoben und die Grenzen zwischen beiden Staaten wieder geöffnet.

Die „Erste Partei“ Griechenland verpflichtete sich gemäß des Interimsabkommens die „Zweite Partei“, die Republik Makedonien, völkerrechtlich anzuerkennen und normale diplomatische Beziehungen zur ihr aufzunehmen.

Jede Partei wurde in diesem Abkommen verpflichtet, die bestehenden völkerrechtlichen Grenzen sowie die territoriale Integrität und Souveränität der jeweils anderen Partei zu achten.

Die Vertragsparteien sollten, in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Zielen der Charta der Vereinten Nationen, jede Form von Androhung oder Anwendung von Gewalt. Unterlassen. Jede Androhung oder Anwendung von Gewalt zur Änderung der bestehenden Grenzen zwischen den Vertragsparteien sollte unterlassen werden.

Die Vertragsparteien verpflichteten sich den seinerzeit zwischen ihnen bestehenden Namensstreit gemäß der Resolution 845 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen im Rahmen und unter Vermittlung der Vereinten Nationen durch bilaterale Gespräche zu lösen. Des Weiteren wurde festgelegt, dass die Vertragsparteien die seinerzeit bestehende Differenz in der Namensfrage der Republik Makedonien gegenseitig anerkennen und versuchen sollten ihre bilateralen Beziehungen trotzdem normal zu gestalten.

Die Republik Makedonien bekräftigte, dass keine Bestimmungen in ihrer Verfassung Ansprüche auf griechisches Territorium oder eine Änderung der bestehenden Grenzen zwischen den Vertragsparteien begründeten. Insbesondere wurden die Präambel und Artikel 3 der Verfassung der Republik Makedonien namentlich hervorgehoben. Des Weiteren wurde durch die Republik Makedonien bekräftigt, dass keines ihrer Verfassungsbestimmungen eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Griechenlands begründen würde. Hierbei wurde Artikel 49 der Verfassung der Republik Makedonien namentlich hervorgehoben. Staatsrechtlich hatte die Republik Makedonien dies bereits am 06.01.1992 durch Verfassungszusätze zu den Artikeln 3 und 49 der makedonischen Verfassung entsprechend festgelegt. Diese Verfassungsänderung der Republik Makedonien wurde durch das Interimsabkommen damit auch durch einen völkerrechtlichen Vertrag mit Griechenland bestätigt.

Nach der Unterzeichnung und dem Inkrafttreten des Interimsabkommens normalisierten sich die bilateralen Beziehungen zwischen Griechenland und der Republik Makedonien weitgehend, bis auf den seinerzeit noch offenen Namensstreit und die damit assoziierte Politik. So versuchte Griechenland zu verhindern, dass sich die verfassungsmäßige Bezeichnung „Republik Makedonien“ etablierte und wirkte darauf hin, dass nur die provisorische Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ verwendet wurde.

Die Republik Makedonien bemühte sich um eine weitgehende Anerkennung ihres verfassungsmäßigen Namens. Im bilateralen völkerrechtlichen Verkehr setzte sich die Republik Makedonien weitgehend durch. Die überwiegende Mehrheit der Staaten erkannte die Republik Makedonien unter ihrer verfassungsmäßigen Bezeichnung an. In internationalen Organisationen, in denen Griechenland Mitglied war bzw. ist, wurde die Republik Makedonien in der Regel unter ihrer provisorischen Bezeichnung Mitglied.

Gemäß des Interimsabkommens sollte Griechenland die Mitgliedschaft der Republik Makedonien in internationalen Organisationen, in denen Griechenland selbst Mitglied ist, grundsätzlich fördern und durfte diese nicht behindern. Allerdings konnte Griechenland Einspruch erheben, wenn die Republik Makedonien nicht unter der provisorischen Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ beizutreten versuchte. Gegen diese Bestimmung dürfte Griechenland im Falle der möglichen Mitgliedschaften der Republik Makedonien in der Europäischen Union (EU) und der NATO verstoßen haben. In beiden Fällen strebte die Republik Makedonien die jeweilige Mitgliedschaft unter ihrer provisorischen Bezeichnung an und wurde vom EU- und NATO-Mitglied Griechenland daran gehindert.

Auf dem Bukarester NATO-Gipfel im April 2008 sollte auch eine mögliche Mitgliedschaft der Republik Makedonien im Verteidigungsbündnis beschlossen werden, was die Zustimmung aller NATO-Mitglieder erfordert. Griechenland weigerte sich jedoch einer NATO-Mitgliedschaft der Republik Makedonien zuzustimmen. Daraufhin erhob die Republik Makedonien am 17.11.2008 Klage gegen Griechenland wegen Verletzung des Interimsabkommens vor dem IGH. Zwischen dem 21. und 30.03.2011 fand die Anhörung der Parteien vor dem IGH statt. Am 05.12.2011, um 10 Uhr MEZ, fällte der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag das Urteil. Der mit 16 Richtern (16 Stimmen) besetzte IGH stellte in seinem Urteil fest:

  1. Der IGH sei in dieser Angelegenheit (Klage der Republik Makedonien gegen die Hellenische Republik wegen Verletzung des Interimsabkommens) zuständig. Alle entsprechenden Anträge seien in zulässiger Weise eingereicht worden (14 zu 2 Stimmen).
  2. Die Hellenische Republik habe gegen Artikel 11 Absatz 1 des Interimsabkommens vom 13.09.1995 verstoßen, indem es den Beginn von Gesprächen über eine mögliche Mitgliedschaft der Republik Makedonien in der NATO auf dem Bukarester NATO-Gipfel im April 2008 verhindert habe (15 zu 1 Stimmen).
  3. Alle weiteren Anträge von Seiten der Republik Makedonien im Zusammenhang mit dem Klageverfahren würden abgelehnt (15 zu 1 Stimmen).

Trotz des Urteils blieb die EU- und NATO-Mitgliedschaft der Republik Makedonien weiterhin aufgrund des sogenannten Namensstreits mit Griechenland blockiert. Erst aufgrund der Lösung dieses Streits in den Jahren 2018/19 gab Griechenland die Blockade auf und unterstützt die entsprechenden Mitgliedschaften der „Republik Nord-Makedonien“ nun auch aktiv.

Der ethnische Konflikt in der Republik Makedonien

Nach einer Volkszählung aus dem Jahre 2002 besteht Staatsnation der Republik Nord-Makedonien mit ihren 2.022.547 Angehörigen zu 64,2 % aus ethnischen bzw. slawischen Makedoniern, zu 25,2 % aus ethnischen Albanern und zu 10,6 % aus anderen Nationalitäten. Von diesen anderen Nationalitäten stellt die türkische Volksgruppe mit einem Anteil von 3,9 % an der Gesamtbevölkerung Makedoniens den größten Anteil.

Der Krieg im Kosovo in den Jahren 1998/99 und die militärische Intervention der NATO in der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien hatten auch Folgen für die Republik Makedonien. Obwohl nur zur Aufnahme von 20.000 Flüchtlingen bereit, fanden im Ergebnis 370.000 albanisch-kosovarische Flüchtlinge Schutz in der Republik Makedonien. Dies stellte die Republik Makedonien vor große Probleme. Betreut wurde die Flüchtlingsfrage vom damaligen Vize-Außenminister Boris Trajkovski, der sich trotz der großen Probleme und auch gemachter Fehler im Ergebnis als erfolgreicher Krisenmanager erwies. Dies brachte ihm Popularität in der Bevölkerung ein und so wurde er von der IMRO-DPMNE als Präsidentschaftskandidat für die anstehende Wahl aufgestellt. Der damaligen Amtsinhaber Kiro Gligorov kandidierte aus Altersgründen nicht mehr. Bei der Präsidentenwahl im November 1999 schlug Boris Trajkovski in der Stichwahl seinen von der SDSM aufgestellten Gegenkandidaten Tito Petkovski mit 52 zu 45 Prozent der Stimmen. Aufgrund von Einsprüchen gegen die Wahl erfolgte sein Amtsantritt nicht wie vorgesehen im November 1999, sondern erst am 15.12.1999. Er sollte nochmals im Krisenjahr 2001 als erfolgreicher Krisenmanager in Aktion treten.

Im Jahr 2001 hatte die Republik Makedonien die schwerste innenpolitische Krise zu bewältigen und stand kurz vor einem ethnisch bedingten Bürgerkrieg. Während sich im Kosovo aufgrund einer UN-Übergangsmission die Lage stabilisierte, begangen Ende 2000 in der Republik Makedonien bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen ethnischen bzw. slawischen Makedoniern und Albanern. Die bewaffnete Aktion wurde zum Teil von albanischen Kosovaren unterstützt, jedoch blieb eine Unterstützung von den albanisch-makedonischen Parteien aus. Hintergrund für den Konflikt war die albanische Frage in der Republik Makedonien. Rund ein Viertel der makedonischen Staatsnation besteht aus Angehörigen der albanischen Kulturnation. Aus diesem Grund forderten die Angehörigen der albanischen Gemeinschaft grundsätzlich die Anerkennung als zweites konstitutives Staatsvolk neben den ethnischen bzw. slawischen Makedoniern und eine stärkere Machtteilung. Dies wurde von Seiten der makedonischen Mehrheitsbevölkerung abgelehnt, sie befürchteten eine ethnisch bedingte Spaltung der Republik Makedonien und möglichen Separatismus. In der politischen Realität der Republik Makedonien waren die albanischen Makedonier allerdings benachteiligt und nicht gemäß ihrem Anteil im öffentlichen Sektor vertreten.

Zur Bewältigung der Krise wurde unter Leitung von Ministerpräsident Ljubčo Georgievski eine Regierung der nationalen Einheit gebildet. An ihr waren alle bedeutenden Parteien der ethnischen bzw. slawischen und der albanischen Makedonier (IMPRO-DPMNE, SDSM, LDP, SPM und PDP) beteiligt. Als die bewaffnete Auseinandersetzung immer mehr eskalierte, kam es auf Druck der Europäischen Union (EU) und der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) Mitte 2001 zu Verhandlungen zwischen den zwei größten ethnisch- bzw. slawisch-makedonischen Parteien und den zwei größten albanisch-makedonischen Parteien sowie zu einem Waffenstillstand. Auf Seiten der ethnischen Makedonier waren dies die „Innere Makedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für die mazedonische nationale Einheit / IMRO-DPMNE“ (Vnatrešna Makedonska Revolucionarna Organizacija – Demokratska Partija za Makedonsko Nacionalno Edinstvo / VMRO-DPMNE) unter der Führung von Ljubčo Georgijevski sowie die „Sozialdemokratische Union Makedoniens“ (Socijaldemokratski Sojuz na Makedonija / SDSM) unter der Führung von Branko Crvenkovski und auf Seiten der Angehörigen der ethnisch-albanischen Gemeinschaft waren dies die „Albanische Demokratische Partei / DPA“ (Partia Demokratike Shqiptare / DPSH) unter der Führung von Arben Xhaferi sowie die „Partei der demokratische Prosperität“ (Partija za Demokratski Prosperitet / PDP bzw. Partie e Prosperitetit Demokratik)  unter der Führung  von Imer Imeri. Spezielle Repräsentanten der EU und der USA waren Francois Lëotard und James. W. Pardew.  Des Weiteren nahm der damalige makedonische Präsident Boris Trajkovski an den Gesprächen teil. Alle oben genannten Vertreter waren auch Unterzeichner des Rahmenabkommens von Ohrid, das zunächst eine reine politische Vereinbarung war und erst noch staatsrechtlich umgesetzt werden musste. Umgesetzt wurde dieses Rahmenabkommen durch eine umfangreiche Änderung der Verfassung der Republik Makedonien sowie dem Erlass von entsprechenden Gesetzen.

Das Rahmenabkommen von Ohrid besteht aus einer Rahmenvereinbarung sowie drei Anhängen. In der Rahmenvereinbarung, die aus 9 Abschnitten besteht, werden die Grundsätze der Übereinkunft festgelegt. Demnach ist die Souveränität und die territoriale Integrität der Republik Makedonien sowie ihr Charakter als multi-ethnischer Staat zu wahren. Alle Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien müssen unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft ihre in der Verfassung festgelegten Rechte gemessen an internationalen Standards wahrnehmen können. Auf lokaler Ebene müssen die Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien ihre demokratischen Rechte in Form einer lokalen Selbstverwaltung wahrnehmen und verwirklichen können. Das Ende des inner-ethnischen Konfliktes wird ebenso definiert wie die Grundsätze der Dezentralisierung der staatlichen Verwaltung. Angehörige der ethnischen Gemeinschaften müssen ihrem Anteil entsprechend angemessen in staatlichen Institutionen und ohne Diskriminierung repräsentiert werden. Spezielle parlamentarische Prozeduren sollen die Rechte dieser Gemeinschaften besonders schützen. So ist bei bestimmten parlamentarischen Entscheidungen, die die Gemeinschaften in besonderem Maße betreffen, sowohl eine normale parlamentarische Mehrheit als auch eine Mehrheit unter den Abgeordneten der nicht-ethnisch-makedonischen Gemeinschaften notwendig (Prinzip der doppelten Mehrheit). Grundsätzliche Festlegungen zur Verwendung der Sprachen und der Symbole der Gemeinschaften zusätzlich zur makedonischen Sprache und zu den makedonischen Symbolen runden die Rahmenvereinbarung ab. Die letzten beiden Abschnitte der Rahmenvereinbarung regeln die weitere Implementierung und Konkretisierung dieser Rahmenvereinbarung.

Die Konkretisierung der Rahmenvereinbarung erfolgt in den Anhängen A, B und C, die fester und vollwertiger Bestandteil der Rahmenvereinbarung sind. Im Anhang A zum Rahmenabkommen von Ohrid wurden die notwendigen Änderungen der Verfassung der Republik Makedonien zur Umsetzung der Vereinbarung genau festgelegt. Die zur Umsetzung der Vereinbarung notwendigen Veränderungen betrafen gemäß dem Anhang A des Rahmenabkommens die Präambel sowie die Artikel 7, 8, 19, 48, 56, 69, 77, 78, 84, 86, 104, 109, 114, 115 und 131 der Verfassung der Republik Makedonien.

Im Anhang B zum Rahmenabkommen wurden die notwendigen gesetzlichen Modifikationen zur Umsetzung der Vereinbarung definiert. So musste vor allem die lokale Selbstverwaltung innerhalb der Republik Makedonien unter der besonderen staatsrechtlichen Berücksichtigung der ethnischen Gemeinschaften neu definiert werden. Die Grenzen von bestimmten kommunalen Gebietskörperschaften wurden neu gezogen und die Selbstverwaltungsrechte auf lokaler Ebene gestärkt.  Kommunale Gebietskörperschaften, mit einem bestimmten Anteil von Angehörigen der nicht-ethnisch-makedonischen Gemeinschaften, erhielten zusätzliche Rechte und Kompetenzen. Diese Rechte betreffen vor allem die Verwendung der Sprachen von Angehörigen der Gemeinschaften bei der staatlichen Verwaltung, insbesondere bei den Behörden und öffentlichen Einrichtungen. Ab einem bestimmten Anteil von Angehörigen der Gemeinschaften an der Gesamtbevölkerung innerhalb einer kommunalen Gebietskörperschaft darf die Sprache dieser Angehörigen neben der makedonischen Staatssprache als weitere Amtssprache verwendet werden. In der Verfassung der Republik Makedonien wurde hierfür ein notwendiger Anteil von 20 % festgelegt. Die entsprechenden Regelungen für nicht-ethnisch-makedonische Gemeinschaften gelten auch auf nationaler Ebene. Auf dieser Ebene wird das Quorum von 20 % an der makedonischen Gesamtbevölkerung ausschließlich von den Angehörigen der ethnisch-albanischen Gemeinschaft erreicht.

Zu der Dezentralisierung der staatlichen Verwaltung und der Übertragung von staatlichen Kompetenzen auf Trägern der lokalen Selbstverwaltung gehören auch eine höhere Finanzautonomie sowie ein klar definierter Anteil von Angehörigen der Gemeinschaften an der staatlichen und lokalen Verwaltung. Das betrifft alle öffentlichen Einrichtungen auf staatlicher und kommunaler Ebene. So muss zum Beispiel bei den staatlichen oder kommunalen Behörden, bei der Polizei oder bei den Offizieren der makedonischen Streitkräfte  immer ein bestimmter Anteil von Angehörigen der ethnischen Gemeinschaften gestellt werden. Die Angehörigen der ethnischen Gemeinschaften müssen bei allen Stellenbesetzungen im öffentlichen Bereich mit einem genau festgelegten Anteil berücksichtigt werden. Es wurden Maßnahmen getroffen, um eine angemessene Repräsentation der Angehörigen der ethnischen Gemeinschaften im makedonischen Parlament zu erreichen.  Im Anhang C zum Rahmenabkommen sind Einzelheiten zur Implementierung der Vereinbarung sowie vertrauensbildende Maßnahmen festgelegt worden

Die Republik Makedonien wurde zwar nicht föderalisiert, doch dezentralisiert, um allen Angehörigen der ethnischen Gemeinschaften eine angemessene Beteiligung an der Staatsgewalt zu ermöglichen. Des Weiteren wurde für die Beteiligten am bewaffneten Aufstand eine Amnestie vereinbart. Der bewaffnete Konflikt konnte erfolgreich beendet und die ethnischen Spannungen abgebaut werden, auch wenn es bis heute Probleme zwischen den Angehörigen der ethnischen Gemeinschaften gibt. Am Ziel dürfte die makedonische Gesellschaft noch nicht sein, doch konnte tatsächlich eine Verbesserung erreicht und ein weiterer bewaffneter Konflikt vermieden werden.

Das formelle Ende des Kulturstreits um „Makedonien“

Mit dem „Vertrag zur Freundschaft, guten Nachbarschaft und Zusammenarbeit“ zwischen Bulgarien und der Republik Makedonien vom 01.08.2017 und dem „Prespa-Vertrag“ zur Lösung des Streits um den Namen „Makedonien“ zwischen Griechenland und der Republik Makedonien vom 17.06.2018 wurde der Kulturstreit um „Makedonien“ durch völkerrechtliche Verträge formell beendet. Durch die Implementierung der Verträge wurde dieser „Friedensschluss“ wirksam. Der Kulturkampf ist damit natürlich noch nicht aus den Köpfen der beteiligten Akteure verschwunden. Der Weg zu einer tatsächlichen Überwindung dieses Kampfes durch die vertraglich vereinbarten Maßnahmen dürfte noch nicht zu Ende gegangen sein. Dennoch markieren die Verträge und deren Umsetzung den Beginn des Endes eines jahrhundertelangen Kulturkampfes um Makedonien. Nachfolgend wird auf die beiden Verträge eingegangen.

Der Vertrag zwischen Bulgarien und der Republik Makedonien vom 01.08.2017

Am 01.08.2017 wurde zwischen Bulgarien und der Republik Makedonien der „Vertrag zur Freundschaft, guten Nachbarschaft und Zusammenarbeit“ unterzeichnet. Auch wenn dieser nicht unumstritten ist, so war er doch ein Meilenstein und Vorbild für die Region. Der Vertrag beruht im Wesentlichen auf einer bereits am 22.02.1999 unterzeichneten Deklaration. Zusätzlich wurde in diesem Vertrag eine gemeinsame multidisziplinäre Expertenkommission für historische und bildungsrelevante Fragen auf paritätischer Grundlage vereinbart. Die gemeinsame Geschichte soll nach objektiven, authentischen und wissenschaftlichen Kriterien bewertet und der Deutungshoheit durch die Politiker entzogen werden. Die Ergebnisse dieser Expertenkommission sollen in der Bildungs-, Kultur- und Informationspolitik beider Staaten umgesetzt werden. Historische Ereignisse und Persönlichkeiten sollen aufgrund der vielfältigen Verbindungen zwischen Bulgarien und Makedonien in der Vergangenheit gemeinsam begangen werden und gelten damit als Bestandteile der Kultur und Geschichte von beiden Nationen. Damit wollen die Republiken Bulgarien und Makedonien ein neues Kapitel in ihren Beziehungen beginnen und ihre kulturellen Streitigkeiten endgültig beilegen.

Wenn dieser Vertrag erfolgreich, sinn- und zweckgemäß umgesetzt wird, dann können alle Differenzen in der makedonischen Kulturfrage zwischen Bulgarien und der Republik (Nord-)Makedonien überwunden werden. Die objektiv-wissenschaftliche Klärung von kulturellen und historischen Fragen ist ein entscheidender und wichtiger Punkt in diesem Vertrag und der Schlüssel zur Lösung der bestehenden Streitigkeiten. Für Bulgarien sind die ethnischen bzw. slawischen Makedonier Teil der bulgarischen Kulturnation. Die ethnischen bzw. slawischen Makedonier sehen sich selbst weder als bulgarisch noch als serbisch an. Sie bilden daher eine eigenständige Kulturnation. Bulgarien akzeptiert diese Selbstidentifikation als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechtes des Volkes der Republik (Nord-)Makedonien. Damit erkennt Bulgarien implizit eine makedonische Kulturnation an. Wichtige historische Ereignisse werden sowohl von Bulgarien als auch von der Republik (Nord-)Makedonien beansprucht und daher unterschiedlich bewertet. In dem Vertrag streben Bulgarien und die Republik (Nord-)Makedonien nicht nur eine objektiv-wissenschaftliche Klärung von historischen Ereignissen an. Auch deren Zuordnung sowohl zur Kultur und Geschichte Bulgariens als auch zu der der Republik (Nord-)Makedonien wird von beiden Staaten als mögliche Lösung akzeptiert. So sollen entsprechende und daraus resultierende Feiertage auch gemeinsam begangen werden.

Allerdings ist der Kulturstreit um „Makedonien“ zwischen Bulgarien und Nord-Makedonien ist in der zweiten Jahreshälfte von 2020 wieder aufgeflammt. Bulgarien verlangt von Nord-Makedonien die Anerkennung, dass die makedonische Nation und Sprache bulgarische Wurzeln haben. Tatsächlich gibt es historische Schnittmengen zwischen Bulgarien und Nord-Makedonien, was diese Thematik komplex macht. Für Nord-Makedonien ist dies gemeinsame bulgarisch-makedonische Geschichte. Für Bulgarien ist diese gemeinsame Geschichte eine rein bulgarische Geschichte. Dies wird derzeit von der bulgarischen Regierung offensiv vertreten, was gegen den Sinn und Zweck des Abkommens zur Freundschaft, Guten Nachbarschaft und Zusammenarbeit vom 01. August 2017 und der Arbeit der gemeinsamen Expertenkommission verstößt. Bulgarien hat am 17.11.2020 sogar ein Veto gegen den Beginn der EU-Beitrittsgespräche mit Nord-Makedonien eingelegt.

Die Vertreter Nord-Makedoniens bekennen sich eindeutig zur Arbeit der Expertenkommission. Sie lehnen die Forderungen der bulgarischen Regierung jedoch klar ab. Im Ergebnis hat Bulgarien den Kulturkampf um Makedonien wieder aufgenommen und versucht seine nationalistische Sicht auf die makedonische Frage mit politischem Druck durchzusetzen. Geschichte ist jedoch eine Wissenschaft. Das gilt auch für die bulgarische und die makedonische Geschichte sowie alle historischen Überschneidungen. Diese müssen zwingend objektiv-wissenschaftlich, frei von politischen Erwägungen, erforscht und daraus resultierende Fragen entsprechend geklärt werden. Eine Lösung des aktuellen Kulturstreits zwischen Bulgarien und Nord-Makedonien steht noch aus.

Der Vertrag zwischen Griechenland und der Republik Makedonien vom 17.06.2018

Nach intensiven Verhandlungen zwischen Griechenland und der Republik Makedonien zur Lösung des Streits um den Namen „Makedonien“ im Verlauf des Jahres 2018, wurde am 12.06.2018 vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und dem makedonischen Ministerpräsidenten Zoran Zaev ein Abkommen zur Lösung dieses seit 27 Jahren andauernden Kulturstreits ausgehandelt. Die vereinbarte Lösung sieht unter anderem die Umbenennung der Republik Makedonien in „Republik Nord-Makedonien“ für den allgemeinen und uneingeschränkten Gebrauch („erga omnes“) sowie die Anerkennung der makedonischen Nationalität und Sprache als „Makedonisch“ vor. In der Vereinbarung wird die Verwendung der Bezeichnungen „Makedonien“ und „Makedonier“ durch die Vertragspartner geregelt. Anerkannt wird, dass hinter diesen Begriffen verschiedene kulturelle und historische Kontexte stehen. So hat der „Makedonismus“ für Griechenland einen anderen kulturellen und historischen Kontext als der der Republik Makedonien.

Am 17.06.2018 ist das ausgehandelte Abkommen im griechischen Dorf Pserades am Prespasee (daher der Name „Prespa-Abkommen“) in einem eigens dafür aufgestellten Zelt vom griechischen Außenminister Nikos Kotzias und vom makedonischen Außenminister Nikola Dimitrov unterzeichnet worden. Anwesend bei der Unterzeichnung waren auch die Ministerpräsidenten beider Staaten, die stellvertretende Generalsekretärin der Vereinten Nationen (UN) Rosemary DiCarlo, der langjährige Sonderbeauftragte im Namensstreit Matthew Nimetz (welcher am 17.06 2018 Geburtstag hatte und 79 Jahre alt wurde), die Außenbeauftragte der Europäischen Union (EU) Federica Mogherini und EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn.

Am 20.06.2018 wurde der Vertrag zur Beilegung des Streits um den Namen „Makedonien“ vom Parlament der Republik Makedonien ratifiziert. Das letzte Wort sollten die Bürgerinnen und Bürger in einer Volksabstimmung haben. Bei diesem Referendum am 30.09.2018 hatten nur rund 35 Prozent der 1.806.336 registrierten Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Zwar haben über 90 Prozent der Abstimmenden für das Prespa-Abkommen mit Griechenland vom 17.06.2018 zur Lösung des Kulturstreits um Makedonien gestimmt, doch war für die Gültigkeit des Referendums eine Abstimmungsbeteiligung von über 50 Prozent bzw. von mindestens 903.169 der Wahlberechtigten erforderlich. Im Ergebnis hat die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien das Prespa-Abkommen nicht aktiv unterstützt, jedoch auch nicht ausdrücklich abgelehnt. Damit blieb vom makedonischen Staatsvolk die Antwort auf die ausgehandelte Klärung der makedonischen Frage vorerst offen. Damit lag die Entscheidung beim Parlament der Republik Makedonien.

Die Lösung des sogenannten Namensstreits

Der seit Mai 1991 zwischen Griechenland und der Republik Makedonien bestehende Streit um den Namen „Makedonien“ ist seit Februar 2019 formell beendet. Der Prespa-Vertrag vom 17.06.2018 zur Lösung dieses Streits wurde durch eine Änderung der makedonischen Verfassung vom 11.01.2019 und durch die Ratifikation im griechischen Parlament am 25.01.2019 völkerrechtlich wirksam implementiert. Der Verfassungsänderung in der Republik Makedonien stimmten 81 von 120 Abgeordneten zu, womit die notwendige Zweidrittelmehrheit erreicht wurde. Im griechischen Parlament stimmten 153 von 300 Abgeordneten dem Prespa-Vertrag zu, womit auch dort die notwendige absolute Mehrheit erreicht wurde. Aufgrund dieses nun völkerrechtswirksamen Vertrages heißt die Republik Makedonien im völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Verkehr seit dem 12.02.2019 nun uneingeschränkt („erga omnes“) „Republik Nord-Makedonien“. Die makedonische Nationalität und Sprache wird als „Makedonisch“ anerkannt. Im Vertrag wird die Verwendung der Bezeichnungen „Makedonien“, „Makedonier“, „Makedonisch“ und „makedonisch“ durch die Vertragspartner geregelt. Gegenseitig anerkannt wird, dass hinter diesen Begriffen verschiedene kulturelle und historische Kontexte stehen. So hat der „Makedonismus“ für Griechenland einen anderen kulturellen und historischen Kontext, als der der Republik Makedonien. Ein gemeinsamer, interdisziplinärer Sachverständigenausschuss für Geschichts-, Archäologie- und Bildungsfragen wurde eingerichtet, um die objektiv-wissenschaftliche Interpretation historischer Ereignisse durchzuführen, basierend auf authentischen, evidenzbasierten und wissenschaftlich fundierten Quellen und archäologischen Funden. Die nun implementierte Lösung hat folgende Eckpunkte:

  • Die Republik Makedonien heißt nun offiziell „Republik Nord-Makedonien“. Dieser Name ersetzt vollständig sowohl den bisherigen verfassungsmäßigen Namen „Republik Makedonien“ als auch die provisorische UN-Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ und gilt uneingeschränkt für den allgemeinen Gebrauch („erga omnes“). Die bisherigen Länderkennungen „MK“ und „MKD“ bleiben jedoch bestehen. Nur auf den Kraftfahrzeugkennzeichen müssen diese durch „NM“ oder „NMK“ ersetzt werden.
  • Griechenland erkennt die makedonische Sprache unter der Bezeichnung „Makedonisch“ an. Im Prespa-Vertrag ist jedoch vermerkt, dass es sich hierbei um eine südslawische Sprache handelt, welche nichts mit der nicht mehr existierenden antiken makedonischen Sprache zu tun hat.
  • Griechenland akzeptiert die Bezeichnung der Nationalität „Makedonisch / Bürger der Republik Nord-Makedonien“.
  • Griechenland akzeptiert die Selbstidentifikation des makedonischen Volkes als Ausdruck seines Selbstbestimmungsrechtes. Damit erkennt Griechenland zwar nicht explizit, jedoch implizit die Bezeichnung der Nation der Republik Nord-Makedonien als „Makedonisch“ an. Das bezieht sich sowohl auf die makedonische Kulturnation als auch auf die makedonische Staatsnation. Im Ergebnis erkennt Griechenland damit eine makedonische Nation an.
  • Neben der verfassungsrechtlichen Verankerung des Staatsnamens und aller sich daraus ergebenen staatlichen Bezeichnungen wurden auch die Präambel, Artikel 3 (Veränderung der Grenzen) und Artikel 49 (Angehörige des makedonischen Volkes im Ausland) geändert. Diese Änderungen bekräftigen, dass die Republik Nord-Makedonien keine territorialen Ansprüche gegenüber ihren Nachbarstaaten hat und sich nicht in deren innere Angelegenheiten einmischen wird.
  • Der Vertrag sieht als sehr wichtigen Punkt die objektiv-wissenschaftliche Interpretation von historischen Sachverhalten vor. Zu diesem Zweck haben Griechenland und die Republik (Nord-)Makedonien einen paritätisch organisierten, gemeinsamen und interdisziplinären Sachverständigenausschuss für Geschichts-, Archäologie- und Bildungsfragen eingerichtet. Dieser soll eine objektiv-wissenschaftliche Interpretation historischer Ereignisse durchführen, basierend auf authentischen, evidenzbasierten und wissenschaftlich fundierten Quellen und archäologischen Funden.
  • In der Vereinbarung wird die Verwendung der Bezeichnungen „Makedonien“, „Makedonier“ „Makedonisch“ und „makedonisch“ durch die Vertragspartner geregelt. Anerkannt wird, dass unter diesen Begriffen verschiedene kulturelle und historische Kontexte stehen. So hat der „Makedonismus“ für Griechenland einen anderen kulturellen und historischen Kontext als der der Republik (Nord-)Makedonien. Die Republik Nord-Makedonien darf sich nicht auf den kulturellen und historischen Kontext zu Makedonien beziehen, welcher der griechischen Kultur und Geschichte zugerechnet wird. So werden z.B. im Ergebnis das antike Makedonien und die antiken Makedonier der griechischen Kultur und Geschichte zugerechnet.
  • Die kommerzielle Verwendung der oben genannten Bezeichnungen (z.B. als Handelsnamen und Handelsmarken) soll im Rahmen eines Dialoges geklärt werden. Dazu wird ein paritätisch organisiertes Expertengremium im Rahmen der Europäischen Union (EU), unter Beteiligung der Vereinten Nationen (UN) und der „Internationalen Organisation für Normung“ („ISO“), eingerichtet, welches im Jahr 2019 seine Arbeit aufnahm.
  • Griechenland gibt die Blockade gegen eine Mitgliedschaft der Republik Nord-Makedonien in der Europäischen Union (EU) und NATO ausdrücklich auf und unterstützt diese Mitgliedschaften aktiv.
  • Die bilateralen Beziehungen zwischen Griechenland und der Republik Nord-Makedonien werden auf verschiedenen Gebieten (u.a. Kultur, Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft, Tourismus, Sicherheit) ausgebaut und vertieft.

Ausblick

Aufgrund der Umsetzung des Prespa-Abkommens wurde der Kulturstreit um „Makedonien“ zwischen Griechenland und der Republik Nord-Makedonien formell beigelegt, doch in den Köpfen der Bürgerinnen und Bürger beider Staaten lebt der Streit noch fort. Doch ermöglichen die Mechanismen des Abkommens eine nachhaltige Überwindung des Kulturstreits. In den völkerrechtlichen Beziehungen zwischen Griechenland und der Republik Nord-Makedonien ist jedoch eine Befriedung und Normalität eingekehrt. Griechenland unterstützt die Republik Nord-Makedonien aktiv bei ihren Bemühungen um eine EU- und NATO-Mitgliedschaft. Der offizielle Start der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Republik Nord-Makedonien wurde vom Europäischen Rat, der Versammlung der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten, am 26.03.2020 beschlossen. Die Umsetzung dieses Beschlusses wird jedoch durch das bulgarische Veto vom 17.11.2020 weiterhin blockiert. Die NATO-Mitgliedschaft der Republik Makedonien wurde am 27.03.2020 erreicht. So bleibt die Überwindung des Kulturstreits zwischen Bulgarien und Nord-Makedonien ein wichtiges Ziel. Hierfür bietet der „Vertrag zur Freundschaft, guten Nachbarschaft und Zusammenarbeit“ geeignete Mechanismen. Insgesamt dürfte die Republik Nord-Makedonien die Anerkennung der makedonischen Nation und Sprache, 30 Jahre nach ihrer Unabhängigkeit, weitgehend erreicht und abgesichert haben.