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Die erweiterte makedonische Frage als völkerrechtliches Problem (Artikel)

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Am 18.09.1991 erklärte sich die frühere jugoslawische Republik Makedonien unter ihrem verfassungsmäßigen Namen „Republik Makedonien“ zu einem unabhängigen Staat.

Vorbemerkungen zu diesem Artikel

Dieser Artikel stellt eine kurze Zusammenfassung der Abhandlung „Die erweiterte makedonische Frage als völkerrechtliches Problem“ dar und fasst ihre wichtigsten Aspekte zusammen. Der interessierten Leserin oder dem interessierten Leser möchte ich dennoch nahelegen die gesamte Abhandlung zu lesen. Diese hier vorliegenden Zusammenfassung lässt die historische Hintergründe, die zeitliche territoriale Entwicklung der Region Makedonien und die personelle Entwicklung der Makedonier aus und gibt im wesentlichen nur die daraus folgenden Schlussfolgerungen an. Alles was in diesem Artikel ausgelassen wird befindet sich ausführlich dargelegt in der Abhandlung „Die erweiterte makedonische Frage als völkerrechtliches Problem„.

Allgemeiner Hintergrund

Geographische Region Makedonien

Am 18.09.1991 erklärte sich die frühere jugoslawische Republik Makedonien unter ihrem verfassungsmäßigen Namen „Republik Makedonien“ zu einem unabhängigen Staat. Bis dahin war die „Republik Makedonien“ ein konstitutiver Bestandteil der Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ). Die Griechische Republik erhob aus historischen und politischen Gründen Einspruch gegen den bisherigen Staatsnamen. In die Vereinten Nationen ist die Republik Makedonien am 08.04.1993 unter den Namen „Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“, abgekürzt „EJRM“, aufgenommen worden. Seitdem wird im internationalem Verkehr dieser Name verwendet. Die einzelnen Staaten verwenden je nach Standpunkt in ihren bilateralen Beziehung den Namen „Republik Makedonien“ oder „Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“. Der Namensstreit belastet die Beziehungen zwischen der Republik Makedonien / EJRM und der Griechischen Republik sowie verhindert eine Integration der Republik Makedonien / EJRM in die EU und NATO. Der Namensstreit ist bis heute nicht gelöst. Verhandlungen zwischen beiden Staaten unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen verliefen bisher ergebnislos.

Nach meiner Auffassung ist der Namensstreit zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM der Ausdruck einer neuen makedonischen Frage, die die bisherige klassische makedonische Frage überlagert hat.
Die klassische makedonische Frage betraf das Schicksal der Bevölkerung des geographischen Makedonien im heutigen Sinne unter der Herrschaft des Osmanischen Reiches ab etwa der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und nach der Aufteilung dieses Gebietes unter den Staaten Bulgarien, Griechenland und Serbien ab 1913. Durch die Anerkennung einer eigenständigen makedonischen Nation und durch Gründung des makedonischen Staates innerhalb der jugoslawischen Föderation im Jahre 1945 ist diese klassische makedonische Frage weitgehend geklärt. Offen bleibt die Frage nach der Anerkennung und dem Status von makedonischen Minderheiten in anderen Staaten, sowie die Anerkennung einer makedonischen Nation durch die Staaten, die bisher eine makedonische Nation noch nicht anerkannt haben. Die erweiterte makedonische Frage ist die Summe aus der klassischen und der neuen makedonischen Frage.

Die neue makedonische Frage gliedert sich nach meiner Auffassung abstrakt betrachtet in drei Teilfragen:

1. Welcher Art war das antike Makedonien und waren die antiken Makedonier?
2. Welcher Art ist das heutige Makedonien und sind die heutigen Makedonier?
3. In welchem Verhältnis stehen das antike Makedonien und die antiken Makedonier zum heutigen Makedonien und zu den heutigen Makedoniern?

Diese Fragen können im Wesentlichen nur durch die Wissenschaft und nicht durch die Politik geklärt werden. Daher sollte die Klärung der neuen makedonischen Frage einer entsprechenden Expertenkommission überlassen werden, die von den betroffenen Parteien unabhängig ist und so weit wie möglich ausschließlich einer objektiven Klärung verpflichtet ist.

Im Rahmen dieser Expertenkommission könnte auch die Frage geklärt werden, ob und in wie weit das heutige Makedonien und die heutigen Makedonier in einem objektiven Widerspruch zum antiken Makedonien und zu den antiken Makedoniern stehen.

Die Frage, ob und in wie weit das heutige Makedonien und die heutigen Makedonier in einem subjektiven Widerspruch zum antiken Makedonien und zu den antiken Makedoniern stehen ist eine politische Frage und sollte auf Basis der neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse gelöst werden.

Die erweiterte makedonische Frage als völkerrechtliches Problem

Die erweiterte makedonische Frage sowie die Lösung der Namensfrage ist von grundsätzlicher Natur und daher auch eine Frage der Völkergerechtigkeit. Somit kann die erweiterte makedonische Frage als völkerrechtliches Problem aufgefasst werden.
Völkerrechtliche Probleme sind internationale Interessenkonflikte. Interessenkonflikte und deren Lösung sind eine Frage der Gerechtigkeit. Im Falle der Gerechtigkeit müssen wir grundsätzlich von folgenden Annahmen ausgehen:

1. Absolute Gerechtigkeit ist ein irrationales Ideal, das der menschlichen Erkenntnis nicht zugänglich ist, d.h. durch rationale Erkenntnis kann keine objektive Definition für eine absolute Gerechtigkeit gefunden werden. Daraus folgt, dass jede Gerechtigkeitsvorstellung relativ ist.
2. Relative Gerechtigkeit ist der menschlichen Erkenntnis zugänglich, setzt aber die Festlegung bestimmter Grundwerte voraus. Diese Grundwerte werden nicht durch Tatsachenurteile festgelegt, sondern stellen die Willensentscheidung eines Subjektes dar.
3. Kein Grundwert ist absolut. Ein gegenteiliges Werturteil kann nicht ausgeschlossen werden.
Wenn es keine objektive Definition für eine absolute Gerechtigkeit gibt, dann kann es auch keine absolut berechtigten Interessen oder absolut richtigen Standpunkte geben.
Übertragen auf die Völkergerechtigkeit bedeutet dies, dass es keine absolut berechtigten Interessen oder absolut richtigen Standpunkte der Staaten geben kann. Von dieser Annahme muss eine reine Völkerrechtslehre, welche die Lösung von völkerrechtlichen Problemen zum Ziel hat, ausgehen.
Diese Feststellung gilt auch für die erweiterte makedonische Frage und den daraus resultierenden Namensstreit zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM. Es kann auch hier nicht den absolut richtigen Standpunkt oder die absolut richtige Antwort zur Lösung des völkerrechtlichen Problems um die erweiterte makedonischen Frage und des daraus resultierenden Namensstreits geben.
Eine relative Gerechtigkeit zur Lösung der erweiterten makedonischen Frage sollte das Völkerrecht als Grundlage haben. In diesem Sinne sind die völkerrechtlichen Lösungsansätze zu verstehen.
Im Gegensatz zu den anderen Problemkonstellationen einer reinen Völkerrechtslehre bewegen wir uns hier nicht in einem klassischen Spannungsverhältnis zwischen dem Recht eines Staates auf seine territoriale Integrität oder dem Recht eines Volkes auf Selbstbestimmung.
Für die Griechische Republik ist das antike Makedonien Teil der griechischen Geschichte und Kultur. Damit ist der Name „Makedonien“ nach dieser Auffassung Teil des griechischen Staates und jede Verwendung dieses Namens durch andere Staaten unrechtmäßig. Dieses Problem kann im weitesten Sinne unter dem Begriff der territorialen Integrität subsumiert werden.
Im engeren Sinne sollten wir hier den Begriff der kulturellen Integrität verwenden, den wir als Unterfall der territorialen Integrität betrachten können. Nach Auffassung der Griechischen Republik liegt ein Verstoß gegen die kulturelle Integrität der Griechischen Republik vor, wenn die Republik Makedonien / EJRM den Namen „Makedonien“ als Staatsnamen verwendet.
Nach Auffassung der Republik Makedonien / EJRM leitet sich ihr verfassungsmäßiger Name vom geographischen Makedonien im heutigen Sinne ab und nicht vom antiken Makedonien. Daher ist die Bezeichnung als Makedonien ein Recht und folgt unmittelbar aus dem freien Selbstbestimmungsrecht eines Volkes. Jede von außen aufgezwungene Änderung des verfassungsmäßigen Namens wäre ein Verstoß gegen dieses freie Selbstbestimmungsrecht und gegen das Recht der Republik Makedonien / EJRM auf ihre kulturelle Integrität. Ein Verstoß gegen die kulturelle Integrität der Griechischen Republik liegt nach Auffassung der Republik Makedonien / EJRM daher nicht vor.
Eine Lösung des Interessenkonflikts kann zwar in bilateralen Verhandlungen zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM gefunden werden, sollte jedoch auf Grund der grundsätzlichen Bedeutung dieses Problems als völkerrechtliches Problem behandelt und im Rahmen der internationalen Politik geklärt bzw. gelöst werden.
Grundsätzlich hat jede Nation aufgrund des freien Selbstbestimmungsrechtes eines Volkes das Recht, ihren Namen frei zu wählen, und damit auch das Recht, den Staatsnamen entsprechend zu wählen. Dieses freie Selbstbestimmungsrecht eines Volkes findet jedoch seine Grenzen in dem Recht eines Staates auf seine territoriale bzw. kulturelle Integrität. Die genaue Abwägung zwischen diesen beiden Rechten ist nicht einfach und immer vom konkreten Fall abhängig. Der materielle Begriff Makedonien hat zu unterschiedlichen Zeiten eine unterschiedliche Bedeutung gehabt. Im Falle einer Abwägung zwischen dem Recht der Griechischen Republik auf ihre kulturelle und territoriale Integrität und dem freien Selbstbestimmungsrechtes der slawischen Makedonier als Volk muss von einem konkreten materielle Begriff „Makedonien“ zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgegangen werden. Dieser konkrete Begriff zu einem bestimmten Zeitpunkt ist für die Frage entscheidend, ob Makedonien Teil der griechischen Kultur und Geschichte ist und damit der Griechischen Republik völkerrechtlich zugerechnet wird oder ob Makedonien Teil der Geschichte und Kultur der Republik Makedonien / EJRM ist. Völkerrechtlich muss zunächst vom heutigen Makedonien, dem geographischen Makedonien im heutigen Sinne ausgegangen werden. Hier ist eine völkerrechtliche personelle und territoriale Abgrenzung möglich. Die territoriale Abgrenzung ist bereits im Rahmen von völkerrechtlichen Verträgen weitgehend geregelt. Eine personelle Abgrenzung des heutigen Begriff des Makedoniers im Rahmen eines völkerrechtlichen Vertrages steht noch aus. Außerdem ist noch eine völkerrechtlich verbindliche zeitliche Abgrenzung zwischen dem antiken und dem heutigen Makedonien notwendig.

Nach meiner Auffassung muss für eine Klärung der erweiterten makedonischen Frage zunächst territorial unterschieden werden zwischen

1. der griechischen Region Makedonien als Teil der Griechischen Republik sowie
2. der Republik Makedonien / EJRM als Völkerrechtssubjekt.

Die territoriale Frage ist bereits auf Grund von völkerrechtlichen Erklärungen und Verträgen geregelt. Durch den Staatsnamen der Republik Makedonien / EJRM ist eine völkerrechtliche Unterscheidung zwischen Makedonien als Teil der Griechischen Republik und Makedonien als Völkerrechtssubjekt möglich. Eine soziologische Unterscheidung zwischen Makedonien als Teil der Griechischen Republik und Makedonien als Völkerrechtssubjekt ist alleine durch den Staatsnamen nur formal, nicht jedoch materiell möglich.

In einem weiteren Schritt muss zur Klärung der erweiterten makedonischen Frage personell bei den heutigen Makedoniern unterschieden werden zwischen

1. den griechischen Makedoniern als als Teil der griechischen Nation und
2. dem slawischen Makedonien als Ethnie oder Nation.

Da wir den Sachverhalt nur auf die Griechischen Republik und die Republik Makedonien / EJRM beziehen, betrachten wir statt der „geographischen Makedonier“ im Allgemeinen nur die „griechischen Makedonier“ im Besonderen.
Soziologisch erfolgt die Unterscheidung in der Regel durch die Verwendung der Adjektive „griechisch“ und „slawisch“. Eine völkerrechtlich verbindliche Unterscheidung steht noch aus. Eine mögliche völkerrechtliche Unterscheidung wäre die Verwendung von Adjektiven, wobei statt „slawische Makedonier“ auch der Begriff „ethnische Makedonier“ verwendet werden könnte. Eine andere Möglichkeit wäre, dass nur bei „geographischen Makedoniern“ ein zusätzliches Adjektiv verwendet wird und bei den slawischen Makedoniern als Nation nicht. Entsprechend der endgültig gewählten Bezeichnung für die slawischen Makedonier kann auch bei der Bezeichnung ihrer Nation bzw. ihrer Nationalität verfahren werden.

In einem letzten Schritt muss zur Klärung der erweiterten makedonischen Frage und der damit verbundenen Namensfrage zeitlich unterschieden werden zwischen

1. dem antiken Makedonien und den antiken Makedonier sowie
2. dem heutigen Makedonien und den heutigen Makedonier.

Diese zwei „Makedonien“ sollten völkerrechtlich verbindlich definiert und unterschieden werden. Darüber hinaus muss völkerrechtlich definiert werden, in welchem Verhältnis das antike und das heutige Makedonien zueinander stehen. In der soziologischen Bezeichnung wird zwischen dem antiken und dem heutigen Makedonien durch die Adjektive „antikes“ und „heutiges“ unterschieden. Die völkerrechtliche Bezeichnung des antiken und des heutigen Makedonien steht noch aus. In der Soziologie werden sowohl für nicht mehr existierende als auch für heute existierende Staaten oder Regionen Adjektive, wie zum Beispiel „antik“, „ehemalig“, „früher“ oder „heutig“ verwendet. Gleiches gilt auch für die Abgrenzung von historischen Zeitabschnitten. Völkerrechtlich ist die Verwendung von Adjektiven zur Abgrenzung von heutigen und nicht mehr existierende Staaten nicht eindeutig geregelt. Grundsätzlich werden Adjektive zur Abgrenzung und zur Unterscheidung im Völkerrecht nur dann angewandt, wenn es unbedingt notwendig ist. In der Regel bekommen dann nicht mehr existierende Staaten Adjektive zur Abgrenzung von existierenden Staaten; so wird zum Beispiel die Bezeichnung „Internationaler Strafgerichtshof für das ehemaligen Jugoslawien“ verwendet. Insofern ist auch die Bezeichnung „Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ völkerrechtlich betrachtet irreführend, da der Staat noch immer existiert und mit der Auflösung der jugoslawischen Föderation nicht verschwunden ist. Völkerrechtlich sollte daher das antike Makedonien mit dem Adjektiv „antikes“ und das heutige Makedonien ohne Adjektiv bezeichnet werden.
Die Sprache der antiken Makedonier sollte mit dem Adjektiv „antik“ bezeichnet werden und in der Gesamtbezeichnung zum Beispiel „antike makedonische Sprache“ oder „makedonisch (Antik)“ lauten. Die heutige makedonische Sprache der slawischen Makedonier sollte mit dem Adjektiv „slawisch“ bezeichnet werden, da sie zu den slawischen Sprachen gehört. Alternativ kann hier das Adjektiv im völkerrechtlichen Verkehr auch weggelassen werden, da die antike makedonische Sprache heute nicht mehr existiert und auch keine andere Sprache, etwa in der griechischen Region Makedonien, als „makedonisch“ bezeichnet wird.
Die territorialen, personellen und zeitlichen Unterscheidungen bezüglich der formalen und materiellen Begriffe „Makedonien“ und „Makedonier“ müssen im Rahmen eines völkerrechtlichen Vertrages erfolgen und durch eine entsprechende Informationspolitik der Vertragsstaaten sowohl innerstaatlich als auch international kommuniziert werden.
Aus der oben genannten völkerrechtlich verbindlichen Klärung der erweiterten makedonische Frage ergibt sich die Form einer völkerrechtlich konforme Verwendung des Namens Makedonien durch die Griechische Republik und die Republik Makedonien / EJRM.

Lösungsansätze zur Klärung der erweiterten makedonischen Frage

Nach der bisherigen mehrheitlicher Auffassung ist das antike Makedonien Teil der griechischen Geschichte und Kultur. Wenn wir von dieser Auffassung ausgehen, sollte jede Lösung des Problems um die erweiterte makedonische Frage dies anerkennen und das antike Makedonien völkerrechtlich der Griechischen Republik zugerechnet werden. Jede Bezugnahme auf das antike Makedonien und seine Geschichte sollte dann völkerrechtlich verbindlich von seiten der Republik Makedonien / EJRM ausgeschlossen sein. Die griechische Region Makedonien wird ebenfalls völkerrechtlich verbindlich der Griechischen Republik und der griechischen Kultur zugerechnet. Das heutige Makedonien wird mit Ausnahme der griechischen Region Makedonien, der Geschichte und Kultur der slawischen Makedonier zugerechnet, die mit dem gemeinsamen Befreiungskampf der Slawen gegen die Osmanische Oberhoheit begann und im Ergebnis zur Herausbildung einer makedonischen Nation führte. Damit wird das heutige Makedonien abzüglich des griechischen Anteils völkerrechtlich verbindlich der Republik Makedonien / EJRM zugerechnet. Der bulgarische Teil von Makedonien kann bei diesen Betrachtungen ausgeklammert werden, da dort die Bezeichnung „Makedonien“ offiziell nicht mehr verwendet wird.
In dem völkerrechtlichen Lösungsansatz werden die divergierenden Standpunkte der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM gleichwertig berücksichtigt, indem das antike Makedonien und das heutige Makedonien völkerrechtlich verbindlich unterschieden werden. Darüber hinaus wird völkerrechtlich verbindlich zwischen der griechischen Region Makedonien als Teil der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM als Völkerrechtssubjekt unterschieden. Gleiches gilt für die Unterscheidung zwischen den griechischen Makedoniern als Teil der griechischen Nation und den slawischen Makedoniern als eigenständige Nation.
Diese Unterscheidungen erfolgen nicht durch eine Änderung des Staatsnamens der Republik Makedonien / EJRM, sondern im Rahmen eines völkerrechtlichen Vertrages durch zeitliche sowie durch eine personelle und territoriale Abgrenzung zwischen der Griechischen Republik (einschließlich der griechischen Region Makedonien) und der Republik Makedonien / EJRM. Im Völkerrecht ist neben der personellen und der territorialen Abgrenzung auch eine zeitliche Abgrenzung möglich.
Der Name „Makedonien“ verbindet zwar nicht unmittelbar die Geschichte der antiken und der slawischen Makedonier miteinander, wohl aber die Geschichte einer Region von der Antike bis zur Gegenwart. Sowohl die Griechen als auch die slawischen Makedonier haben sowohl einen geographischen als auch einen geschichtlichen und kulturellen Bezug zur Region Makedonien. Der Name Makedonien hat zu verschiedenen Zeiten eine unterschiedliche inhaltliche, personelle und territoriale Bedeutung gehabt; daher ist eine zeitliche sowie eine personelle und territoriale Abgrenzung zwischen Makedonien als Teil der griechischen Kultur und Geschichte bzw. der Griechischen Republik und Makedonien als Teil der slawisch-makedonischen Kultur und Geschichte bzw. der Republik Makedonien / EJRM notwendig. Gleiches gilt auch für die Abgrenzung von antiken Makedoniern und slawischen Makedoniern. Zu dieser formalen und materiellen Klärung der erweiterten makedonischen Frage im Rahmen eines völkerrechtlichen Vertrags bedarf es auch einer materiellen Umsetzung. Da eine Änderung des Staatsnamens der Republik Makedonien / EJRM als materielle Umsetzung nicht in Frage kommen soll, müssen andere Wege der materiellen Umsetzung gefunden werden. Eine materielle Umsetzung könnte so erfolgen, dass auf Basis des völkerrechtlichen Vertrages die Griechische Republik und die Republik Makedonien / EJRM eine entsprechende verbindliche internationale sowie innerstaatliche Politik im Allgemeinen und Informationspolitik im Besonderen betreiben. Die Effektivität dieser Art der materiellen Umsetzung des völkerrechtlichen Vertrages zur Klärung der erweiterten makedonischen Frage kann als größer angenommen werden als bei einer Änderung des Staatsnamens der Republik Makedonien / EJRM, denn eine zeitliche sowie eine personelle und territoriale Abgrenzung ist nicht durch Namenszusätze zum Staatsnamen der Republik Makedonien / EJRM möglich.

Nachbetrachtungen zu diesem Lösungsansatz

Der obige Lösungsansatz geht davon aus, dass das antike Makedonien Teil der griechischen Geschichte und Kultur ist. Entsprechend legte ich die jeweiligen Anteile der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM an der Gesamtgeschichte Makedoniens fest und grenzte sie entsprechend voneinander ab.
Nach meiner in diesem Vorschlag dargelegten Auffassung stehen die heutige Republik Makedonien und die heutigen (slawischen) Makedonier nicht im Widerspruch zum antiken Makedonien und zu den antiken Makedoniern, selbst dann nicht, wenn das antike Makedonien ausschließlich Teil der griechischen Geschichte und Kultur ist und die antiken Makedonier ein rein griechischer Volksstamm gewesen sind.

Abstrakter Lösungsansatz

Zu der mehrheitlichen Auffassung, dass das antike Makedonien Teil der griechischen Geschichte und Kultur ist, gibt es auch abweichende Auffassungen. Deshalb kann der Sachverhalt auch abstrakter betrachtet und ein Vorschlag entsprechend abstrakt verfasst werden.
Demnach gibt es einen Anteil der Griechischen Republik und einen Anteil der Republik Makedonien / EJRM an der Gesamtgeschichte und Kultur Makedoniens sowie an der geographischen Gesamtregion Makedonien. Auch diese Anteile lassen sich zeitlich sowie personell und territorial voneinander abgrenzen. Diese Abgrenzung kann und sollte im Rahmen eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM erfolgen. Auf Basis dieses Vertrages muss von beiden Vertragsstaaten eine entsprechende Politik und Informationspolitik betrieben werden. Der materielle Inhalt dieses völkerrechtlichen Vertrages muss im Rahmen einer neutralen und unabhängigen Expertenkommission festgelegt werden. Dieser völkerrechtliche Vertrag muss staatsrechtlich von der Griechischen Republik und der Republik Makedonien / EJRM umgesetzt werden.

Der Namensstreit ist ein inhaltlicher Streit

Die Namensfrage der Republik Makedonien / EJRM sowie der damit verbundene Namensstreit besteht seit 1991 und ist auch bis zur Erstellung dieses Artikels noch nicht gelöst. Bisher basierten die meisten Lösungsansätze auf Zusätzen zum verfassungsmäßigen Namen der Republik Makedonien / EJRM. Einer der letzten Vorschläge war zum Beispiel: „Republik Nord-Makedonien“.
Die slawischen Makedonier sollten gemäß dieses Vorschlages als „Bürger der Republik Nord-Makedonien“ bezeichnet werden. Ein weiterer Vorschlag sieht vor, dass die Republik Makedonien / EJRM grundsätzlich unter ihren verfassungsmäßigen Namen anerkannt werden soll und Griechenland sowie andere Staaten, die dies wollen, einen anderen Namen verwenden können.
Es muss an dieser Stelle jedoch betont werden, dass Namenszusätze zum verfassungsmäßigen Namen der Republik Makedonien / EJRM nicht nur das eigentliche Problem nicht lösen, sondern es sogar noch verstärken können. So könnte bei geographischen Namenszusätzen erst recht der Eindruck entstehen, dass Makedonien ein geteiltes Land sei, dass befreit und wiedervereinigt werden müsse. Auch ethnische Namenszusätze wie etwa Slawo-Makedonien sind nicht zielführend.
Erstens würde der falsche Eindruck entstehen, dass Makedonien einen rein slawischen Charakter habe, und zweitens würde dies auch aus Gründen der Logik falsch sein. Die heutigen Makedonier haben ihren Namen vor allem von ihrer geographischen Heimat her abgeleitet und nicht umgekehrt. So kann auch dieser Ansatz verworfen werden. Namenszusätze zum heutigen verfassungsmäßigen Namen der Republik Makedonien / EJRM sind also völlig ungeeignet zur Lösung des eigentlichen Problems und können daher verworfen werden.
Einzig und alleine zielführend ist nach meiner Auffassung ein völkerrechtlicher Vertrag, in dem genau festgelegt wird, welche Partei welchen Anteil an der gesamten Geschichte und Kultur Makedoniens hat und wie damit politisch umgegangen werden soll.

Fazit

Das geographische Makedonien im heutigen Sinne hat mit dem antiken Makedonien nicht mehr viel zu tun. Das antike Makedonien hat lediglich noch als Namensgeber für das heutige Makedonien eine Bedeutung. Die Geschichte der geographischen Region Makedonien lässt sich heute nicht mehr auf das antike Makedonien oder auf die griechische Geschichte und Kultur reduzieren. Das direkte Anknüpfen an die Geschichte des antiken Makedonien zur Begründung von heutigen Sachverhalten in der geographischen Region Makedonien ist irrational und ungeeignet, entsprechende Sachverhalte zu begründen bzw. daraus folgende Interessenkonflikte zu lösen. Im Völkerrecht und in der internationalen Politik ist das Recht der Staaten auf ihre territoriale Integrität im Allgemeinen anerkannt.
Dies bedeutet auch, dass Staaten aufgrund von historischen Grenzen keine Gebietsansprüche an andere Staaten stellen dürfen.
Wenn wir die erweiterte makedonische Frage und den daraus resultierenden Namensstreit unter den Begriff der kulturellen Integrität subsumieren und diese als Unterfall der territorialen Integrität betrachten, müssen wir zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommen.
Die Griechische Republik kann nach meiner Auffassung nicht aufgrund der wahrscheinlich griechischen Natur des antiken Makedonien den alleinigen Anspruch auf den Namen „Makedonien“ ableiten, der heute sowohl in der internationalen Politik als auch im Völkerrecht eine andere Bedeutung hat. Die Republik Makedonien / EJRM leitet ihren Namen vom geographischen Makedonien im heutigen Sinne ab und nicht vom antiken Makedonien. Eine unmittelbare Ableitung vom antiken Makedonien wäre weder soziologisch möglich noch in dieser Form völkerrechtlich zulässig. Eine erzwungene Änderung oder ein erzwungener Verzicht der Republik Makedonien / EJRM auf ihren verfassungsmäßigen Namen würde grundsätzlich das Recht dieses Staates auf seine kulturelle Integrität verletzten und würde darüber hinaus zu Instabilitäten in dieser Region führen. Die Griechische Republik hat ihrerseits ein Recht auf ihre kulturelle Integrität und, dazu gehört auch ihre Geschichte. Der griechische Anteil an der Gesamtgeschichte Makedoniens ist als Teil der griechischen Kultur und Geschichte völkerrechtlich verbindlich zu achten. Jede Inanspruchnahme des griechischen Anteils an der Geschichte Makedoniens durch andere Staaten stellt daher einen Angriff auf die kulturelle Integrität der Griechischen Republik dar. Jeder Staat kann jedoch nur seinen Anteil an der Gesamtgeschichte Makedoniens und den mit diesen Anteil verbundenen konkreten materiellen Begriff Makedonien völkerrechtlich verbindlich einfordern und verteidigen. Mehr kann auf Basis des heutigen Völkerrechts, das sowohl für die Griechische Republik als auch für die Republik Makedonien / EJRM gilt, nicht politisch und völkerrechtlich verbindlich eingefordert werden.
Völkerrechtlich verbindlich müssen wir territorial zwischen der griechischen Region Makedonien als Teil der Griechischen Republik und der Republik Makedonien als Völkerrechtssubjekt, personell zwischen den griechischen Makedoniern als Teil der griechischen Nation und den slawischen Makedoniern als eigenständiger Nation und zeitlich zwischen dem antiken und dem heutigen Makedonien sowie den antiken Makedoniern und den heutigen Makedoniern unterscheiden.
Diese Unterscheidungen müssen verbindlich in einem völkerrechtlichen Vertrag geregelt werden. Die materielle Umsetzung dieses völkerrechtlichen Vertrages erfolgt nicht durch eine Änderung des Staatsnamens der Republik Makedonien / EJRM, sondern durch eine entsprechende völkerrechtlich und staatsrechtlich verbindliche innerstaatliche und internationale Politik und Informationspolitik durch die Griechische Republik und die Republik Makedonien / EJRM. Diese Art der materiellen Umsetzung ist am besten geeignet, sowohl den Völkern der Vertragsstaaten als auch der internationalen Staatengemeinschaft die makedonische Geschichte und Identität effektiv und wirksam zu erklären sowie Missverständnissen in dieser Hinsicht vorzubeugen. Eine gerechte und rationale Lösung des Namensstreits ist also möglich. Diese Lösung sollten die Griechische Republik und die Republik Makedonien / EJRM anstreben.

Ich wünsche mir eine baldige und eine gerechte Lösung des Interessenkonflikts zwischen unseren beiden Völkern. Dafür werde ich mich auch weiterhin aktiv einsetzen!