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Bestand der Ohrid-Forelle erholt sich

Die „rote“ Forelle aus dem Ohrid-See in Makedonien war noch vor vier Jahren zum Aussterben verurteilt. Die intensiver als Bachforellen schmeckenden Tiere mit dem typischen rosaroten Fleisch waren seit Jahrzehnten eine auch international gefragte Delikatesse. Entsprechend intensiv wurde mit fragwürdigen Methoden gefischt, so dass der Speisefisch vor der endgültigen Ausrottung stand. „Erstmals seit Dutzenden Jahren haben wir wieder Eier in Forellen-Laichgruben gefunden“, freut sich Zoran Spirkovski vom Hydrobiologischen Institut in Ohrid-Stadt. Das sei ein untrügerisches Zeichen, dass es aufwärtsgehe und die bedrohte Tierart gerettet werden konnte.

Diese Forellenart (Salmo letnica) ist ebenso einzigartig wie ihr See als natürlicher Lebensraum. Der 350 Quadratkilometer große Ohrid-See gilt vielen Experten als ältestes Gewässer Europas mit vielen sogenannten endemischen, also nur hier existierenden, Tier- und Pflanzenarten. Der zum größten Teil zu Makedonien und zum kleineren Teil zu Albanien gehörende See auf der Balkanhalbinsel ist bis zu 290 Meter tief. Das klare Wasser erlaubt teilweise eine Sicht von 20 Metern. Seit Jahrhunderten wurde der Fisch von Feinschmeckern geschätzt, 330 Fischerfamilien gab er ein bescheidenes Einkommen.

Gefischt ohne Rücksicht

Doch seit den 70er Jahren kamen die Touristen massenhaft nicht nur aus dem damaligen Jugoslawien, sondern auch aus Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien. Die Urlauber „flogen“ auf den Fisch und wollten ihn auch zu Hause in Zukunft nicht mehr missen. Ein groß angelegter Export war die Folge. Und um dafür genügend Tiere zu haben, wurde gefischt, was das Zeug hielt. Rücksicht auf noch nicht ausgewachsene Fische gab es ebenso wenig wie die Einhaltung von Fangverboten während der Laichzeit von Dezember bis März. Fischer nutzten verbotene, einen Kilometer lange Netze, ab und an auch Sprengstoff.

Verschärft wurde die ohnehin dramatische Lage für diese einzigartige Forelle durch den Zusammenbruch des Kommunismus in Albanien. Jahrzehntelang hatte das Regime im Stil des „Steinzeitkommunismus“ das private Fischen verboten. Der albanische Teil des Ohrid-Sees war für die Forelle ein rettendes Rückzugs- und Regenerationsgebiet geworden. Doch nach dem Fall der Diktatur ging der Run auf die Forelle ohne Rücksicht auf ihre immer mehr schwindende Überlebenschance erst richtig los. Die Bürgerkriege und der Zerfall Jugoslawiens verhinderten, dass sich die Behörden ernsthaft dieses (Überlebens-) Problems annahmen.

Langsame Erholung

Da nützte es auch wenig, dass das schon 1935 gegründete Hydrobiologische Institut gegensteuerte. Auch diese wissenschaftliche Einrichtung litt unter den politischen Wirren. Wurden 1989 noch 21,5 Millionen Eier künstlich befruchtet, waren es 2003 nur noch 1,5 Millionen. Ein Jahr später wachten die Behörden jedoch noch gerade rechtzeitig auf. Ein totales Fangverbot wurde mit drastischen Strafen durchgesetzt. Restaurants, die die verbotenen Leckerbissen servierten, mussten ebenfalls mit Sanktionen rechnen.

Die Hydrobiologen setzen heute neben den künstlich befruchteten Eiern noch 3,5 Millionen „Fingerlinge“ im See aus. Das sind neun Monate alte Jungfische. Die Fischer erhalten inzwischen Prämien, wenn sie zufällig ins Netz geratene Ohrid-Forellen den Forschern abliefern, die sie nach der Markierung wieder aussetzen. Auf diese Weise haben sie den Überblick, dass die bedrohte Tierart sich langsam wieder erholt. In absehbarer Zeit dürfte die „Forelle nach Ohrid-Art“ wieder auf den Speisekarten wenigstens der örtlichen Restaurants erscheinen.

Der Fisch wird mit viel Zwiebeln, Knoblauch, Petersilie und Weißwein zubereitet. Und als kulinarischer Höhepunkt werden die Gräten aus den kleineren Forellen entfernt, die dann mit diesen Zutaten gefüllt gegrillt werden.

Von Boris Babic, dpa, Quelle: n-tv.de