Staudammprojekte bedrohen Mavrovo Nationalpark in Mazedonien
Über 100 Wissenschaftler protestieren gegen Finanzierung durch Weltbank und Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
Radolfzell, Wien. Einer der ältesten Nationalparks Europas ist in Gefahr: in Mazedoniens Mavrovo Nationalpark sollen mit internationaler Hilfe zwei große Wasserkraftwerke errichtet werden. Die Weltbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) wollen diese Projekte finanzieren. Doch nun regt sich Widerstand. 119 Umwelt-Wissenschaftler aus aller Welt, darunter namhafte Persönlichkeiten wie Ernst von Weizsäcker, Michael Succow, Österreichs Wissenschaftler des Jahres, Georg Grabherr, sowie zahlreiche Experten der Weltnaturschutzunion IUCN protestieren gegen diese Vorhaben. Damit unterstützen die Wissenschaftler die Kampagne „Rettet das blaue Herz Europas“ der beiden Naturschutzorganisationen EuroNatur und Riverwatch.
Am vergangenen Freitag erhielten die Präsidenten von Weltbank und EBRD einen offenen Brief international renommierter Umwelt-Wissenschaftler, in dem sie gegen die geplante Finanzierung von zwei Staudammprojekten im mazedonischen Mavrovo Nationalpark protestieren. „Nationalparke haben den Zweck, große Ökosysteme vor menschlichen Eingriffen zu schützen. Deshalb sind große Staudämme oder andere zerstörerische Projekte hier vollkommen auszuschließen“, so die Wissenschaftler in ihrem Brief.
Im bergigen Mavrovo Nationalpark leben Wolf, Bär und Otter und gedeihen mehr als 1.000 Pflanzenarten. Die große Besonderheit ist aber der Balkanluchs, eine Unterart des Eurasischen Luchses. Nur etwa 50 Exemplare gibt es heute noch von den seltenen Katzen und ausschließlich für das Vorkommen im Mavrovo Nationalpark konnte bislang Reproduktion nachgewiesen werden. Werden die Staudämme gebaut, könnte dies das Aus für den Balkanluchs bedeuten. Doch es geht nicht allein um den Schutz des Mavrovo Nationalparks, sondern diese Projekte untergraben den Schutzstatus „Nationalpark“ im Allgemeinen. „Diese Projekte sind ein Angriff auf die für Europa bedeutendste Naturschutzkategorie, ein Angriff auf die Marke Nationalpark. Auch deshalb müssen wir diese Projekte verhindern“, so Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur.
EuroNatur und Riverwatch haben in Südosteuropa 36.000 Flusskilometer auf ihren ökologischen Erhaltungswert untersucht und sich vorgenommen, zumindest die wertvollsten Flüsse und Flussabschnitte zu schützen, v.a. vor dem Bau neuer Wasserkraftwerke. Die Kerngebiete, auf die sich die beiden Organisationen dabei konzentrieren, sind die Vjosa in Albanien, die Save in Slowenien und Kroatien sowie der Mavrovo Nationalpark in Mazedonien.
Hintergrundinformationen:
Die Balkanregion in Südosteuropa ist das letzte große europäische Gebiet, in dem noch weitgehend intakte Fließgewässer erhalten geblieben sind. In den Staaten entlang der östlichen Adria, sowie in Serbien, Bulgarien, dem Kosovo, Albanien, Mazedonien und Teilen Griechenlands haben sich bis heute glasklare Bäche, unberührte Schluchten, große Auwälder, Flüsse mit riesigen Schotterinseln und spektakulären Wasserfällen erhalten. Hier schlägt das blaue Herz Europas. Eine Studie von Riverwatch und EuroNatur ergab, dass noch mehr als 80% dieser Fließgewässer in einem guten oder sogar sehr guten ökologischen Zustand sind. Doch dem blauen Herz droht der Infarkt: 570 mittlere und größere Wasserkraftwerke sind geplant, zumeist mit Unterstützung internationaler Banken und Firmen, vor allem aus Europa. Sie werden ohne Rücksicht auf den Wert des Flusses, auf Flora und Fauna projektiert. Um das zu verhindern, haben Riverwatch und EuroNatur die Kampagne „Rettet das blaue Herz Europas“ gestartet. Zusammen mit Partnerorganisationen vor Ort wollen sie die ökologisch wertvollsten Flüsse und Fließgewässerstrecken der Region vor Verbau schützen und die umweltgefährdendsten Wasserkraftprojekte verhindern.
Quelle: www.euronatur.org
Mavrovo See (Bildquelle: dejz0r.deviantart.com) Nationalpark Mavrovo (Bildquelle: dejz0r.deviantart.com)