Der damalige Staatspräsident der Republik Makedonien (seit dem 12.02.2019 „Republik Nord-Makedonien“) Kiro Gligorov wurde am 03.10.1995 bei einem Autobombenattentat in der makedonischen Hauptstadt Skopje schwer verletzt und verlor dabei ein Auge. Sein Fahrer und ein unbeteiligter Passant kamen ums Leben. Vor einem Hotel in Skopje explodierte ein Fahrzeug in dem Moment, als Präsident Kiro Gligorov und sein Fahrer daran vorbeifuhren. Seinerzeit wurden Nationalisten für das Attentat verantwortlich gemacht. Bis heute sind die Hintergründe und die Täterschaft nicht geklärt. Zunächst war unklar, ob Kiro Gligorov sein Amt als Präsident wieder aufnehmen können würde. Im Dezember 1995 nahm er seine Amtsgeschäfte wieder auf und blieb bis zum Ende seiner regulären Amtszeit im Jahre 1999 im Amt.
Ablauf des Attentats
Die Bombe, welche ferngezündet wurde, war in einem Citroën Ami 8 versteckt. In diesem älteren französischen Fahrzeugmodell waren die Teile noch verschraubt und nicht verschweißt. Um eine optimale Sprengwirkung zu erzielen wurde dieses Modell von den Tätern ausgesucht. Das Fahrzeug wurde am 24.09.1995 auf dem Automarkt Madzari für 650 Deutsche Mark von einer serbischsprachigen männlichen Person gekauft. Der Autoverkäufer, Krivi Palanka, konnte sich an einen südserbischen Dialekt erinnern. Allerdings blieb der Name des Käufers unbekannt. Laut Augenzeugen wurde das Fahrzeug zwischen dem 24.09.1995 und dem Attentat am 03.10.1995 mehrere Tage auf der Stelle geparkt, wo es dann auch zur Explosion gebracht wurde. Drei Tage vor dem Attentat soll das Fahrzeug regelmäßig an dieser Stelle gestanden haben, was auch auf einer Fotografie des deutschen Fotografen Professor Heinz Herpich zu sehen ist. Dieser wollte eine Ausstellung eröffnen und dafür den Alten Bahnhof fotografieren. Erkannt hatte das Auto dann sein Kollege Professor Simon Schemov, als dieser nach Nürnberg kam und das Foto von Professor Herpich gezeigt bekam. Am Tag des Attentats stand das Fahrzeug nach Auswertung der Ermittlungen ab 7 Uhr an der Explosionsstelle. Die Attentäter warteten regelmäßig darauf, bis die Präsidentenkolonne die Route vorbei an der vorgesehenen Explosionsstelle wählte. Wegen der Bombe war das Fahrzeug nach hinten geneigt. Voraussichtlich mussten mehrere Mittäter an jeder in Frage kommenden Kreuzung, an der die Präsidentenkolonne vorbeikam, Beobachtungen durchgeführt und miteinander in Verbindung gestanden haben. Als der Attentäter erkannte, dass Präsident Kiro Gligorov die für das Attentat vorgesehene Route nahm, fuhr ein blauer VW-Transporter los und setzte sich vor die Mercedes S-Klasse von Präsident Gligorov. Ziel dieses Manövers war es die Geschwindigkeit des Präsidentenfahrzeugs zu beeinflussen. Dazwischen kam noch ein weißer Fiat 500 zum Einsatz, welche mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h fuhr und das Präsidentenfahrzeug entsprechend abbremste. Als das Präsidentenfahrzeug an dem Fahrzeug mit der Bombe vor einem Hotel in Skopje ankam, wurde die Bombe mit einer Fernsteuerung zur Explosion gebracht. Alexander Spirovski, der Fahrer von Präsident Gligorov, wurde durch die Explosion sofort getötet. Ein zweites Todesopfer wurde der unbeteiligte und nur zufällig vor Ort gewesene Passant Risto Restomanov. Präsident Gligorov überlebte das Attentat schwer verletzt, wobei er unter anderem ein Auge verlor und seine Rückkehr in das Amt zunächst offen war. Erst im Dezember 1995 nahm er seine Amtsgeschäfte wieder auf.
Die Ermittlungen nach dem Attentat
Unverzüglich nach dem Attentat setzen die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden ein. Im Rahmen der polizeilichen Operation „Automobil“ sollten die Hintergründe zum Attentat, die Organisation und Durchführung des Attentats und die Täter ermittelt werden. Der oben geschilderte Ablauf des Attentats wurde auf Basis der Ermittlungsergebnisse rekonstruiert. Zunächst konzentrierten sich die Ermittlungen darauf, wer den Weg des Präsidentenfahrzeugs beobachtet und die Bombe gebaut haben könnte. In diesem Zusammenhang wurde die Herkunft des Fahrzeuge ermittelt, in dem die Bombe zur Explosion gebracht wurde. Des Weiteren sollten die Gründe für das Attentat ermittelt werden. Es konnte einen rein kriminellen oder einen politischen Hintergrund gehabt haben. Allerdings brachten die möglichen Motive bisher keine Aufklärung des Falls. In einigen sichergestellten Aufzeichnungen sollen sogar zwei Notizen gefunden worden sein, in welche über das Attentat gesprochen wurde und sogar das tatsächliche Datum des Attentats vermerkt war. Diese Spur verlor sich und wurde daher wohl nicht mehr weiterverfolgt. Nach den Ermittlungsergebnissen soll es bezüglich der für den Präsidenten abgestellten Sicherheitskräfte und Bodyguards keine kritischen Punkte gegeben haben. Diese seien von amerikanischen Sicherheitskräften ausbildet worden und hätten einen guten Ruf gehabt. Die bisherigen Ermittlungen scheinen einen Insider als Mittäter auszuschließen. Allerdings mussten die Täter über Wochen die möglichen Routen des Präsidentschaftsfahrzeugs ausgekundschaftet haben, um die für das Attentat genutzte Route zu finden. Das Präsidentschaftsfahrzeug fuhr in Abhängigkeit von den Grünphasen der Ampelschaltungen zwar immer bestimmte Routen, jedoch unterschiedliche. Die Routen lagen zwischen dem Parlament und der Villa des Präsidenten. Im Rahmen der Ermittlungen konnte auch nachgewiesen werden, dass die Attentäter mehrere Wohnungen angemietet haben mussten, um das Präsidentschaftsfahrzeug regelmäßig in geeigneter Weise beobachten zu können. Nach mehreren Wochen hatten die Attentäter dann die für das Attentat geeignetste Route ermittelt. Diese hat eine scharfe 90-Grad-Linkskurve, an der das Präsidentenfahrzeug langsam fahren musste. Damit die Explosion der Autobombe das Präsidentenfahrzeug voll erfassen konnte, musste dieses möglichst langsam fahren. Des Weiteren konnte ermittelt werden, dass mehrere Kleinkriminelle beauftragt wurden, den Attentätern zu helfen. Die Hintergründe zum Attentat und die Täter konnten allerdings bis heute nicht ermittelt werden. Im nachfolgenden Abschnitt wird auf mögliche Hintergründe zum Attentat eingegangen, die jedoch nicht verifiziert werden konnten. Sie stehen jedoch in zeitlicher Nähe zum Attentat, was ein Indiz sein könnte.
Mögliche Hintergründe
Das Attentat könnte sowohl einen kriminellen als auch einen politischen Hintergrund gehabt haben. Die Präsidentschaft von Kiro Gligorov war seinerzeit ein stabilisierender Faktor für die Republik Makedonien. Unter ihm konnten die Unabhängigkeit der Republik Makedonien von der „Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien“ („SFRJ“) im September 1991 und der Abzug der Jugoslawischen Volksarmee (JNA) aus der Republik Makedonien im März 1992 ohne kriegerische Auseinandersetzung erreicht werden. Auf Initiative von Kiro Gligorov ist es zurückzuführen, dass die Angehörigen der albanischen Gemeinschaft in der Republik Makedonien („albanische Makedonier“) bisher an jeder makedonischen Regierung beteiligt sind. Er setzte auf eine beschränkte Machtteilung mit den albanischen Makedoniern, anstelle von Repressionen und der uneingeschränkten Durchsetzung eines makedonischen Nationalismus. Dennoch blieb das Verhältnis zwischen slawischen bzw. ethnischen und albanischen Makedoniern nicht frei von Spannungen. Doch erst nach der Präsidentschaft von Kiro Gligorov mündeten diese in einen bewaffneten Konflikt, der jedoch schnell durch das Rahmenabkommen von Ohrid beigelegt werden konnte.
Schwerste Bürde für Präsident Gligorov war der sogenannte Namensstreit mit Griechenland. Doch auch hier zeigte er sich pragmatisch, flexibel und kompromissbereit. So wurde die Republik Makedonien unter ihm als Präsidenten mit der provisorischen Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ im April 1993 in die Vereinten Nationen (UN) aufgenommen. Dieser Kompromiss war in der Republik Makedonien politisch nicht unumstritten. Die national-konservative Opposition erhob den Vorwurf, dass mit diesem Kompromiss der Entnationalisierung der Republik Makedonien Vorschub geleistet würde. Am 16.02.1994 verhängte Griechenland gegenüber der Republik Makedonien ein einseitiges Handelsembargo, welches schwere Folgen für die makedonische Wirtschaft hatte. Erst durch das Interimsabkommen mit Griechenland vom 13.09.1995 konnte eine Übergangslösung mit Griechenland erreicht werden, welche zur Aufhebung des griechischen Embargos am 14.10.1995 und zur Aufnahme von gegenseitigen diplomatischen Beziehungen führte. Aufgrund des Interimsabkommens musste die Republik Makedonien den Status quo mit Griechenland bis zu einer endgültigen und bis heute nicht erfolgten Klärung der makedonischen Namensfrage akzeptieren sowie auf ihre damalige Staatsflagge mit dem Stern von Vergina verzichten. Die damalige Staatsflagge hatte seinerzeit vor allem die national-konservative VMRO-DPMNE durchgesetzt. Die außenpolitischen Kompromisse der Republik Makedonien der Jahre 1993 und 1995 waren den makedonischen Nationalisten mit Sicherheit ein Dorn im Auge. Wenn das Attentat einen politischen Hintergrund gehabt haben sollte, bei dem Nationalisten eine Rolle spielten, dann könnte hier ein möglicher Grund für ein Attentat auf Präsident Gligorov sein.
Ein weiteres Problem für die Republik Makedonien und ihre handelnden Politiker ist die verbreitete Korruption und der Klientelismus. Deren Eindämmung bedeutet auch immer große Nachteile für ihre Profiteure. Um ihre Interessen zu sichern, scheuen einige Profiteure auch nicht vor mutmaßlichen Straftaten zurück. Zu den Opfern können dann auch handelnde Politiker und Staatsfunktionäre gehören. Zum Teil reichen die kriminellen Strukturen sogar bis in die Politik und Staatsorganisation hinein. Das griechische Embargo gegen die Republik Makedonien hatte auch kriminelle Profiteure. Gleiches gilt für das UN-Embargo gegenüber der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro). Dort, wo kein offizieller Handel mehr stattfinden durfte oder konnte, hatte sich eine illegale Schattenwirtschaft etabliert. Daran beteiligt dürften auch einige Politiker und Staatsfunktionäre bzw. Teile der staatlichen Organisation gewesen sein. So dürfte das absehbare Ende des griechischen Embargos gegen die Republik Makedonien am 14.10.1995 für die kriminellen Profiteure einen großen Verlust bedeutet haben. Hinzu kam noch, dass sich bereits auch ein Ende der UN-Sanktionen gegenüber der Bundesrepublik Jugoslawien abzeichnete, welches im November 1995 erfolgte. Mit dem Ende der UN-Sanktionen zeichnete sich auch eine Normalisierung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Makedonien ab, welche im April 1996 erfolgte. Ob hier ein möglicher Grund für einen kriminellen Hintergrund für das Attentat liegt, muss derzeit offen bleiben. Das Attentat kann auch einen anderen kriminellen Hintergrund gehabt haben.
Die Aufzählung der möglichen Hintergründe und Theorien zum Attentat sind nicht abschließend. Es gibt noch viel mehr, ohne das jemals der wahre Hintergrund zum Attentat ermittelt werden konnte. Entsprechend groß ist der Kreis der möglichen Täter. Diese können aus der Republik Makedonien oder aus dem Ausland gekommen sein. Ein erfolgreiches Attentat auf Präsident Gligorov hätte auf jeden Fall eine destabilisierende Wirkung für die Republik Makedonien zur Folge gehabt und die weitere politische Entwicklung beeinflussen können. Davon hätten unter anderem kriminelle oder politische Interessensgruppen in der Republik Makedonien oder die Nachbarstaaten profitieren können.
Leben und politische Karriere von Kiro Blagoje Gligorov
Kiro Blagoje Gligorov wurde am 03.05.1917 im makedonischen Štip (damals noch „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“, heute „Republik Nord-Makedonien“) geboren und starb am 01.01.2012 in Skopje im Alter von 94 Jahren. Nach dem Abitur studierte er von 1935 bis 1939 in Belgrad Jura und schloss sein Studium erfolgreich ab. Bis zum deutsch-italienischen Überfall im Jahr 1941 arbeitete Gligorov als Bankangestellter. Bereits während seiner Studienzeit kam er erstmals mit den politischen Ideen des Kommunismus in Berührung. Im Jahr 1943 schloss sich Gligorov den kommunistischen Partisanen an und trat der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) bei. An der Gründung und Formierung der „Antifaschistischen Sobranje der Volksbefreiung Makedoniens“ („ASNOM“) im Jahre 1944 wirkte Gligorov maßgeblich mit. Zunächst war er Sekretär des Initiativkomitees, das die Gründung der ASNOM vorbereitete. Nach der Gründung der ASNOM am 02.08.1944 wurde er ihr Finanzsekretär im Präsidium und wirkte wesentlich an der Etablierung der makedonischen Nation innerhalb der kommunistischen Partisanenbewegung Jugoslawiens mit. Bis zum Tod von Josip Broz Tito war Gligorov stets ein treuer Gefolgsmann von ihm und sorgte dafür, dass sich die kommunistische Bewegung auch in Makedonien etablieren konnte. Nach dem Krieg bekleidete Kiro Gligorov verschiedene hohe Ämter in der jugoslawischen Föderation. Er war unter anderen Finanzminister in der jugoslawischen Bundesregierung und später Präsident des Bundesparlaments. In den 60er Jahren gehörte Gligorov zu einer Gruppe von Wirtschaftsreformern, die eine mehr marktwirtschaftlich orientierte Ordnung durchsetzen wollten. Diese Bestrebungen scheiterten vor allem aufgrund von Widerständen aus den Reihen der jugoslawischen Republiken und führten erst kurz vor dem Zerfall der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) im Jahr 1990 unter dem damaligen jugoslawischen Ministerpräsidenten Ante Markowić zu einem nicht mehr wirksam werdenden Erfolg. Folgerichtig unterstützte Kiro Gligorov ab 1989 die Politik des damaligen jugoslawischen Ministerpräsidenten Ante Marković und befürwortete die Einführung der Marktwirtschaft und des Mehrparteiensystems, was durch eine Änderung der Verfassung der SFRJ am 08.08.1990 erfolgte. In der Sozialistische Republik Makedonien wurde das Mehrparteiensystem dann formell am 24.09.1990 durch Parlamentsbeschluss eingeführt. Ebenso wie Ante Marković setzte sich Kiro Gligorov für den Erhalt und für eine weitere Reformation des jugoslawischen Bundesstaates ein. Diese Politik scheiterte spätestens in der zweiten Hälfte des Jahres 1991, als die SFRJ endgültig zerfiel und die Republik Makedonien unabhängig wurde.
Wahl von Kiro Gligorov zum Präsidenten der Sozialistischen Republik Makedonien
Am 27.01.1991 wählte das Parlament der damals noch zur „Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien“ („SFRJ“) gehörenden „Sozialistischen Republik Makedonien“ Kiro Gligorov mit 114 Stimmen bei 119 anwesenden Abgeordneten zum Staatspräsidenten. Auf den Kandidaten der Reformkommunisten hatten sich am 23.01.1991 alle im Parlament vertretenden Parteien geeinigt, nachdem dieser in einem ersten Wahlgang am 19.01.1991 aufgrund des Widerstandes der VMRO-DPMNE (Innere Makedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für die makedonische nationale Einheit) die notwendige Zweidrittelmehrheit verfehlte. Zum Vizepräsidenten der Sozialistischen Republik Makedonien wählte das makedonische Parlament am 01.02.1991 Ljupčo Georgijevski von der VMRO-DPMNE, welcher bereits am 22.10.1991 wieder von diesem Amt zurücktrat. Unter der Präsidentschaft von Kiro Gligorov wurde die Republik Makedonien ein souveräner, unabhängiger, demokratischer und sozialer Staat.
Erste Amtszeit als Präsident
Am 07.03.1991 berief der neugewählte makedonische Staatspräsident Kiro Gligorov den Unabhängigen Nikola Kljušev zum Ministerpräsidenten der SR Makedonien. Sein am 20.03.1991 vom Parlament mit 87 zu 17 Stimmen bei drei Enthaltungen gebilligtes Kabinett bestand überwiegend aus Parteilosen. Zwei Mitglieder der Regierungen gehörten jeweils einer Partei, den Reformkommunisten SRSM (Sojuz na Reformskite Sili na Makedonija) und der VMRO-DPMNE an. Drei Mitglieder der Regierung waren ethnische Albaner. Außenminister wurde der parteilose Denko Malevski. Es konnten sowohl unter der Präsidentschaft von Kiro Gligorov als auch danach immer stabile Regierungen gebildet werden.
Unter der Präsidentschaft von Kiro Gligorov beschloss das makedonische Parlament am 15.04.1991 auch die Änderung des Staatsnamens von Sozialistischer Republik Makedonien in „Republik Makedonien“. Im Mai 1991 brach der Kultur- und Namensstreit mit Griechenland aus, welcher erst im Februar 2019 formell beendet wurde. Der Beginn der Amtszeit von Präsident Kiro Gligorov war geprägt vom Zerfall der SFRJ und dem Kampf um die internationale Anerkennung der Republik Makedonien. Auf seinem politischen Einfluss war es zurückzuführen, dass die Unabhängigkeit und der Abzug der Jugoslawischen Volksarmee aus der Republik Makedonien ohne Krieg vonstatten gingen. Zunächst war Kiro Gligorov ein Gegner der Unabhängigkeit der Republik Makedonien und wollte Jugoslawien als reformierten Bundesstaat erhalten. Schon aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus stellte die mögliche Unabhängigkeit der Republik Makedonien ein großes Problem und die weitere Teilhabe an einem reformierten jugoslawischen Bundesstaat die bessere Option dar. Am 03.06.1991 veröffentlichten Kiro Gligorov und sein Amtskollege aus Bosnien und Herzegowina Alija Izetbegović einen Vorschlag für eine Reform des jugoslawischen Bundesstaates. Dieser Vorschlag versuchte, die Vorstellungen Sloweniens und Kroatiens, die der jugoslawischen Bundesregierung unter Ante Marković und die des serbischen Blocks (Serbien mit seinen zwei autonomen Gebietskörperschaften und Montenegro) unter einem Hut zu bringen. Nach diesem Vorschlag sollte Jugoslawien als loser Staatenverband, der weder eine klassische Föderation noch eine klassische Konföderation sein sollte, seine Souveränität, seine internationale Identität und seine äußeren Grenzen behalten, ein einheitliches Wirtschaftsgebiet mit gemeinsamer Währung, gemeinsamer Armee und Außenpolitik bilden. Gleichzeitig sollten aber auch die Mitgliedsstaaten souverän sein und sogar diplomatische Missionen im Ausland unterhalten können. Dieser Vorschlag wurde bei einem Treffen der Präsidenten der sechs jugoslawischen Republiken in Sarajevo am 06.06.1991 auch positiv aufgenommen, doch von der weiteren Entwicklung im Juni 1991 überholt.
Nach dem bereits am 18.06.1991 makedonische Spitzenpolitiker den Austritt der Republik Makedonien aus der SFRJ angekündigt hatten, erklärte Präsident Gligorov noch am 30.06.1991 sein Land bleibe der jugoslawischen Idee verbunden und wolle nicht dem Beispiel Sloweniens und Kroatiens folgen. Doch der Krieg in Slowenien und Kroatien und der weitere Zerfall der SFRJ ließen eine weitere politische Lösung im Rahmen eines reformierten jugoslawischen Bundesstaates nicht mehr zu. Die Option mit Serbien und Montenegro ein verkleinertes Jugoslawien zu bilden war auch für Präsident Gligorov nicht mehr annehmbar. In einem Referendum am 08.09.1991 sprachen sich bei einer Abstimmungsbeteiligung von 75 % über 90 % der Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien für die Unabhängigkeit und Souveränität dieser Republik aus, wobei diese das Recht haben sollte, einem neu zu formierenden und später nie gegründeten jugoslawischen Staatsgefüge aus souveränen Staaten beizutreten. Am 18.09.1991 erklärte die Republik Makedonien unter ihrem verfassungsmäßigen Namen „Republik Makedonien“ formell ihre Unabhängigkeit von der SFRJ. Aufgrund der Unabhängigkeit wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet, die am 18.11.1991 vom makedonischen Parlament beschlossen und am 20.11.1991 feierlich während einer Festsitzung des Parlaments proklamiert wurde. Nach den damaligen Worten des Präsidenten Gligorov anlässlich der Proklamation der Verfassung sei das Land damit internationales Subjekt, es strebe die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen (UN) und in der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) an, sei aber weiterhin zu einer Assoziierung mit den anderen souveränen Republiken Jugoslawiens bereit. Gligorov betonte, Makedonien sei der Staat aller Bürger und definiere sich mit der neuen Verfassung nicht vorrangig als Nationalstaat.
Die Einbeziehung der Albaner in jede makedonische Regierung ist ebenfalls auf den Einfluss von Präsident Gligorov zurückzuführen, der mit den bisherigen Unterdrückungsstrategien brach, die die Politik der alten kommunistischen Parteiführung in Makedonien gegenüber den Albanern, ähnlich wie im Kosovo, bestimmt hatten. Am 24.02.1992 einigte sich Präsident Gligorov mit der jugoslawischen Bundesarmee auf ihren Abzug aus der Republik Makedonien bis zum 15.04.1992. Bereits am 26.03.1992 war dieser Abzug ohne Krieg erfolgreich beendet worden, was vor allem auf das Verhandlungsgeschick von Präsident Gligorov zurückzuführen war. Der Kampf um die internationale Anerkennung der Republik Makedonien dauerte noch bis zum April 1993 und führte bis dahin zu keiner grundsätzlichen Anerkennung unter ihrem verfassungsmäßigen Namen. Am 08.04.1993 wurde sie unter der vorläufigen Bezeichnung „Die Ehemaligen Jugoslawische Republik Makedonien“ in die Vereinten Nationen aufgenommen. Mit ihrer Aufnahme in die Vereinten Nationen erfolgte auch die bilaterale Anerkennung durch die meisten Staaten, von denen eine große Mehrheit jedoch die „Republik Makedonien“ unter ihrem verfassungsmäßigen Namen anerkannt hat. Nachdem am 10.10.1993 Andreas Papandreou mit seiner Panhellenische Sozialistische Bewegung „PASOK“ die griechischen Parlamentswahlen gewann, brach dieser als neuer griechischen Ministerpräsident bereits am 15.10.1993 den Dialog mit der Republik Makedonien zur Lösung des sogenannten Namensstreit ab. Präsident Gligorov konnte zum Ende seiner ersten Amtszeit zunächst weder den Dialog mit Griechenland wieder herstellen noch das Wirtschaftsembargo Griechenlands gegenüber der Republik Makedonien ab dem 16.02.1994 verhindern.
Zweite Amtszeit als Präsident
Gemäß der Verfassung der Republik Makedonien (seit dem 12.02.2019 Nord-Makedonien) vom November 1991 wird der makedonische Staatspräsident direkt vom Volk für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Am 16.10.1994 wählte das Volk Kiro Gligorov mit 52,6 % der abgegebenen Stimmen zum Staatspräsidenten. Auf seinen Herausforderer Ljupčo Georgievski von der VMRO-DPMNE entfielen 14,5 % der abgegebenen Stimmen. In seiner zweiten Amtszeit, die offiziell am 19.11.1994 begann, normalisierten sich die Beziehungen zu Griechenland wieder. Am 13.09.1995 wurde das Abkommen über die Normalisierung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Republik Makedonien und Griechenland am Sitz der Vereinten Nationen in New York unterzeichnet. Griechenland verpflichtete sich in diesem Abkommen unter anderem dazu die Wirtschaftsblockade innerhalb von 30 Tagen aufzuheben, was am 14.10.1995 geschah. Die Republik Makedonien verpflichtete sich in diesem Abkommen unter anderem dazu ihre Staatsflagge zu ändern und auf den Sonnenstern von Vergina, einem antiken makedonischen Symbol, zu verzichten. Beide Seiten verpflichteten sich ferner dazu die Namensfrage der Republik Makedonien in bilateralen Gesprächen im Rahmen der Vereinten Nationen zu klären, bis dahin sollte in bestimmten Bereichen weiterhin die Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ verwendet werden. Am 13.10.1995 wurde in Skopje, der Hauptstadt der Republik Makedonien, eine endgültige Vereinbarung über die Normalisierung der bilateralen Beziehungen und die Einrichtung diplomatischer Vertretungen in beiden Hauptstädten unterzeichnet. Eine endgültige Klärung der Namensfrage erfolgte weder unter der Präsidentschaft von Kiro Gligorov noch später.
Am 03.10.1995 wurde Präsident Gligorov, wie weiter oben ausführlicher beschrieben, bei einem Autobombenattentat schwer verletzt. Für das Attentat wurden extreme Nationalisten verantwortlich gemacht, doch konnten die Hintergründe zu diesem Attentat bisher nicht aufgeklärt und die Täter bisher nicht ermittelt werden. Im Dezember 1995 nahm Kiro Gligorov seine Amtsgeschäfte wieder auf. Am 29.01.1996 erfolgte die Ankündigung der damaligen „Bundesrepublik Jugoslawien“ (Serbien und Montenegro) die Republik Makedonien völkerrechtlich anzuerkennen. Ein entsprechendes Abkommen zwischen der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Makedonien wurde am 08.04.1996 in der jugoslawischen bzw. serbischen Hauptstadt Belgrad unterzeichnet. Zum Ende der Amtszeit von Präsident Kiro Gligorov im Jahr 1999 erfolgte noch die Anerkennung der makedonischen Nation durch Bulgarien. Bulgarien hatte am 16.01.1992 als erster Staat die Republik Makedonien völkerrechtlich anerkannt, betrachtete jedoch die makedonische Kulturnation als Teil der bulgarischen Kulturnation und weigerte sich daher bis 1999 die makedonische Kulturnation anzuerkennen.
In November 1999 endete die zweite Amtszeit von Präsident Kiro Gligorov. Zu seinem Nachfolger wurde Boris Trajkovski gewählt. Die Amtszeit von Kiro Gligorov war von einer stabilen und starken demokratischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung der Republik Makedonien geprägt. Der zögerliche Weg der Republik Makedonien in die Unabhängigkeit war nicht nur für Präsident Gligorov eine Erfolgsgeschichte.
Das formelle Ende des Kulturstreits um „Makedonien“ mit Bulgarien im Jahre 2017 und mit Griechenland im Jahre 2018 erlebte Kiro Gligorov aufgrund seines Todes am 01.01.2012 nicht mehr mit. Dennoch dürfte er ein politisch erfülltes Leben gehabt und den erfolgreichen Weg der Republik Makedonien bzw. Republik Nord-Makedonien entscheidend mitgeprägt haben.
Fazit
Das Attentat auf den damaligen Präsidenten Kiro Gligorov konnte bis heute nicht aufgeklärt werden. Es kann sowohl rein kriminelle als auch politische Hintergründe gehabt haben. Doch der tatsächliche Hintergrund für den Anschlag auf den damaligen makedonischen Präsidenten konnte bis heute nicht ermittelt werden. Es gibt einige mögliche Hintergründe für ein Attentat. Entsprechend groß ist auch der Kreis der möglichen Täter. Sie könnten je nach Hintergrund aus der Republik Makedonien oder aus dem Ausland gekommen sein. Für mögliche Täter dürfte jedoch klar gewesen sein, dass der damalige makedonische Staatspräsident Kiro Gligorov ein wichtiger Faktor in der Republik Makedonien war. Er führte die Republik Makedonien ohne Krieg in die Unabhängigkeit und war eine wichtige integrative Kraft für den Zusammenhalt innerhalb der Republik Makedonien. Ohne ihn hätte die Entwicklung des makedonischen Staates durchaus anders verlaufen können. Ein erfolgreiches Attentat auf Präsident Kiro Gligorov hätte auf jeden Fall eine destabilisierende Wirkung für die Republik Makedonien gehabt. Davon hätten bestimmte Interessensgruppen, ob kriminelle oder politische, profitieren können. Präsident Kiro Gligorov überlebte das Attentat jedoch und konnte seine Amtszeit bis zu ihrem Ende im Jahre 1999 ausfüllen. Er blieb dabei ein Garant für die Stabilität der Republik Makedonien.
Dieser Artikel hätte in dieser ausführlichen Form nicht ohne die Hilfe meines Kollegen Goran Popcanovski erstellt werden können. Dafür möchte Ihm sehr danken!