Das Jahr 2015 bringt bezüglich der weiteren europäischen Integration der Republik Makedonien einige neue Rahmenbedingungen mit sich. Mit Donald Tusk gibt es einen neuen Präsidenten des Europäischen Rates. Donald Tusk war bisher Ministerpräsident der Republik Polen, gilt als liberal und pro-europäisch. Der Europäische Rat fasst grundsätzliche Beschlüsse zur Europäischen Union, (EU) unter anderem auch über den Beginn von EU-Beitrittsgesprächen. Außenbeauftragte der Europäischen Union wurde die Italienerin Federica Mogherini. Nach der Wahl des EU-Parlaments zwischen dem 22. und 25. Mai 2014 trat im November 2014 eine neue EU-Kommission unter der Präsidentschaft des ehemaligen luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker ihr Amt an. Auch Jean-Claude Juncker gilt als liberal und sehr pro-europäisch.
Am 01.01.2015 übernahm Lettland von Italien die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union. Diese Ratspräsidentschaft wird Lettland bis zum 30.06.2015 inne haben. Danach übernimmt Luxemburg die EU-Ratspräsidentschaft. Lettland war bis 1991 eine Unionsrepublik der aufgelösten Sowjetunion („Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“) und hat eine starke russische Minderheit (Bevölkerungsanteil rund 27 Prozent). Damit gibt es Parallelen zur Republik Makedonien, welche bis 1991 eine Teilrepublik der „Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien“ war und eine starke albanische Minderheit (Bevölkerungsanteil rund 25 Prozent) hat. Allerdings spricht die Republik Makedonien nicht von Minderheiten, sondern von ethnischen Gemeinschaften. Dabei wird zwischen ethnischen Gemeinschaften unterschieden, welche die Bevölkerungsmehrheit bilden und welche nicht die Bevölkerungsmehrheit bilden.
Lettland wird eine wichtige Brückenfunktion zwischen Ost und West einnehmen. So wird der Schwerpunkt der lettischen EU-Präsidentschaft auch die Krise in der Ukraine und das Verhältnis der EU zur Russischen Föderation beinhalten. Ziel ist es diese Krise zu überwinden und das angespannte Verhältnis zur Russischen Föderation zu verbessern. In dieser Hinsicht kann auch die serbische Präsidentschaft der „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (OSZE) hilfreich sein. Mit der Republik Serbien, welche seit dem 01.01.2015 die OSZE-Präsidentschaft für ein Jahr inne hat, führt die EU Beitrittsgespräche. Serbien hat allerdings auch ein gutes Verhältnis zu Russland, achtet die territoriale Integrität der Ukraine und beteiligt sich nicht an den Sanktionen des Westens gegenüber Russland.
Es gibt Bestrebungen die Europäische Union aktiver an einer Lösungsfindung im sogenannten Namensstreit zwischen der Republik Makedonien und dem EU-Mitglied Griechenland zu beteiligen. Die bisherigen offiziellen Gespräche zur Überwindung des sogenannten Namensstreits im Rahmen der Vereinten Nationen (UN) verlaufen seit rund 20 Jahren erfolglos. Wie im Falle des Kosovos und von Bosnien und Herzegowina könnte die EU auch im Falle der Republik Makedonien eine offizielle Rolle bei der Überwindung des sogenannten Namensstreits übernehmen. Im Falle des kosovarisch-serbischen Verhältnisses konnten wahrnehmbare Erfolge und eine gewisse Normalisierung der bilateralen Beziehungen zwischen dem Kosovo und Serbien erzielt werden. Für das serbische Nationalempfinden ist das Kosovo vergleichbar wichtig wie für das griechische Nationalempfinden „Makedonien“ wichtig ist. Allerdings gelingt es Serbien immer mehr bestehende Realitäten anzuerkennen und sich mit der neue Situation zu engagieren. Das ist im Falle Griechenlands bisher nicht so, könnte jedoch mit Hilfe der EU herbeigeführt werden.
Nach den Wahlen in Griechenland am 25.01.2015 könnte es eine neue Regierung in Griechenland geben, welche vom Bündnis der Radikalen Linken SYRIZA angeführt würde. Zwar ist keine grundsätzliche Änderung der griechischen Haltung gegenüber der Republik Makedonien zu erwarten, doch könnte sich das makedonisch-griechische bilaterale Verhältnis deutlich verbessern. So könnten ggf. die Beitrittsgespräche zwischen der EU und der Republik Makedonien zumindest begonnen werden. Parallel dazu könnten auch im Rahmen der EU Gespräche zwischen Griechenland und der Republik Makedonien zur Überwindung des sogenannten Namensstreits stattfinden. Bisher wurde der Beginn von EU-Beitrittsgespräche von Griechenland blockiert und ihr Beginn von einer Lösung des sogenannten Namensstreits abhängig gemacht. Auch Gesprächen im Rahmen der EU erteilte Griechenland bisher eine Absage und erachtete sie Gespräche im Rahmen der UN als ausreichend an. Allerdings ist mit Andonis Samaras bisher auch ein Hardliner bezüglich der Namensfrage der Republik Makedonien Ministerpräsident Griechenlands. Dies könnte sich bei einem Wahlerfolg der Linken in Griechenland ändern.
Das Jahr 2015 hält zumindest Chancen für die Republik Makedonien bezüglich ihrer weiteren Integration in die EU bereit. Das Jahr 2015 beinhaltet auch den 20. Jahrestag des Interimsabkommens zwischen Griechenland und der Republik Makedonien vom 13.09.1995. Ein weiterer guter Grund die europäische Integration der Republik Makedonien voranzutreiben und den sogenannten Namensstreit zu überwinden.