Der Europäische Rat, die Versammlung der Staats- und der Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten, hatte im März 2020 den Start von EU-Beitrittsgesprächen mit Albanien und Nord-Makedonien beschlossen. Bulgarien blockiert den Beginn dieser Gespräche mit Nord-Makedonien jedoch aus national-politischen Gründen. Aus bulgarischer Sicht seien die ethnischen Makedonier historisch gesehen Teil der bulgarischen Kulturnation und ihre Sprache ein bulgarischer Dialekt. Die Republik Nord-Makedonien soll diese bulgarische Auffassung anerkennen. Das lehnt die Republik Nord-Makedonien ab. Für sie gibt es zwar Schnittmengen mit der bulgarischen Geschichte und Kultur, jedoch ist sie kein Teil davon. Albanien ist davon mitbetroffen, da der Beginn ihrer EU-Beitrittsgespräche an die EU-Beitrittsgespräche mit der Republik Nord-Makedonien gekoppelt ist.
Der für die Erweiterung der Europäischen Union (EU) zuständige Kommissar Olivér Várhelyi hat nun eine Diskussion darüber losgetreten, ob die EU bei anhaltender Blockade der Beitrittsverhandlungen mit Nord-Makedonien durch Bulgarien zunächst nur EU-Beitrittsgespräche mit dem Kandidatenland Albanien aufnehmen soll, bis es eine Lösung im Streit zwischen Bulgarien und Nord-Makedonien gibt. Das wird von der Führung der EU und der großen Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten abgelehnt. Dabei wird vor allem auf die großen politischen Reformschritte in der Republik Nord-Makedonien verwiesen, welche Vorbildfunktion auf dem Balkan haben.
In Bulgarien war nach den Parlamentswahlen vom 04. April 2021 die Regierungsbildung gescheitert, da keine Mehrheiten im Parlament für eine Regierung zustande kamen. Deshalb wird in Bulgarien am 11. Juli 2021 wieder eine Parlamentswahl stattfinden. Eine Lösungsfindung im Kulturstreit zwischen Bulgarien und Nord-Makedonien dürfte in dieser Phase eher unwahrscheinlich sein. Ein geplanter Beginn der EU-Beitrittsgespräche mit Albanien und Nord-Makedonien im Juni 2021 dürfte daher wohl nicht zu realisieren sein.