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Offene Fragen zur Regierungsbildung in der Republik Makedonien

Die Regierungsbildung in der Republik Makedonien ist vor der dem Hintergrund der aktuellen Situation verfassungsrechtlich weiterhin umstritten. Zoran Zaev kündigte die Wahl einer neuen Regierung im Rahmen der Verfassung an. Wie diese aussehen soll dürfte hingegen noch unklar sein. Die Verfassung regelt in Artikel 90 nur, dass der Staatspräsident verpflichtet ist, binnen von 10 Tagen nach der Konstituierung des Parlaments einen Bewerber der Partei bzw. der Parteien, welche die Mehrheit im Parlament errungen haben, mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Dies muss nicht zwingend die stimmenstärkste Partei seien, wenn mehrere Parteien augenscheinlich eine Mehrheit zusammen errungen haben und bereit sind die Regierung zu bilden.

 

Zunächst ging die Beauftragung von Staatspräsident Gjorge Ivanov an den Vorsitzenden der stimmenstärksten Partei IMRO-DPMNE (VMRO-DPMNE), Nikola Gruevski. Diese Partei hat 51 von 120 Sitzen im Parlament erreicht und damit noch keine ausreichende Mehrheit. Eine ausreichende Mehrheit hätte sie zusammen mit ihrem bisherigen Koalitionspartner DUI (albanisch: BDI), welche auf 10 Parlamentssitze kam. Zusammen hätten sie knapp die notwendige Regierungsmehrheit von 61 Sitzen im Parlament. Allerdings scheiterten die Gespräche zur Bildung einer Koalition. Die VMRO-DPMNE wollte den Forderungen der DUI nach mehr Rechte für die Angehörigen der albanischen Gemeinschaft nicht stattgegeben. Für den Fall, dass die oder der Beauftragte mit der Regierungsbildung scheitert, gibt es keine konkreten Regelungen in der Verfassung für das weitere Vorgehen. Allerdings müsste nach herrschender juristischer Auffassung die nächst aussichtsreichste Bewerberin oder der nächst aussichtsreichste Bewerber mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Dies gelte besonders in den Fällen, in denen eine Bewerberin oder ein Bewerber eine Mehrheit zur Bildung einer Regierung im Parlament nachweislich auf sich vereint.

 

Eine nachweisliche Mehrheit von 67 Sitzen zur Regierungsbildung hätte der SDSM zusammen mit drei Parteien der albanischen Gemeinschaft (DUI bzw. BDI, BESA und Allianz der Albaner). Der SDSM war bereit den Forderungen der Parteien der albanischen Gemeinschaft, insbesondere nach Albanisch als zweite uneingeschränkte Amtssprache, nachzukommen. Dies sah der makedonische Staatspräsident jedoch als Gefährdung der Einheit und der Souveränität der Republik Makedonien an und weigerte sich den Auftrag zur Regierungsbildung an Zoran Zaev zu vergeben. Tatsächlich war Staatspräsident Gjorge Ivanov jedoch der Präsidentschaftskandidat der VMRO-DPMNE und dürfte daher ein Interesse haben, den Machtwechsel von der VMRO-DPMNE zum SDSM zu verhindern. Einigen hochrangigen Politikern der VMRO-DPMNE, darunter auch Nikola Gruevski, drohen Strafverfahren wegen Verbrechen. Die Ahndung dieser Verbrechen wäre bei einem Machtwechsel von der VMRO-DPMNE zur SDSM deutlich wahrscheinlicher, was nicht im Interesse der Betroffenen liegen dürfte. Des Weiteren dürfte die Begründung nach einer Gefährdung des Staates durch die geplante Regierung unter Zoran Zaev und aufgrund von mehr Rechten für die Angehörigen der albanischen Gemeinschaft nicht schlüssig sein. Vielmehr untergräbt der Staatspräsident das verfassungsrechtlich hoch verankerte Demokratieprinzip und treibt durch sein Verhalten die Spaltung der Gesellschaft mit voran. Hinzu kommt die Instrumentalisierung der inner-ethnischen Frage durch die VMRO-DPMNE.

 

Die Lösung des gordischen Verfassungsknotens um die Regierungsbildung bleibt dennoch offen. Auf der einen Seite wäre der Staatspräsident nach vorherrschender juristischer Auffassung verpflichtet Zoran Zaev mit der Regierungsbildung zu beauftragen, da ihm nach Artikel 90 der Verfassung kein Ermessensspielraum in dieser Frage zusteht. Auf der anderen Seite setzt die Bildung und Wahl einer Regierung gemäß Artikel 90 die Beauftragung durch den Staatspräsidenten voraus. Es bleibt also vorläufig offen, wie der Verfassungskonflikt ausgeht. Auch eine mögliche Entscheidung des Verfassungsgerichts in dieser Frage wäre umstritten, da es als nicht ausreichend politisch neutral und als von der VMRO-DPMNE beeinflusst gilt.