Eine Lösung der politischen Krise in der Republik Makedonien ist möglich und wahrscheinlicher geworden. Sie hängt in erster Linie vom guten Willen der verantwortlichen Parteien und Politiker ab. Seit Tagen verhandeln die Vertreter der bisherigen Regierungsparteien VMRO-DPMNE und DUI (albanisch: BDI) sowie der Oppositionsparteien SDSM und DPA (albanisch: DPSH) unter Beteiligung des EU-Botschafters Aivo Orav und des US-Botschafters Jess Baily in Skopje.
Der Wahltermin am 05. Juni 2016 dürfte nicht mehr gehalten werden können und wird wahrscheinlich in den Herbst 2016 vorschoben. Zuletzt hat selbst der kleinere Koalitionspartner der VMRO-DPMNE, die DUI, eine Wahl ohne Beteiligung der Opposition für sinnlos gehalten und daher abgelehnt. Die VMRO-DPMNE stand allein da und dürfte einer Verschiebung des Wahltermins zustimmen. Doch mit regelmäßigen Verschiebungen des Wahltermins ist es nicht getan. Jetzt müssen auch die Voraussetzungen für faire Wahlen geschaffen werden. Dazu müssen das Wählerverzeichnis reformiert sowie die Unabhängigkeit der Medien und von anderen staatlichen Institutionen wieder hergestellt werden. In Detailfragen gibt es allerdings Differenzen zwischen den Parteien. So zum Beispiel in der Frage, in welcher Form die Wählerinnen und Wähler in der Diaspora registriert werden sollen.
Ein großes Problem bleiben weiterhin auch die umstrittenen Begnadigungen von Akteuren der Abhör- und Korruptionsaffäre durch Staatspräsident Gjorge Ivanov. Hier wird sowohl von der internationalen Gemeinschaft als auch von Teilen der makedonischen Gesellschaft und der Politik die vollständige Rücknahme der Begnadigungen gefordert. Auch hier ist die Form der möglichen Rücknahme der Begnadigungen umstritten. Die VMRO-DPMNE will, dass die 54 begnadigten Personen den Präsidenten auf individueller Ebene auffordern können, die Amnestie zurückzunehmen. Zaev verlangt jedoch eine vollständige Rücknahme der Begnadigungen. Allerdings dürften die Begnadigungen ohnehin aufgrund formeller Mängel rechtswidrig oder unwirksam sein. Hier könnte auch das Verfassungsgericht der Republik Makedonien letztendlich entscheiden. Doch auch das Verfassungsgericht soll unter dem Einfluss der Regierung stehen, traf bereits umstrittene Entscheidungen und genießt daher nur ein eingeschränktes Vertrauen.
Ein wichtiger Faktor bleibt auch die Aufklärung von möglichen Verbrechen durch staatliche Funktionsträger. Hier muss die zuständige Sonderstaatsanwaltschaft uneingeschränkt ermitteln können und von allen Beteiligten unterstützt werden. Des Weiteren muss ebenfalls eine tragfähige und wirksame Vereinbarung her.
Zum jetzigen Zeitpunkt befindet sich die Republik Makedonien in keiner guten Verfassung. Sie hat sich signifikant von einem funktionierenden demokratischen und rechtsstaatlichen System entfernt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Hinzu kommen wirtschaftliche Probleme sowie der durch Griechenland blockierte Weg in die Europäische Union (EU) und NATO.