Im Konflikt um den aufgrund des griechisch-türkischen Gegensatzes seit 1974 geteilten Inselstaat Zypern kommt Bewegung. Diese Annäherung ist dem Präsidenten der „Republik Zypern“ (faktisch griechischer Teil und formell ganz Zypern) Nikos Anastasiades und dem im April 2015 gewählten Präsidenten der völkerrechtlich nicht anerkannten „Türkische Republik Nordzypern“ Mustafa Akinci zu verdanken. Beide sind moderat, können gut miteinander und streben eine Überwindung der Teilung an.
Aus diesem Grund verzeichnet Zypern rege Besuche der Außenminister aus China, Deutschland, Russland und den USA. Selbst der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu lobte die konstruktive Haltung des griechisch-zyprischen Präsidenten Anastasiades. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu und der Präsident der Republik Zypern standen bei einem Gruppenfoto im Rahmen des Flüchtlings-Sondergipfel der Europäischen Union (EU) sogar einträchtig und freundlich lächelnd nebeneinander. Bisher bestehen keine völkerrechtlichen Beziehungen zwischen der Türkei und der Republik Zypern. Allerdings wird die Türkei bei der Lösung des Zypern-Konfliktes eine wichtige Rolle spielen. Völkerrechtlich betrachtet gilt der faktisch bestehende türkisch-zypriotische Staat als durch die Türkei besetztes Territorium der Republik Zypern, welche auf der gesamten Insel besteht. Die Türkei hat dort 35.000 Soldaten stationiert, deren Schicksal im Rahmen einer Verständigung auch geklärt werden muss.
Die Lösung selbst muss jedoch zwischen den griechischen und türkische Zyprioten bzw. Zyprern ausgehandelt werden. Ein aufgezwungenes Lösungsmodell würde scheitern, wie eine von den Vereinten Nationen (UN) maßgeblich beeinflusste Lösung kurz vor dem EU-Beitritt Zyperns im Mai 2004 gescheitert ist. In getrennten Volksabstimmungen am 24. April 2004 wurde es von den griechischen Zyprioten abgelehnt, von den türkischen Zyprioten jedoch angenommen. Seitdem stagnierten die Verhandlungen zur Überwindung der Teilung, auch wenn es zwischendurch immer wieder verstärkte Bemühungen gab. Eine Lösung des Zypern-Konfliktes wäre für alle Beteiligten gut. Strategisch ist die Insel wichtig, das Vereinigte Königreich unterhält dort zwei Militärstützpunkte. Die türkischen Zyprioten würde ihre politische und wirtschaftliche Isolation überwinden und alle Zyprioten würden zusätzliche EU-Hilfen zum Ausbau der Infrastruktur erhalten. Vor allem würde der griechisch-türkische Gegensatz abgebaut, der Griechenland und die Türkei zeitweise an den Rand eines Krieges brachte. Letztendlich würde sich die Lösung stabilisierend auf die Region auswirken und die Türkei einer möglichen EU-Mitgliedschaft noch näher bringen.
Es sind zwar beachtliche Fortschritte erzielt worden, doch noch sind die Verhandlungen nicht am Ziel. Bestehende Streitpunkte sind das Schicksal der türkischen Truppen auf Zypern, das Ausmaß an Selbstverwaltung der beiden Volksgruppen bzw. ihrer Teilstaaten und die Kompetenzen des Gesamtstaates. Kompliziert bleiben auch die Entschädigungsfragen von innerhalb der Insel Zyperns Vertriebene. Allerdings sind alle Beteiligten optimistisch, dass auch die komplizierten Streitpunkte geklärt werden können. Letztendlich ist der Gewinn aufgrund der Überwindung des Zypern-Konfliktes ungleich größer und es kann berechtigt darauf gehofft werden, dass im Jahr 2016 eine Lösung greifbar wird. Sobald eine Lösung erreicht wird, dürften in getrennten Volksabstimmungen die griechischen und türkischen Zyprioten das letzte Wort darüber haben. Bei Annahme der Lösung berät und entscheidet noch der UN-Sicherheitsrat darüber. Daher ist der Besuch der Außenminister von drei ständigen Mitgliedern im UN-Sicherheitsrat ein Indiz dafür, dass eine Lösung wohl wahrscheinlicher geworden ist.
Zusätzliche Informationen zum Zypern-Konflikt finden sich unter folgenden Link: http://pelagon.de/?p=4809