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Das Konfliktlösungs- und Gesellschaftsmodell der Republik Makedonien könnte ein Modell für die Ukraine sein

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Zwischen Januar und August 2001 kam es in der Republik Makedonien zu einem bewaffneten Konflikt zwischen der makedonischen Staatsgewalt bzw. Angehörigen der ethnischen bzw. slawischen Makedonier und Angehörigen der albanischen Volksgruppe (albanischen Makedonier). Die albanischen Makedonier betrachten sich aufgrund ihres Anteils von rund 25 Prozent an der makedonischen Gesamtbevölkerung nicht als Minderheit in der Republik Makedonien. Ihre Forderungen reichten von mehr kultureller Eigenständigkeit und Anerkennung als konstitutive Volksgruppe über eine Föderalisierung der Republik Makedonien bis hin zur Abspaltung ihrer Siedlungsgebiete von der Republik Makedonien und Vereinigung mit dem Kosovo bzw. mit Albanien. Der Konflikt wurde im Wesentlich durch Vermittlung der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und der Europäischen Union (EU) beigelegt. Die Republik Makedonien, vertreten durch den damaligen makedonischen Staatspräsidenten Boris Trajkovski, die zwei größten politischen Parteien der ethnischen bzw. slawischen Makedonier und die zwei größten politischen Parteien der albanischen Makedonier einigten sich im am 13.08.2001 unterzeichneten Rahmenabkommen von Ohrid erfolgreich auf eine Beendigung des bewaffneten Konfliktes und auf eine Reformierung der staatlichen Organisation der Republik Makedonien zugunsten aller in ihr lebenden Ethnien.

In der Ukraine kam es im November 2013 zunächst zu Auseinandersetzungen zwischen dem ukrainischen Präsidenten bzw. der ukrainischen Regierung und der ukrainischen Opposition. Gegenstand dieser Auseinandersetzung war der weitere Weg der Ukraine in die Europäische Union (EU). Hintergrund war die Nichtunterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU durch Präsident Viktor Janukowitsch und die Regierung. Diese Auseinandersetzungen mündeten zunächst in gewaltsamen Protesten auf dem Unabhängigkeitsplatz Euromaidan in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Es kam zu Eskalationen zwischen der ukrainischen Staatsgewalt und Angehörigen der Opposition mit zahlreichen Toten und Verletzten. Das Scheitern eines unter Vermittlung von EU-Außenministern ausgehandelten Kompromisses zwischen dem Präsidenten bzw. der Regierung und der Opposition führte am 21./22.02.2014 zur Flucht und verfassungsrechtlich umstrittenen Absetzung von Präsident Viktor Janukowitsch. Der gescheiterte Kompromiss sah zunächst die Inkraftsetzung der ukrainischen Verfassung in der Fassung von 2003 vor, nach der der ukrainische Präsident weniger Kompetenzen gehabt hätte. Des Weiteren sah dieser eine Reform der Verfassung, die Einsetzung einer Übergangsregierung und die Abhaltung von vorgezogenen Präsidentenwahlen bis Dezember 2014 vor. Die Ukraine geriet daraufhin in eine schwere Staatskrise, da nicht alle Bürgerinnen und Bürger der Ukraine die neuen Machtverhältnisse anerkannten. In Folge dieser Auseinandersetzungen kam es zur völkerrechtswidrigen Abspaltung der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol vom ukrainischen Staat. Faktisch bzw. staatsrechtlich wurden die Krim und die Stadt Sewastopol daraufhin am 21.03.2014 als Föderationssubjekte in die Russische Föderation aufgenommen. Völkerrechtlich betrachtet gehören die Krim und Sewastopol weiterhin zur Ukraine und gelten als durch die Russische Föderation besetzte Territorien. Des Weiteren übernahmen in zwei Regionen (Donezk und Luhansk) im Südosten der Ukraine Gegner der neuen ukrainischen Regierung die Macht, welche ebenfalls die Abspaltung von der Ukraine anstreben. Dies führte zu einem Bürgerkrieg mit sehr vielen Opfern auf allen Seiten, der bis heute andauert.

Im ersten Teil des Artikels wird ausführlich auf die Entwicklung und Überwindung des Konfliktes in der Republik Makedonien eingegangen. Im zweiten Teil wird ausführlich die bisherige Entwicklung des Konfliktes in der Ukraine betrachtet und eine Lösung dieses Konfliktes nach Vorbild der Republik Makedonien vorgestellt.

Hintergrund Republik Makedonien
Die makedonische Staatsnation besteht nach einer Volkszählung aus dem Jahr 2002 zu 64,2 % aus ethnischen bzw. slawischen Makedoniern, zu 25,2 % aus albanischen Makedoniern (ethnischen Albanern bzw. Angehörige der albanischen Gemeinschaft in der Republik Makedonien) und zu 10,6 % aus weiteren Nationalitäten (Türken: 3,9 %, Roma: 2,6 %, Serben: 1,8 % und Sonstige: 2,3 %). Nach Auffassung der ethnischen bzw. slawischen Makedonier bilden die albanischen Makedonier eine große Minderheit in der Republik Makedonien, die über entsprechende Minderheitenrechte, nicht jedoch über weitergehende Rechte verfügen sollte. Nach Auffassung der albanischen Makedonier bilden die ethnischen Albaner nicht nur eine Minderheit in der Republik Makedonien, sondern sind ebenso wie die ethnischen bzw. slawischen Makedonier als konstitutive Volksgruppe mit entsprechend weitergehenden Rechten anzuerkennen. Damit verbunden wären zum Beispiel die Anerkennung der albanischen neben der makedonischen Sprache als zusätzliche Staatssprache, das Recht auf Unterricht in albanischer Sprache und das Recht auf eigene Universitäten (hier sei exemplarisch die Universität von Tetovo genannt) mit entsprechenden eigenständigen Lehrplänen in albanischer Sprache. Auch wenn seit der Unabhängigkeit der Republik Makedonien an jeder makedonischen Regierung eine albanisch-makedonische Partei beteiligt war und ist und auch wenn die albanischen Makedonier nicht grundsätzlich von staatlicher Seite, wie etwa im Kosovo, unterdrückt wurden oder werden: Der staatsrechtliche Status der albanischen Makedonier innerhalb der Republik Makedonien (Minderheit mit Minderheitenrechten oder konstitutive Volksgruppe mit entsprechend weitergehenden Rechten) blieb der grundsätzliche Streitgegenstand zwischen den ethnischen bzw. slawischen Makedoniern und den albanischen Makedoniern. Hinzu kam und kommt, dass es in der alltäglichen Praxis eine wahrnehmbare Differenz zwischen der verfassungsrechtlichen Theorie und der politischen Praxis gibt. All dies führte zu Spannungen, die Ende 2000 in einen bewaffneten Konflikt mündeten.

Der Aufstand der albanischen Makedonier im Jahr 2001
Vorreiter des Aufstandes der albanischen Makedonier in der Republik Makedonien im Jahr 2001 war der bewaffnete Kampf der albanischen Kosovaren in der bis dahin serbischen Provinz Kosovo in den Jahren 1997 und 1998 gegen die serbischen Oberhoheit. Die albanisch-kosovarische Befreiungsbewegung „Ushtria Clirimtare Kombetare“ (UCK) führte einen Krieg gegen die serbischen Sicherheitskräfte und die Armee der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) im Kosovo. Vorausgegangen war eine systematische Unterdrückung der albanischen Kosovaren, die zirka 90 % der Einwohner des Kosovo stellen, durch serbische Behörden und Sicherheitskräften seit der Aufhebung der Autonomie des Kosovo innerhalb der Republik Serbien in den Jahren 1989 bis 1991. Von 1989 bis 1996 erfolgte der Protest im Kosovo weitgehend friedlich und passiv. Leitfigur dieses friedlichen Widerstands war Ibrahim Rugova, der auch erster Präsident des Kosovo wurde. Im Jahr 1997 wurde dieser friedliche und passive Widerstand von einem bewaffneten Konflikt zwischen der albanisch-kosovarischen Befreiungsarmee UCK sowie den serbischen und den jugoslawischen Sicherheitskräften überlagert. Im Verlauf dieses bewaffneten Konfliktes übernahm die UCK ein Dorf nach dem anderen und etablierte sich zunehmend in den neugewonnenen Gebieten. Dabei wurden die nicht-albanischen Kosovaren aus ihrer Heimat vertrieben, wie im umgekehrten Fall die nicht-serbischen Kosovaren durch serbische Sicherheitskräfte vertrieben wurden. Nach zum Teil erfolglosen Verhandlungen zwischen albanisch-kosovarischen Vertretern und Vertretern der Republik Serbien im Schloss Rambouillet im Februar 1999 und auf einer Nachfolgekonferenz im März 1999 startete die NATO Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, da der bewaffnete Konflikt nicht aufhörte. Diese Luftangriffe waren völkerrechtlich umstritten, da ein entsprechendes Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen fehlte und auch kein Angriff von Seiten der Bundesrepublik Jugoslawien auf ein NATO-Mitglied erfolgte. Somit konnte auch kein NATO-Bündnisfall (Selbstverteidigung aufgrund eines Angriffes von außen) geltend gemacht werden. Vielmehr wurde der NATO-Angriff als humanitäre Intervention gerechtfertig. Unter dem Druck der NATO-Luftangriffe lenkte die Bundesrepublik Jugoslawien bzw. die Republik Serbien ein und das Kosovo kam am 10.06.1999 unter die vorläufige Verwaltung der Vereinten Nationen. Am 17.02.2008 erklärte sich das Kosovo einseitig für Unabhängig, dies ist völkerrechtlich bis heute umstritten. Die ersten Übergriffe von ethnischen Albanern im Grenzgebiet zwischen dem Kosovo und der Republik Makedonien starteten gegen Ende des Jahres 2000. Dabei gingen die Rebellen genauso vor wie im Kosovo und so nahm im Januar 2001 die UCK auch in der Republik Makedonien den bewaffneten Kampf auf. Hauptsächliche Ziele waren dabei zunächst die abgelegenen Polizei- und Grenzposten in der gebirgigen Grenzregion zum Kosovo und zu Serbien, wofür die UCK im Januar 2001 auch offiziell die Verantwortung übernahm. Angeführt wurde die makedonische UCK unter anderem von Ali Ahmeti (heute Politiker der albanisch-makedonischen DUI) und seinem Onkel Fazli Veliu, die aus dem Westen der Republik Makedonien stammen. Zunächst hielten sich die makedonischen Behörden noch zurück, doch ein Angriff der UCK auf Tetovo zirka zwei Monate später führte auch auf makedonischer Seite zu einer Mobilisierung ihrer Sicherheitskräfte. Von den zwei großen albanisch-makedonischen Parteien erhielt die UCK keinerlei Unterstützung, für die Regierung der Republik Makedonien waren die Rebellen Mitglieder der kosovarischen UCK, die von Seiten des Kosovo auf makedonisches Gebiet eindrangen. Sicher war jedoch, dass das Kosovo ein strategisches Rückzugsgebiet der makedonischen UCK vor den makedonischen Sicherheitskräften war. Als Ende April 2001 acht Angehörige der makedonischen Sicherheitskräfte von Mitgliedern der UCK getötet wurden, gingen ethnische bzw. slawische Makedonier in Bitola, Prilep und Skopje auf die Straße und zerstörten Häuser und Geschäfte der albanischen Makedonier sowie Moscheen. Nach der Tötung von makedonischen Zivilisten griffen ethnische bzw. slawische Makedonier ihrerseits zu den Waffen und attackierten Dörfer der albanischen Makedonier. Internationaler Druck und die Bereitschaft zu Kompromissen bei den Konfliktparteien führten in der Mitte des Jahres 2001 zu einem Waffenstillstand, der weitgehend eingehalten wurde. Nur noch vereinzelt kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Auch war der Rückhalt für einen bewaffneten Konflikt bei den albanischen Makedoniern deutlich geringer als bei den albanischen Kosovaren im Kosovo, so dass der Wunsch nach einer friedlichen Lösung in der Bevölkerung überwog. Verhandlungen zwischen den Konfliktpartien unter internationaler Vermittlung führten schließlich zum Rahmenabkommen von Ohrid im August 2001.

Das Rahmenabkommen von Ohrid
Auf Druck und unter Vermittlung der Europäischen Union (EU) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) nahmen die zwei größten Parteien der ethnischen bzw. slawischen Makedonier sowie die zwei größten Parteien der albanischen Makedonier Gespräche zur Lösung des ethnischen Konfliktes auf. Auf Seiten der ethnischen bzw. slawischen Makedonier waren dies die „Innere Makedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für die makedonische nationale Einheit“ (Vnatrešna Makedonska Revolucionerna Organizacija – Demokratska Partija za Makedonsko Nacionalno Edinstvo / VMRO-DPMNE) unter der Führung von Ljubčo Georgijevski sowie die „Sozialdemokratische Union Makedoniens“ (Socialdemokratski Sojuz na Makedonija / SDSM) unter der Führung von Branko Crvenkovski. Auf Seiten der albanischen Makedonier waren dies die „Demokratische Partei Albaniens“ (DPA) unter der Führung von Arben Xhaferi sowie die „Partei der demokratische Prosperität“ (Partija za Demokratski Prosperitet / PDP bzw. Partie e Prosperitetit Demoktatik) unter der Führung von Imer Imeri. Spezieller Repräsentanten der EU und der USA waren Francois Lëotard und James W. Pardew. Für die Republik Makedonien nahm der damalige Präsident Boris Trajkovski an den Gesprächen teil. Alle oben genannten Vertreter unterzeichneten am 13.08.2001 in Ohrid das Rahmenabkommen, dass zunächst eine reine politische Absichtserklärung war und erst noch staatsrechtlich umgesetzt werden musste. Umgesetzt wurde dieses Rahmenabkommen durch eine umfangreiche Änderung der Verfassung der Republik Makedonien sowie dem Erlass von entsprechenden Gesetzen. Das Rahmenabkommen von Ohrid besteht aus einer Rahmenvereinbarung sowie drei Anhängen. In der Rahmenvereinbarung, die aus 9 Abschnitten besteht, werden die Grundsätze der Übereinkunft festgelegt. Demnach ist die Souveränität und die territoriale Integrität der Republik Makedonien sowie ihr Charakter als multi-ethnischer Staat zu wahren. Alle Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien müssen unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft ihre in der Verfassung festgelegten Rechte gemessen an internationalen Standards wahrnehmen können. Auf lokaler Ebene müssen die Bürgerinnen und Bürger der Republik Makedonien ihre demokratischen Rechte in Form einer lokalen Selbstverwaltung wahrnehmen und verwirklichen können. Das Ende der Gegnerschaft zwischen den ethnischen bzw. slawischen Makedoniern und den albanischen Makedoniern sowie das Ende des bewaffneten Konfliktes werden ebenso definiert wie die Grundsätze der Dezentralisierung der staatlichen Verwaltung. Angehörige der albanischen Makedonier und anderer Nationalitäten (Minderheiten) müssen ihrem Anteil entsprechend angemessen in staatlichen Institutionen und ohne Diskriminierung repräsentiert werden. Spezielle parlamentarische Prozeduren sollen die Rechte der albanischen Makedonier und der anderen Nationalitäten besonders schützen. So ist bei bestimmten parlamentarischen Entscheidungen, die die Rechte der albanischen Makedonier und der anderen Minderheiten betreffen, sowohl eine normale parlamentarische Mehrheit als auch eine Mehrheit unter den Abgeordneten der albanischen Makedonier und der anderen Minderheiten notwendig (Prinzip der doppelten Mehrheit). Grundsätzliche Festlegungen zur Verwendung der Sprachen und der Symbole der albanischen Makedonier sowie der anderen Minderheiten zusätzlich zur makedonischen Sprache und zu den makedonischen Symbolen runden die Rahmenvereinbarung ab. Die letzten beiden Abschnitte des Rahmenabkommens von Ohrid regeln die weitere Implementierung und Konkretisierung dieser Rahmenvereinbarung. Die Konkretisierung der Rahmenvereinbarung erfolgt in den Anhängen A, B und C, die fester und vollwertiger Bestandteil dieser sind. Im Anhang A zum Rahmenabkommen von Ohrid werden die notwendigen Änderungen der Verfassung der Republik Makedonien zur Umsetzung der Vereinbarung genau festgelegt. Sie betrafen die Präambel sowie die Artikel 7, 8, 19, 48, 56, 69, 77, 78, 84, 86, 104, 109, 114, 115 und 131 der Verfassung der Republik Makedonien. Diese umfangreichste Änderung der Verfassung der Republik Makedonien erfolgte größtenteils im Rahmen der dritten Verfassungsnovellierung vom 20.11.2001. Statt von Nation und Nationalitäten (Minderheiten) wird in der Verfassung jetzt von ethnischen Gemeinschaften gesprochen. Die makedonische Gemeinschaft besteht dabei aus den Angehörigen der Bevölkerungsmehrheit. Die albanische Gemeinschaft und die anderen ethnischen Gemeinschaften bestehen aus Bürgerinnen und Bürgern, welche nicht der Bevölkerungsmehrheit angehören. Verfassungsrechtlich erweitert und neu geregelt wurden dabei vor allem die Rechte der ethnischen Gemeinschaften, welche nicht der Bevölkerungsmehrheit angehören. Im Anhang B zum Rahmenabkommen werden die notwendigen gesetzlichen Modifikationen zur Umsetzung der Vereinbarung definiert. So musste vor allem die lokale Selbstverwaltung innerhalb der Republik Makedonien unter der besonderen staatsrechtlichen Berücksichtung der albanischen Makedonier sowie der anderen Minderheiten neu geregelt werden. Dazu wurden die Grenzen der kommunalen Gebietskörperschaften unter ethnischen Gesichtspunkten neu gezogen und die Selbstverwaltungsrechte auf lokaler Ebene gestärkt. Kommunale Gebietskörperschaften, mit einem bestimmten Anteil von albanischen Makedoniern oder anderer Minderheiten, erhielten erhöhte Autonomierechte. Diese Autonomie betrifft vor allem die Verwendung der albanischen Sprache oder der Sprache einer Minderheit bei der staatlichen Verwaltung, insbesondere bei den Behörden und öffentlichen Einrichtungen. Ab einem bestimmten Anteil von albanischen Makedoniern oder anderen Minderheiten an der Gesamtbevölkerung innerhalb einer kommunalen Gebietskörperschaft darf die albanische Sprache sowie die entsprechende Sprache einer Minderheit neben der makedonischen Staatssprache als weitere Amtssprache verwendet werden. In der Verfassung der Republik Makedonien wurde hierfür ein notwendiges Quorum von 20 % festgelegt, welches grundsätzlich nur von den albanischen Makedoniern erreicht wird. Diese Regelung gilt auch auf der nationalen Ebene der Republik Makedonien, so dass auch auf Ebene der Republik die albanische Sprache als Amtssprache verwendet werden kann. Zu der Dezentralisierung der staatlichen Verwaltung und der Übertragung von staatlichen Kompetenzen auf die lokalen Selbstverwaltungskörperschaften gehören auch eine höhere Finanzautonomie sowie ein klar definierter Anteil von Angehörigen der albanischen Makedonier und der anderen Minderheiten an der staatlichen und lokale Verwaltung. Das betrifft alle öffentlichen Einrichtungen auf staatlicher und kommunaler Ebene. So muss zum Beispiel bei den staatlichen oder kommunalen Behörden, bei der Polizei oder bei den Offizieren der makedonischen Streitkräfte immer ein bestimmter Anteil von den albanischen Makedoniern und den anderen Minderheiten gestellt werden. Die albanischen Makedonier und die anderen Minderheiten müssen bei allen Stellenbesetzungen im öffentlichen Bereich mit einem genau festgelegten Anteil berücksichtigt werden. Auch die Wahlbezirke innerhalb der Republik Makedonien wurden entsprechend neu eingeteilt, um eine angemessene Repräsentation der albanischen Makedonier und der anderen Minderheiten im makedonischen Parlament zu ermöglichen. Im Anhang C zum Rahmenabkommen sind Einzelheiten zur Implementierung der Vereinbarung sowie vertrauensbildende Maßnahmen festgelegt worden.

Hintergrund Ukraine
Die ukrainische Staatsnation besteht nach einer Volkszählung aus dem Jahr 2001 zu 78 % aus ethnischen Ukrainern, zu 17 % aus ethnischen Russen und zu 5 % aus weiteren Nationalitäten (unter anderem: 0,6 % Weißrussen, 0,5 % Krimtartaren und 0,1 % Deutsche). Wie im Falle der Republik Makedonien ragen zwei Volksgruppen heraus: Die ethnischen Ukrainer und die ethnischen Russen. Allerdings besteht im Gegensatz zu den ethnischen bzw. slawischen Makedoniern und den ethnischen Albanern eine engere kulturelle und sprachliche Verwandtschaft zwischen Ukrainern und Russen. Viele Ukrainer sprechen auch die russische Sprache, während im Falle der Republik Makedonien nur wenige ethnische bzw. slawische Makedonier auch die albanische Sprache sprechen. Die Sprache ist also im Falle der Ukraine kein ethnisches Abgrenzungskriterium, da es neben ethnischen Russen auch russischsprachige Ukrainer gibt. Im Falle der Republik Makedonien leben die ethnischen Albaner schwerpunktmäßig im Nordwesten dieses Staates. Im Falle der Ukrainer gibt es auch zwei regionale Schwerpunkte: Im Westen der Ukraine leben schwerpunktmäßig die ethnischen Ukrainer, die auch die ukrainische Sprache sprechen. Hingegen leben schwerpunktmäßig im Osten des Staates die russischsprachigen Ukrainer und die ethnischen Russen. Scharfe Grenzen zwischen der West- und Ost-Ukraine gibt es jedoch nicht. Selbstverständlich leben russischsprachige Ukrainer und ethnische Russen auch im Westen der Ukraine und ukrainischsprachige Ukrainer im Osten des Staates, doch ist die schwerpunktmäßige Verteilung deutlich erkennbar. Auch ist eine klare Abgrenzung zwischen einem russischsprachigen Ukrainer und einem ethnischen Russen schwierig. Es hängt überwiegend vom kulturellen Selbstverständnis der Angehörigen der ukrainischen Staatsnation ab, ob sie sich der ukrainischen oder der russischen Kulturnation zugehörig fühlen. Die pro-westliche Haltung der Angehörigen der ukrainischen Staatsnation ist im Westen der Ukraine wesentlich stärker ausgeprägt, als im Osten des Landes. Umgekehrt verhält es sich bei einer pro-russischen Haltung der ukrainischen Bevölkerung, welche im Osten der Ukraine wesentlich stärker ausgeprägt ist als im Westen des Landes. Allerdings sind auch in diesem Fall scharfe Abgrenzungen nicht möglich. Deutlich wird vor allem eine enge Verzahnung zwischen ethnischen Ukrainern und Russen in der Ukraine, die eine klare regionale Abgrenzung kaum möglich macht. Innerhalb der Gemeinschaft der ethnischen Russen gibt es unterschiedliche Auffassungen über deren Zukunft in der Ukraine. Verlässliche Zahlen über den genauen Anteil der verschiedenen staatsrechtlichen Ansichten der Bevölkerung zu bekommen ist während der Krise sehr schwierig, so dass nachfolgende Betrachtungen auf persönliche Einschätzungen beruhen, welche sich aus der internationalen Nachrichtenlage ergeben. Ein Großteil der ethnischen Russen in der Ukraine (nachfolgend: russische Ukrainer) möchte vor allem ihre kulturelle Eigenständigkeit wahren, unter völliger Gleichberechtigung mit den ethnischen Ukrainern. Entsprechend soll die russische Sprache neben der ukrainischen Sprache völlig gleichberechtigt sein. Viele russische Ukrainer fordern auf regionaler Ebene mehr Rechte für sich, was besonders durch mehr Eigenständigkeit der ukrainischen Regionen von der Zentralregierung in Kiew gewährleistet werden soll. Innerhalb dieser Forderung reicht die Spanne von mehr Dezentralisierung bis hin zur Föderalisierung des Staates. Als äußerstes Extrem gibt es die Forderung nach Abspaltung der von russischen Ukrainern besiedelten Gebiete von der Ukraine und von deren Beitritt in die Russische Föderation. Diese Forderungsspanne ist zunächst vergleichbar mit den Forderungen der albanischen Makedonier, wobei jedoch die Schwerpunkte innerhalb dieser Spanne bei beiden Vergleichsvolksgruppen unterschiedlich ausgeprägt sind.

Die Krise in der Ukraine
Auslöser der Krise, nicht jedoch deren alleinige Ursache, war die Nichtunterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union (EU) durch den ukrainischen Staatspräsidenten Viktor Janukowitsch und die damalige ukrainische Regierung im November 2013. Letztendlich lässt sich jedoch die Krise auf die divergierenden Interessen der verschiedenen politischen Eliten und von Teilen der ukrainischen Bevölkerung zurückführen. Dabei spielt auch das Verhältnis zur Russischen Föderation eine Rolle, wobei eine wirtschaftliche Abhängigkeit von Russland besteht. Allerdings sind auch große demokratische und rechtsstaatliche Defizite sowie Korruption und Machtmissbrauch mit ausschlaggebend. Zu diesem innerstaatlichen Konflikt kommt noch ein Konflikt über die außenpolitische Ausrichtung der Ukraine. Zwar gibt es einen mehrheitlichen Konsens bezüglich der europäischen Integration im Rahmen der EU, doch ist die ukrainische Gesellschaft wie oben beschrieben zwischen einer pro-westlichen oder pro-russischen Ausrichtung bzw. Haltung gespalten. Überlagert wird das Ganze wiederum von einem Konflikt zwischen der EU sowie den USA auf der einen und der Russischen Föderation auf der anderen Seite über die geopolitische Ausrichtung der Ukraine und um die Einflusssphären in Osteuropa. Nachdem am 21.11.2013 der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch und die ukrainische Regierung die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU vorläufig aussetzten, kam es zu Auseinandersetzungen zwischen dem Präsidenten bzw. der Regierung der Ukraine und der ukrainischen Opposition unter Führung von Vitali Klitschko. Die Opposition forderte den Rücktritt von Präsident Janukowitsch und die unverzügliche Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU. Die Auseinandersetzungen mündeten in gewaltsamen Protesten auf dem Unabhängigkeitsplatz Euromaidan in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Dabei kam es zu Eskalationen zwischen der Staatsgewalt und der Opposition, welche zahlreiche Todesopfer und Verletzte zur Folge hatten. Der Druck auf Präsident Janukowitsch und seine Regierung stieg immer mehr an. Aus einer politischen Krise war längst eine Staatskrise geworden. Am 21.02.2014 kam es durch Vermittlung von EU-Außenministern zu der Unterzeichnung einer Übereinkunft zwischen dem Präsidenten bzw. der Regierung und der Opposition. Diese Übereinkunft sah eine Reform der Verfassung, die Einsetzung einer Übergangsregierung und die Abhaltung von Präsidentenwahlen bis Dezember 2014 vor. Bis zum Abschluss der Verfassungsreformen sollte die Verfassung in der Fassung von 2003 wieder in Kraft gesetzt werden, nach der der ukrainische Präsident weniger Kompetenzen gehabt hätte. Dieser Kompromissvorschlag wurde jedoch von den Protestierenden auf dem Euromaidan abgelehnt. Infolgedessen floh Präsident Janukowitsch aus Kiew zunächst in den Osten der Ukraine und von dort aus in die Russische Föderation. Das ukrainische Parlament beschloss am 22.02.2014 die Absetzung von Präsident Janukowitsch und vorgezogene Präsidentenwahlen am 25.05.2014. Übergangsweise fungierte der ukrainische Parlamentspräsident Olexandr Turtschynow aufgrund eines entsprechenden Parlamentsbeschlusses bis zur Wahl und zum Amtsantritt eines neuen Präsidenten als Staatsoberhaupt. Die Absetzung von Präsident Janukowitsch ist bis heute zum Teil umstritten, da sie der Form nach nicht im Einklang mit der ukrainischen Verfassung war. Viktor Janukowitsch hat seine Wurzeln im Osten der Ukraine und neben einer durchaus auch vorhandenen pro-westlichen vor allem eine pro-russische Haltung. Entsprechend war und ist die Ukraine politisch gespalten zwischen Anhängern der Protestbewegung vom Euromaidan und den Anhängern von Präsident Janukowitsch. Erstere sind überwiegend pro-westlich ausgerichtet und schwerpunktmäßig im Westen der Ukraine lokalisiert, während letztere überwiegend pro-russisch ausgerichtet und schwerpunktmäßig im Osten des Landes lokalisiert sind. Aus der schweren Staatskrise wurde so ein bewaffneter Konflikt zwischen zwei politischen Gruppen bzw. zwei ethnischen Gemeinschaften in der Ukraine: den ethnischen Ukrainern und den ethnischen Russen. Besonders schwerwiegend waren die Folgen zunächst für die als „Autonome Republik“ zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim. Nach einer Volkszählung im Jahre 2001 besteht die Bevölkerung der Krim zu 58,5 % aus ethnischen Russen, zu 24,4 % aus ethnischen Ukrainern, zu 12,1 % aus Krimtataren und zu 5 % aus anderen Nationalitäten (davon gehören 1,5 % der weißrussischen Ethnie an). Auch auf der Krim kam es zur Durchbrechung der bisherigen Staatsgewalt. Bewaffnete Kräfte, zum Teil aus der Russischen Föderationen, besetzten staatliche Einrichtungen und übernahmen die Macht auf der Krim. Im Parlament der Autonomen Republik Krim setzten sich aufgrund dieser Machtverhältnisse die Befürworter einer Unabhängigkeit durch, die am 11.03.2014 die Unabhängigkeit der Krim und der Stadt Sewastopol als „Republik Krim“ von der Ukraine erklärten. Eine Volksabstimmung über den weiteren Verbleib in der Ukraine oder den Beitritt zur Russischen Föderation sollte zunächst am 25.05.2014 stattfinden, wurde jedoch auf dem 16.03.2014 vorgezogen. Auch wenn wahrscheinlich tatsächlich eine Mehrheit der Bevölkerung der Krim für den Anschluss an die Russische Föderation sein dürfte, entsprach die Volksabstimmung keinen demokratischen, rechtsstaatlichen und völkerrechtlichen Standards. Die Russische Föderation nahm die Krim und die Stadt Sewastopol am 21.03.2014 nach einem entsprechenden Antrag der völkerrechtlich nicht anerkannten „Republik Krim“ vom 18.03.2014 als Föderationssubjekte in die Russische Föderation auf. Völkerrechtlich betrachtet gehören die Krim und Sewastopol weiterhin zur Ukraine und gelten als russisch besetztes Territorium. Faktisch hat der ukrainische Staat die Kontrolle über die Krim und Sewastopol jedoch verloren. Fast fließend ging der Konflikt von der Krim auf den Südosten der Ukraine über. Wie im Falle der Krim besetzten auch dort bewaffnete Kräfte staatliche Einrichtungen, vertrieben Vertreter der ukrainischen Staatsgewalt und übernahmen die Macht. Auch dort sollen bewaffnete Kräfte aus Russland mitwirken. Allerdings verhält sich die Russische Föderation im Vergleich zur ihrem Vorgehen auf der Krim deutlich zurückhaltender und unterstützt bisher zumindest offiziell die territoriale Integrität der Ukraine. Faktisch unterstützt die Russische Föderation jedoch die ethnischen Russen in der Ukraine und die Gegner der als pro-westlich geltenden Vertreter der ukrainischen Staatsgewalt. Am 11.05.2014 führten die faktischen Machthaber in den ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk Referenden über die Unabhängigkeit dieser Regionen von der Ukraine durch. Auch diese Referenden, bei denen sich eine Mehrheit für die Unabhängigkeit ausgesprochen haben soll, entsprachen keinen demokratischen, rechtsstaatlichen und völkerrechtlichen Standards. Sowohl staatsrechtlich als auch völkerrechtlich betrachtet sind diese Referenden nichtig und habe daher keine weiteren Folgen. Allerdings ist aus dem Konflikt zwischen der derzeitigen ukrainischen Staatsgewalt und ihren Gegnern mittlerweile ein Bürgerkrieg entstanden, der nach Schätzungen der Vereinten Nationen in den vergangenen Monaten auf allen Seiten mehrere Tausend Tote und ebenfalls mehrere Tausend schwere Verletzte zur Folge hatte. Hunderttausende ukrainische Bürgerinnen und Bürger sind aufgrund von Kampfhandlungen aus ihrer Heimat geflüchtet. Die genaue Anzahl der Opfer kann derzeit noch nicht sicher ermittelt werden. Bei der Präsidentenwahl in der Ukraine am 25.05.2014 setzte sich Petro Poroschenko bereits im ersten Wahlgang durch und trat sein Amt am 07.06.2014 an. Allerdings konnte im Südosten der Ukraine (Regionen Donezk und Luhansk) wegen der dort herrschenden Machthaber teilweise keine Präsidentenwahl durchgeführt werden. Auch unter dem neuen Präsidenten der Ukraine konnte bisher keine Beendigung des Bürgerkrieges herbeigeführt werden. Der bewaffnete Konflikt zwischen der ukrainischen Staatsgewalt und den pro-russischen Machthabern im Südosten des Staates geht weiter, wobei das ukrainische Militär ihre Gegner zunächst langsam zurückdrängte. Mittlerweile verzeichnen die pro-russischen Machthaber, vermutlich durch Unterstützung aus der Russischen Föderation, wieder militärische Erfolge. Dennoch dürfte eine militärische Lösung für die eine oder andere Konfliktpartei nicht einfach herbeizuführen sein. Ein trauriger Höhepunkt des Konfliktes war unter anderem der Abschuss einer Boeing 777 der Malaysian Airlines am 17.07.2014 mit 298 Toten. Die Umstände des Abschusses sind noch ungeklärt und Gegenstand von Untersuchungen.

Das makedonische Modell als mögliches Konfliktlösungsmodell für die Ukraine
Das Rahmenabkommen von Ohrid könnte Vorbild für eine Konfliktlösung in der Ukraine sein. Zunächst müssen sich die Konfliktparteien auf eine Beendigung des bewaffneten Konfliktes einigen. Als äußere Schirmherren sollten die EU und die Russische Föderation sowohl Druck auf die Konfliktparteien ausüben als auch zwischen ihnen vermitteln. Ziel einer Übereinkunft soll die Wahrung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine sowie ihres Charakters als multi-ethnischer Staat sein. Alle Bürgerinnen und Bürger der Ukraine müssen unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft ihre in der Verfassung der Ukraine festgelegten Rechte gemessen an internationalen Standards wahrnehmen können. Auf regionaler und lokaler Ebene müssen die Bürger und Bürgerinnen ihre Rechte im Rahmen einer auszubauenden und weitgehenden regionalen und lokalen Selbstverwaltung wahrnehmen können. Sowohl auf nationaler Ebene als auch auf regionaler und lokaler Ebene müssen die Ethnien in der Ukraine ihrem Anteil entsprechend repräsentiert und an der Verwaltung beteiligt werden. Um das zu gewährleisten soll der ukrainische Staat stärker dezentralisiert, jedoch nicht zwingend föderalisiert werden. Die Dezentralisierung soll grundsätzlich in Form von Kompetenzübertragungen vom ukrainischen Staat auf die ukrainischen Regionen erfolgen, wobei diese verfassungsrechtlich verankert werden sollen. Ist in einer bestimmten ukrainischen Region eine Ethnie, die auf nationaler Ebene nicht der Bevölkerungsmehrheit angehört, mit einem bestimmten Anteil vertreten oder sogar in der Mehrheit, können dieser Region zusätzliche Kompetenzen, etwa im kulturellen Bereich, übertragen werden. Religionsgemeinschaften, etwa die ukrainisch-orthodoxe und die russisch-orthodoxe Kirche, sollen staatlicherseits gleichermaßen anerkannt und völlig gleichberechtigt sein. Die ukrainische und die russische Sprache sollten uneingeschränkt gleichberechtigt als Staats- und Amtssprache anerkannt sein. Alternativ könnte die russische Sprache auf nationaler Ebene, in einer Region und in einer lokalen Gebietskörperschaft auch ab einem bestimmten Anteil russischsprachiger Bürgerinnen und Bürger, etwa 10 bis 15 Prozent, als zweite Amtssprache der ukrainischen Sprache gleichgestellt sein. Diese Regelung soll auch für andere Ethnien in der Ukraine gelten. Im Falle der Sprache gibt es allerdings einen bedeutenden Unterschied zur Republik Makedonien. In der Republik Makedonien wird die albanische Sprache in der Regel nicht von der makedonischen Mehrheitsbevölkerung, den ethnischen bzw. slawischen Makedoniern, gesprochen. Ganz anders ist die Situation in der Ukraine. Dort ist die russische Sprache landesweit als Verkehrssprache etabliert. Des Weiteren gibt es neben ethnischen Russen auch reguläre russischsprachige Ukrainer. Selbst die ukrainischsprachigen Ukrainer sprechen in der Regel die russische Sprache. Sowohl die ukrainische als auch die russische Sprache gehören der Gruppe der ostslawischen Sprachen an und sind miteinander verwandt. Wie auch im Falle der Republik Makedonien wäre ein Rahmenabkommen zur Konfliktlösung in der Ukraine zunächst eine verbindliche politische Absichtserklärung, welche dann staatsrechtlich implementiert werden müsste. Neben einem allgemeinen und grundsätzlichen Teil bedarf eine Rahmenvereinbarung für die Ukraine mehrerer Anhänge, die konkrete Festlegungen treffen. Im ersten Anhang müssten die notwendigen Änderungen und Ergänzungen der ukrainischen Verfassung konkret festgelegt werden. Vor allem müssten alle grundsätzlichen Regelungen Eingang in die ukrainische Verfassung finden, damit diese besonders abgesichert und als Staatsgrundsätze verbindlich festgelegt sind. Im zweiten Anhang müssten dann die notwendigen Änderungen und Ergänzungen der ukrainischen Gesetze konkret festgelegt werden, welche aufgrund der Rahmenvereinbarung und der geänderten ukrainischen Verfassung erfolgen sollen. In weiteren Anhängen zum Rahmenabkommen könnten dann weitere Einzelheiten zur staatsrechtlichen Implementierung der politischen Übereinkunft zwischen den Konfliktparteien festgelegt werden. Unterzeichner des Rahmenabkommens sollten sein: Die Konfliktparteien, die politischen Parteien in der Ukraine und der ukrainische Staat sowie als Schirmherren die Europäische Union und die Russische Föderation.

Konkrete Lösungsansätze im Einzelnen
Der bewaffnete Konflikt wird durch eine Friedensübereinkunft beendet. Alle irregulären bewaffneten Kampfeinheiten geben international kontrolliert ihren Waffen ab, sobald eine internationale Friedensmission in den betroffenen ukrainischen Regionen ihre Arbeit aufnimmt und die Sicherheit der dortigen Bevölkerung garantiert. Grundsätzlich wird allen Angehörigen der Konfliktparteien Amnestie gewährt, es sei denn, sie haben sich schwerer Verbrechen schuldig gemacht haben. Die Zuständigkeit für die Ahndung derartiger Verbrecher sollte einem von den Konfliktparteien unabhängigen Gerichtshof übertragen werden. Die Maxime einer staatsrechtlichen Lösungsfindung sollten die „Dezentralisierung“ und „Machtteilung“ im ukrainischen Staat sein. Die Ukraine definiert sich im Rahmen einer Verfassungsrevision als Staat aller ihrer Bürgerinnen und Bürger, die unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten haben. Für alle Angehörige der ethnischen Gemeinschaften wird in der Verfassung der Ukraine das Recht verankert, frei ihre Identität und ihre nationalen Eigenarten zum Ausdruck zu bringen, zu pflegen und zu entwickeln bzw. weiterzuentwickeln sowie die Symbole ihrer Gemeinschaft öffentlich zu gebrauchen. Den Angehörigen der ethnischen Gemeinschaften in der Ukraine wird in der Verfassung das Recht zuerkannt, kulturelle und künstlerische Institutionen sowie wissenschaftliche und sonstige Vereinigungen mit dem Ziel zu gründen, ihre Identität zum Ausdruck zu bringen, zu pflegen und weiterzuentwickeln. Der ukrainische Staat wird aufgrund einer entsprechenden Vorschrift in seiner Verfassung den Schutz der ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität aller ethnischen Gemeinschaften in der Ukraine und die Möglichkeit ihrer freien Entfaltung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Ordnung garantieren. Ihrem Anteil gemäß müssen alle Ethnien der ukrainischen Staatsnation an der Staatsgewalt beteiligt werden. Insbesondere müssen diese Ethnien ihrem Anteil gemäß im Parlament, in der Regierung, in den Gerichten und in allen anderen öffentlichen Einrichtungen vertreten sein. Wo dies bisher nicht der Fall ist, wird durch geeignete Maßnahmen, etwa durch eine positive Diskriminierung, eine dem Bevölkerungsanteil gerechte Repräsentation herbeigeführt. Für folgende Bereiche werden besondere Rechte für die ukrainischen Ethnien festgelegt: Kultur, Sprachgebrauch, Gebrauch von nationalen bzw. ethnischen Symbolen, nationale und internationale kulturelle Beziehungen, Bildung und Wissenschaft, Ausstellung persönlicher Dokumente, die Organisation und die Durchführung der regionalen und lokalen Selbstverwaltung einschließlich von regionalen und lokalen Wahlen und Abstimmungen, die Finanzierung der Regionen und der lokalen Gebietskörperschaften einschließlich der Kompetenzen zur Erhebung von Steuern, die Festlegung der Kompetenzen der Regionen und der lokalen Gebietskörperschaften, die regionalen und lokalen Sicherheitsbehörden, die Festlegung der Grenzen von Regionen und lokalen Gebietskörperschaften und die Festlegung der nationalen Wahlkreise. In allen diesen Bereichen darf die ethnische Mehrheitsbevölkerung in der Ukraine die anderen Ethnien nicht einfach überstimmen und einseitig Regelungen treffen können. Infolgedessen bedarf es neben einer allgemeinen Mehrheit im ukrainischen Parlament zusätzlich auch einer speziellen Mehrheit unter den Vertretern der ethnischen Gemeinschaften, die nicht der Bevölkerungsmehrheit angehören („Doppelte Mehrheit“). Des Weiteren sind die Regionen in den genannten Bereichen angemessen durch Mitwirkungsrechte an Entscheidungen des nationalen Parlaments und der nationalen Regierung zu beteiligen. Dies kann direkt oder im Rahmen einer weiteren gesetzgebenden Körperschaft (Zweikammernsystem) geschehen. Die Regionen erhalten weitergehende legislative, exekutive und judikative Kompetenzen in den oben genannten und ggf. in anderen festzulegenden Bereichen, so dass eine Föderalisierung der Ukraine nicht erforderlich ist. Die russische Gemeinschaft in der Ukraine wird aufgrund ihres Bevölkerungsanteils verfassungsrechtlich in den oben genannten Bereichen besonders hervorgehoben. Dies kann direkt oder indirekt geschehen, wie im Falle der Republik Makedonien mit der albanischen Gemeinschaft, in dem Ethnien ab einem bestimmten Bevölkerungsanteil besondere Rechte zuerkannt werden. Im Falle der Ukraine wäre dies ein sinnvoller Anteil von 10 oder 15 Prozent, welcher nur von den russischen Ukrainern erreicht wird. Durch eine entsprechende Verfassungsvorschrift wird für die Ukraine ein Gremium für interethnische Beziehungen mit klar festgelegten Kompetenzen eingerichtet. In diesem Gremium sind alle ethnischen Gemeinschaften in der Ukraine gleichstark vertreten. Insbesondere erfasst das Gremium Fragen über die Beziehungen zwischen den ethnischen Gemeinschaften und gibt besonders im Konfliktfall Stellungsnahmen und Vorschläge ab. Diese müssen von der nationalen, regionalen und lokalen Staatsgewalt angemessen beachtet werden.

Die endgültige und nachhaltige Klärung der Krimfrage
Die Krim gehörte innerhalb der „Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“ („UdSSR“ bzw. „Sowjetunion“) bis zum Jahre 1954 zur „Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik“ („RSFSR“). Von 1921 bis 1944 war die Krim eine „Autonome Sozialistische Sowjetrepublik“ („ASSR“) der RSFSR. Stalin deportierte zwischen dem 18. und 20.05.1944 wegen angeblicher Kollaboration mit den deutschen Besatzern rund 189.000 Krimtataren nach Zentralasien und hob die Autonomie der Krim auf. Die Deportation erfolgte unter fürchterlichen Bedingungen mit der Eisenbahn. Nach Schätzungen starben dabei zwischen 22 und 46 Prozent der Krimtataren durch Verdursten, Verhungern und Krankheiten. Erst 1988 durften die Krimtataren wieder auf die Krim zurückkehren, allerdings nicht in ihre ursprünglichen Siedlungsgebiete. Heute leben auf der ganzen Halbinsel verteilt wieder rund 20.000 Krimtataren, was nach einer Volkszählung aus dem Jahre 2001 einem Anteil von 12,1 Prozent entspricht. Damit stellen sie die drittgrößte Ethnie auf der Krim dar. Die Mehrheit stellen heute mit einem Anteil von 58,5 Prozent die ethnischen Russen dar, gefolgt von den ethnischen Ukrainern mit einem Anteil von 24,4 Prozent. Nach der Deportation der Krimtataren und der Aufhebung des Status als ASSR wurde die Krim im Jahre 1946 zunächst eine Autonome Oblast („Autonomes Gebiet“) der RSFSR. Nach Stalins Tod im März 1953 wurde der Parteichef der ukrainischen Parteiorganisation der „Kommunistischen Partei der Sowjetunion“ („KPdSU“) Nikita Chruschtschow Vorsitzender der gesamt-sowjetischen KPdSU und damit faktisch der erster Mann im Staate. Aus Anlass des 300. Jahrestages des Vertrages von Peresjaslaw, mit dem im Jahre 1654 – insbesondere nach russischer Auffassung – zwischen Russland und der Ukraine enge Bande vereinbart worden waren, wurde im Jahre 1954 die Krim staatsrechtlich aus der RSFSR ausgegliedert und in die „Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik“ eingegliedert. Die genauen Hintergründe sind immer noch Anlass von Spekulationen und sind bis heute nicht geklärt, auch wenn es verschiedene Erklärungsversuche dazu gibt. Staatsrechtlich waren nur die Präsidien der Obersten Sowjets der RSFSR und der Ukrainischen SSR beteiligt, nicht jedoch die Obersten Sowjets selbst, welche Parlamente im staatlichen System der Sowjetunion darstellten. Auch wurde die betroffene Bevölkerung der Krim bzw. der RSFSR und der Ukrainischen SSR nicht an der Entscheidung beteiligt. Selbst nach dem damaligen sowjetischen Rechtsverständnis war der Übergang der Krim von der RSFSR zur Ukrainischen SSR umstritten. Politisch blieb dieser Schritt ebenfalls kontrovers. Bereits nach dem Zerfall der Sowjetunion im Jahre 1991 strebte die Krim den Austritt aus dem nunmehr unabhängigen Völkerrechtssubjekt Ukraine an. Dieser Austritt konnte abgewendet werden, in dem die Krim ein hohes Maß an Autonomie bekam und als „Autonome Republik Krim“ Teil der Ukraine blieb. Die nunmehr ebenfalls völkerrechtlich unabhängige Russische Föderation erkannte die Grenzen und die territoriale Integrität der Ukraine vertraglich ausdrücklich an. Im Zuge der schweren Staatskrise in der Ukraine, insbesondere nach der umstrittenen Absetzung des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, kam es Ende Februar/Anfang März 2014 auch zu einem gewaltsamen Machtwechsel auf der Krim und in Sewastopol. Irreguläre bewaffnete Kräfte, die auch von bewaffneten Kräften der Russischen Föderation unterstützt wurden, übernahmen die Staatsgewalt auf der Krim und proklamierten am 11.03.2014 zunächst die Unabhängigkeit der Krim und von Sewastopol als „Republik Krim“. Eine Volksabstimmung über den weiteren Verbleib der Krim im ukrainischen Staat oder deren Beitritt zur Russischen Föderation war ursprünglich für den 25.05.2014 vorgesehen, wurde jedoch auf dem 16.03.2014 vorgezogen. Die Volksabstimmung, welche angeblich eine überwiegende Mehrheit für den Beitritt der „Republik Krim“ zur Russischen Föderation zum Ergebnis hatte, entsprach keinen demokratischen, rechtsstaatlichen und völkerrechtlichen Standards. Am 18.03.2014 beantragte die „Republik Krim“ die Aufnahme in der Russischen Föderation, welche staatsrechtlich am 21.03.2014 erfolgte. In der Russischen Föderation bilden die Krim als „Republik Krim“ und Sewastopol jeweils eigenständige Föderationssubjekte. Völkerrechtlich betrachtet gehören die Krim und Sewastopol weiterhin zur Ukraine und gelten als russisch besetztes Gebiet.

Lösungsansatz für die Krim
Der Status der Krim und von Sewastopol muss zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine unvoreingenommen unter Beteiligung der betroffenen Bevölkerung abschließend und nachhaltig geklärt werden. Starre Positionen sind ebenso wenig zielführend wie einseitige Schritte. Zunächst muss ein Rahmen für eine Lösungsfindung gefunden werden. Diesen Rahmen müssen die Russischen Föderation, die Ukraine und alle auf der Krim lebenden Ethnien gemeinsam festlegen. Vor jeder Festlegung der völkerrechtlichen Zugehörigkeit der Krim bedarf es zunächst einer Festlegung der inneren verfassungsmäßigen Ordnung auf der Krim, welche von allen dort lebenden Ethnien maßgeblich selbstbestimmt gestaltet, festgelegt, und anerkannt wird. Als Vorbild für eine verfassungsmäßige Ordnung auf der Krim könnte wieder die verfassungsmäßige Ordnung der Republik Makedonien aufgrund des Rahmenabkommens von Ohrid oder der entsprechende Lösungsansatz für die Ukraine dienen. Jedenfalls müssen alle Ethnien der Krim sicher leben und sich frei im Rahmen der oben skizzierten verfassungsmäßigen Ordnung entfalten können. Auch auf der Krim bedarf es einer Machtteilung zwischen allen Ethnien, ohne das eine Ethnie durch die Mehrheitsbevölkerung einfach überstimmt und benachteiligt werden kann. Wenn die verfassungsmäßige Ordnung der Krim entsprechend entwickelt und implementiert worden ist, so dass sie von allen Ethnien der Krim anerkannt wird, bedarf es einer abschließenden und nachhaltigen Klärung des völkerrechtlichen Status der Krim. Diese Klärung kann im Rahmen einer Volksabstimmung durch die Bevölkerung der Krim selbst erfolgen. Allerdings muss diese Volksabstimmung demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen und im Vorfeld auch einen Meinungsbildungsprozess ermöglichen. Dies setzt natürlich die oben skizzierte und von allen Ethnien akzeptierte verfassungsmäßige Ordnung auf der Krim voraus. Denn nur wenn die verfassungsmäßige Ordnung der Krim auch tatsächlich ein demokratisches und rechtsstaatliches Gesellschaftssystem für alle ihrer Bürgerinnen und Bürger ermöglicht, kann auch die Frage nach dem Status der Krim durch ihre Bevölkerung geklärt werden. Das Ergebnis dieser Volksabstimmung ist ebenso wie die verfassungsmäßige Ordnung der Krim durch die Russische Föderation und die Ukraine zu akzeptieren. Alles zur Krim skizzierte gilt auch für die Klärung des Status von Sewastopol.

Fazit
Jede Lösung des Konfliktes in der Ukraine setzt die Bereitschaft aller Beteiligten zur Konfliktlösung und zu Kompromissen voraus. Diese Bereitschaft war im Falle der Republik Makedonien bei allen Konfliktparteien vorhanden. Ohne diese Bereitschaft hätte es keine interethnische Lösung gegeben. Das makedonische Modell für eine Konfliktlösung und einen multiethnischen Staat ist nicht perfekt. Es lässt sich wohl auch nicht uneingeschränkt auf die Ukraine übertragen. Dennoch kann dieses makedonische Modell als Vorbild für eine Konfliktlösung in der Ukraine dienen und das zukünftig friedliche Zusammenleben aller Ethnien und gesellschaftlichen Gruppen ermöglichen. Der hier auf Basis des makedonischen Modells skizzierte Lösungsweg für die Ukraine stellt nur einen Vorschlag dar, erhebt keinen Anspruch auf den einzig möglichen Weg. Die Konfliktparteien müssen letztendlich selbst ihr spezifisches Modell für eine Konfliktlösung und für ein zukunftsfähiges Gesellschaftssystem finden. Die grundsätzliche Möglichkeit ein derartiges Modell zu finden haben alle Ethnien der Republik Makedonien gezeigt.