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Die Europäische Union (EU) und die Westbalkanstaaten

Am 16. / 17. Mai 2018 findet in Sofia ein Gipfel Europäische Union – Westbalkanstaaten statt. Fernziel der Europäischen Union (EU) ist eine Aufnahme der Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Makedonien, Montenegro und Serbien in die EU. Die ehemaligen jugoslawischen Republiken Slowenien und Kroatien sowie der Balkanstaat Bulgarien sind bereits EU-Mitglieder. Bis zur tatsächlichen Aufnahme der sechs Staaten in die EU ist es allerdings noch ein weiter Weg. Sowohl innerhalb der EU als auch innerhalb der sechs Westbalkanstaaten bedarf es tiefgreifender Reformen. Allerdings bestehen zwischen einzelnen Westbalkanstaaten auch noch bilaterale offene Streitpunkte. Nachfolgend soll auf die Entwicklung der einzelnen Westbalkanstaaten eingegangen werden.

 

Albanien

Die Republik Albanien hat 2,9 Millionen Einwohner und ist seit Juni 2014 EU-Beitrittskandidat.  Bisher wurden allerdings noch keine EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien eröffnet. Die EU-Kommission kritisiert die Korruption und das weitgehend ineffektive Justizsystem in Albanien. Des Weiteren werden von der EU auch das organisierte Verbrechen und Drogenhandel in Albanien als großes Problem angesehen. Dennoch sprach die EU-Kommission im April 2018 die Empfehlungen aus, die EU-Beitrittsverhandlungen offiziell zu eröffnen. Eine Entscheidung steht voraussichtlich  im Juni 2018 an. Albanien ist seit dem Jahr 2009 Mitglied der NATO.

 

Bosnien und Herzegowina

Die Staatsstruktur und die Verfassung von Bosnien und Herzegowina mit 3,8 Millionen Einwohnern sind ein Resultat des ethnischen Krieges von 1992 bis 1995 und ineffektiv. Die Interessen der drei staatstragenden Völker (Bosniaken, Kroaten und Serben) divergieren stark, so dass notwendige Reformen blockiert sind. Bereits im Jahr 2003 wurde Bosnien und Herzegowina der Status als EU-Beitrittskandidat in Aussicht gestellt. Im Jahre 2015 trat zunächst ein Assoziierungsabkommen zwischen der Bosnien und Herzegowina und der EU in Kraft. Im Februar 2016 stellte Bosnien-Herzegowina offiziell den Aufnahmeantrag für die EU. Doch ohne tiefgreifende Reformen der Staatsorganisation der Politik und der Wirtschaft wird es keine weitere Annäherung von Bosnien und Herzegowina an die EU geben können.

 

Kosovo

Die ehemalige serbische Provinz Kosovo hat 1,9 Millionen Einwohner. Nach einem ethnischen Krieg und einem darauf folgenden Eingreifen der NATO steht das Kosovo nach der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates seit Juni 1999 unter einer Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen. Im Februar 2008 erklärte das Kosovo einseitig seine Unabhängigkeit von Serbien und wird mittlerweile von mehr als der Hälfte der Staaten der Welt völkerrechtlich anerkannt. Die Republik Serbien, die UN-Vetomächte China und Russland sowie fünf Staaten der EU (Griechenland, Rumänien, Slowakei, Spanien und Zypern) haben das Kosovo bisher noch nicht völkerrechtlich anerkannt. Dazu muss zunächst eine endgültige Übereinkunft zwischen Serbien und dem Kosovo erreicht werden. Allerdings nähern sich Serbien und das Kosovo immer mehr an und haben in einigen praktischen Bereichen bereits Übereinkünfte erzielt. Auch wollen sich beide Parteien bei ihrem Weg in die EU nicht gegenseitig blockieren.

 

Republik Makedonien

Die Republik Makedonien hat 2,1 Millionen Einwohner und ist seit dem Dezember 2005 EU-Beitrittskandidat. Aufgrund des Streits um den Namen „Makedonien“ mit dem EU- und NATO-Mitglied Griechenland konnten bisher keine EU-Beitrittsgespräche und keine NATO-Mitgliedschaft erfolgen. In der Republik Makedonien finden derzeit tiefgreifende Reformen statt, welche von der EU sehr positiv bewertet werden. Die bilateralen Streitigkeiten mit Bulgarien konnten durch einen bilateralen Vertrag im August 2017 beigelegt werden. Offen bleibt der sogenannte Namensstreit mit Griechenland. Seit dem Jahr 2018 finden jedoch intensive Gespräche zwischen Griechenland und der Republik Makedonien zur Überwindung dieses Streits statt. Die EU-Kommission empfahl vor kurzem Beitrittsverhandlungen mit der Republik Makedonien aufzunehmen und hofft auf einen Durchbruch im sogenannten Namensstreit noch in diesem Jahr.

 

Montenegro

Mit 640.000 Einwohnern ist Montenegro der kleinste Westbalkanstaat. Seit dem Jahr 2010 ist Montenegro EU-Beitrittskandidat und seit dem Jahr 2012 finden offizielle EU-Beitrittsgespräche statt. Insgesamt wurden bereits 30 Beitrittskapitel eröffnet, von denen drei in den Bereichen Außenbeziehungen, Bildung und Wissenschaft vorläufig abgeschlossen sind. Die EU-Kommission kritisiert auch im Falle von Montenegro Korruption und organisierte Kriminalität. Insgesamt ist Montenegro in Sachen Beitrittsgespräche weiter als Serbien. Seit dem Jahr 2017 ist Montenegro Mitglied der NATO.

 

Serbien

Die Republik Serbien ist mit 7,1 Millionen Einwohnern der größte beitrittswillige Westbalkanstaat. Seit dem Jahr 2012 ist Serbien EU-Beitrittskandidat und im Jahr 2014 starteten offiziell die EU-Beitrittsgespräche. Hintergrund dafür waren die relativ erfolgreichen Gespräche zwischen Serbien und dem Kosovo zur Normalisierung ihrer Beziehungen, welche auch in mehrere Übereinkünfte mündeten. Eine endgültige Regelung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo steht allerdings noch aus. In den EU-Beitrittsgesprächen mit Serbien wurden bisher 12 von 35 sogenannten Verhandlungskapiteln eröffnet, in denen die EU-Standards festgehalten sind. Vorläufig abgeschlossen sind die zwei Bereiche Bildung und Wissenschaft. Einen Beitritt zur NATO strebt Serbien derzeit nicht an.