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Die Klärung der Balkanfrage

Bulgarien, Griechenland und die Republik Nord-Makedonien haben vertraglich geeignete Mechanismen geschaffen, um die makedonische Frage zu klären und den daraus resultierenden Kulturstreit um Makedonien zu überwinden. Diese Entwicklung kann als Vorbild zur Lösung von noch offenen Streitpunkten dienen. Rund 20 Jahre nach dem letzten Krieg auf dem Balkan (NATO-Intervention im Kosovo-Konflikt) bestehen weiterhin eingefrorene Konflikte, welche es zu überwinden gilt. Die größten eingefrorenen Konflikte bestehen in Bosnien und Herzegowina und zwischen dem Kosovo und Serbien. In beiden Konflikten spielt die serbische Frage eine größere Rolle. Diese gewichtige Teilfrage der jugoslawischen Frage muss geklärt und in eine tragfähige Lösung überführt werden.

Die serbische Frage

In ihrer aktuellen Form betrifft die serbische Frage das Schicksal des serbischen Volkes in Kroatien, Bosnien und Herzegowina und dem Kosovo sowie die Einheit des serbischen Volkes. Ihre Antwort wird diese Frage nicht im Rahmen eines serbischen Nationalstaates und sehr wahrscheinlich auch nicht im Rahmen einer südslawischen Föderation finden. Sie wird ihre Klärung nur im Rahmen des europäischen Einigungsprozesses erfahren. Nur unter dem Dach der Europäischen Union (EU) kann sich das serbische Volk friedlich vereinen, ohne das Grenzen sie trennen. Vergleichbares gilt auch für die albanische und die kroatische Frage. Doch bevor die serbische Frage im europäischen Einigungsprozess ihre Antwort finden kann, müssen die bosnisch-herzegowinische Frage und die Kosovo-Frage geklärt werden. Die Staaten Bosnien und Herzegowina und das Kosovo und ihre inneren Ordnungen sind das Ergebnis des Zerfalls der jugoslawischen Föderation und der daraus resultierten ethnischen Kriege.

Im Falle von Bosnien und Herzegowina befürworteten die bosnischen Bosniaken (Muslime) und Kroaten bei einer Volksabstimmung am 29. Februar / 01. März 1992 die Unabhängigkeit dieses Staates und setzten sich zusammen mehrheitlich durch. Die bosnischen Serben lehnten diese Unabhängigkeit jedoch strikt ab. Sie wollten im Rahmen von Jugoslawien mit Serbien verbunden bleiben oder sich Serbien anschließen. Die Folge war ein ethnischer Krieg von 1992 bis 1995, welcher am 14. Dezember 1995 durch das Friedensabkommen von Dayton beendet wurde. Aufgrund dieses Abkommens bleibt der Staat Bosnien und Herzegowina als Völkerrechtssubjekt zwar erhalten, wurde jedoch nach ethnischen Gesichtspunkten staatsrechtlich in zwei autonome Entitäten aufgeteilt: die „Föderation Bosnien und Herzegowina“ („Bosniakisch-Kroatische-Föderation“) und die „Serbische Republik“ („Republika Srpska“). Die Föderation Bosnien und Herzegowina gliedert sich wiederum in zehn Kantone. Die zwei Entitäten verfügen über weitgehende Kompetenzen, während der Gesamtstaat relativ schwach ausgeprägt ist. Ein Versöhnungsprozess zwischen den Volksgruppen von Bosnien und Herzegowina hat nicht stattgefunden. Die Partikularinteressen der einzelnen Volksgruppen sind divergierend und ließen sich bisher nicht in ein übergeordnetes bosnisch-herzegowinische Gemeinschaftsinteresse überführen. So wollen die bosnischen Serben an ihrer Republika Srpska nicht nur festhalten, sondern die Bindungen zum bosnisch-herzegowinischen Gesamtstaat möglichst klein halten, verringern oder sogar ganz lösen. Die bosnischen Serben streben mehrheitlich die Unabhängigkeit oder die Vereinigung mit Serbien an. Nur aufgrund außenpolitischer Zwänge konnte dieses Ziel bisher nicht umgesetzt werden.

Das Kosovo ist faktisch ein zweiter albanischer Staat, welcher jedoch multiethnisch organisiert ist. Rund 90 Prozent der rund zwei Millionen Einwohner sind ethnischer Albaner. Je nach Quellen leben etwa 50.000 bis 100.000 Serben im Kosovo. Die Minderheiten im Kosovo verfügen über weitgehende Rechte. Für die Serben hat das Kosovo vor allem eine hohe kulturelle Bedeutung. So gilt das Kosovo als die Wiege des Serbentums und beheimatet noch heute die ältesten serbischen Kircheneinrichtungen. Formell gehörte das Kosovo von 1912 bis 2008 zu Serbien. In der kommunistisch-jugoslawischen Föderation von 1945 bis 1989 verfügte das Kosovo im Rahmen Serbiens über eine Autonomie, welche ab dem Jahr 1974 sehr weitgehend war und das Kosovo faktisch auf eine vergleichbare Stufe mit den jugoslawischen Republiken stellte. In den 1980er Jahren wurde die Politik und Gesellschaft in Serbien zunehmend nationalistischer, auch gegenüber den Albanern. Serbien sah in den autonomen Gebietskörperschaften eine Beschneidung seiner Staatlichkeit. In den Jahren 1989/1990 wurde die Autonomie des Kosovos in aggressiver und verfassungswidriger Weise durch Serbien beseitigt. Die Albaner wurden von der staatlichen Verwaltung des Kosovos ausgeschlossen und insgesamt aus dem öffentlichen Dienst verdrängt.

Die Albaner gründeten im Untergrund einen Parallelstaat, welcher sich im Jahr 1991 von Serbien unabhängig erklärte. Dies blieb im Ergebnis ohne Wirkung. Die Albaner erkannte die jugoslawischen und serbischen Institutionen nicht an, die Serben nicht die der albanischen Kosovaren. Der Parallelstaat der Albaner im Kosovo wurde von Serbien zwar nicht anerkannt, jedoch geduldet. Der Widerstand der albanischen Kosovaren blieb zunächst friedlich, ging jedoch ab dem Jahr 1996 zunehmend in einen bewaffneten Kampf über. In den Jahren 1998 und 1999 herrschte Krieg zwischen den jugoslawischen und serbischen Streitkräften und der „Befreiungsarmee des Kosovos“ („UCK“). Es kam dabei zu schweren Kriegsverbrechen und zu massiven Flüchtlingsbewegungen. Infolgedessen zwang die westliche Staatengemeinschaft unter Androhung von militärischer Gewalt die albanischen Kosovaren und die Serben zu Friedensgesprächen. Diese scheiterten jedoch. Vom 24. März bis zum 10. Juni 1999 griff die NATO in den Konflikt ein und führte massive Luftschläge in der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) durch. Serbien musste einlenken und einer UN-Verwaltung des Kosovos zustimmen, welche durch Beschluss des UN-Sicherheitsrates (944) vom 10. Juni 1999 eingerichtet wurde. Verhandlungen zwischen dem Kosovo und Serbien über den endgültigen Status des Kosovos scheiterten. Am 17. Februar 2008 erklärte sich das Kosovo einseitig für unabhängig und wird mittlerweile von mehr als der Hälfte der Staaten der Welt anerkannt. Serbien erkennt die Unabhängigkeit des Kosovos nicht an und betrachtet es weiterhin als sein Territorium. Ein Versöhnungsprozess zwischen albanischen Kosovaren und Serben hat ebenfalls noch nicht stattgefunden.

Die oben beschriebene Entwicklung ist die Ausgangslage für Bosnien und Herzegowina und das Kosovo sowie für die serbische Frage. Hier muss eine Lösung herbeigeführt werden. Dabei ist vor allem die serbische Frage ein zentraler Faktor, wenngleich im Falle von Bosnien und Herzegowina auch die kroatische und im Falle vom Kosovo auch die albanische Frage eine Rolle spielen. Doch besonders bei den Serben ist ein Mentalitätswechsel erforderlich. Diese sollten sich mit den anderen Völkern des Balkans versöhnen, mit ihnen zusammenarbeiten und gemeinsam die Zukunft gestalten. Dann wird sich auch die serbische Frage klären lassen und eine gute Antwort finden, zum Wohle aller Völker auf dem Balkan.

Die bosnisch-herzegowinische Frage

In Bosnien und Herzegowina leben drei staatstragende Völker mit folgendem prozentualen Anteil an der Gesamtbevölkerung (3,79 Millionen Personen insgesamt): Bosniaken (50,1 %), Kroaten (15,4 %) und Serben (30,8 %). Die Staatsstruktur ist nach ethnischen Gesichtspunkten organisiert und vor allem auf die drei staatstragenden Völker zugeschnitten. Infolgedessen werden andere Ethnien benachteiligt, welche einen Anteil von 3,7 Prozent ausmachen. Der Staat Bosnien und Herzegowina ist faktisch nach ethnischen Gesichtspunkten geteilt und wird nur mit Druck von außen zusammengehalten. Von den staatstragenden Volksgruppen identifizieren sich hauptsächlich die Bosniaken mit Bosnien und Herzegowina, da es für sie kein weiteres Mutterland auf dem Balkan gibt. Die bosnischen Serben lehnen diesen Staat ab und sehen in ihm ein künstliches Gebilde ohne Zukunft. Sie wollen sich im Rahmen der Republika Srpska von Bosnien und Herzegowina abspalten und mit Serbien vereinigen. Auch für die bosnischen Kroaten wäre ein Aufgehen in die Republik Kroatien eine Option, allerdings wird dieses Ziel nicht so intensiv wie bei den bosnischen Serben verfolgt. Jedes dieser drei Volksgruppen verfolgt zuerst seine nationalen Interessen. Eine bosnisch-herzegowinische Identität mit über-nationalen Interessen hat sich nicht herausgebildet.

Die internationale Gemeinschaft hält sich in Bosnien und Herzegowina relativ zurück, auch wenn es immer wieder versuche gibt, die Volksgruppen von Bosnien und Herzegowina zu Reformen zu bewegen. Doch diese Versuche verlieren aufgrund der oben beschriebenen Situation in Bosnien und Herzegowina ihre Wirkung. Sicher ist, dass der ethnische Föderalismus ein Relikt des Krieges von 1992 bis 1995 ist und überwunden werden muss. So sollten die Entitäten aufgelöst und in einen nicht nach ethnischen Kriterien organisierten Föderalismus überführt werden. Zum Beispiel könnte Bosnien und Herzegowina in mehrere Kantone gegliedert werden. Es gab in der Vergangenheit einen Vorschlag für eine Gliederung in zehn Kantone. Als Vorbild für eine mögliche Kompetenzverteilung zwischen dem Gesamtstaat und den Kantonen könnte nach meiner Auffassung der Föderalismus der Schweiz dienen. Die Schweiz ist im Übrigen ausdrücklich eine Willensnation und keine ethnische Nation. Die Schweizer Nation besteht aus deutschen, französischen, italienischen und rätoromanischen Schweizern. Sie eint ein gemeinsamer Wille, vor allem frei, sicher und in Wohlstand zu leben. Der Föderalismus dient zwar dem Ausgleich zwischen den einzelnen Volksgruppen der Schweizer Nation, ist jedoch nicht nach ethnischen Gesichtspunkten organisiert.

Ein entsprechender übergeordneter Willen für Bosnien und Herzegowina könnte die europäische Integration sein, in welcher – wie bereits geschrieben – viele nationale Fragen ihre Antwort finden könnten und zugleich den Völkern eine prosperierende Entwicklung ermöglichen würden. Hier muss natürlich die Europäische Union (EU) bereit sein, diesen Weg überzeugend zu unterstützen und den Westbalkan zu integrieren. Alle EU-Mitgliedsstaaten müssen bereit sein, an diesem Weg mitzuwirken. Wenn ein derartiger übergeordneter Wille bei den Völkern von Bosnien und Herzegowina stark genug ist, dann könnte auch die Bereitschaft steigen, den gemeinsamen Staat im Hinblick auf die gemeinsame EU-Mitgliedschaft zu reformieren.  

Dennoch dürfte es nicht einfach werden die bosnisch-herzegowinischen Volksgruppen zu entsprechenden Reformen ihres Staates zu bewegen. Hier müssten sich die internationale und die europäische Gemeinschaft viel stärker engagieren. Der Auftakt könnte eine hochrangige Konferenz zu Bosnien und Herzegowina sein, an welcher neben den bosnisch-herzegowinischen Volksgruppen auch die Nachbarstaaten Kroatien und Serbien, die Europäische Union (EU) und die Vereinigten Staaten von Amerika beteiligt sind. Durch eine intensive Diplomatie sollten die Völker des Balkans von diesem Weg überzeugt werden. Rund ein Vierteljahrhundert nach dem Friedensabkommen von Dayton wird es Zeit für einen erneuten diplomatischen Vorstoß, um endgültig die bosnisch-herzegowinische Frage zu klären. Im Rahmen dieses Prozesses muss Bosnien und Herzegowina in die Europäische Union integriert werden, womit auch die serbische und die anderen nationalen Fragen ihre Antworten finden würden.

Die Kosovo-Frage

Die Frage nach dem völkerrechtlichen Status des Kosovos und dem staatsrechtlichen Verhältnis zwischen den albanischen und den serbischen Kosovaren bildet die Kosovo-Frage. Zwar erkennen 114 von 193 Staaten der Welt das Kosovo als unabhängigen Staat an, nicht jedoch die UN-Veto-Mächte China und Russland, fünf Mitgliedsstaaten der EU (Griechenland, Rumänien, Slowakei, Spanien und Zypern), Serbien und 71 weitere Staaten der Welt. Die Anerkennungsquote liegt damit bei 59 %. Aufgrund dieser Situation kann das Kosovo nicht der UN und der EU beitreten. Erst eine endgültige Übereinkunft zwischen Serbien und dem Kosovo kann hier einen Ausweg bieten. Wie im Falle von Bosnien und Herzegowina könnte die europäische Einigung einen wichtigen Lösungsrahmen bieten.

Die Ausgangslage ist, dass eine Rückintegration des Kosovos in die Republik Serbien höchst unwahrscheinlich ist. Serbien erkennt zwar de jure das Kosovo nicht als Völkerrechtssubjekt an, geht jedoch de facto von dessen Unabhängigkeit aus. Formell betrachtet Serbien das Kosovo weiterhin als Bestandteil seines Staatsgebietes. Dies ist entsprechend auch in der Präambel der serbischen Verfassung geregelt.

In einigen praktischen Fragen haben Serbien und das Kosovo im Rahmen und durch Vermittlung der EU bereits Einigungen gefunden und diese entsprechend vertraglich besiegelt. Eine Regelung der endgültigen Beziehungen scheiterte bisher an den gegensätzlichen Standpunkten, obwohl beide Seiten die Notwendigkeit einer finalen Klärung durchaus anerkennen.

Serbien möchte die Verbundenheit mit dem Kosovo vor allem aus kulturellen Gründen bewahren, denn nach serbischer Lesart ist das Kosovo die Wiege des Serbentums. Es befinden sich auch heute noch die ältesten serbischen Kircheneinrichtungen im Kosovo, so dass das Kosovo auch eine religiöse Bedeutung für die Serben hat. Doch auch die serbische Minderheit im Kosovo möchte mit dem Mutterland Serbien verbunden bleiben und wird entsprechend von diesem unterstützt. Das Argument für die Unabhängigkeit des Kosovos war die Situation der dortigen albanischen Mehrheitsbevölkerung in Serbien. Diese Bevölkerung wurde von 1912 bis 1941 durch die Serben unterdrückt. Im Rahmen der kommunistisch-jugoslawischen Föderation bekam das Kosovo zwar ab 1945 formell eine Autonomie zugestanden, doch erst Ende der 1960er Jahre wurde diese auch materiell umgesetzt und durch eine jugoslawische Verfassungsrevision im Jahr 1974 stark ausgebaut. Wie bereits beschrieben, wurde diese Autonomie durch Serbien 1989/90 aufgehoben und die Albaner massiv unterdrückt. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre kam es dann auch zu einem ethnischen Krieg. Das Ergebnis war eine Intervention der NATO, eine UN-Verwaltung des Kosovos und letztendlich die Unabhängigkeitserklärung des Kosovos am 17. Februar 2008. Dies ist die Ausgangssituation.

Ein wichtiger Schritt könnte ein Aussöhnungs- und Kulturabkommen zwischen Serbien und dem Kosovo sein. Zunächst müssen Mechanismen geschaffen werden, welche eine Aussöhnung ermöglichen. Das könnten ein regelmäßiger Dialog und ein gemeinsamer Austausch im Rahmen der Bildungssysteme beider Staaten und der Wissenschaft sein. Wie in den Fällen von Bulgarien, Griechenland und der Republik Nord-Makedonien könnte ein interdisziplinärer Ausschuss zur objektiv-wissenschaftlichen Klärung von historischen und kulturellen Fragen sehr nützlich sein. Diese Klärung sollte wiederum in den Bildungssystemen beider Staaten umgesetzt werden. Das Kosovo könnte seine kulturelle Bedeutung für Serbien anerkennen, ohne jedoch seine Unabhängigkeit aufzugeben oder seine Souveränität einzuschränken. Serbien würde ermöglicht, unter Achtung der Souveränität des Kosovos, seine kulturellen Belange wahrzunehmen. Bedeutende serbische Kirchen im Kosovo könnten einen Autonomiestatus bekommen, vergleichbar mit der Mönchsrepublik Athos in Griechenland oder dem Petersdom in Rom, welcher sogar einen exterritorialen Status hat und zum Vatikan gehört.

Serbien könnte das Kosovo im Rahmen des Aussöhnungs- und Kulturabkommens zunächst rein staatsrechtlich anerkennen, so wie es zwischen der Bundesrepublik Deutschland  (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) von 1973 bis zur Wiedervereinigung im Jahre 1990 der Fall war. Die BRD und die DDR waren zwei Staaten in Deutschland, welche füreinander nicht Ausland bzw. keine Völkerrechtssubjekte waren und dennoch im internationalen Verkehr Völkerrechtssubjekte darstellten und UN-Mitglieder waren. Analog wären Serbien und das Kosovo eines Tages unter dem Dach der Europäischen Union vereint. Bis dahin dürfte der Versöhnungsprozess auch eine völkerrechtliche Anerkennung des Kosovos durch Serbien ermöglichen, welche mit dem EU-Beitritt beider Staaten wirksam würde. Zuvor müsste die serbische Verfassung entsprechend geändert werden, welche dann die Verbindung Serbiens mit dem Kosovo nicht mehr national sondern europäisch definiert. Ein angedachter und umstrittener Gebietstausch zwischen Serbien und dem Kosovo würde im Rahmen der EU überdies überflüssig sein, da dann Grenzen sowieso keine Rolle mehr spielen. Serbien und das Kosovo sollten daher auch gemeinsam den Weg der europäischen Einigung gehen, sich dabei aussöhnen und den Nationalismus überwinden. Auch wenn dieser Weg für die jetzige Generation nicht einfach sein wird, für die nachfolgenden wird es ein großer Gewinn sein und sie werden den entsprechend Handelnden einmal sehr dankbar dafür sein.

Fazit

Die Integration der Staaten des Westbalkans in die Europäische Union (EU) ist eine notwendige Maßnahme, um die nationalen Fragen auf dem Balkan zu klären und daraus resultierende Konflikte zu überwinden. Durch diese Integration wird eine effektive und nachhaltige friedenserhaltende Ordnung auf dem Balkan geschaffen. Bisher waren alle Konzepte mehr oder weniger gescheitert, obwohl auch gute dabei waren, wie die eines gemeinsamen südslawischen Staates. Der europäische Einigungsprozess bietet ein Konzept, welches alle Balkanvölker unabhängig von ihrer Ethnizität friedlich vereinen und eine gemeinsame prosperierende Entwicklung für diese ermöglichen könnte. Keine Nation auf dem Balkan wäre mehr durch Grenzen getrennt. Albaner, Kroaten und Serben könnten im Rahmen der EU ihren Traum nach Einheit erfüllen, nicht jedoch im Rahmen von Nationalstaaten. Letztere lassen sich in vielen Fällen für eine bestimmte Volksgruppe nur auf Kosten der jeweils anderen Ethnien erfüllen. Das ist keine Lösung.

Doch auch die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten haben eine hohe Verantwortung. Sie sollten aktiv und glaubhaft die Integration der Westbalkanstaaten vorantreiben und letztendlich auch verwirklichen. Die EU kann durch eine falsche Politik ebenfalls großen Schaden auf dem Balkan anrichten. Da es jedoch keine sinnvolle Alternative gibt, sollten alle Beteiligten an diesem großen Ziel arbeiten und festhalten. Denn die Klärung aller Balkanfragen dürfte vorrangig nur im europäischen Rahmen möglich sein und alles andere würde einer prosperierenden Entwicklung der Balkanvölker im Wege stehen.

So bleiben die Völker auf dem Balkan aufgerufen, ihre Fragen nicht mehr mit nationalen Geistern sondern mit einem europäischen Geist zu klären und sich als Europäer zu vereinen. Denn Europa verbindet alle Balkanvölker und alle Bewohner des Balkans sind Europäer. Wenn dies einmal verstanden und verinnerlicht worden ist, dann sollte es auch keine offenen Fragen auf dem Balkan mehr geben.