Bei den Parlamentswahlen in Bulgarien am 04. April 2021 wurde nach dem aktuellen Stand der Auszählung von 42 Prozent die bürgerliche Partei GERB („Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens“) des bulgarischen Ministerpräsidenten Boiko Borissow mit 24 Prozent der Stimmen zwar stärkste Kraft, verfehlte jedoch deutlich die absolute Mehrheit. Mit 19 Prozent der Stimmen wurde überraschend die populistische Protestpartei „Es gibt so ein Volk“ des TV-Moderatoren und Kabarettisten Slawi Trifonow zweitstärkste Kraft. Auf den dritten Platz kamen demnach die oppositionellen Sozialisten (Ex-KP) mit rund 15 Prozent. Die Partei der türkischen Minderheit (DPS) erreichte mit 8,7 Prozent den vierten Platz. Zwei weitere Protestparteien könnten noch ins Parlament einziehen: Die konservativ-liberal-grüne Koalition „Demokratisches Bulgarien“ (DB) und die „Richte dich auf! Mafiosi raus!“. Die nationalistischen „Vereinigte Patrioten“ („VP“) haben nach den vorläufigen Zwischenergebnissen die Vier-Prozent-Hürde nicht überwinden können. Die VP ist ein nationalistisches Wahlbündnis aus „IMRO – Bulgarische Nationale Bewegung“, „Nationale Front für die Rettung Bulgariens (NFSB)“ und „Ataka“. Sie war bisher Juniorpartner in der bulgarischen Regierung. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 44 Prozent.
Aufgrund des Wahlergebnisses dürfte die Bildung einer Regierungskoalition schwierig werden. Die Parteien sind untereinander politisch verfeindet. Besonders die Protestparteien lehnen eine Zusammenarbeit mit der GERB ab, da sie der bisherigen Koalitionsregierung Korruption, Klientelismus und eine zu große Nähe zu den Oligarchen vorwerfen. Aus diesem Grund schlug Borissow vor eine Expertenregierung einzusetzen, ohne dies allerdings näher zu spezifizieren.
Boiko Borissow ist seit 2009 fast durchgehend Ministerpräsident von Bulgarien. Der heute 61-jährige war Leibwächter des letzten kommunistischen Staatspräsidenten Todor Schiwkow. Allerdings sinkt sein Rückhalt in der Bevölkerung aufgrund zahlreicher Korruptionsaffären und einem mangelhaften Corona-Krisenmanagement in Bulgarien. Im Jahr 2020 kam es in der Bevölkerung zu zahlreichen Protesten gegen die Regierung von Borissow. Ein Teil der nationalistischen Rhetorik gegen Nord-Makedonien dürfte auch dazu gedient haben die zurückgehende Popularität wieder aufzubessern. Die bulgarische Regierung fordert von der Republik Nord-Makedonien anzuerkennen, dass ihre Nation und Sprache bulgarische Wurzeln hat. Dies lehnt die Republik Nord-Makedonien ab. Sie ist bereit anzuerkennen, dass es gemeinsame historische Abschnitte und Überschneidungen zwischen Bulgarien und ihr gibt. Es ist zu hoffe, dass aufgrund des Wahlergebnisses diese nationalistische Rhetorik auf Seiten Bulgariens zurückgenommen wird.