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Griechenland: Koalition steht / Alexis Tsipras als Ministerpräsident vereidigt

Alexis Tsipras ist vereidigt (Quelle: syriza.gr)

Der Vorsitzende des Bündnis der Radikalen SYRIZA, Alexis Tsipras, und der Vorsitzende der rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen ANEL, Panos Kammenos, verständigten sich einen Tag nach der Parlamentswahl vom 25.01.2015 auf die Bildung einer Koalition. Zusammen verfügen beide Parteien über 162 Sitze im griechischen Parlament und damit über eine stabile Mehrheit. Offen bleibt allerdings, ob die Koalition aus zwei so gegensätzlichen Parteien auf Dauer stabil bleibt. Was sie eint ist die Ablehnung der bisherigen Reform- und Sparpolitik im Sinne der Europäischen Union (EU). Dies dürfte zum Start der neuen Regierung auch ihre größte Herausforderung sein. Das zukünftige politische Schicksal von Alexis Tsipras und dem Linksbündnis SYRIZA wird von wesentlichen Erfolgen bei der Umsetzung der im Wahlkampf angekündigten Vorhaben abhängen. Doch ist der Handlungsspielraum gegenüber der EU gering. Griechenland und die EU bzw. die internationalen Geldgeber müssen zu einem Kompromiss kommen, der von allen Beteiligten getragen werden kann. Ein schwieriges, wenn auch nicht unmögliches Unterfangen. Für das bilaterale Verhältnis Griechenlands zur Republik Makedonien ist eine Regierungsbeteiligung der Unabhängigen Griechen eher negativ zu sehen. Während im Falle des SYRIZA eine Aufweichung der bisher harten griechischen Position gegenüber der Republik Makedonien durchaus möglich wäre, dürfte dies im Falle der Unabhängigen Griechen nicht der Fall sein. Doch dürfte im Fokus der griechischen Außenpolitik ohnehin zunächst die Überwindung der bisherigen Reform- und Sparpolitik stehen, die von den internationalen Geldgebern zur Auflage für Griechenland gemacht wurde. Danach wird sich das weitere Schicksal der Koalition zeigen. Auch wird sich zeigen, welche Positionen sich bei der Gestaltung der griechischen Außenpolitik stärker durchsetzen werden: Die des SYRIZA oder die der Unabhängige Griechen. Dies bleibt abzuwarten.

Der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias ernannte Alexis Tsipras am Nachmittag des 26.01.2015 zum neuen Ministerpräsidenten Griechenlands. Damit endete die Amtszeit des bisherigen Ministerpräsidenten Andonis Samaras und seiner von ihm angeführten Koalitionsregierung aus Nea Dimokratia und PASOK. Erstmals in der demokratischen Geschichte Griechenlands ab 1974 ist keine der bisherigen Volksparteien mehr an einer griechischen Regierung beteiligt. Im Falle der PASOK kann bei einem Stimmenanteil von knapp 4,7 Prozent ohnehin nicht mehr von einer Volkspartei gesprochen werden. Die Zusammensetzung der neuen Regierung soll bis zum 27.01.2015 stehen. Bis Anfang Februar 2015 muss sich die neue griechische Regierung einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen, was allerdings als reine Formsache gilt. Im Mai 2015 läuft die Amtszeit von Papoulias als Staatspräsident ab, so dass unverzüglich ein neuer Staatspräsident durch das Parlament gewählt werden muss. Dieses Mal reicht nach mehreren Wahlgängen, die wieder eine qualifizierte Mehrheit erfordern, im letzten Wahlgang eine relative Mehrheit aus. Ein erneutes Scheitern der Präsidentenwahlen aufgrund der Mehrheitsverhältnisse und vorgezogene Parlamentswahlen dürften daher ausgeschlossen sein. Ein neuer Präsident soll unverzüglich gewählt werden.

Alexis Tsipras verzichtete bei der Ablegung seines Amtseides auf eine religiöse Beteuerung, was für griechische Verhältnisse ungewöhnlich ist. Er lebt in einer Lebenspartnerschaft mit seiner Freundin Peristera Bazian zusammen. Zusammen hat das Paar zwei Kinder. Alexis Tsipras wurde am 28.07.1974 in Athen geboren. Bereits während seiner Schuljahre war Tsipras bei den griechischen Linken organisiert. In der Kommunistischen Jugend der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) nahm er unter anderem an Schülerprotesten während der Schulbesetzungen in den Jahren 1990/1991 teil. Die KKE und Griechischen Linken bildeten damals die Allianz „Synaspismos“ („SYN“). Als Studierender engagierte sich Tsipras in Organisationen der „Reformierten Linken“ und leitete die Vereinigung der Studierenden des Bauingenieurwesens mit. Darüber hinaus war er im Vorstand des griechischen Studierendenbundes EFEE. Im Jahre 1999 wurde Tsipras zum Sekretär der Jugendorganisation der Synaspismos gewählt und blieb bis zum dritten Parteitag der Organisation im März 2003 in diesem Amt. Während seiner Amtszeit als Sekretär nahm Tsipras international an globalisierungskritischen Protestaktionen teil und übernahm eine führende Rolle bei der Bildung des griechischen Sozialforums. Im Dezember 2004 wurde Tsipras auf dem vierten Parteitag der Synaspismos mit 42 Prozent der Stimmen als Fünfter in das Zentralkomitee der Allianz und daraufhin in den Vorstand gewählt, wo er für die Themen Bildung und Jugend zuständig war. Im Oktober 2006 wurde Tsipras mit 10,5 Prozent als Anführer der Bewegung „Offene Stadt“ in den Stadtrat von Athen gewählt und bekam somit erstmals ein öffentliches Mandat. Auf dem fünften Parteitag der SYN im Februar 2008 wurde Alexis Sypras mit 70 Prozent der Stimmen zum Vorsitzenden dieser Partei bzw. des Linksbündnis SYRIZA gewählt. Damit begann sein politischer Aufstieg in Griechenland. Bereits im Jahre 2004 bildeten SYN und 8 weitere linke Parteien und Organisationen das Bündnis der Radikalen Linken SYRIZA. Bei der Parlamentswahl im Jahre 2004 erreichte das Linksbündnis SYRIZA 3,26 Prozent der Stimmen und kam mit 6 Mandaten erstmals ins griechische Parlament.  Bei den Wahlen 2007 kam SYRIZA auf 5,04 Prozent und 2009 auf 4,6 Prozent der Stimmen. Aus dem Wahlbündnis SYRIZA  entstand am 22. Mai 2012 die Partei SYRIZA, welche bei den Parlamentswahlen im Mai 2012 16,8 Prozent und bei den Parlamentswahlen am 17.06.2012 26,89 Prozent der Stimmen erhielt. Alexis Tsipras blieb auch Vorsitzender der Partei SYRIZA, welche bei der letzten griechischen Parlamentswahl am 25.01.2015 mit 36,34 Prozent der Stimmen dann stärkste Partei werden sollte. Einen Tag später wurde Alexis Tsipras vom griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias zum Ministerpräsidenten Griechenlands ernannt.