Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat am 03.02.2015 zwei Urteile in zwei Verfahren gesprochen. Im ersten Verfahren erhob die Republik Kroatien im Jahre 1999 klage gegen die damalige Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) wegen Völkermords. Konkret ging es um den ethnischen Krieg zwischen Kroaten und Serben mach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Kroatien am 25.06.1991. Dieser Krieg dauerte bis 1995 an, führte unter anderem zum Tod und zur Vertreibung von vielen Kroaten in der Republik Kroaten durch serbische Kräfte. Inwieweit die serbischen Kräfte in Kroatien auch offiziell durch die Armee der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien unterstützt wurden ist umstritten. Unstrittig ist jedoch die politische und materielle Unterstützung der kroatischen Serben durch die damalige Bundesrepublik Jugoslawien bzw. deren Gliedstaat „Republik Serbien“. Konkret machte Kroatien die Serben für 12.500 kroatische Kriegstote, das Leiden von 7.700 kroatischen Kriegsgefangenen und Vertreibungen verantwortlich. Der IGH sprach den Rechtsnachfolger der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien, die Republik Serbien, jedoch am 03.02.2015 vom Vorwurf des Völkermordes frei. Zwar seien im ethnischen Krieg in Kroatien schwere Verbrechen begannen worden, jedoch könne ein Völkermord durch die damalige Bundesrepublik Jugoslawien nicht nachgewiesen werden.
Im Jahr 2010 erhob die Republik Serbien ihrerseits Klage gegen die Republik Kroatien wegen Völkermordes. Hintergrund war die militärische Zurückeroberung von serbisch besetztem kroatischem Territorium im August 1995. Dieser Krieg führte zum Tod und zur Vertreibung von vielen Serben. Konkret ging es in der Klage um 1.719 getötete und 250.000 vertriebene kroatische Serben. Auch hier stellte das Gericht in seinem Urteil vom 03.02.2015 zwar schwere Verbrechen fest, jedoch sei der Republik Kroatien ebenfalls kein Völkermord nachzuweisen. Somit sprach der IGH auch die Republik Kroatien vom Vorwurf des Völkermordes frei.
Juristisch ist damit das Kapitel auf zwischenstaatliche Ebene abgeschlossen. Rechtsmittel gegen die Urteile des Internationalen Gerichtshofes sind nicht möglich. Die Verfolgung von individuellen Straftaten bleibt jedoch hiervon unberührt. Damit ist die Aufarbeitung des Krieges zwischen Kroatien und Serbien jetzt eine reine politische Angelegenheit. Nach Auffassung des serbischen Justizministers Nikola Selaković könne damit ein Kapitel der Vergangenheit geschlossen werden, so dass ein neues, helleres und besseres eröffnet werden kann. Ähnlich äußerte sich die kroatische Außenministerin Vesna Pusić. Nach ihrer Auffassung sei nun in diesem Teil Europas der Weg frei für eine sichere Zukunft der Menschen.