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Kurzbericht über die Situation in der Türkei

Am 29. Oktober 2016 begann die Republik Türkei den 93. Jahrestag ihrer Gründung. Seit dem gescheiterten Putsch am 15. Juli 2016 hat sich die Situation in der Türkei massiv geändert. Im Rahmen des Ausnahmezustands wurden mehr als 35.000 Personen inhaftiert. Des Weiteren wurden Zehntausende Mitarbeiter der Sicherheitskräfte, der Justiz, der Medien und des Bildungswesens aus dem Dienst entfernt.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan wirft dem islamischen Prediger Fethullah Gülen und seinen Anhängern vor hinter dem Putschversuch zu stecken. Diese These ist jedoch umstritten und bisher nicht bewiesen worden. Dennoch wird massiv gegen mutmaßliche Anhänger der sogenannten Gülen-Bewegung vorgegangen. Allerdings fallen darunter auch regierungskritische Journalisten, Angehörige der kurdischen Minderheit und sonstige Gegner des Regimes von Recep Tayyip Erdoğan. So ist der bewaffnete Konflikt zwischen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Republik Türkei wieder aufgeflammt.

Präsident Erdoğan agiert immer autoritärer und selbstherrlicher. So möchte er in der Republik Türkei ein Präsidialsystem einführen, was auf ihn zugeschnitten ist. Die dafür nötige verfassungsändernde Mehrheit im Parlament hat er noch nicht. Allerdings könnten aufgrund des Vorgehens gegen kurdische Politiker die demokratisch bestimmten Mehrheitsverhältnisse im Parlament geändert werden. Die Immunität von rund einem Drittel der Parlamentsmitglieder wurde bereits auf fragwürdiger Weise durch eine zeitlich begrenzte Verfassungsänderung aufgehoben. So ist eine strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung von Parlamentsabgeordneten möglich. Die Sitze würden im Ergebnis wegfallen und so würde die AKP von Erdoğan dann die notwendige Mehrheit auf nicht demokratischer Weise erlangen. Schon jetzt agiert Präsident Erdoğan wie in einem Präsidialsystem und missachtet dabei auch das Gebot der parteipolitischen Neutralität. Ein anderer Weg das Präsidialsystem einzuführen würde eine Volksabstimmung bieten. Hierfür ist ein geringeres Quorum im Parlament nötig. Auch hierfür reicht die Mehrheit der AKP im Parlament noch nicht aus, doch signalisiert eine Oppositionspartei bereits die Bereitschaft eine entsprechende Volksabstimmung zu unterstützen.

In der Türkei werden bereits schon jetzt die Prinzipien des Rechtsstaates massiv verletzt. Mittlerweile werden auch immer mehr Foltervorwürfe gegen die Türkei erhoben. Überhaupt unterschreitet die Unterbringung von Gefangenen menschenwürdige Standards. Jetzt hat Staatspräsident  Recep Tayyip Erdoğan einen Gesetzentwurf zur Einführung der Todesstrafe ins Parlament eingebracht. Die Auffassung Europas dazu stört ihn nicht. Er sieht die Türkei wohl als neue unentbehrliche Regionalmacht an. Wenn das Parlament zustimmen würde, was durchaus wahrscheinlich ist, dann würde Staatspräsident Erdoğan das Gesetz ausfertigen und damit in Kraft setzen. Das wäre das Ende für die ohnehin sehr schwierigen EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei. Allerdings haben einzelne EU-Mitgliedsstaaten immer wieder angekündigt eine EU-Mitgliedschaft der Türkei sowieso ablehnen zu wollen. Entsprechend gering dürfte die Angst der Türkei vor einem Ende der EU-Beitrittsgespräche sein.

Im Jahre 2003 ist die Türkei sehr Hoffnungsvoll unter ihrem damaligen Ministerpräsidenten  Recep Tayyip Erdoğan gestartet. Es kam zu politischen und wirtschaftlichen Reformen, welche zu verbesserten demokratischen, rechtsstaatlichen und sozialen Standards führten. Das verkrustete System wurde ausgebrochen und die Türkei prosperierte politisch und wirtschaftlich. Die Macht des Militärs wurde zurückgeschraubt und einer zivilen Kontrolle unterstellt. Im Konflikt mit den Kurden wurde glaubhaft eine friedliche Lösung angestrebt, welche zu einem Ende des bewaffneten Konfliktes führte. Doch dann kam die Wende in der Politik von  Recep Tayyip Erdoğan. Er agierte zunehmend autoritärer und selbstherrlicher. Die positiven Errungenschaften seiner Politik wurden immer mehr zurückgeschraubt. Jetzt ist die Türkei definitiv in keiner guten Verfassung mehr.