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Makedonische Verhältnisse nach der Parlamentswahl in Slowenien

In der Republik Slowenien fanden am 13.07.2014 vorgezogene Parlamentswahlen statt. Bei diesen Wahlen kam die neugegründete Partei SMC des Verfassungsjuristen Miro Cerar auf 35 Prozent der Stimmen und wird voraussichtlich 38 von 90 Sitze im Parlament erhalten. Die Partei SMC und der Politiker Cerar werden der Mitte des politischen Spektrums zugerechnet. Die konservative SDS  unter Vorsitz des derzeit inhaftierten und ehemaligen Ministerpräsidenten Janez Janša kam auf 21 Prozent der Stimmen. Die SDS kündigte noch am Wahltag an, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen und die Parlamentsarbeit zu boykottieren.

Miro Cerar, Parteivorsitzender der neu gegründeten SMC (Quelle: 24sata.hr)

Eine ähnliche Situation besteht derzeit auch in der Republik Makedonien. Die oppositionelle und zweitstärkste Partei in Makedonien, die sozialdemokratische SDSM, erkennt das Ergebnis der makedonischen Parlamentswahlen vom 27.04.2014 nicht an und boykottiert die Parlamentsarbeit. Sowohl in der Republik Makedonien als auch in der Republik Slowenien halten die boykottierenden Parteien die Organisation und Durchführung der Wahlen für unfair. Im Falle der Republik Makedonien ist der zunehmende Einfluss der makedonischen Regierung unter dem immer autoritärer agierenden Ministerpräsidenten Nikola Gruevski auf die Medien und die Justiz sowie die Klientelpolitik der regierenden VMRO-DPMNE und DUI ein mögliches Problem für eine faire Wahl. Im Falle Sloweniens kann allerdings nicht davon die Rede sein. Der ehemalige slowenische Ministerpräsident Janez Janša wurde am 27.02.2013 wegen Korruptionsvorwürfen bei einem erfolgreichen Misstrauensvotum vom slowenischen Parlament abgewählt und durch Alenka Bratušek ersetzt. Im Juni 2014 wurde Janša von einem Gericht wegen der Annahme von Schmiergeldern zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt, die er derzeit verbüßt. Die SDS behauptet nun, dass Janša vorsätzlich aufgrund einer verzögerten Urteilsverkündung durch das slowenische Höchstgericht vom Wahlkampf ausgeschlossen worden sei. Deshalb habe es auch keine faire Wahl geben können. Des Weiteren sei Janša davon abgehalten worden persönlich seine Stimme in einem Wahllokal abzugeben. Er hätte allerdings aus dem Gefängnis heraus in Form einer Briefwahl an der Parlamentswahl teilnehmen können. Politiker der SDS vergleichen Slowenien nun mit dem Iran und Russland und Cerar mit dem weißrussischem Diktator Aleksander Lukaschenko. Nach Auffassung der SDS sei eine auf Basis dieses Wahlergebnisses gebildete Regierung illegitim und werde später fallen. Die SDS strebt eine Neuwahl des slowenischen Parlaments an.

Hintergrund für die vorgezogenen Parlamentswahlen war ein Machtkampf innerhalb der regierenden Partei „Pozitivna Slovenija“ (deutsch: Positives Slowenien), welcher zu einer Regierungskrise führte. Die seit dem 27.02.2013 amtierende slowenische Ministerpräsidentin Alenka Bratušek übernahm zuvor im Januar 2013 kommissarisch den Parteivorsitz der Pozitivna Slovenija, nach dem der vorherige Parteivorsitzende Zoran Janković aufgrund von Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste. Auf einen Parteitag der Pozitivna Slovenija am 25.04.2014 kam es jedoch zu einer Kampfabstimmung zwischen  Bratušek und Janković, den Bratušek mit 44,5 % zu 55,5 % verlor. Daraufhin trat Alenka Bratušek am 05.05.2014 vom Amt der Ministerpräsidentin zurück. Die Regierungskoalition zerbrach darauf hin. Für eine neue Regierung fanden sich keine Mehrheiten, so dass es am 13.07.2014 erneut vorgezogenen Parlamentswahlen stattfinden mussten. Auch in der Republik Makedonien kam es zu vorgezogenen Parlamentswahlen, bei denen die Regierungsparteien VMRO-DPMNE und DUI allerdings immer wieder eine Mehrheit erhielten. Im Falle Sloweniens gewann eine neue Partei die Parlamentswahl. Die bisher regierende Pozitivna Slovenija unter Vorsitz von  Zoran Janković scheiterte an der Vier-Prozent-Hürde. Auch die älteste slowenische Partei, die konservative SLS, schaffte nicht mehr den Einzug in das slowenische Parlament. Die noch amtierende Ministerpräsidentin  Alenka Bratušek trat mit einer neuen Partei an und dürfte die Vier-Prozent-Hürde voraussichtlich überschritten haben.

Die Partei der Pensionisten DeSUS kam auf 10 Prozent der Stimmen und die sozialdemokratische Partei SD nur noch auf 6 Prozent der Stimmen. Bisherige Wählerinnen und Wähler der SD dürften dieses Mal die Vereinigte Linke gewählt haben, die auch auf 6 Prozent der Stimmen kam. Die Vereinigte Linke wurde auch von Vertretern der Protestbewegung unterstützt, die für Massendemonstrationen vor eineinhalb Jahren gegen die Politik in Slowenien verantwortlich waren. Sowohl die Partei von Alenka Bratušek als auch die DeSUS, SD und Vereinigte Linke könnten mögliche Koalitionspartner für die SMC unter Vorsitz von Miro Cerar sein.

Die Parlamentswahl in Slowenien hat das bisherige politische Establishment weggefegt. Die Folgen der Finanzkrise und Korruption in der Politik ließen das Vertrauen der slowenischen Wählerinnen und Wähler in die bisherigen Parteien massiv schwinden. Hier liegt auch der große Unterschied zur Republik Makedonien. In der Republik Makedonien setzen die Wählerinnen und Wähler mangels von Alternativen bisher auf die derzeitigen Regierungsparteien. Allerdings muss dies nicht so bleiben, so dass es auch bei einer makedonischen Parlamentswahl einmal zu einem politischen Erdbeben kommen könnte. Die politischen Rahmenbedingungen in der Republik Makedonien weisen durchaus Parallelen zur Situation in Slowenien auf. Vergleichbar mit der Situation in der Republik Makedonien sind in Slowenien jedoch mehrere vorgezogene Parlamentswahlen und der Parlamentsboykott durch die zweitstärkste Partei. Sowohl die weitere politische Entwicklung im EU-Mitgliedsstaat Slowenien als auch in der Republik Makedonien als EU-Beitrittskandidat dürfte interessant bleiben.