Die Republik Serbien steckt bezüglich der Krise in der Ukraine und ihrem Verhältnis zur Russischen Föderation in einer außenpolitischen Zwickmühle. Auf der einen Seite erhält Serbien große Unterstützung von Russland. So unterstützt Russland die serbischen Position in der Kosovo-Frage und verhindert als Veto-Macht im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Aufnahme des Kosovo in die Vereinten Nationen. Damit bleibt dem Kosovo ein wichtiger Schritt zur Umsetzung seiner völkerrechtlichen Eigenständigkeit verwehrt. Des Weiteren unterstützt Russland das krisengeschüttelte Serbien wirtschaftlich. So hat Serbien einen Kredit in Höhe von 800 Millionen US-Dollar von der Russischen Föderation erhalten, damit es seine Eisenbahn modernisieren kann. Weitere 700 Millionen US-Dollar Kredit erhielt Serbien, damit es seinen Haushalt konsolidieren kann. Am serbischen Erdölkonzern NIS (Nafta Industrija Srbije) ist die russische Gasprom mit 40 Prozent beteiligt und für eine durch Serbien verlaufende Gaspipeline (Southstream) plant Russland Investitionen in Höhe von zwei Milliarden Euro. Auch historisch hat Serbien immer wieder Unterstützung von Seiten Russlands erfahren. Das serbische Volk hat ebenfalls ein sehr positives Bild von Russland und sieht im russischen Volk ein Brudervolk.
Auf der anderen Seite strebt Serbien, ebenfalls unterstützt von einer breiten Mehrheit in der serbischen Bevölkerung, nach Mitgliedschaft in der Europäische Union (EU). Im Januar 2014 haben offizielle Beitrittsverhandlungen zwischen Serbien und der EU begonnen. Auch die territoriale Integrität der Staaten wird von Serbien, insbesondere wegen der Kosovo-Frage und der damaligen NATO-Militärintervention, besonders unterstützt. So unterstützt Serbien ausdrücklich die territoriale Integrität der Ukraine und sieht auch die Krim weiterhin als völkerrechtlichen Bestandteil der Ukraine an. Doch genau hier wird die serbische Außenpolitik zum Spagat. Serbien kann einerseits nicht die russische Außenpolitik gegenüber der Ukraine unterstützten, müsste sie eigentlich verurteilen. Andererseits kann sie sich nicht der Sanktionspolitik der EU und des Westens gegenüber Russland anschließen. Serbien kann nur den Weg der Neutralität gehen. Die Frage ist nur, wie lange wird dieser Weg der Neutralität von den westlichen Staaten bzw. der EU und Russland akzeptiert werden. Serbiens Handlungsmöglichkeiten sind aufgrund einer schweren Wirtschaftskrise und einer damit verbundenen Arbeitslosenquote von 27 Prozent stark eingeschränkt. Es braucht einerseits die europäische Integration, andererseits die Unterstützung Russlands. Keine Option ist für Serbien allerdings bisher ein Beitritt zur NATO. Dieser ist auch in der serbischen Bevölkerung sehr unpopulär. Zuletzt konnte Serbien überdies mit russischer Unterstützung wieder drei Jagdflugzeuge von Typ Mig-21 und Mig-29 einsatzbereit machen. Serbien unterhält auch ein Freihandelsabkommen mit der Russischen Föderation.
Am 20.10.2014 wird der russische Staatspräsident Wladimir Putin die serbische Hauptstadt Belgrad besuchen. Anlass ist der 70. Befreiungsjahrestages Belgrads von der deutschen Besatzung durch die Rote Armee. Im Jahr 2015 wird Serbien den Vorsitz in der OSZE von der Schweiz übernehmen und verantwortungsvoll in der Ukraine-Krise agieren müssen. Wenn alle Seiten die bisherige serbische Neutralität akzeptieren, könnte Serbien vielleicht als Brücke zwischen Ost und West in der Krise vermitteln und damit einen wertvollen Beitrag zu Frieden und Stabilität leisten.