Das Kosovo erklärte am 17.02.2008 als „Republik Kosovo“ seine Unabhängigkeit von der Republik Serbien. Die Unabhängigkeit des Kosovo wird von Serbien nicht anerkannt und ist bis heute auch international und völkerrechtlichen umstritten. Bisher haben 111 von 193 Staaten und damit die Mehrheit der Staaten auf der Welt das Kosovo bilateral anerkannt. Eine Aufnahme des Kosovo in die Vereinten Nationen (VN) konnte bisher nicht erfolgen. Die Russische Föderation unterstützt als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Position der Republik Serbien in der Kosovo-Frage und blockiert als Veto-Macht eine mögliche Aufnahme des Kosovo in die Vereinten Nationen. Auch fünf Staaten der Europäischen Union (EU) erkennen die Unabhängigkeit des Kosovo nicht an. Es handelt sich hierbei um die EU-Staaten Griechenland, Rumänien, Spanien, Slowakei und Zypern. Seit einigen Jahren finden unter der Vermittlung der EU bilaterale Gespräche zwischen dem Kosovo und Serbien statt. Dabei geht es allerdings nicht um den Status des Kosovo, sondern um praktische Fragen. Gleichwohl muss eines Tages die Kosovo-Frage endgültig und nachhaltig geklärt werden.
Historischer Überblick
Das Kosovo gehörte bis zum 12. Jahrhundert zum Byzantinischen Reich. Allerdings geriet das Kosovo ab dem 9. Jahrhundert zeitweise auch unter bulgarischer Herrschaft. Zwischen dem Ende des 12. und den ersten zwei Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts wurde das Kosovo schrittweise Teil des serbischen Reiches, das zu dieser Zeit unter der Herrschaft von Stefan Nemanja stand. Zu dieser Zeit lebten im Kosovo sowohl Albaner als auch Serben. Am 28.06.1389, dem Sankt-Veits-Tag (Vidovdan), fand zwischen der osmanischen Streitmacht unter Führung von Murat I. und der serbischen Streitmacht unter Führung des Zaren Lazar die Schlacht auf dem Amselfeld statt. Dabei wurden beide Anführer nach der Schlacht durch die jeweils andere Seite ermordet. In der serbischen Streitmacht kämpfte auch ein albanisches Kontingent gegen die Osmanen. Das Osmanische Heer schlug die christliche Streitmacht von Serben und Albanern verheerend und beendete damit die Existenz des serbischen Feudalstaates. Das serbische Großreich unter dem Zaren Dušan, das von der Donau bis zum Golf von Korinth gereicht hatte, war bereits zuvor in eine Reihe von kleineren Königreichen und Fürstentümern zerfallen. Nach der Schlacht auf dem Amselfeld begann schrittweise eine 500-jährige Herrschaft der Osmanen auf dem Balkan. Das Kosovo selbst geriet ab 1455 endgültig unter osmanischer Herrschaft. Im Jahre 1690 kam es zu einem Exodus von über 30.000 serbischen Familien aus dem Kosovo nach Ungarn. In Folge ließen sich jetzt vor allem Albaner im Kosovo nieder, die größtenteils den islamischen Glauben annahmen und so zu privilegierten Bürgern des Osmanischen Reiches wurden. Aufgrund ihrer guten Integration und privilegierten Stellung entwickelte sich erst sehr spät eine albanische Nationalbewegung. Erst mit der Gründung der „Liga von Prizren“ im Jahre 1878 setzten sich die Albaner erstmals für ein autonomes Albanien einschließlich des Kosovo im Rahmen des Osmanischen Reiches ein. Zu dieser Zeit waren die Autonomie- und Unabhängigkeitsbestrebungen von Griechenland, Bulgarien, Serbien und Montenegro bereits erfolgreich verlaufen und führten zu entsprechenden Staatenbildungen. Doch erst die diktatorische Herrschaft des jungtürkischen Komitees für Einheit und Fortschritt führten im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zu einem Bruch der Albaner mit der osmanischen Oberhoheit. Im Jahre 1910 kam es in der heutigen kosovarischen Hauptstadt Priština zu einem Aufstand der Albaner gegen die osmanische Herrschaft und schon zwei Jahre später, am 28.11.1912, erfolgte die Proklamation des albanischen Staates als Fürstentum. Das Kosovo kam allerdings zu Serbien und nicht zu Albanien. Diese Tatsache begründete die Kosovo-Frage und machte einen Großteil der albanischen Frage aus.
Der serbische Kosovo-Mythos
Die Schlacht auf dem Amselfeld ging für die Serben verloren und sie gerieten über 500 Jahre unter
die Herrschaft des Osmanischen Reiches. An sich sprechen die historischen Fakten gegen die hohe Bedeutung des Kosovo für das serbische Nationalbewusstsein. Es ist vielmehr der Kosovo-Mythos der die Bedeutung des Kosovo für die Serben ausmacht und der die bloßen historischen Ereignisse überlagert. Es geht bei diesem Mythos um die Erzählungen und Sagen von den Heldentaten der serbischen Kämpfer, die seit der Schlacht auf dem Amselfeld von Generation zu Generation überliefert wurden. Die Heldentat des serbischen Ritters Obilić, der den osmanischen Sultan Murat I. tötete. Die des serbischen Zaren Lazar, der lieber in den Tod ging, als sich dem osmanischen Sultan zu unterwerfen. Von einem Rabenpaar, das der Zarin Milića die Kunde vom Untergang der serbischen Streitmacht brachte und von dem Mädchen vom Amselfeld, welches nach der Schlacht auf dem Amselfeld die verwundeten Ritter wusch und mit Brot und Wein labte. Dieser Kosovo-Mythos geht allerdings über eine Verklärung der historischen Ereignisse weit hinaus und erreicht bei den orthodoxen Serben auch eine religiöse Dimension. So sei der Prophet Elias in der Gestalt eines grauen Falken aus Jerusalem herbeigeflogen und habe den serbischen Zar Lazar vor die Wahl gestellt, zwischen einem irdischen Reich und dem Himmelreich zu entscheiden. Im ersten Fall würde er die Osmanen in der Schlacht auf dem Amselfeld vernichten, im letzten Fall jedoch mit seinem Heer untergehen. Der Zar entschied sich für das Himmelreich und damit für den Untergang mit seinem Heer. Somit sei die Schlacht auf dem Amselfeld keine Niederlage gewesen, sondern ein Opfergang. Aufgrund dieses religiösen Mythos bezeichnen sich die Serben auch als „Volk des Himmels“ und sehen sich aufgrund der Wahl und des Opferganges des Zaren in einer Ahnenreihe von christlichen Märtyrern. Ohne das Kosovo gebe es das heutige Volk der Serben nicht. Daher betrachten die Serben das Kosovo auch als die Wiege des Serbentums. Nicht die tatsächlichen historischen Ereignisse, sondern vor allem der Kosovo-Mythos machen die hohe Bedeutung des Kosovo für die Serben aus.
Die Kosovo-Frage und die albanische Frage
Die Kosovo-Frage ist mit der albanischen Frage assoziiert. Die albanische Frage selbst ist mit der Proklamation des albanischen Staates am 28.11.1912 während des Ersten Balkankrieges entstanden. Zu dieser Zeit existierten bereits die Staaten Griechenland, Bulgarien, Serbien und Montenegro mit ihren Nationen. Der bis 1912 noch zum Osmanischen Reich gehörende Teil von Europa mit Makedonien wurde nach den Balkankriegen und dem Ersten Weltkrieg größtenteils zwischen Griechenland, Serbien bzw. Jugoslawien und Bulgarien aufgeteilt. Für Albanien blieb ein Territorium übrig, das wesentlich kleiner war, als die albanischen Siedlungsgebiete es gewesen sind. So blieb ca. ein Drittel der albanischen Bevölkerung außerhalb Albaniens. Deren staatsrechtliches Schicksal begründet die albanische Frage, die noch bis heute fortbesteht. Der größte Teil der albanischen Siedlungsgebiete außerhalb Albaniens lag im nun zu Serbien gehörenden Kosovo. Der Grund für die Situation Albaniens war die bereits oben beschriebene, relativ späte albanische Nationalbewegung. Im Osmanischen Reich waren die hauptsächlich muslimischen Albaner gut integriert und gehörten zum Teil auch zur osmanischen Elite. Der albanische Staat wurde von den europäischen Mächten am 29.07.1913 anerkannt. Die Grenzen Albaniens sind seit dem nicht wesentlich verändert worden, so dass zunächst etwa ein Drittel der Albaner im Königreich der Serben, Kroaten und Slowenien bzw. dem Königreich Jugoslawien und in Griechenland lebten. Nur während des Zweiten Weltkrieges wurde unter italienischer Herrschaft vorübergehend unter Einschluss der anderen albanischen Siedlungsgebiete ein Großalbanien bzw. ethnisches Albanien geschaffen, das zwischen 1941 und 1944 bestand. Nach dem Zweiten Weltkrieg galten allerdings wieder die Vorkriegsgrenzen und die Kosovo-Frage bzw. die albanische Frage blieb bestehen.
Die Entwicklung des Kosovo im Rahmen der jugoslawischen Föderation (1945 bis 1980)
Auf der zweiten Sitzung des „Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Jugoslawiens“ (AVNOJ) im bosnischen Jajce am 29.11.1943 wurde die künftige staatsrechtliche Struktur Jugoslawiens festgelegt. Jugoslawien sollte demnach aus einer Föderation gleichberechtigter Nationen und Nationalitäten bestehen, deren Selbstbestimmungsrecht bis einschließlich dem Recht zur Abspaltung garantiert würde. An der Sitzung in Jajce nahmen die kosovarischen Kommunisten allerdings nicht teil. Sie nahmen jedoch das auf der zweiten Sitzung des AVNOJ proklamierte Selbstbestimmungsrecht bis hin zur Abspaltung wörtlich und erklärten auf einer Konferenz Ende des Jahres 1943 in einem zu Albanien gehörenden Dorf den Anschluss des Kosovo an Albanien. Sowohl die serbischen als auch die jugoslawischen Kommunisten unter Josip Broz Tito lehnten jedoch die Aufgabe serbischen bzw. jugoslawischen Territoriums sowie eine Revision der bestehenden Grenzen ab. Unter großem Druck mussten die kosovarischen Kommunisten daraufhin im Juli 1945 den Anschluss des Kosovo an die „Volksrepublik Serbien“ erklären. Formell erhielt das Kosovo den Status eines „autonomen Gebietes“ („Oblast“) im Rahmen der „Volksrepublik Serbien“. Im Jahre 1963 wurde daraus eine „autonome Provinz“ („Prokrajina“) im Rahmen der „Sozialistischen Republik Serbien“. Die Autonomie des Kosovo bestand allerdings bis Ende der 60er Jahre nur formell. Tatsächlich herrschte Serbien mit harter Hand im Kosovo und unterdrückte alle Autonomiebestrebungen. Die jugoslawische Führung ließ der serbischen Führung bei ihrer Kosovo-Politik freie Hand. Unter dem jugoslawischen Innenminister Alexander Ranković herrschte bis zu seinem Sturz ein Polizeiregime im Kosovo.
Nach dem Sturz von Ranković im Juli 1966 kam es zu einer umfangreichen Reform des bis dato restriktiven Sicherheitsapparates und zu einer allgemeinen Liberalisierung in der Kosovo-Politik. Innerhalb von zwei Jahren wurden die kulturellen Rechte der albanische Kosovaren tatsächlich erweitert und sogar die Gründung einer albanisch-kosovarischen Universität in Priština zugestanden. In dieser liberaleren Atmosphäre demonstrierten die albanischen Kosovaren im Herbst 1968 gegen ihre korrumpierte Führung und für eine Ausdehnung ihrer Rechte in der Politik und Wirtschaft. Tatsächlich kam es in mehreren Schritten bis 1974 zu umfangreichen Reformen in Staat und Gesellschaft. Die Ergebnisse dieser Entwicklung fanden sich auch in der letzten Verfassung der „Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien“ („SFRJ“) vom 21.02.1974 wieder. Im Rahmen dieser Verfassung wurde der staatsrechtliche Status des Kosovo deutlich aufgewertet. Das Kosovo wurde in dieser Verfassung als sozialistisch autonome Gebietskörperschaft definiert, die sich auf der Macht und die Selbstverwaltung der Arbeiterklasse und aller arbeitenden Menschen gründete. Des Weiteren wurde das Kosovo in dieser Verfassung zu einem eigenständigen Subjekt der jugoslawischen Föderation aufgewertet. Zwar blieb das Kosovo weiterhin staatsrechtlich im Verband der Sozialistischen Republik Serbien, war jedoch auf der Ebene der jugoslawischen Föderation den Sozialistischen Republiken weitgehend gleichgestellt. Es hatte in allen Organen der SFRJ seine eigenen Vertreter und wurde dort nicht durch die Sozialistische Republik Serbien vertreten. Von der jugoslawischen Föderation wurden deutlich mehr Kompetenzen auf die Republiken übertragen, so dass an mancher Stelle der Eindruck entstehen konnte, dass die jugoslawische Föderation mehr einer Konföderation gleiche. So erhielten die Sozialistischen Republiken unter anderem auch Kompetenzen in der Außen- und Verteidigungspolitik. Trotzdem wurde verfassungsrechtlich bekräftigt, dass die jugoslawische Föderation als staatliche Gemeinschaft ihrer Sozialistischen Republiken und Sozialistisch Autonomen Gebietskörperschaften (Kosovo und Vojvodina) im Verband der Sozialistischen Republik Serbien ein Bundesstaat sei. Im Rahmen ihrer aufgewerteten Autonomie konnten die albanischen Kosovaren weitgehend unbeeinflusst durch die Sozialistische Republik Serbien ihre Rechte ausüben und sich selbst regieren.
Das Kosovo nach dem Tod von Tito (1980 – 1989)
Nach dem Tod der jugoslawischen Integrationsfigur und des Präsidenten der SFRJ Josip Broz Tito am 04.05.21980 traten die sich in den siebziger Jahren abzeichneten wirtschaftlichen Probleme immer stärker zu Tage. Diese Probleme führten innerhalb von zehn Jahren zu einer schweren Systemkrise, zum Aufbrechen von nationalen Gegensetzen, zum ethnisch bedingten Bürgerkrieg und zum Zerfall der SFRJ. Bereits Ende März 1981 kam es im Kosovo zu einem ersten Vorspiel zum späteren Bürgerkrieg. In diesen Tagen gingen in Priština, der Hauptstadt der autonomen Gebietskörperschaft Kosovo die Studierenden auf die Straße. Was als normale Studierendendemonstration begann, griff Anfang April auch auf andere Teile des Kosovo und seiner Bevölkerung über, die zu rund 90% aus ethnischen Albanern besteht und insgesamt 2 Millionen Einwohner ausmachen. Da bei diesen Massendemonstrationen auch die Forderung nach einer eigenen „Sozialistischen Republik Kosovo“ im Rahmen der SFRJ anstelle einer Sozialistisch Autonomen Gebietskörperschaft im Rahmen der Sozialistischen Republik Serbien erhoben wurde, griff die Polizei des Kosovo, in der die Serben noch immer das stärkste Kontingent stellten, brutal ein. Die Lage im Kosovo konnte erst unter Kontrolle gebracht werden, nachdem das Präsidium der SFRJ Einheiten der Bundespolizei und der jugoslawischen Streitkräfte einsetzte. Von serbischer Seite wurde ab Mitte der 80er immer deutlicher der hohe Grad an Autonomie für das Kosovo kritisiert. Die hohe Autonomie des Kosovos führe nicht nur zu einer Beschneidung der Staatlichkeit Serbiens, sondern auch zu einer Unterdrückung der im Kosovo lebenden Serben durch die albanischen Kosovaren. Tatsächlich wanderten viele Serben aus dem Kosovo ab, was vor allem wirtschaftliche Gründe hatte. Das Kosovo war das wirtschaftlich am unterentwickelteste Gebiet und Armenhaus Jugoslawiens. Während im jugoslawischen Durchschnitt von 1000 Einwohnern 254 im sogenannten vergesellschafteten Sektor der Wirtschaft (staatliche sich selbstverwaltende Betriebe) tätig waren, waren es im Kosovo nur 107. Die Zuwachsrate des Sozialproduktes im Kosovo erreichte nur die Hälfte des jugoslawischen Durchschnitts. Die Kluft zwischen dem Kosovo und den entwickelten Teilen der jugoslawischen Föderation war sehr groß und wurde trotz der Zuwendungen aus dem Bundesfond für unterentwickelte Gebiete immer größer. Das Verhältnis zwischen der Sozialistischen Republik Serbien und seiner Sozialistisch Autonomen Gebietskörperschaft Kosovo wurde immer spannungsreicher. Vor allem in Serbien setzten sich ab Mitte der 80er Jahre immer mehr die nationalistischen Hardliner durch.
Von 1988 bis 1990 beseitigte der damalige serbische Machthaber Slobodan Milošević, der von 1986 bis 1989 zunächst Vorsitzender des Bundes der Kommunisten Serbiens und ab Mai 1989 Präsident der Sozialistischen Republik Serbien war, durch eine aggressive Politik in verfassungswidriger Weise die Autonomie des Kosovos. Zunächst wurden Kampagnen gegen führende kosovarische Politiker inszeniert. Das ehemalige kosovarische Mitglied des Präsidiums der SFRJ Fadil Hodscha, der auch Stellvertreter Titos war, wurde aus dem Bund der Kommunisten ausgeschlossen. Im Februar 1988 wurde der Vorsitzende des Bundes der Kommunisten des Kosovo Azem Vllasi trotz seiner linientreuen Haltung zum Rücktritt gezwungen. Als seine Nachfolgerin Kaqushe Jashari im November 1988 ebenfalls zum Rücktritt gezwungen wurde, kam es in Priština zu massiven Protesten. Insgesamt 250.000 Kosovaren beteiligten sich an diesen Protesten und die kosovarischen Bergarbeiter im Kombinat Trepča traten in den Hungerstreik. Die Lage verschärfte sich weiter, als mit Rahman Morina, dem früheren Polizeichef des Kosovo, eine serbische Marionette Parteivorsitzender des Bundes der Kommunisten im Kosovo wurde. Im Februar 1989 dehnten sich die Proteste auf das ganze Kosovo aus. Symbolisches Zentrum dieser Proteste blieb das Bergwerkskombinat Trepča. Die Bergarbeiter forderten den Rücktritt von Rahman Morina und zwei weiteren pro-serbischen Funktionären sowie eine Erklärung für den Ausschluss von Azem Vllasi aus dem Zentralkomitee des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens. Auch protestierten sie dagegen, dass albanische Kosovaren als Nationalisten und Separatisten beschuldigt wurden. Der Vorsitzende des Präsidiums der SFRJ Raif Dizdarević, der Vorsitzende des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens Stipe Šuvar und der serbische Präsident Slobodan Milošević reisten in das Kosovo und versuchten vergeblich auf die Protestierenden einzuwirken. Bereits am 25.07.1988 billigte das Parlament der Sozialistischen Republik Serbien einen Entwurf für eine Verfassungsänderung, die zu einer Einschränkung der Autonomie des Kosovos führen sollte.
Das Ende der Autonomie des Kosovo (1989 – 1992)
Das Parlament der Sozialistischen Republik Serbien beschloss am 23.02.1989 eine Änderung der serbischen Verfassung, mit der die Selbstständigkeit der Sozialistisch Autonomen Gebietskörperschaft Kosovo stark eingeschränkt und die Kontrolle der serbischen Behörden über das Kosovo deutlich erhöht wurde. Diese Vorgehensweise war verfassungswidrig, da zuerst die Parlamente der autonomen Gebietskörperschaften der Verfassungsänderung hätten zustimmen müssen und dann erst das serbische Parlament hätte darüber abstimmen dürfen. Die Massenproteste im Kosovo gegen diese Form der serbischen Kosovo-Politik gingen überdies weiter, so dass das Präsidium der SFRJ die im Kosovo stationierten Einheiten der Bundespolizei verstärkte und am 27.02.1989 nicht näher definierte „Sondermaßnahmen“ über das Kosovo verhängte. Unter dem Druck des Ausnahmezustandes billigte das Parlament der Sozialistisch Autonomen Gebietskörperschaft Kosovo am 23.03.1989 mit 188 zu 10 Stimmen die Änderung der Verfassung der Sozialistischen Republik Serbien. Am 28.03.1989 trat die Änderung der serbischen Verfassung in Kraft. Der serbische Parlamentspräsident Jović sprach anlässlich des Inkrafttretens der Verfassungsänderung von einem historischen Tag: Serbien sei nun wieder mit seinen autonomen Provinzen vereint und damit sei ein Fehler der Geschichte korrigiert worden.
Aufgrund der Verfassungsänderung hatte Serbien nun die alleinige Zuständigkeit über das Rechtswesen, Sprachfragen, kulturelle Angelegenheiten sowie die innere und äußere Sicherheit auch im Kosovo. Für zukünftige Verfassungsänderungen bedurfte es zudem nicht mehr der Zustimmung der autonomen Gebietskörperschaften. Es folgte eine Politik der Ausgrenzung und Unterdrückung gegenüber den albanischen Kosovaren durch die serbischen Behörden. Anlässlich des 600. Jahrestages der Schlacht auf dem Amselfeld kam es in der Nähe von Priština / Kosovo zu einer Großkundgebung von zirka zwei Millionen Serben. Bei dieser Großkundgebung hielt auch der serbische Präsident Slobodan Milošević eine Rede und schwor sein Volk auf weitere Kämpfe ein. Im März 1990 schränkte Serbien die Autonomie des Kosovo in Sicherheitsfrage weiter ein, verstärkte die serbischen Polizeieinheiten im Kosovo und beschloss die Entlassung von albanischen Kosovaren aus dem Polizeidienst. Am 11.04.1990 trat der Ministerpräsident des Kosovo, Jusuf Zejnulahu, sein Stellvertreter und vier seiner Minister zurück. Sie begründeten ihren Rücktritt damit, dass es ihnen nicht gelungen sei die Lage im Kosovo zu stabilisieren. Daraufhin übernahm Serbien am 17.04.1990 die vollständige Polizeigewalt im Kosovo und hob einen Tag später den seit dem 27.02.1989 bestehenden Ausnahmezustand auf. Dabei wurden über 100 politische Gefangene albanisch-kosovarischer Volkszugehörigkeit wieder freigelassen. Mit dem Rücktritt aller albanisch-kosovarischen Minister aus der Regierung des Kosovo am 23.05.1990 endete weitgehend die Beteiligung der albanischen Kosovaren an der Regierung und Verwaltung des Kosovo.
In Serbien fand am 01.07. und 02.07.1990 ein Referendum über einen neuen Verfassungsentwurf statt. In diesem Referendum entschieden sich 97 Prozent der abstimmenden serbischen Bürger für eine Neuformulierung der serbischen Verfassung noch vor den ersten Mehrparteiwahlen in Serbien. Die albanischen Kosovaren boykottierten dieses Referendum ebenso wie alle später in Serbien stattfindenden Wahlen. Stattdessen beschlossen 114 albanisch-kosovarischen Abgeordnete des insgesamt 180 Mitglieder zählenden Parlaments der Gebietskörperschaft Kosovo am 02.07.1990 die Unabhängigkeit des Kosovos von Serbien im Rahmen der jugoslawischen Föderation. Daraufhin löste Serbien das Parlament und die Regierung des Kosovo auf. Damit war die Selbstverwaltung des Kosovo endgültig beendet. Am 07.09.1990 beschlossen die albanisch-kosovarischen Abgeordneten des aufgelösten kosovarischen Parlaments bei einer Versammlung in Kačanik im Süden der Gebietskörperschaft einstimmig eine neue Verfassung für das Kosovo. Staatsrechtlich wurde das Kosovo in dieser Verfassung als (siebte) Republik der jugoslawischen Föderation definiert. Zum Präsidenten des Kosovo wurde Ibrahim Rugova gewählt. Das serbische Parlament beschloss am 28.09.1990 ebenfalls eine neue Verfassung. Aufgrund dieser trat unter anderem eine Änderung der Staatsbezeichnung von Sozialistischer Republik Serbien in „Republik Serbien“ in Kraft. Die bisher formell autonomen Gebietskörperschaften Kosovo und Vojvodina wurden in dieser Verfassung nicht mehr als autonom bezeichnet und das Kosovo erhielt wieder die alte serbische Bezeichnung „Kosovo und Metohija“. Ein in dieser Verfassung für das Kosovo vorgesehenes Statut wurde nicht mehr umgesetzt. Die albanischen Kosovaren bauten im Kosovo parallele staatliche Strukturen auf und erkannten die der Republik Serbien im Kosovo nicht an. Die Republik Serbien akzeptierten diese zwar nicht, duldeten sie jedoch weitgehend. Am 26.09.1991 stimmten in einem Referendum über 90 % der albanischen Kosovaren für die Unabhängigkeit des Kosovos unter der Bezeichnung „Republik Kosovo. Bei den kosovarischen Parlamentswahlen im Mai 1992 gewann die Demokratische Liga des Kosovo (LDK) unter dem Vorsitz von Ibrahim Rugova, der wieder Präsident des Kosovo wurde, die Wahlen. Er und die LDK standen für einen friedlichen und passiven Widerstand, vergleichbar mit dem damaligen Widerstand von Mahatma Gandi in Indien. Am 27.04.1992 wurde die „Bundesrepublik Jugoslawien“ als gemeinsamer Bundesstaat von Serbien und Montenegro sowie als Rechtsnachfolgerin der SFRJ proklamiert. Auch diese Proklamation wurde von den albanischen Kosovaren boykottiert. Wie im Falle Serbiens erkannten die albanischen Kosovaren auch die Bundesrepublik Jugoslawien nicht an und beteiligten sich dementsprechend nicht an ihrer Organisation. Für sie war Jugoslawien nicht mehr existent.
Der Weg in den Kosovokrieg und die Folgen des Kosovokrieges (1992 – 2006)
Zunächst war der Widerstand der albanischen Kosovaren gegen das serbische Regime im Kosovo friedlich und passiv. In der internationalen Gemeinschaft war die Kosovo-Frage seinerzeit kein großes Thema. Die albanischen Kosovaren lebten in ihren parallelen staatlichen Strukturen und waren dabei weitgehend unbehelligt von den serbischen und jugoslawischen Behörden. Dauerhaft war dieser passive Widerstand jedoch umstritten, da er das Problem um die staatsrechtliche Zukunft des Kosovo nicht löste. Die wirtschaftliche Entwicklung des schon ohnehin sehr armen Kosovo litt stark unter diesem Zustand. Ohne Zuwendungen von albanischen Kosovaren, die im Ausland arbeiteten, war das Kosovo nicht lebensfähig. Dauerhaft führte der Status quo zu einer wachsenden Spannung innerhalb der kosovarischen Gesellschaft, da sie sich eine normale Zukunft und eine prosperierende Wirtschaft wünschten. Im April 1996 wurden nach der Erschießung eines albanischen Kosovaren fünf Serben, darunter ein serbischer Polizist, von der bis dahin unbekannten UCK („Befreiungsarmee des Kosovo“) erschossen. Damit trat die UCK erstmals in Erscheinung. Im November 1997 trat sie bei dem Begräbnis eines von Polizisten erschossenen albanisch-kosovarischen Lehrers erstmals in der Öffentlichkeit auf.
Im März 1998 brach der bewaffnete Konflikt zwischen der UCK auf der einen Seite und den serbischen und jugoslawischen Sicherheitskräften auf der anderen Seite offen aus. Es kam zu ersten Massakern mit vielen Opfern. Die internationale Staatengemeinschaft wurde auf dem Konflikt aufmerksam, doch lehnten die serbischen Bürger bei einem Referendum im April 1998 jede internationale Vermittlung in diesem Konflikt ab. Im Juli 1998 nahm die UCK erstmals für wenige Tage eine kosovarische Stadt ein, die Rückeroberung durch jugoslawische und serbische Sicherheitskräfte forderte rund 100 Tote. Zwischen Juli und Oktober 1998 fand eine umfangreiche Offensive der serbischen Polizei und der jugoslawischen Armee im Kosovo statt, bei der die gesamte Kontrolle über das Kosovo zurückerobert, mehrere hunderttausend Menschen vertrieben und über 100 Dörfer zerstört wurden. Im Oktober 1998 verpflichtete sich der damalige jugoslawische Präsident Slobodan Milošević unter Androhung eines NATO-Luftangriffs zu einem Rückzug der Sicherheitskräfte aus dem Kosovo. Zur Überwachung dieses Rückzugs und eines Waffenstillstands sollten bis zu 2000 unbewaffnete OSZE-Beobachter im Kosovo stationiert werden. Doch im Dezember 1998 brach der Konflikt zwischen der UCK und den jugoslawischen bzw. den serbischen Sicherheitskräften erneut aus, bei dem immer mehr Einheiten der jugoslawischen Armee und der serbischen Sonderpolizei in den Kosovo verlegt wurden.
Unter dem Druck der Ereignisse wurden Vertreter der Bundesrepublik Jugoslawien bzw. der jugoslawischen Republik Serbien und der albanischen Kosovaren zu Verhandlungen gezwungen, die am 16.02.1999 im französischen Rambouillet bei Paris begannen. Am 17.03.1999 unterschrieb die Delegation der albanischen Kosovaren ein Abkommen, wonach das Kosovo als völkerrechtlicher Bestandteil der jugoslawischen Republik Serbien eine umfassende Autonomie erhalten sollte, die vergleichbar mit dem Autonomiestatus des Kosovos von 1974 gewesen wäre. Die UCK sollte gemäß diesem Abkommen entwaffnet werden und NATO-Truppen für die Sicherheit im Kosovo sorgen. Die jugoslawisch-serbische Delegation stimmte dem Autonomiestatus des Kosovo grundsätzlich zu, nicht jedoch dem vorliegendem Plan zur Stationierung von NATO-Truppen. Diese hätten sich nicht nur im Kosovo sondern im ganzen Territorium der Bundesrepublik Jugoslawien frei und uneingeschränkt bewegen dürfen, was als unverhältnismäßige Einschränkung der Souveränität der Bundesrepublik Jugoslawien abgelehnt wurde. Die jugoslawisch-serbische Delegation unterschrieb das Abkommen somit nicht. Als letzter versuchte Richard Holbrooke den damaligen jugoslawischen Präsidenten am 19.03.1999 vergeblich zum Einlenken zu bewegen.
Am 24.03.1999 startete die NATO ohne durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dazu legitimiert zu sein ihre Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Völkerrechtlich begründet wurden die NATO-Angriffe damit, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Die Luftangriffe richteten sich sowohl gegen militärische Einrichtungen als auch gegen zivile Infrastruktureinrichtungen. Die Lufteinsätze dauerten bis Juni 1999 an. Eine mögliche Bodenoffensive wurde bereits in Erwägung gezogen, als am 03.06.1999 das serbische Parlament einem von der G8-Gruppe am 06.05.1999 vorgelegten Friedensplan zustimmte. Auch der damalige jugoslawische Präsident Slobodan Milošević stimmte dem Friedensplan zu. Die militärischen Verhandlungen der Kriegsparteien zogen sich noch bis zum 09.6.1999 hin, an dem die Bundesrepublik Jugoslawien bzw. die jugoslawische Republik Serbien dem Abzug ihrer Sicherheitskräfte aus dem Kosovo zustimmte. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschloss am 10.06.1999 die Resolution 1244, wonach das Kosovo unter Beibehaltung der territorialen Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien zunächst eine zivile Übergangsverwaltung im Rahmen der Vereinten Nationen erhielt (Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo, UMNIK). Für die Sicherheit im Kosovo ist gemäß der noch immer gültigen Resolution 1244 die von der NATO geführte „Kosovo Truppe“ (Kosovo Force, KFOR) zuständig, deren Einsatz am 12.06.1999 begann. Damit endete faktisch die Herrschaft Serbiens über das Kosovo. Die Bundesrepublik Jugoslawien wurde am 04.02.2003 zunächst in den Staatenbund Serbien-Montenegro umgewandelt, der Rechtsnachfolger der Bundesrepublik Jugoslawien war. Am 03.06.2006 erfolgte die Unabhängigkeitserklärung Montenegros, woraufhin Serbien formell und völkerrechtlich anerkannt am 05.06.2006 die Rechtsnachfolge des Staatenbundes Serbien-Montenegro antrat.
Der Weg des Kosovo in die umstrittene Unabhängigkeit (2006 bis 2008)
Das Kosovo blieb völkerrechtlich Bestandteil der Republik Serbien, auch wenn Aufgrund der Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen das Kosovo zunächst eine zivile Übergangsverwaltung im Rahmen der Vereinten Nationen erhielt. Als Rechtsnachfolgerin der Bundesrepublik Jugoslawien bzw. des Staatenbundes Serbien-Montenegro galt die Resolution 1244 jetzt für die Republik Serbien und ihre territoriale Integrität. Unter Vermittlung der Kosovo-Troika aus Europäischer Union (EU), Russischer Föderation und Vereinigter Staaten von Amerika (USA) begannen am 20.02.2006 Verhandlungen über den Status des Kosovo zwischen serbischen und albanisch-kosovarischen Vertretern. Geleitet wurden diese Gespräche vom ehemaligen finnischen Staatspräsidenten Martti Ahtisaari. Die albanisch-kosovarische Seite forderte die volle staatliche Unabhängigkeit des Kosovo, während die serbische Seite eine sehr weitreichende Autonomie zugestehen wollte. Auch auf die kommunale Gliederung des Kosovo und besondere Formen der kommunalen Autonomie für die jeweilige Volksgruppe konnten sich die albanisch-kosovarischen und die serbischen Verhandlungsführer nicht einigen. Da es zwischen den Vertretern des Kosovo und der Republik Serbien zu keiner Einigung kam, stellte der Gesprächsleiter Martti Ahtisaari am 02.02.2007 einen Status-Vorschlag für das Kosovo vor. Dieser sogenannte Martti-Ahtisaari-Vorschlag sah für das Kosovo eigene nationale Symbole und die mögliche Mitgliedschaft in internationalen Organisationen vor. Im Falle des Kosovo sollte es sich gemäß diesem Vorschlag um eine international überwachte Unabhängigkeit handeln, wobei der Begriff „Unabhängigkeit“ im Vorschlag nicht vorkam. Die Gemeinden des Kosovo mit einer serbischen Majorität sollten eine besondere Form der Autonomie erhalten und auch Beziehungen zur Republik Serbien unterhalten können. Insgesamt sah der Plan großzügige Regelungen für die Minderheiten vor.
Der Vorschlag war sowohl auf kosovarischer als auch auf serbischer Seite umstritten. Für die Kosovaren gingen die Autonomieregelungen für die serbischen Kosovaren zu weit, doch akzeptierten sie den Plan letztendlich. Für Serbien waren die Unabhängigkeit des Kosovos und damit die Verletzung der territorialen Integrität Serbiens nicht hinnehmbar. Sie lehnten den Vorschlag daher grundsätzlich ab. Die weiteren Verhandlungen zwischen dem Kosovo und Serbien endeten am 28.11.2007 ergebnislos. Die westlichen Staaten signalisierten die Bereitschaft die Unabhängigkeit des Kosovo wohl zu akzeptieren, was die albanischen Kosovaren bestärkte am 17.02.2008 die Unabhängigkeit des Kosovo auszurufen. An diesem Tag beschloss das kosovarische Parlament mit 109 von insgesamt 120 Stimmen die Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien unter der Bezeichnung „Republik Kosovo“. Serbien wies die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo umgehend als illegal und illegitim zurück und verwies dabei auf die Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Die später verabschiedete Verfassung des Kosovo und die staatliche Organisation des Kosovo beruht bis heute auf dem Vorschlag von Martti Ahtisaari.
Der umstrittene Status des Kosovo
Der völkerrechtliche Status des Kosovo ist bis heute nicht völlig umstritten und nicht abschließend geklärt. Bisher haben 111 von 193 Staaten das Kosovo bilateral völkerrechtlich anerkannt. Damit hat eine Mehrheit der Staaten auf der Welt das Kosovo völkerrechtlich anerkannt. Eine Mitgliedschaft des Kosovo in den Vereinten Nationen konnte aufgrund des Widerstands der Russischen Föderation bisher nicht erfolgen. Russland kann als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit seinem Veto einen entsprechenden Beschluss des Sicherheitsrates verhindern. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen kann nur aufgrund eines Beschlusses des Sicherheitsrates neue Mitglieder aufnehmen. Fünf von 28 Staaten der EU (Griechenland, Rumänien, Spanien, Slowakei und Zypern) erkennen das Kosovo ebenfalls nicht an, so dass auch der Beginn von EU-Beitrittsgesprächen mit dem Kosovo und eine Aufnahme des Kosovo in die EU bis auf weiteres nicht möglich sind. Serbien ist bis heute aus politischen und verfassungsrechtlichen Gründen nicht bereit die Unabhängigkeit des Kosovo zu akzeptieren.
Am 8. Oktober 2008 nahm die Vollversammlung der Vereinten Nationen den Antrag der Republik Serbien an, die Rechtmäßigkeit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo durch ein rechtlich nicht bindendes Gutachten des Internationalen Gerichtshofes (IGH) prüfen zu lassen. Die zu prüfende Frage lautete: „Ist die einseitige Unabhängigkeitserklärung durch die provisorische Institution der Selbstverwaltung des Kosovo im Einklang mit dem Völkerrecht?“ Das IGH musste zunächst entscheiden, ob es sich bei der Auslegung strikt an den Wortlaut der Frage halten oder auch die Folgen der Unabhängigkeitserklärung bewerten wollte. Für das Kosovo und Serbien letztendlich unbefriedigend, hielt sich der IGH bei der Bekanntgabe seines Gutachtens am 22.07.2010 eng an die Fragestellung und bewertete nur die Rechtmäßigkeit der Unabhängigkeitserklärung. Aus Sicht des IGH verbiete weder die Praxis des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen noch das Völkerrecht generell einseitige Unabhängigkeitserklärungen. Des Weiteren ging der IGH auf die Frage ein ob die Resolution 1244 des Sicherheitsrates einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo entgegenstünde. Es kam in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass die Unabhängigkeitserklärung nur unter der Voraussetzung unrechtmäßig sei, wenn die in der Resolution 1244 genannten Institutionen der provisorischen Selbstverwaltung diese Erklärung abgegeben hätten. In diesem Fall wäre dies der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen gewesen, der im Rahmen der provisorischen Selbstverwaltung für das Kosovo für auswärtige Angelegenheiten des Kosovo zuständig sei. Wenn hingegen ein anderes Gremien die Unabhängigkeitserklärung des Kosovos abgegeben habe, so könne ein Verstoß gegen die Resolution 1244 nicht gegeben sein. Nach Auffassung des IGH sei das kosovarische Parlament durch die kosovarischen Einwohner legitimiert und kein Teil der provisorischen Selbstverwaltung des Kosovos im Rahmen der Vereinten Nationen.
Diese Auffassung des IGH blieb natürlich unter Völkerrechtlern teilweise umstritten, da auch das kosovarische Parlament als Teil der provisorischen Selbstverwaltung angesehen werden könne. Das wesentliche Problem wurde durch das Gutachten des IGH nicht geklärt: „Ist die Unabhängigkeit des Kosovos als solche mit dem Völkerrecht und der Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vereinbar?“ Das Völkerrecht schützt grundsätzlich die territoriale Integrität der Staaten und sieht das Recht eines Volkes zur Sezession nur unter außergewöhnlichen Umständen vor. In der Regel soll das Selbstbestimmungsrecht der Völker im Rahmen der bestehenden Staaten verwirklicht werden, etwa durch geeignete Formen der Autonomie und der Selbstverwaltung. Die Frage, ob eine großzügige Autonomiereglung für das Kosovo ausgereicht hätte oder ob die Umstände doch eine Unabhängigkeit des Kosovos aus Sicht des Völkerrechts rechtfertigen, bleibt letztendlich offen. International fällt die Antwort auf diese Frage je nach Standpunkt verschieden zwar aus, doch erkennt einer Mehrheit der Staaten das Kosovo als unabhängiges Völkerrechtssubjekt an. Eine Klärung dieser Fragestellung vor dem IGH ist von serbischer Seite durch die Eingrenzung der Frage auf die Unabhängigkeitserklärung als solche verpasst worden. Es ist jetzt wieder eine politische Frage.
Die Entwicklung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo nach 2008
Nach der politischen und rechtlichen Auffassung Serbiens ist das Kosovo weiterhin völkerrechtlicher Bestandteil der Republik Serbien und kein unabhängiger Staat. Diese Auffassung wird von der Mehrheit der Staaten der Welt nicht geteilt. Etwa 111 Staaten haben das Kosovo mittlerweile bilateral völkerrechtlich anerkannt. Allerdings erkennen die UN-Vetomächte China und Russland das Kosovo bisher völkerrechtlich nicht an. Somit konnte das Kosovo daher auch nicht den Vereinten Nationen beitreten. Aus Sicht des Kosovos und der Mehrheit der Staaten der Welt ist das Kosovo ein unabhängiger Staat im Sinne des Völkerrechts. Die bestehenden Differenzen über den Status des Kosovos müssen endgültig im Rahmen einer Übereinkunft zwischen Serbien und dem Kosovo geklärt werden. Dann dürfte der Weg für eine uneingeschränkte völkerrechtliche Anerkennung des Kosovos frei sein. Die Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo sind zwar noch nicht abschließend geklärt und auch noch nicht frei von Problemen, doch konnte ein erfolgreicher Dialog zwischen beiden in Gang gesetzt werden.
Im März 2011 begann zwischen Serbien und dem Kosovo in Brüssel ein von der EU moderierter technischen Dialog. Dieser sollte vor allem die Lebensbedingungen vor Ort verbessern. Im Rahmen dieses Dialoges konnten positive Ergebnisse in den Bereichen Personenfreizügigkeit, Anerkennung von Hochschuldiplomen, integriertes Grenzmanagement, Personenstandsregister und Kataster, freier Warenverkehr und der Teilnahme Kosovos an Regionalorganisationen erzielt werden.
Im Oktober 2012 initiierte die damalige Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspräsident der EU, Catherine Ashton, einen hochrangigen Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo. Dieser Dialog wurde unter der aktuellen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, Frederica Mogherini, fortgesetzt. Im Rahmen dieses Dialoges finden regelmäßig Treffen zwischen dem kosovarischen und dem serbischen Ministerpräsidenten statt. Dieser Dialog führte zur Klärung von praktischen Fragen und zu Fortschritten in den bilateralen Beziehungen.
Im April 2013 wurde zwischen Serbien und dem Kosovo die erste Normalisierungsvereinbarung unterzeichnet. Im Rahmen dieser wurden unter Ausklammerung der Klärung des Status des Kosovos gute nachbarschaftliche Beziehungen vereinbart. Des Weiteren regelt diese Vereinbarung die Integration der serbisch-kosovarischen Parallelstrukturen in Verwaltung, Justiz und Polizei in die kosovarischen Institutionen. Im Gegenzug erhalten die serbischen Kosovaren im Nordkosovo klar definierte und besondere Selbstverwaltungsrechte für ihre Gemeinden. Die mehrheitlich serbisch besiedelten nordkosovarischen Gemeinden können einen Verband bilden, welcher staatliche Kompetenzen wahrnehmen kann. Des Weiteren wurden im Rahmen des Dialogs auch Vereinbarungen über die Implementierung eines integrierten Grenzmanagements und zur gegenseitigen Entsendung von Verbindungsbeamten in die jeweiligen Hauptstädten getroffen.
Der Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo ging weiter. Im Februar 2015 wurde eine Übereinkunft über den Bereich Justiz und im Juni 2016 über die KFZ-Versicherungen unterzeichnet. Am 25.08.2015 unterzeichneten der damalige serbischen Ministerpräsident Aleksandar Vučić und sein damaliger kosovarischer Amtskollege Isa Mustafa vier Erklärungen zur Normalisierung der Beziehungen. Diese Erklärungen betrafen die Bereiche Energie und Telekommunikation, die Errichtung einer Gemeinschaft bzw. eines Verbandes der Gemeinden mit serbisch-kosovarischer Bevölkerungsmehrheit, die Brücke von Mitrovica und die Freizügigkeit. Weitere bilaterale Gespräche zwischen Serbien und dem Kosovo sind geplant.
Die kosovarisch-serbische Frage heute
Noch ist die Anerkennung der völkerrechtlichen Unabhängigkeit des Kosovos in Serbien ein Tabuthema. Nach dem derzeit geltenden serbischen Verfassungsrecht ist das Kosovo integraler Bestandteil Serbiens. Ohne eine Änderung der Verfassung der Republik Serbien dürfte keine serbische Regierung das Kosovo völkerrechtlich anerkennen. Nach dem Ergebnis einer Umfrage des Belgrader Zentrums für Sicherheitspolitik (BCSP) von Januar 2017 würden nur acht Prozent der Serben eine Unabhängigkeit des Kosovos unterstützen. Befragt wurden 1.403 erwachsene serbische Personen. Allerdings lehnen 74 Prozent der Serben eine bewaffnete Auseinandersetzung um das Kosovo ab. Nur 10 Prozent wären bereit mit Waffengewalt das Kosovo für Serbien zurückzugewinnen. Keine Meinung zu dieser Angelegenheit haben 16 Prozent der Serben. Mehr als 75 Prozent der Serben befürworten die unter Vermittlung der Europäischen Union (EU) stattfindenden Gespräche zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo. Nur weniger als zehn Prozent der Befragten würden diesen Prozess zur Normalisierung der Beziehungen abbrechen wollen. 31 Prozent würden jede formelle Lösung annehmen, die nicht die Anerkennung der völkerrechtlichen Unabhängigkeit des Kosovos von Serbien beinhalten würde. 30 Prozent sind der Ansicht, dass jede Übereinkunft, welche die Sicherheit der Serben im Kosovo garantiere, ein guter Ansatz sei. Nur elf Prozent befürworten eine Aufteilung des Kosovos.
Die faktische Unabhängigkeit des Kosovos wird von Serbien hingegen als Realität anerkannt. Laut einer Volkszählung vom April 2011 leben zirka 1,74 Millionen Menschen im Kosovo (ohne die vier Gemeinden nördlich des Ibars). Nach aktuellen Schätzungen der OSZE sind 91 Prozent der Einwohner des Kosovos ethnische Albaner, vier Prozent ethnische Serben und fünf Prozent andere Ethnien (Türken, Bosniaken, Goranen, Roma, Ashkali und sogenannte Ägypter). Der größte Anteil der serbischen Kosovaren lebt im Nordkosovo. Vom ethnischen Standpunkt aus gesehen, hat das Kosovo keine Bedeutung für Serbien. Überdies haben 80 Prozent der Serben keine persönlichen Beziehungen zum Kosovo. Zwei Drittel der Serben waren noch nie im Kosovo und nur 14 Prozent der Serben haben das Kosovo je besucht. Einzig und alleine der Kosovo-Mythos und die Bedeutung des Kosovos für die serbische Kultur und Identität bleiben als emotionale Verbindung der Serben zum Kosovo übrig. Im Kosovo befinden sich mehrere serbische Abteien aus dem Mittelalter, welche unter dem Schutz der UNESCO stehen. Eine abschließende Klärung der Beziehungen zwischen dem Kosovo und Serbien sollte von diesen Realitäten ausgehen.
Mittlerweile spricht auch der serbischen Staatspräsident Aleksandar Vučić ganz offen davon, dass das Kosovo für Serbien verloren sei und die gegebenen Realitäten anerkannt werden müssten. Des Weiteren dürfe das Problem nicht der weiteren Entwicklung Serbiens im Wege stehen, vor allem auf dem Weg in die mögliche EU-Mitgliedschaft. Der serbische Außenminister Ivica Dačić schlug eine Abtrennung des Nordkosovos vor, wo die meisten serbischen Kosovaren leben. Bei einem Erfolg dieses Vorschlags könnte das Kosovo die Abtretung von albanisch bewohnten Gebieten im Preševo -Tal / Südserbien fordern. Neben der Abspaltung vom Nordkosovo müssten die verbleibenden serbischen Kosovaren im Kosovo eine weitgehende Autonomie erhalten. Die serbischen Kirchen und Klöster sollen nach diesem Vorschlag eine Autonomie erhalten, wie sie die Mönchsrepublik Athos im Rahmen der Hellenischen Republik besitzt. Doch auch über eine Änderung der serbischen Verfassung, wonach das Kosovo integraler Bestandteil der Republik Serbien ist, wird nachgedacht. Hierfür wäre neben einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder im Parlament auch die Zustimmung der serbischen Bürgerinnen und Bürger in einem Referendum notwendig. Noch wäre diese Mehrheit nicht gesichert. Allerdings gebe es zumindest die Möglichkeit für Serbien das Kosovo staatsrechtlich anzuerkennen, wie es seinerzeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik der Fall war (Zwei Staaten in Deutschland, welche zwar Völkerrechtssubjekte, nicht jedoch Ausland füreinander waren). Es gibt zumindest Indizien dafür, dass Serbien und das Kosovo für eine pragmatische Lösung bereit wären.
Mögliche Lösungsmodelle finden sich im Artikel „Die Kosovo-Frage und ihre mögliche Lösbarkeit“