Zum Inhalt springen

Wahlen in Bosnien und Herzegowina bestätigen den politischen Status quo

  • von

In Bosnien und Herzegowina fanden am 12.10.2014 Wahlen auf den verschiedenen staatlichen Ebenen statt. Gewählt wurden die Parlamente des Staates Bosnien und Herzegowina, der Föderation Bosnien und Herzegowina (Bosniakisch-kroatische Föderation) inklusive der 10 Kantone und der Serbischen Republik (Republika Srspka) sowie die drei Mitglieder des bosnischen Staatspräsidiums und der Präsident der Serbischen Republik.

Bosnien und Herzegowina ist seit dem Ende des Krieges zwischen den bosnischen Ethnien aufgrund des Friedensvertrages von Dayton vom 14.12.1995 in zwei weitgehend autonome Entitäten geteilt: Die „Föderation Bosnien und Herzegowina“ und die „Serbische Republik“. Die Föderation Bosnien und Herzegowina ist wiederum in 10 Kantone gegliedert. Insgesamt hat der Staat nur rund vier Millionen Einwohner. Grund für die komplizierte Staatsstruktur sind die Gegensätze zwischen den drei staatstragenden Volksgruppen: Bosniaken (Muslime), Kroaten und Serben. Tatsächlich verschlingt die aufgeblähte Staatsstruktur nur unnötig finanzielle und personelle Ressourcen und ist anfällig für Korruption. Politisch und Wirtschaftlich bewegt sich nicht viel im Staate. Eine mögliche Mitgliedschaft von Bosnien und Herzegowina in der Europäischen Union (EU) liegt in weiter ferne. Auf Dauer hat dieses ineffektive Staatskonstrukt keine Zukunft. Die Wirtschaft von Bosnien und Herzegowina liegt am Boden, die Arbeitslosigkeit ist hoch und Armut weit verbreitet.

Bei den Wahlen werden überwiegend die nationalen Parteien der Volksgruppen gewählt, die für den bisherigen Status quo verantwortlich sind. Alternative Parteien oder über-ethnische Parteien haben kaum Chancen. Doch darüber hinaus haben die Wählerinnen und Wähler ohnehin kein Vertrauen, dass sich nach den Wahlen etwas ändert. Die verantwortlichen Parteien und Politiker gewährleisten eben auch keinen Wandel. Viele gehen daher gar nicht erst zur Wahl oder wählen ungültig. Zwischen den Angehörigen der Volksgruppe besteht auch rund 20 Jahre nach dem Krieg noch großes Misstrauen und national gesinnte Auffassungen sind weiter verbreitet.

Auch die Wahl am 12.10.2014 brachte keine großen Überraschungen und bestätigte damit den bisherigen politischen Status quo. In der Föderation Bosnien und Herzegowina, dem größten Landesteil von Bosnien und Herzegowina, wurde die bosniakisch-nationale SDS mit 27,8 Prozent die stärkste Kraft. Die Sozialdemokraten (SDP) kamen auf 9,7 Prozent, nach dem sie bei den Wahlen im Jahre 2010 noch 26,07 Prozent erreicht hatten. Hier kann also noch von einem deutlichen Wechsel der Machtverhältnisse gesprochen werden. Allerdings erfolgte dieser Wechsel zurück zu der schon davor tonangebenden nationalen SDA. Ein Teil der SDP-Wählerinnen und -Wähler entschieden sich bei dieser Wahl für die Demokratska Fronta (DF), die auf 15 Prozent der Stimmen kam und damit hinter der SDA zweitstärkste Kraft wurde. Geleitet wird diese Partei vom ehemaligen SDP-Politiker Željko Komšić. Auch in den Kantonen verlor die SDP an Stimmen, während die SDA wieder zulegte.

In der Serbischen Republik konnte die SDS mehr als 10 Prozentpunkte dazu gewinnen. Die Präsidentenwahl gewann der bisherigen Amtsinhaber Milorad Dodik (SNSD) knapp mit 47,1 Prozent der Stimmen. Sein Herausforderer Ognjen Tadić (SDS) kam auf 45 Prozent der Stimmen. Im Ergebnis geht die SDS gestärkt und die SNSD geschwächt aus den Wahlen hervor.

Im Parlament des Gesamtstaates dominieren die SDA und die SNSD. Erstere Partei strebt einen Bundesstaat mit starker Zentralgewalt an. Letztere Partei möchte nicht nur die bisherige Autonomie der Entitäten erhalten, sondern strebt mehr Unabhängigkeit oder sogar die Abspaltung der Serbischen Republik von Bosnien und Herzegowina an. Des Weiteren unterstützt die SNSD die Schaffung einer eigenständigen kroatischen Entität an, womit die aus 10 Kantonen bestehende Föderation Bosnien und Herzegowina aufgelöst würde. In diesem Fall würde Bosnien und Herzegowina aus drei Entitäten bestehen. Die Schaffung einer kroatischen Entität wird auch von den national gesinnten Mitgliedern der HDZ unterstützt, so unter anderem von dem neugewählten kroatischen Mitglied im bosnischen Staatspräsidium Dragan Cović. Aufgrund dieser Gegensätze dürfte die Regierungsbildung wieder schwierig werden und Monate in Anspruch nehmen. Doch vor allem wird sich aufgrund des Wahlergebnisses politisch nichts bewegen.

Als Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums wiedergewählt wurde der Bosniake Bakir Izetbegović (SDA) und neues Mitglied wurde der Kroate Dragan Cović (HDZ). Im Falle des serbischen Sitzes steht eine endgültige Entscheidung zwischen Željka Cvijanović (SNSD)  und Mladen Ivanić (SDS) noch aus. Sie sind bei Auszählung der Stimmen etwa gleichstark, so dass es bei der endgültigen Bestimmung des Wahlergebnisses auf jede einzelne Stimme ankommt.

Die Wahlbeteiligung lag auf der Ebene des Gesamtstaates bei rund 54 Prozent, in der Föderation Bosnien und Herzegowina bei rund 53 Prozent und in der Serbischen Republik bei rund 57 Prozent.