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Griechenland – Quo Vadis ?

Griechenland steht vor sehr großen Herausforderungen in der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. 300 Milliarden Euro Schulden und ein Defizit von 12,7% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) machen grundlegende Reformen in Staat und Gesellschaft notwendig. Jahrzehntelang hat Griechenland über seine Verhältnisse gelebt und der Europäischen Union falsche Daten über seine Finanzen geliefert. Statt der 12,7% Defizit sind nur 3,0% in der EURO-Zone erlaubt. Diese Finanzpolitik hat auch negative Auswirkungen auf die anderen EURO-Länder, deren genaue Auswirkung noch abzuwarten bleibt.

Gr. Parlament in Athen (Quelle: Flickr.com)

Seit Oktober 2009 wird die Regierung von der Panhellenische Sozialistische Bewegung „PASOK“ unter Ministerpräsident Jorgos Papandreou gestellt. Er setzte sich bei den Parlamentswahlen vom 04.10.2009 mit 44 % der Stimmen gegen den bisherigen Amtsinhaber Kostas Karamanlis von der Nea Demokratia durch, die nur 33,5 % der Stimmen erhielt. Aufgrund des griechischen Wahlrechts verfügt die PASOK im Parlament über die absolute Mehrheit. Jorgos Papandreou sagte als Kernaussage in seiner Botschaft an die griechische Nation: „Wir müssen schnell und entschlossen handeln.“ Er kündigte einschneidende Maßnahmen an, was vor allem Einsparmaßnahmen von seiten des Staates sein werden. Zu den neuen Maßnahmen zählen unter anderem eine erhöhte Besteuerung von Gewinnen, die nicht investiert werden; Steigerung der Einnahmen des öffentlichen Sektors, Anhebung der Steuern auf Treibstoffen, Alkohol und Zigaretten sowie eine aktive Bekämpfung der Korruption. Von der neuen Einkommenspolitik sind nach Aussage des Ministerpräsidenten in erste Linie die kommunale Selbstverwaltung sowie der weitere öffentliche Sektor betroffen. Die Durchschnittsfamilien mit mittleren und niedrigen Einkommen sowie jüngere Generationen sollen gerecht besteuert werden und bei Bedarf auch eine Unterstützung bekommen. Im öffentlichen Dienst kam es bereits zu einer Kürzung der Gehälter. Es wird eine große Kraftanstrengung nötig sein, das Defizit von 12,7 % des BIP auf 3 % des BIP bis zum Jahr 2012 zu senken. Schon jetzt kommt es zu Arbeitsunterbrechungen, Streiks und Blockaden. Nicht überall stoßen die notwendigen Maßnahmen auf Zustimmung in der Bevölkerung. Es muss mit weiteren Arbeitsunterbrechungen, Streiks und Blockaden gerechnet werden. Sogar größere Unruhen sind möglich und können nicht ausgeschlossen werden. Eines ist schon jetzt sicher: Ein weiter so geht nicht. Staat und Gesellschaft müssen sich stark ändern und werden sich durch diese Krise auch ändern. Diese Krise wird im Ergebnis die griechische Nation zusammenschweißen und ihr neue Möglichkeiten eröffnen. Es ist der griechischen Nation zu wünschen, diese Krise erfolgreich zu meistern!

Innenpolitik

Aus der Innenpolitik sollen zwei Themen hervorgehoben werden – Die Wahl von Andonis Samaras zum Vorsitzenden der aktuellen Oppositionspartei „Nea Demokratia“ und die Wiederwahl des bisherigen griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias.

Wahl von Andonis Samaras zum Vorsitzenden der Nea Demokratia

Neu war bei der Wahl des Vorsitzenden der Nea Demokratia am 29.11.2009 die Wahl durch die Parteimitglieder und nicht durch die Parteigremien. Überraschend war, dass sich Andonis Samaras gegen die Favoritin Dora Bakogianni durchsetzte.

Athen, Stündlicher Wechsel der Garde (Quelle: Flickr.com)

Dora Bakogianni ist die Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten Konstantinos Mitsotakis und war bis Oktober 2009 unter dem Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis Außenministerin der Griechischen Republik. Grund für die Wahl des Außenseiters Andonis Samaras war wohl, dass die Parteimitglieder genug von der Herrschaft der Familienclans hatten und einen grundlegenden Neuanfang wollten. Von 1989 bis 1992 war Andonis Samaras Außenminister in einer von der Nea Demokratia gestellten Regierung unter dem Ministerpräsidenten Konstantinos Mitsotakis. Während Mitsotakis für einen Kompromiss im sogenannten Namensstreit mit der Republik Makedonien war, lehnte Samaras jeden Kompromis kategorisch ab und trat deshalb im Jahr 1992 als Außenminister zurück. Samaras gründete seine eigene Partei „Politiki Anixi“ (Politischer Frühling) und erreichte bei der Parlamentswahl am 10.10.1993 4,9 %, was dieser Partei 10 Sitze im Parlament einbrachte. Bei dieser Wahl gewann die PASOK unter Andreas Papandreou, der auch für eine härtere Gangart gegenüber der Republik Makedonien eintrat und vom 16.02.1994 bis zum 14.10.1995 ein Embargo gegen diese Republik verhängte. Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 1994 erreichte die Politiki Anixi mit 8,7 % ihren Zenit und bei den griechischen Parlamentswahlen im Jahr 1996 scheiterte sie mit 2,94 % an der 3-%-Hürde. Das letzte Mal bei einer Wahl trat diese Partei bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahre 1999 an, erlangte mit 2,3 % der Stimmen jedoch keinen Sitz. Vor den griechischen Parlamentswahlen im Jahr 2004 schloss sich Andonis Samaras wieder der Nea Demokratia an und wurde im gleichen Jahr bei den Wahlen zum Europäischen Parlament in das Europäische Parlament gewählt. Im Jahr 2007 wurde Andonis Samaras in das griechische Parlament gewählt und schied deshalb aus dem Europäischen Parlament aus. Im Januar 2009 wurde Andonis Samaras nach einer Regierungsumbildung bis zum Oktober 2009 Kulturminister unter Ministerpräsident Kostas Karamanlis. Nach seiner Wahl zum Parteivorsitzenden der Nea Demokratia am 29.11.2009 durch die Parteimitglieder kündigte er eine konstruktive Opposition an. Er will die Regierung beim Kampf gegen die Finanzkrise grundsätzlich unterstützen. Weiterhin nicht konstruktiv wird seine Haltung zum sogenannten Namensstreit sein. Während der jetzige Ministerpräsident Jorgos Papandreou einen Kompromiss nicht ausschließt, etwa einen Namenszusatz mit geographischer Spezifizierung, lehnt Andonis Samaras weiterhin jeden Kompromiss ab. Er steht dabei auch im Gegensatz zur seiner parteiinternen Rivalin Dora Bakogianni, die ebenfalls für einen entsprechenden Kompromiss eintritt. Eine Wahl von Andonis Samaras zum Ministerpräsidenten der Griechischen Republik würde jeden Kompromiss zwischen Griechenland und der Republik Makedonien sehr wahrscheinlich unmöglich machen und zu einer deutlichen Verschlechterung des bilateralen Verhältnisses führen.

Karolos Papoulias zum Staatspräsidenten wiedergewählt

Das griechische Parlament hat am 03.02.2010 mit den Stimmen der PASOK und der Nea Demokratia Karolos Papoulias erneut zum Staatspräsidenten der Griechischen Republik gewählt. Er erhielt 266 von 300 Stimmen und wird am 12.03.2010 vor dem Parlament für eine zweite Amtszeit vereidigt werden. Karolos Papoulias ist am 04.06.1929 in Ioannina geboren worden. Schon als Vierzehnjähriger war er politisch aktiv, in dem er sich 1943 den Partisanen der Griechischen Volksbefreiungsarmee anschloss. Diese kämpfte in seiner Heimatregion Epirus nahe der albanischen Grenze gegen die italienische Besatzung und die deutsche Wehrmacht. Papoulias studierte Rechtswissenschaften an der Universität in Athen, während der Militärdiktatur von 1967 bis 1974 fand er Asyl in der Bundesrepublik Deutschland. Von dort aus engagierte er sich als Mitarbeiter des griechischen Programms der Deutschen Welle gegen das Militärregime, setzte sein Studium der Rechtswissenschaften fort und promovierte. Nach dem Sturz der Militärdiktatur war er Mitbegründer der PASOK und pflegte mit deren langjährigen Vorsitzenden Andreas Papandreou eine enge Freundschaft. Im Jahre 1977 wurde er bei den Wahlen für den Wahlkreis Ioannina in das griechischen Parlament gewählt und seit dem fortlaufend bis zum Jahr 2004 immer wieder gewählt. 2004 verpasste Karolos Papoulias den Wiedereinzug in das griechische Parlament um 17 Stimmen nur sehr knapp. Von 1981 bis 1984 war er zunächst Staatssekretär im Außenministerium, dann von 1984 bis 1985 stellvertretender Außenminister und von 1985 bis 1989 Außenminister der Griechischen Republik. Dieses Amt bekleidete er noch einmal von 1993 bis 1996. Unter ihm als Außenminister wurde im März 1996 der „Freundschaftsvertrag über Zusammenarbeit, gute Nachbarschaft und Sicherheit“ mit der Republik Albanien abgeschlossen. Im Jahr 2005 schlug der damalige Ministerpräsident Kostas Karamanlis von der Nea Demokratia Karolos Papoulias als Nachfolger von Konstantinos Stefanopoulos für das Amt des Staatspräsidenten vor. Er war der einzige Kandidat und wurde mit 279 von 296 Stimmen im Parlament zum Staatspräsidenten der Griechischen Republik gewählt. Der erste Sozialist in diesem Amt wurde am 12.03.2005 vor dem griechischen Parlament vereidigt. Am 03.02.2010 ist Karolos Papoulias erneut mit überragender Mehrheit für eine zweite Amtszeit durch das griechische Parlament bestätigt worden.

Pantheon, Athen, Griechenland (Quelle: Flickr.com)

Außenpolitik

Aus der Außenpolitik sollen zwei Themen hervorgehoben werden – der sogenannte Namensstreit und der Zypern-Konflikt. Beide Themen sind zur Zeit hochgradig aktuell und bedürfen einer baldigen Lösung. In beiden Fällen geht es auch um die zukünftige EU-Mitgliedschaft von zwei Beitrittskandidaten – der Republik Makedonien und der Republik Türkei.

Der Namensstreit zwischen der Republik Makedonien und der Griechischen Republik

Der Namensstreit soll hier nicht allgemein thematisiert werden, sondern nur die aktuelle Entwicklung angegeben werden. Die Griechische Republik ist nicht bereit den verfassungsmäßigen Namen „Republik Makedonien“ zu akzeptieren. Für Griechenland ist insbesondere das antike Makedonien Teil der griechischen Geschichte und Kultur und damit der Namen Makedonien fest mit der griechischen Identität verbunden. Jede Verwendung des Namens durch andere Völker wird als eine Verletzung der kulturellen Integrität Griechenlands angesehen. Die geschichtliche Entwicklung der materielle Begriffe „Makedonien“ und „Makedonier“ seit der Antike, vor allem die Entwicklung ab 1878 wird dabei teilweise ausgeblendet bzw. nur die für Griechenland negativen Aspekte hervorgehoben. Die aktuelle griechische Regierung unter Ministerpräsident Jorgos Papandreou ist nur bereit einen zusammengesetzten Namen mit geographischer Spezifizierung zu akzeptieren, etwa Republik Nord-Makedonien oder Republik Varda-Makedonien. Dieser Name soll dann auch für die Bezeichnung der makedonischen Nation und Sprache gelten. Eine rein bilaterale Lösung nur im Verkehr zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien wird abgelehnt, der zusammengesetzte Namen soll allgemein gültig sein – ohne jede Einschränkung. Der bisherige Oppositionsführer Andonis Samaras würde als Ministerpräsident sehr wahrscheinlich jeden Kompromiss ablehnen.

Griechenland macht auch die EU- und NATO-Mitgliedschaft der Republik Makedonien von der Lösung des Namensstreits abhängig. So möchte die Griechische Republik eine EU- und NATO-Mitgliedschaft der Republik Makedonien solange blockieren bis der Namensstreit gelöst ist. Dies gilt auch für die Fall, dass die Republik Makedonien unter der UN-Bezeichnung „Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ beitreten möchte. Dagegen hat die Republik Makedonien Klage vor dem Internationalen Gerichtshof eingerecht. Griechenland hat sich in dem Abkommen zwischen Griechenland und der Republik Makedonien zur Normalisierung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen vom 13.09.1995 dazu verpflichtet, Mitgliedschaften der Republik Makedonien unter den Namen „Ehemaligen Jugoslawische Republik Makedonien“ nicht zu verhindern. Griechenland argumentiert, dass die Republik Makedonien ihrerseits gegen dieses Abkommen verstoßen habe, da sie ihre verfassungsmäßige Bezeichnung auch im internationalen Rahmen benutze. Eine Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes steht noch aus.

Die mögliche Mitgliedschaft der Republik Makedonien in der NATO, die sonst alle Voraussetzungen dafür erfüllt, ist zunächst verschoben worden. Bereits im Dezember 2009 sollten die Beitrittsverhandlung über eine EU-Mitgliedschaft zwischen der EU und der Republik Makedonien beginnen. Diese sind zunächst auf März 2010 verschoben worden, ob es dann weiter geht ist noch offen. Der griechische Ministerpräsident Jorgos Papandreou hat die Vision, das alle Balkanstaaten bis zum Jahr 2014, hundert Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges, beigetreten sein sollen. Die Republik Makedonien erfüllt alle notwendigen Voraussetzungen für den Start der EU-Beitrittsgespräche, diese sollten unabhängig von der Lösung des Namensstreits beginnen können. Wahrscheinlich kommt es in diesem Jahr zu einer Intensivierung der Gespräche zur Lösung des sogenannten Namensstreits. Es besteht die berechtigte Hoffnung auf eine Lösung. Sollten die Gespräche jedoch scheitern, kann der Namensstreits noch lange andauern. Die eigentliche Thematik Namensstreit soll an dieser Stelle nicht weiter behandelt werden. Dazu verweise ich auf die Abhandlung „Die erweiterte makedonische Frage als völkerrechtliches Problem“ und den gleichnamigen Artikel hier auf Pelagon.de.
Nur soviel: Namenszusätze zum verfassungsmäßigen Namen der Republik Makedonien oder Namensänderungen lösen das eigentliche Problem nicht. Stattdessen sollte eine Lösung auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen und des Völkerrechts im Rahmen eine neutralen und unabhängigen Expertenkommission gefunden werden. An dieser Expertenkommission sind die betroffenen Parteien, Griechenland und Makedonien, zu beteiligen. Im Rahmen dieser Expertenkommission ist die materielle Bedeutung der Begriffe Makedonien und Makedonier nach personellen, territorialen und zeitlichen Gesichtspunkten zu evaluieren. Denn zu unterschiedlichen Zeiten hat der Begriff Makedonien eine unterschiedliche materielle und territoriale Bedeutung gehabt, das gleiche gilt auch für die personelle Bedeutung des Begriffs Makedonier. Die Ergebnisse der Expertenkommission und die sich daraus ergebenen Abgrenzungskriterien für die Begriffe Makedonien und Makedonier nach personellen, territorialen und zeitlichen Gesichtspunkten sind in einem völkerrechtlichen Vertrag zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien verbindlich festzulegen. Zu Förderung einer effektiven Wahrnehmung des Vertrags-Inhaltes ist auf Basis dieses Vertrages eine entsprechende nationale Bildungspolitik sowie eine nationale und internationale Informationspolitik durchzuführen. Damit kann der Namensstreit im Sinne beider Parteien effektiver und gerechter gelöst werden.

Der Zypern-Konflikt

Es soll hier kurz eine Zusammenfassung über den Zypern-Konflikt gegeben werden, wie er sich seit 1960 entwickelt hat. Am 16.08.1960 wurde die Mittelmeerinsel Zypern als „Republik Zypern“ vom Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland unabhängig. Das Volk der Zyprioten besteht zu zirka 80 % aus Griechen und zu zirka 18 % aus Türken. Schon im Vorfeld der Unabhängigkeit der Republik Zypern wurde der griechisch-türkischer Gegensatz deutlich sichtbar. Die griechischen Zyprioten wollten sich dem griechischen Mutterland, der Griechischen Republik anschließen und die türkischen Zyprioten wollten dies verhindern. Stattdessen traten sie eher für eine Teilung der Insel in einem griechischen und einen türkischen Teil ein. Die Unabhängigkeit der Insel war ein Kompromiss und sollte diese Gegensätze überbrücken. Die Garantiemächte Griechenland, Türkei und Großbritannien sollten gemäß des Abkommens über die Unabhängigkeit der Insel als Republik Zypern diese Unabhängigkeit garantieren. Die Verfassung der Republik Zypern garantierte den türkischen Zyprioten überproportionale Mitspracherechte. So konnte die türkische Volksgruppe nicht durch die griechische Volksgruppe überstimmt werden. Der stellvertretende Staatspräsident war immer ein türkischer Zypriote, auch im Parlament waren die türkischen Zyprioten überproportional vertreten. Als die griechischen Zyprioten dieses System zuungunsten der türkischen Zyprioten einschränken wollten kam es im Jahr 1964 zum offenen Konflikt. Der Konflikt konnte nur durch die Stationierung einer UN-Blauhelmtruppe eingedämmt, jedoch nie völlig beigelegt werden. Von da an kam es immer wieder zu Konflikten zwischen den griechischen Zyprioten und den türkischen Zyprioten. Im Jahr 1974 erreichte diese Entwicklung ihren Höhepunkt. Zu dieser Zeit herrschte in Griechenland eine Militärdiktatur. Die griechisch-zyprische Nationalgarde putschte gegen den Präsidenten der Republik Zypern Makarios und es drohte der Anschluss an Griechenland. Darauf hin griff die Türkei als Garantiemacht militärisch ein und besetzte den Norden der Insel (37 % des Territoriums der Republik Zypern). Sicherlich spielten bei der Besetzung der Insel neben berechtigten Interessen auch strategische Interessen eine Rolle. Im Verlauf des Konflikts flüchteten viele griechischen Zyprioten in den Süden der Insel oder wurden aus dem Norden vertrieben. Umgekehrt flüchteten viele türkische Zyprioten aus dem Süden der Insel in den Norden oder wurden aus dem Süden vertrieben. Seit dem ist die Insel geteilt: In dem griechisch dominierten Süden, dem unbesetzten Teil der Republik Zypern und in dem türkisch dominierten Norden, dem von der Türkei besetzte Teil der Republik Zypern. Im Jahr 1975 wurde im besetzten Norden zunächst der Türkisch-Zypriotische Föderationsstaat ausgerufen, der Teil eines bizonalen zypriotischen Bundesstaates werden sollte. Am 15.11.1983 wurde die Türkische Republik Nordzypern ausgerufen, der bisher nur von der Türkei anerkannt wird. Völkerrechtlich betrachtet gibt es nur die Republik Zypern, deren Territorium die ganze Insel Zypern umfasst. Das Gebiet der Türkischen Republik Nordzypern gilt völkerrechtlich betrachtet als von der Türkei besetztes Gebiet.
Bisher sind alle Wiedervereinigungsgespräche gescheitert. Der von den Vereinten Nationen im Jahre 2004 vorgelegte Plan zur Wiedervereinigung der Insel wurde in einer Volksabstimmung im griechischen Teil von Zypern mehrheitlich abgelehnt und im türkische Teil mehrheitlich angenommen. Seit dem 01.05.2004 ist die Republik Zypern EU-Mitglied und hat als Zahlungsmittel mittlerweile auch den EURO eingeführt. Im Jahre 2005 wurde der gemäßigte türkisch-zypriotische Politiker Mehmet Ali Talat zum Präsidenten der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern gewählt, der im völkerrechtlichen als Anführer der türkischen Volksgruppe auf Zypern bezeichnet wird. Im Februar 2008 wurde der Kommunist Demetris Christofias zum Präsidenten der Republik Zypern gewählt. Sein erklärtes Ziel war und ist die Wiedervereinigung von Zypern. Seit April 2008 finden zwischen Christofias und Talat Gespräche über die Wiedervereinigung der geteilten Insel statt. Ende Januar 2010 fand wieder eine Gesprächsrunde statt, bei der sich auch der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einschaltete. Er reiste mit dem Ziel nach Zypern, die festgefahrenen Gespräche wieder vorantreiben. Bisher konnte keine grundlegende Einigung über die zukünftige Struktur eine zypriotischen Bundesstaates gefunden werden. Sicher ist, dass die Republik Zypern ein bizonaler Bundesstaat werden soll, der aus einem Griechisch-Zypriotischen und einen Türkisch-Zypriotischen Teilstaat bestehen soll. Umstritten ist vor allem die Machtverteilung zwischen dem Bundesstaat und den Teilstaaten. Die griechisch-zypriotische Seite möchte einen starken Bundesstaat, die türkisch-zypriotische Seite einen schwachen Bundesstaat und mehr Rechte für die Teilstaaten. Umstritten ist auch der Status von türkischen Emigranten aus der Türkei, die nach 1974 im besetzten Norden angesiedelt worden sind. Zu den eigentlichen 88.000 türkischen Zyprioten kommen noch 120.000 türkische Emigranten. Als Schwierig erweist sich auch die Klärung der Eigentumsverhältnisse. Durch Flucht und Vertreibung haben Zyprioten im jeweils anderen Landesteil Eigentum verloren, dass von den jeweiligen Zyprioten in den entsprechenden Landesteilen übernommen worden ist. Die Gespräche über die Wiedervereinigung stehen unter großen Zeitdruck. Am 18.04.2010 finden in der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern Präsidentenwahlen statt. Als Favorit gilt der Hardliner und jetzige Regierungschef von Nord-Zypern Dervis Eroglu. Dieser hat zwar angekündigt die Gespräche über die Wiedervereinigung der Insel weiterzuführen, tritt jedoch auch klar für eine endgültige Trennung der beiden Landeshälften ein. Bisher haben die Gespräche zu keinem Durchbruch geführt.

Ausblick

Wo immer auch die Entwicklung in Griechenland in den nächsten Jahren hingehen wird, eines ist schon jetzt relativ sicher: Das Griechenland in einigen Jahren wird ein anderes Griechenland sein als das heutige. Dem griechischen Staat und der griechischen Gesellschaft werden grundlegende und wahrscheinlich auch schmerzliche Reformen nicht erspart bleiben. Diese Reformen werden auch Auswirkungen auf die nationale Identität der Griechen haben. Neben den notwendigen innenpolitischen Reformen wird es auch zu Reformen innerhalb der griechischen Außenpolitik kommen. Der griechisch-türkische Gegensatz, das Zypern-Problem und der sogenannte Namensstreit bedürfen einer Reform der bisherigen Ansätze, die im Ergebnis zu mehr Effektivität und Gerechtigkeit bei einer möglichen Lösungsfindung führen. Die finanzielle Notlage in Griechenland sollte nicht dazu ausgenutzt werden Griechenland zu Konzessionen im außenpolitischen Bereich zu zwingen. Umgekehrt sollte Griechenland seine Mitgliedschaft in der EU und NATO nicht dazu ausnutzen, die Republik Makedonien zu Konzessionen zu zwingen. Die Verhandlungen zwischen der Griechischen Republik und der Republik Makedonien zur Lösung des sogenannten Namensstreit müssen frei, auf Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen und des Völkerrechts, unter zwei gleichwertigen Partnern stattfinden. Nicht der verfassungsmäßige Name der Republik Makedonien sowie der makedonischen Nation und Sprache sollten dabei zur Disposition stehen, sondern die inhaltliche Bedeutung der Begriffe Makedonien und Makedonier nach personellen, territorialen und zeitlichen Gesichtspunkten. Hier und nur hier liegt das wahre Problem, dass gelöst werden kann. Wenn es gelöst worden ist, muss es zur effektiven Wahrnehmung dieser Lösung aufgrund einer entsprechenden nationalen Bildungspolitik sowie einer nationalen und internationalen Informationspolitik durch Griechenland und durch die Republik Makedonien kommen. Die griechischen Identität braucht Makedonien, jedoch nur ihren Anteil an der makedonischen Gesamtgeschichte und Kultur. Wo Griechenland in dieser Frage hingehen wird ist noch offen. Doch bleibt zu Hoffen das Griechenland die Vielseitigkeit der Begriffe Makedonien und Makedonier nicht nur erkennen wird, sondern auch ihren Wert zu schätzen weiß. Makedonien ist ein Wert für sich, ein Wert für Griechenland, ein Wert für die Republik Makedonien und ein Wert für die Welt. Wo auch immer Griechenland hingegen wird, Griechenland und die Republik Makedonien sollen diesen Weg gemeinsam als Freunde und Nachbarn gehen!

Artikel von Andreas Schwarz