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Die spezielle makedonische Frage – Wann kommt die Klärung?

Hintergrund

Der sogenannte Namensstreit zwischen Griechenland und der Republik Makedonien besteht im nächsten Jahr 20 Jahre lang. Immer wieder ist zu lesen oder zu hören, dass beide Seite grundsätzlich an einer Lösung dieses Streits interessiert sind und eine entsprechende Lösung bald erwartet wird. Unter dem Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen Matthew Nimetz wird seit 1994 erfolglos versucht in bilateralen Gesprächen zwischen Griechenland und der Republik Makedonien im Rahmen der Vereinten Nationen eine Lösung des sogenannten Namensstreits zu finden. Immer wieder ist zu lesen oder zu hören, dass Matthew Nimetz  bald mit neuen Vorschlägen kommen wird. Diese Vorschläge beinhalten überwiegend Zusatznahmen zum verfassungsmäßigen Namen der Republik Makedonien mit geographischer Spezifizierung. So lautet einer seiner letzten Vorschläge „Republik Nord-Makedonien“. Der stellvertretende griechische Außenminister Dimitri Droutsas erklärte, dass Griechenland den Namen „Nord-Makedonien“ akzeptieren könnte. Allerdings nur unter der Bedingung, dass dieser Name dann universell gelte und der Name „Republik Makedonien“ im völkerrechtlichen Verkehr und nach Möglichkeit auch staatsrechtlich innerhalb der Republik Makedonien nicht mehr verwendet werde. Die Republik Makedonien wäre nur bereit diesen Namen im bilateralen Verkehr mit Griechenland zu verwenden. Zwischen diesen Positionen gibt es erfolglose Kompromissvorschläge, wonach die Staaten, die die Republik Mazedonien bereits unter ihren verfassungsmäßigen Namen anerkannt haben diesen Namen  weiterhin verwenden können und in allen anderen Fällen die Bezeichnung „Republik Nord-Makedonien“ verwendet werden muss. Umstritten bleibt auch die völkerrechtliche Bezeichnung der makedonischen Nation und Sprache. So lautet einer der letzten Vorschläge die slawisch-makedonische Ausdrucksweise „Makedonski“ in lateinischer Schrift als Bezeichnung der makedonischen Nation und Sprache im völkerrechtlichen Verkehr zu verwenden.

Fazit zu den bisherigen Lösungsversuchen

Die bisherigen Lösungsversuche sind gescheitert und sollten in dieser Form auf gar keinen Fall fortgesetzt werden. Sie dienen weder dem Interesse der Hellenischen Republik noch dem Interesse der Republik Makedonien. Der sogenannte Namensstreit ist ein inhaltlicher Streit um die materielle Bedeutung der Begriffe „Makedonien“ und „Makedonier“.Diese Begriffe haben zu unterschiedlichen Zeiten auch eine unterschiedliche territoriale und personelle Bedeutung gehabt. Das heutige Makedonien und die heutigen Makedonier sind keine Abbildung des antiken Makedonien und der antiken Makedonier in die heutige Zeit. Das muss allen Beteiligten klar sein. Die Lösung des sogenannten Namensstreits ist daher mit der Klärung der speziellen makedonischen Frage assoziiert, die lautet:

  • Welcher Art war das antike Makedonien und waren die antiken Makedonier?
  • Welcher Art ist das heutige Makedonien und sind die heutigen Makedonier?
  • In welchen Verhältnis stehen das antike Makedonien und die antiken Makedonier zum heutigen Makedonien und zu den heutigen Makedoniern?

Diese spezielle makedonische Frage ist primär eine wissenschaftliche Frage und nur sekundär eine darauf aufbauende politische Frage. Ohne die Klärung der primären, wissenschaftlichen Frage ist jede politische Klärung oberflächlich und ungenügend. Daher ist die bisherige Form der Lösungsfindung im Rahmen der Vereinten Nationen nicht nur erfolglos, sondern auch nicht zielführend und sollte somit nach meiner Auffassung beendet werden. Diesen hier festgestellten Sachverhalt sollten sowohl die Völker als auch die Politiker der Hellenischen Republik und der Republik Makedonien anerkennen und sich andere Lösungsmöglichkeiten suchen. Die sogenannten roten Linien für die bisherige Lösungsfindung sind im Sinne des eigentlichen Problems Wirkungslos und sollten endlich durchbrochen werden.

Die eigentliche Lösung sieht anders aus!

Zunächst muss die spezielle makedonische Frage einmal objektiv geklärt werden. Dies können die Politiker der Hellenischen Republik und der Republik Makedonien alleine nicht erreichen. Zu dieser Klärung ist ein politisch neutrales und unabhängiges Expertengremium aus entsprechenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern notwendig. An diesem Expertengremium können und sollten Vertreter der Hellenischen Republik und der Republik Mazedonien beteiligt werden. Eingesetzt werden sollte dieses Gremium von den Vereinten Nationen. Erst nach der objektiven Klärung der speziellen makedonischen Frage kann diese politisch geklärt und diese Klärung dann völkerrechtlich verbindlich umgesetzt werden. Zunächst müssen wir die Art des antiken Makedonien und der antiken Makedonier völkerrechtlich verbindlich definieren und völkerrechtlich verbindlich vom heutigen Makedonien und von den heutigen Makedoniern abgrenzen. Im Falle des heutigen Makedonien müssen wir völkerrechtlich verbindlich die Territorien der Republik Makedonien als Völkerrechtssubjekt und der griechischen Region Makedonien als völker- und staatsrechtlicher Bestandteil der Hellenischen Republik definieren und voneinander abgrenzen. Desweiteren ist im Falle der heutigen Makedonier eine völkerrechtlich verbindliche Definition der ethnischen oder slawischen Makedonier als Nation und der griechischen Makedonier als Bestandteil der griechischen Nation sowie eine entsprechende völkerrechtlich verbindliche Abgrenzung zwischen ihnen notwendig. Die antike makedonische Sprache und die heutige (slawische) makedonische Sprache ist völkerrechtlich verbindlich zu definieren und voneinander abzugrenzen. Die Eigenschaft „makedonisch“ kann sich völkerrechtlich betrachtet auf das antike Makedonien beziehen oder auf das heutige Makedonien. Im Falle des heutigen Makedonien kann sich die Eigenschaft „makedonisch“ sowohl auf die Republik Makedonien und die Makedonier als Nation als auch auf die griechischen Region Makedonien und die griechischen Makedonier als Bestandteil der griechischen Nation beziehen. Im völkerrechtlichen Verkehr sollte daher in allen Fällen, wo eine klare Zuordnung der Eigenschaft „makedonisch“ nicht ersichtlich ist, ein Adjektiv in Klammern mit einer entsprechende Zuordnung verwendet werden. Zum Beispiel: makedonisch (Republik) oder makedonisch (Hellenische Republik). Die Umsetzung der politischen Klärung der speziellen makedonischen Frage sollte im Rahmen eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen der Hellenischen Republik und der Republik Makedonien erfolgen. Sollte innerhalb einer angemessenen Frist keine entsprechende Lösung durch einen völkerrechtlichen Vertrag zustande kommen, kann dieser völkerrechtliche Vertrag durch einen völkerrechtlich verbindlichen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ersetzt werden. Ein entsprechender Beschluss des Sicherheitsrates sollte auch bei einem erfolgreich zustandegekommenen völkerrechtlichen Vertrages erfolgen und diesen international bestätigen. Wichtig ist am Ende eines: Der objektive Klärung der speziellen makedonischen Frage und der damit verbundenen Detailfragen muss in angemessener und vorher festgelegter Frist eine völkerrechtlich verbindliche politische Klärung erfolgen, primär in Form eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen den beteiligten Parteien und sekundär in Form eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, wenn die primäre Form nicht zustande kommt. Mit der völkerrechtlich verbindlichen Klärung der speziellen makedonischen Frage ist ihre völkerrechtlich verbindliche staatsrechtliche Umsetzung durch die Hellenische Republik und durch die Republik Makedonien verbunden. Ein wichtiges und zentrales Merkmal dieser staatsrechtlichen Umsetzung soll eine auf der Klärung der speziellen makedonische Frage aufbauende nationale Bildung- und Informationspolitik sowie internationaler Informationspolitik durch die Hellenische Republik und die Republik Makedonien sein. Durch diese Art der politischen Umsetzung der Klärung der speziellen makedonischen Frage werden sowohl die Interessen der Hellenischen Republik als auch die  der Republik Makedonien effektiv geschützt. Der heutige mehrdimensionale Charakter Makedoniens sowie die Abgrenzungen zwischen der griechischen Dimension und der national-makedonischen Dimension werden sowohl innerhalb der Völker der Hellenischen Republik und der Republik Makedonien als auch international ersichtlich! Genau das möchte Griechenland mit einer Lösung des sogenannten Namensstreits erreichen und nur so kann es das erreichen! Auf der anderen Seite schützt diese Lösung die Identität der Republik Makedonien und der makedonischen Nation!

Matthew Nimetz

Das makedonische Erbe

Das makedonische Erbe ist sowohl ein hellenisches Erbe als auch ein regionales und ein europäisches Erbe. Mit diesem Erbe muss verantwortungsvoll umgegangen werden. Die Entwicklung des Hellenismus und die Verbreitung des Hellenismus in der Welt ist eng mit der Geschichte und Kultur des antiken Makedoniens assoziert. Daher bleibt die antike makedonische Geschichte auch immer ein wichtiger Teil der griechischen Geschichte. Auch die Geschichte einer geographischen Region von der antike bis heute bleibt fest mit den Namen Makedonien verbunden, auch wenn sich die materielle Bedeutung dieses Begriffes seit dem stark geändert hat. Für die personelle Bedeutung des Begriffes Makedonier gilt das ganze analog. Hervorzuheben sei hier vor allem die klassische makedonische Frage und der Freiheitskampf der geographischen Makedonier gegen die osmanische Oberhoheit. Durch das Zusammenwirken von weiteren politischen Faktoren wie etwa die zwei Balkankriege und die Aufteilung des geographischen Makedonien unter  drei Staaten führte letztendlich diese klassische makedonische Frage und dieser Befreiungskampf im Ergebnis zur Herausbildung der heutigen makedonischen Nation, deren Existenz heute ein Garant für Frieden und Stabilität in einer bisher problematischen Region ist. Das heutige Makedonien ist sehr vielseitig und komplex. Diese Vielseitigkeit und die damit verbundene Komplexität macht Makedonien nicht nur zu einem äußerst interessanten Gebilde, sondern ist leider auch die Ursache für den politischen Streit um den Namen Makedonien zwischen der Hellenischen Republik und der Republik Makedonien sowie deren Völkern. Ohne die durch Makedonien induzierte Verbreitung des Hellenismus gäbe es wahrscheinlich auch die heutige Form der europäischen Idee nicht. Damit ist das makedonische Erbe nicht nur ein Erbe der Hellenischen Republik und der Republik Makedonien sondern auch ein europäische Erbe.

Wann kommt das Ende des sogenannten Namensstreit?

Das Ende des sogenannten Namensstreits ist dann in Sicht, wenn die spezielle makedonische Frage objektiv geklärt worden ist und eine darauf aufbauende völkerrechtlich verbindliche politische Klärung erreicht worden ist. Dazu müssen die bisherigen erfolglosen Lösungsversuche als nicht zielführend anerkannt und für endgültig gescheitert erklärt werden. Erst dann wird über alternative Lösungsmöglichkeiten nachgedacht werden. Im Rahmen des Makedonisch-Griechischen-Projektes haben wir ein alternatives Lösungsmodell vorgestellt. Dieses Lösungsmodell habe ich ausführlich in meinen vorherigen Artikel: „Die sogenannte Namensfrage Makedoniens ist nicht geklärt,

wenn sie nicht gerecht geklärt ist!“ skizziert. Desweiteren existiert ein konkreter Lösungsvorschlag, der auch hier auf Pelagon.de veröffentlicht worden ist. Zu guter letzt sei auf die Abhandlung „Die erweiterte makedonische Frage als völkerrechtliches Problem“ und den gleichnamigen Artikel ebenfalls hier auf Pelagon.de verwiesen. Wann aber die Einsicht kommt, dass die bisherige Form einer Lösungsfindung gescheitert ist, muss vorläufig offen bleiben. Ich hoffe und darauf arbeite ich Zielstrebig mit meinem Partner in dieser Angelegenheit hin, dass der sogenannte Namensstreit bis zum 20. Jahrestag der Unabhängigkeit der Republik Makedonien im Jahre 2011 gelöst sein wird. Dem Beitritt der Republik Makedonien  zur EU und zur NATO steht dann nichts mehr im Wege. Als mögliches Beitrittsdatum zur EU wäre das von Griechenland favorisierte Jahr 2014 realistisch. In diesem Jahr sollen dann auch weitere Balkanstaaten der EU beitreten. Eines ist schon heute ganz sicher: Das Ende des sogenannten Namensstreits liegt sowohl im Interesse der Hellenischen Republik als auch im Interesse der Republik Makedonien. Auch die Europäische Union hat ein große Interesse daran den sogenannten Namensstreit zu lösen, um die Republik Makedonien fest in die europäische Familie zu integrieren. Sicherheitspolitisch ist darüber hinaus die Integration der Republik Makedonien sowie weiterer Balkanstaaten in die NATO zu befürworten. So oder so, das Interesse an einer Lösung des sogenannten Namensstreits ist groß. Leider steht diesem Interesse keine entsprechende Politik der EU gegenüber, die gerade hier deutlich mehr Präsenz zeigen müsste. Auch müssen die beteiligten Parteien, die Hellenische Republik und die Republik Makedonien, endlich ihre Erbstreitigkeiten bezüglich des Komplexes Makedonien beilegen und als Teil der europäischen Familie mit Herz und Verstand zusammenfinden!

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Für Erich Schindler (1938-2010)