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Vor 20 Jahren: Erste freie makedonische Parlamentswahlen in einem Mehrparteiensystem

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Am 11.11.1990 fanden in der damals noch zur „Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien“ (SFRJ) gehörenden „Sozialistischen Republik Makedonien“ erstmals freie Parlamentswahlen statt. Diese Wahlen wurden aufgrund von Stichwahlen und aufgrund von notwendigen Wahlwiederholungen wegen Unregelmäßigkeiten, die gehäuft in den albanischen Siedlungsgebieten auftraten, am 25.11.1990 und am 09.12.1990 fortgesetzt. Gleichzeitig mit der Parlamentswahl sind die Kommunalparlamente der damaligen 34 Großgemeinden der Sozialistischen Republik Makedonien gewählt worden. Möglich machte diese ersten freien Wahlen eine Änderung der Verfassung der SFRJ vom 21.02.1974 durch das Bundesparlament der SFRJ am 08.08.1990, durch die das Mehrparteiensystem eingeführt und die führende Rolle des Bundes der Kommunisten gestrichen worden ist. Die Wahlbeteiligung lag im ersten Wahlgang bei 84 % und im zweiten Wahlgang bei 80 %. Es kandierten 16 von 20 registrierten Parteien und politische Vereinigungen. Im ersten Wahlgang war für den Erfolg der Bewerberin oder des Bewerbers die absolute Mehrheit notwendig, wobei diese oder dieser die Stimmen von mindestens einem Drittel der Wahlberechtigten eines Wahlkreises erhalten musste. In den zweiten Wahlgang gelangten nur die Kandidierenden, die im ersten Wahlgang mindestens 7 % der Stimmen erhalten haben. Insgesamt hat das makedonische Parlament, die Sobranje, 120 Sitze zu vergeben. Die Amtszeit der Sobranje beträgt vier Jahren.

Das Ergebnis der ersten freien Parlamentswahlen in einem Mehrparteiensystem

Stärkste Kraft mit 37 von 120 Sitzen wurde die „Innere Makedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für die makedonische nationale Einheit“ (Vnatrešna Makedonska Revolucionarna Organizacija – Demokratska Partija za Makedonsko Nacionalno Edinstvo / VMRO-DPMNE).Diese Partei ist im Juli 1990 in Anlehnung an die am 23.10.1893 gegründete „Innere Makedonische Revolutionäre Organisation“ (IMRO) und als Abspaltung der zu Jahresbeginn 1990 gebildeten „Bewegung für eine allmakedonische Aktion“ (MAAK) neugegründet worden. Die VMRO-DPMNE bildete mit der MAAK und zwei kleineren Gruppen eine nationale Front. Es folgte als zweitstärkste Kraft mit 31 Sitzen die Sozialdemokratische Allianz Makedoniens (Socijaldemokratski Sojus na Makedonija / SDSM), die im April 1990 aus dem „Bund der Kommunisten Makedoniens – Parteien für demokratische Umgestaltung“ hervorging. Mit 18 Sitzen drittstärkste Kraft wurde die „Partei der demokratische Prosperität“ (Partija za Demokratski Prosperitet / PDP bzw. Partie e Prosperitetit Demoktatik) der albanischen und moslemischen Bürger der Sozialistischen Republik Makedonien. Sieben Sitze erhielt die PDP im Bündnis mit der ebenfalls albanisch-moslemischen „Demokratischen Volkspartei“ (NDP). Elf Sitze gingen an die später zerfallende, gesamtjugoslawische „Allianz der Reformkräfte“ des damaligen jugoslawischen Ministerpräsidenten Ante Marković die damals erstmal bei einer Wahl antrat. Sechs Sitze gewann ein Bündnis aus der Allianz und der ebenfalls gesamtjugoslawisch ausgerichteten „Jungen Demokratischen Fortschrittlichen Partei“. Die zwei letzt genannten Parteien, die Roma-Partei und die Sozialisten errangen als Viererbündnis zwei weitere Sitze. Die „Sozialistische Partei Makedoniens“ gewann vier Sitze. Diese Partei war aus dem ehemaligen „Sozialistischen Bund der Werktätigen“ hervorgegangen. Ein Sitz ging an die „Partei der Jugoslawen“ und drei weitere Sitze an unabhängige Kandidierende.

Nachbetrachtungen zu diesen Wahlen

Die ersten freien Wahlen waren der Beginn der Demokratie in der Sozialistischen Republik Makedonien und der Beginn des einjährigen Weges in die Unabhängigkeit. Am 25.01.1991 verabschiedete das makedonische Parlament per Akklamation eine Souveränitätserklärung, in der das „Recht auf Selbstbestimmung einschließlich des Rechts auf Abtrennung“ von der SFRJ betont wurde. Am 27.01.1991 wählte das makedonische Parlament im zweiten Wahlgang mit 114 Stimmen bei 119 anwesenden Abgeordneten Kiro Gligorov zum Staatspräsidenten der Sozialistischen Republik Makedonien. Kiro Gligorov war der Kandidierende der Reformkommunisten und hatte bereits eine erfolgreiche langjährige Karriere in der jugoslawischen Politik hinter sich gebracht. Auf diesen Kandidierenden einigten sich am 23.01.1991 alle im Parlament vertretenden Parteien, nachdem dieser noch am 19.01.1991 aufgrund des Wiederstandes der VMRO-DPMNE im ersten Wahlgang die notwendige Zweidrittelmehrheit verfehlt hatte. Zum Vizepräsidenten der SR Makedonien wurde am 01.02.1991 der Vorsitzende der VMRO-DPMNE Ljupčo Georgijevski gewählt. Am 07.03.1991 berief der makedonische Staatspräsident Kiro Gligorov den Unabhängigen Nikola Kljušev zum Ministerpräsidenten der SR Makedonien. Sein am 20.03.1991 vom Parlament mit 87 zu 17 Stimmen bei drei Enthaltungen gebilligtes Kabinett bestand überwiegend aus Parteilosen. Nur zwei Mitglieder der Regierung gehörten jeweils einer Partei, den Reformkommunisten SRSM und der VMRO-DPMNE an. Drei Mitglieder der Regierung waren ethnische Albaner. Außenminister wurde der parteilose Denko Malevski. Am 15.04.1991 änderte das makedonische Parlament den Staatsnamen von Sozialistische Republik Makedonien in „Republik Makedonien“ um. Nach den Unabhängigkeitserklärungen der Republiken Kroatien und Slowenien von der SFRJ am 25.06.1991 stimmten am 08.09.1991 in einem Referendum bei einer Wahlbeteiligung von 75 % über 90 % der an der Wahl teilnehmenden Bürger der Republik Makedonien für die Unabhängigkeit und Souveränität dieser Republik, wobei diese das Recht haben sollte einem neu zu formierenden und später nie gegründeten jugoslawischen Staatsgefüge aus souveränen Staaten beizutreten. Die Unabhängigkeitserklärung der „Republik Makedonien“ von der SFRJ erfolgte am 18.09.1991. Am 18.11.1991 nahm das makedonische Parlament eine neue Verfassung an, die am 20.11.1991 proklamiert wurde. In dieser noch gültigen Verfassung wird die Republik Makedonien als souveräner, unabhängiger, demokratischer und sozialer Staat definiert. Seit den ersten freien Wahlen hat sich die Demokratie in der Republik Makedonien schnell gefestigt. Obwohl die darauffolgenden Parlamentswahlen regelmäßig zu Regierungswechseln führten, blieb die demokratische und politische Lage in der Republik Makedonien in der Regel immer stabil. Die letzten makedonischen Parlamentswahlen fanden am 01.06.2008 statt und brachten der VMRO-DPMNE mit 48 % eine absolute Regierungsmehrheit. Die VMRO-DPMNE ging trotz dieser absoluten Mehrheit eine Koalition  mit der albanischen „Demokratischen Union für Integration“ ein, zum Ministerpräsident wurde am 26.07.2008 wieder Nikola Gruevski gewählt. Seit Inkrafttreten der neuen Verfassung wird der makedonische Staatspräsident direkt vom Volk und nicht mehr durch das Parlament gewählt, so dass neben den Parlamentswahlen auch Präsidentenwahlen stattfinden. Die letzte Präsidentenwahlen fanden im Jahr 2009 statt. Bei diesen Wahlen wurde der Kandidierende der VMRO-DPMNE Gjorge Ivanov in einer Stichwahl am 05.04.2009 zum Staatspräsidenten der Republik Makedonien gewählt