Zum Inhalt springen

Lösungsansätze im Streit um den Namen „Makedonien“

Der Streit um den Namen „Makedonien“ besteht seit 25 Jahren. Es handelt sich um einen irrationalen Streit, welcher Teil eines „Kulturkampfes um Makedonien“ ist. Dieser Kulturkampf findet noch heute zwischen Bulgarien, Griechenland und der Republik Makedonien statt und seine Wurzeln reichen zeitlich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurück. Geographisch bezieht sich der Streit auf die Region „Makedonien“, welche bis zum Jahr 1912 zum Osmanischen Reich gehörte und im Jahre 1913 zwischen Bulgarien, Griechenland und Serbien aufgeteilt wurde. Aus dem serbischen bzw. jugoslawischen Teil von Makedonien ging im Jahre 1944 der makedonische Staat hervor, welcher seit 1991 als „Republik Makedonien“ ein unabhängiges Völkerrechtssubjekt ist. Bei diesem Kulturkampf geht es heute vor allem um die Identität der makedonischen Bevölkerung und um die inhaltliche Bedeutung der Begriffe „Makedonien“, „Makedonierin bzw. Makedonier“, „Makedonisch“ und „makedonisch“.

Die grundsätzlichen Auffassungen im „Kulturstreit um Makedonien“

Für Bulgarien ist die makedonische Kulturnation nicht eigenständig, sondern Teil der bulgarischen Kulturnation. Im Zweiten Balkankrieg 1913 versuchte Bulgarien, welches nur einen kleinen Teil von Makedonien hat, von Griechenland und Serbien größere Teile von Makedonien zu erobern, scheiterte dabei jedoch. Während des Ersten und Zweiten Weltkrieges hatte Bulgarien große Gebiete der nicht-bulgarischen Teile von Makedonien besetzt, gehörte aber zu den Kriegsverlierern. Nach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Makedonien am 18.09.1991 war Bulgarien der erste Staat, der die Republik Makedonien am 16.01.1992 völkerrechtlich anerkannte und mit der Politik der territorialen Ansprüche brach. Allerdings erkannte Bulgarien eine eigenständige makedonische Kulturnation erst 1999 und nur faktisch an. Bis heute hält Bulgarien an seiner Auffassung zur Identität der ethnischen bzw. slawischen Makedonier fest.

Griechenland kündigte bereits im Mai 1991 an, die „Republik Makedonien“ unter ihrem verfassungsmäßigen Namen nicht anzuerkennen. Konkret umgesetzt wurde diese Ankündigung dann nach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Makedonien und der Proklamation einer neuen makedonischen Verfassung durch eine entsprechende Erklärung der griechischen Regierung vom 04.12.1991. Nach griechischer Auffassung sei der Name des Staates sowie die Bezeichnung der makedonischen Nation und Sprache ein Problem, nicht jedoch die Unabhängigkeit des Staates selbst. Nach griechischer Lesart ist „Makedonien“ ausschließlich Teil der hellenischen Geschichte und Kultur. Daher dürfe dieser Name nicht nur durch die Republik Makedonien verwendet werden. Des Weiteren sah Griechenland hinter den Namen auch irredentistische Bestrebungen, welche eine Gefahr für Griechenland darstellen sowie den Frieden und die Stabilität in der betroffenen Region gefährden.

Die Republik Makedonien lehnt eine Namensänderung des Staates sowie der Bezeichnungen für die makedonische Nation und Sprache strikt ab. Nach Auffassung dieser sei der Name des Staates legitim und seine Wahl ein Ausdruck des Selbstbestimmungsrechtes des makedonischen Volkes. Des Weiteren gäbe es den makedonischen Staat bereits seit 1944, wobei dieser vollständig in der geographischen Region Makedonien nach heutiger Lesart liege. Die Bezeichnungen für den Staat sowie der Nation und Sprache seien damit geographisch und historisch legitimiert. Territoriale Ansprüche gegenüber den Nachbarstaaten würden ebenfalls nicht bestehen, so dass eine Gefährdung des Friedens in der betroffenen Region ausgeschlossen sei. Die makedonische Kulturnation sei eigenständig und kein Teil einer anderen Kulturnationen. Selbiges gelte für die makedonische Sprache. Griechenland habe kein alleiniges Anrecht auf die Verwendung der Bezeichnung „Makedonien“

 

Der Streit um den Namen „Makedonien“ und die Vereinten Nationen (UN)

Bis zum Jahr 1993 kam die völkerrechtliche Anerkennung der Republik Makedonien nur schleppend voran. Unter anderem konnten sich die zwölf Mitgliedsstaaten der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) aufgrund des EG-Mitglieds Griechenland nicht zu einer Anerkennung entschließen. Der Fall landete bei den Vereinten Nationen, wo dann nachfolgender Präzedenzfall geschaffen wurde.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschloss am 07.04.1993 einstimmig die Resolution 817, wonach die Republik Makedonien die Kriterien gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Charta der Vereinten Nationen (UN) für eine UN-Mitgliedschaft erfüllen würde. Des Weiteren stellte der UN-Sicherheitsrat die Existenz des sogenannten Namensstreits zwischen Griechenland und der Republik Makedonien sowie die Bedeutung der Überwindung dieses Streits für die Sicherung des Friedens und der guten nachbarschaftlichen Beziehungen in der betroffenen Region fest. Aus diesem Grunde empfahl der UN-Sicherheitsrat die Aufnahme der Republik Makedonien unter der provisorischen Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ in die Vereinten Nationen. Diese provisorische Bezeichnung soll für alle Zwecke im Rahmen der Vereinten Nationen bis zur Überwindung des Namensstreits zwischen Griechenland und der Republik Makedonien gelten. Am 08.04.1993 erfolgte durch Beschluss der UN-Generalversammlung per Akklamation die Aufnahme der Republik Makedonien unter der bis heute gültigen provisorischen Bezeichnung in die Vereinten Nationen. Diese provisorische Bezeichnung ist nicht nur politisch sondern auch rechtlich umstritten

In einer weiteren Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Resolution 845) vom 18.06.1993 wurden die Hellenische Republik und die Republik Makedonien dazu aufgefordert, den zwischen ihnen bestehenden Namensstreit im Rahmen und unter Vermittlung der Vereinten Nationen zu lösen. Dieser Aufgabe ist seit 1993 ein entsprechender Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen zugewiesen. Von 1994 bis heute hat Matthew Nimetz dieses Amt inne. Alle Gespräche und Vermittlungsversuche im Rahmen der Vereinten Nationen blieben bisher erfolglos. Im bilateralen völkerrechtlichen Verkehr wird die Republik Makedonien von der überwiegenden Anzahl der Staaten unter ihrer verfassungsmäßigen Bezeichnung anerkannt. In internationalen Organisationen ist sie zumeist unter ihrer provisorischen UN-Bezeichnung Mitglied. Eine EU- und NATO-Mitgliedschaft ist bisher aufgrund der Haltung Griechenlands im Streit um den Namen Makedonien nicht möglich. Das ist die Ausgangslage, die derzeit besteht.

Völkerrechtliche Bewertung der UN-Aufnahme der Republik Makedonien

Die Aufnahme der Republik Makedonien unter der provisorischen Bezeichnung „Die Ehemalige Jugoslawische Republik Makedonien“ (Englisch: „The Former Yugoslav Republic of Macedonia“, kurz: „FYROM“) in die Vereinten Nationen stellt einen Präzedenzfall dar. Noch niemals in der Geschichte der UN ist ein vergleichbarer Fall vorgekommen. Die Charta der Vereinten Nationen regelt in Artikel 4 Absatz 1 die Aufnahme von neuen Mitgliedern und legt abschließend die Bedingungen dafür fest: „Mitglied der Vereinten Nationen können alle sonstigen Mitglieder (Anmerkung: Neben den 51 Gründungsmitgliedern der UN) werden, welche die Verpflichtungen aus der Charta übernehmen und nach dem Urteil der Organisation fähig und willens sind, diese Verpflichtungen zu erfüllen.“ In Artikel 4 Absatz 2 ist allerdings eine weitere Voraussetzung festgelegt: „Die Aufnahme eines solchen Staates als Mitglied der Vereinten Nationen erfolgt auf Empfehlung des Sicherheitsrats durch Beschluss der Generalversammlung.“ An dieser Stelle muss die Frage gestellt werden, ob der UN-Sicherheitsrat im Rahmen seiner Aufgaben und Befugnisse weitere, über die UN-Charta hinausgehende Bedingungen für die Aufnahme eines neuen Mitglieds durch eine Resolution festlegen und einer Empfehlung für die UN-Generalversammlung zugrunde legen darf. Des Weiteren ist die Frage zu klären, ob die UN-Generalversammlung der Empfehlung des UN-Sicherheitsrates hätte folgen dürfen. Im Ergebnis geht es auch darum, ob die Rechte der Republik Makedonien gemessen am Völkerrecht durch die UN verletzt worden sind und ob dies im Rahmen des Internationalen Gerichtshofes (IGH) überprüfbar bzw. angreifbar ist. Gemäß einem Gutachten des Internationalen Gerichtshofes vom 28.05.1948 sind die in Artikel 4 Absatz 1 festgelegten Voraussetzungen für eine UN-Mitgliedschaft abschließend und dürfen nicht durch zusätzliche Bedingungen, etwa aufgrund von politischen Erwägungen, ergänzt werden. Es muss hinzugefügt werden, dass das Gutachten auf einem Mehrheitsbeschluss der Richter am IGH beruht. Eine Minderheit der Richter am IGH vertrat die vom Ergebnis des Gutachtens abweichende Auffassung, wonach die UN-Mitglieder zusätzliche Bedingungen im Vorfeld der UN-Aufnahme eines potentiellen Mitglieds, etwa aufgrund von politischen Erwägungen, festlegen dürfen. Durch Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 08.12.1948 (197/III 1948) wurde das Ergebnis des IGH-Gutachtens vom 28.05.1948 für die Aufnahme von neuen UN-Mitgliedern allerdings für alle Mitglieder der Vereinten Nationen als verbindlich anerkannt. Demnach sind die in Artikel 4 der Charta der Vereinten Nationen festgelegten Voraussetzungen für eine UN-Mitgliedschaft abschließend und dürfen nicht ohne formelle Änderung der UN-Charta erweitert werden.

Die Republik Makedonien erfüllte die in der UN-Charta festgelegten Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen. Demnach wären die zusätzlichen Bedingungen, wonach die Republik Makedonien nur unter einer provisorischen Bezeichnung in die UN aufgenommen wurde und mit Griechenland über ihren Staatsnamen verhandeln müsse, Verstöße gegen die Charta der Vereinten Nationen und damit Verstöße gegen das Völkerrecht.

Der Name der Republik Makedonien aus Sicht der UN-Charta und des Völkerrechts

In Artikel 1 Absatz 2 der UN-Charta ist unter anderem als Ziel der Vereinten Nationen festgelegt, die „freundschaftliche, auf Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhenden Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen.“ Das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes beinhaltet auch alle Rechte zur ethnischen Selbstidentifizierung, also auch zur Wahl des Namens für ein auf der Souveränität des Volkes beruhendes Staatswesen. Von diesem Recht hat das makedonische Staatsvolk am 08.09.1991 in einem Referendum Gebrauch gemacht, in dem es für die Unabhängigkeit des makedonischen Staates von der SFRJ unter der Bezeichnung „Republik Makedonien“ mit großer Mehrheit votierte. Aus der UN-Charta oder aus sonstigem Völkerrecht kann überdies kein exklusives Recht Griechenlands an den Namen „Makedonien“ abgeleitet werden. Bei dem Namen des makedonischen Staates einschließlich der Bezeichnungen für die makedonische Nation, Sprache und Staatsbürgerschaft handelt es sich um eine zulässige Territorialableitung. Die „Republik Makedonien“ liegt mit ihrem Territorium vollständig in einer wesentlich größeren geographischen Region mit dem Namen Makedonien, die aufgeteilt ist zwischen Bulgarien, Griechenland und der heutigen Republik Makedonien. In Griechenland wird der Name „Makedonien“ auch für drei Regionen mit Selbstverwaltungskompetenzen verwendet. Des Weiteren sieht sich Griechenland als alleiniger Erbe der antiken makedonischen Geschichte und Kultur. Allerdings gibt es die antiken Makedonier heute nicht mehr, welche Namensgeber für die heutige geographische Region Makedonien waren. Weder die UN-Charta noch das übrige Völkerrecht stehen der verfassungsmäßigen Bezeichnung der Republik Makedonien in dieser Hinsicht entgegen.

Aus Sicht Griechenlands dürfe die verfassungsmäßige Bezeichnung der Republik Makedonien nicht anerkannt und verwendet werden, da die Republik Makedonien nur einen Teil der gesamten geographischen Region Makedonien ausmache und der Name Makedonien auch in Griechenland verwendet wird. Aus diesem Grunde dürfe der Name „Makedonien“ in der völkerrechtlichen Bezeichnung des makedonischen Staates nur in zusammengesetzter Form mit einer geographischen Spezifizierung verwendet werden, etwa Republik Nordmakedonien. Dieses Problem besteht allerdings nur aus Sicht Griechenlands. Das Völkerrecht hingegen stellt die Verwendung eines Namens, der zugleich auch als Name eines anderen Staates oder einer Region innerhalb eines anderen Staates verwendet wird, kein Problem dar. Beispiele hierfür sind die Demokratische Republik Kongo und die Republik Kongo (zwei Völkerrechtssubjekte), das Großherzogtum Luxemburg (Völkerrechtssubjekt) und die belgische Provinz Luxemburg oder auch die Aserbaidschanische Republik (Völkerrechtssubjekt) und die iranische Provinz Aserbaidschan. Dies kommt regelmäßig in den Fällen vor, wo eine historisch gewachsene geographische Region mit einem bestimmten Namen auf mehrere Staaten verteilt ist. Liegt der entsprechende Staat vollständig in dieser Region, kann es auch seine völkerrechtliche bzw. staatsrechtliche Bezeichnung vom Namen dieser Region ableiten (Territorialableitung). Liegen nur Teile eines Staates in einer bestimmten Region, werden die entsprechenden Provinzen dieses Staates nach dieser Region benannt. Im Falle der geographischen Region Makedonien und der an ihr beteiligten Staaten dürfte dies nicht anders gehandhabt werden. Demnach würde die Republik Makedonien aus völkerrechtlicher Sicht zu Recht den Namen Makedonien tragen ohne die völkerrechtlichen Rechte Griechenlands zu verletzten. Aufgrund des völkerrechtlich verbrieften Selbstbestimmungsrechtes eines Volkes kann ein jedes Volk den Namen seines Staates, seiner Nation und seiner Sprache grundsätzlich frei wählen. Grenzen werden diesem Recht nur aufgrund des ebenfalls völkerrechtlich verbrieften Rechtes eines anderen Staates auf seine territoriale Integrität gesetzt. Allerdings wird die territoriale Integrität Griechenlands durch die verfassungsmäßige Bezeichnung der Republik Makedonien nicht verletzt, auch wenn dies von griechischer Seite unterstellt wird.

Verletzt werden die Rechte der Republik Makedonien allerdings auch gemessen an Artikel 2 Absatz 1 der UN-Charta: „Die Organisation (Anmerkung: Die UN) beruht auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder.“ Von souveräner Gleichheit kann allerdings im Falle der UN-Mitgliedschaft der Republik Makedonien unter einer provisorischen Bezeichnung nicht gesprochen werden. Tatsächlich wird die Republik Makedonien gegenüber den anderen UN-Mitgliedern nicht gleich behandelt und diskriminiert. Die Souveränität der Republik Makedonien, nämlich ihre innere verfassungsmäßige Ordnung, die auch die vom makedonischen Staatsvolk selbstbestimmte Staatsbezeichnung „Republik Makedonien“ festlegt, wird verletzt. Dies ist wiederum ein Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 7 der UN-Charta: „Aus dieser Charta kann eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, oder eine Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung auf Grund dieser Charta zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden; die Anwendung von Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII wird durch diesen Grundsatz nicht berührt.“ Für die Anwendung von Zwangsmaßnahmen gemäß des Kapitels VII der UN-Charta fehlt ebenfalls jede Legitimation. Aus diesem Grunde dürfte im Falle der Republik Makedonien ein eindeutiger Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 7 der UN-Charta vorliegen.

Der völkerrechtliche Lösungsansatz

Eine Überwindung des Streits um den Namen Makedonien kann auf Basis und im Rahmen des Völkerrechts erfolgen. An sich muss das Völkerrecht sogar zwingend herangezogen werden, da es für alle Staaten gleichermaßen verbindlich ist. Für entsprechende Streitigkeiten steht der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag zur Verfügung. In der Praxis lässt sich das Völkerrecht aufgrund von politischen Rahmenbedingungen und Zwängen nicht immer durchsetzen. Recht zu bekommen bedeutet nicht immer auch zu einer praktikablen Lösung zu kommen. In der Regel muss trotzdem eine politische Lösung, etwa durch Verhandlungen, herbeigeführt werden.

Vor dem völkerrechtlichen Lösungsansatz noch einmal eine Zusammenfassung der oben ausführlich dargestellten Rechtslage: Auf Basis des geltenden Völkerrechts ist der verfassungsmäßige Namen der Republik Makedonien nicht zu beanstanden, so dass jeder Zwang zur Namensänderung ein Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen und gegen das Völkerrecht sein dürfte. Griechenland kann aufgrund des Völkerrechts keinen Exklusivanspruch auf den Namen Makedonien erheben. Die Aufnahme der Republik Makedonien unter einer provisorischen Bezeichnung dürfte ebenfalls einen Verstoß gegen die Charta der UN und das Völkerrecht darstellen. Es gibt zwei Wege, den die Republik Makedonien nun beschreiten könnte: Eine erneute Beschlussfassung im UN-Sicherheitsrat herbeizuführen oder die Klageerhebung vor dem IGH.

Der UN-Sicherheitsrat müsste auf Antrag über den Sachverhalt „Streit um den Namen Makedonien“ erneut beraten und beschließen. Es dürfte fraglich sein, dass der verfassungsmäßige Name der Republik Makedonien den Frieden und die guten nachbarschaftlichen Beziehungen in der betreffenden Region gefährdet. Ausschließlich Griechenland empfindet den Namen als Sicherheitsrisiko, ohne dieses glaubhaft begründen zu können. Kein weiterer Staat, auch nicht in der betroffenen Region, sieht den verfassungsmäßigen Namen als Sicherheitsrisiko. Die überwiegende Mehrheit der Staaten erkennt die Republik Makedonien völkerrechtlich unter ihrem verfassungsmäßigen Namen an, ohne dass sich deshalb die Sicherheitslage verschlechtert hätte. Vielmehr gefährdet in erster Linie die griechische Haltung den Frieden und die guten nachbarschaftlichen Beziehungen. Der UN-Sicherheitsrat könnte auf Antrag und nach Prüfung des Sachverhaltes zu dem Schluss kommen, dass nicht der verfassungsmäßige Name der Republik Makedonien, sondern die griechische Haltung und die Fortdauer des sogenannten Namensstreits eine Gefährdung des Friedens darstellen. In Verbindung mit der Charta der UN müsste dieser die UN-Aufnahme der Republik Makedonien unter ihrer verfassungsmäßigen Bezeichnung empfehlen, welche dann durch Beschluss der UN-Generalversammlung zu erfolgen hätte.

Der UN-Sicherheitsrat könnte andere Maßnahmen beschließen, die geeigneter wären den Frieden, die Stabilität und die guten nachbarschaftlichen Beziehungen in der betreffenden Region zu sichern. Dazu müssten die wahren Ursachen des Streits evaluiert und der Streit selbst rationalisiert werden. Für einen irrationalen Streit ist eine Lösungsfindung schwierig, was die bereits seit über 20 Jahren erfolglos andauernden Gespräche im Rahmen der UN zur Überwindung dieses Streits zeigen. Der UN-Sicherheitsrat sollte eine Kommission einrichten, die sich inhaltlich mit allen Aspekten dieses Kulturstreits um Makedonien befasst und sich nicht nur mit dem Staatsnamen beschäftigt. An dieser Kommission, welche aus Wissenschaftlern und anderer fachlich geeigneter Experten bestehen sollte, können und sollten die Streitparteien gleichberechtigt beteiligt werden. Das Ergebnis ist von den Streitparteien zu akzeptieren und könnte durch Beschluss des UN-Sicherheitsrates verbindlich für diese festgelegt werden.

Die Republik Makedonien könnte Klage vor dem IGH erheben. Zwar hat sich die Republik Makedonien in dem Interimsabkommen mit Griechenland vom 13.09.1995 dazu verpflichtet den Streit im Rahmen von Verhandlungen und nicht durch die IGH zu klären. Doch verstieß Griechenland bereits gegen das Interimsabkommen, was durch ein Urteil des IGH vom 05.12.2011 rechtskräftig festgestellt wurde. Die Verhandlungen führten auch nach über 20 Jahren zu keiner Lösung des Streits. Aus dem Interimsabkommen ist ein Dauerabkommen geworden, welches nicht geeignet ist, eine Lösungsfindung herbeizuführen. Aus diesem Grunde könnte das Interimsabkommen mit der Maßnahme gekündigt werden, den Streit um den Namen Makedonien gerichtlich zu klären. Des Weiteren könnte die Republik Makedonien auch gegen die UN selbst klagen, wegen ihrer mutmaßlich völkerrechtswidrigen UN-Aufnahme unter einer provisorischen Bezeichnung. Im Ergebnis könnte der IGH zu dem Schluss kommen, dass der verfassungsmäßige Name der Republik Makedonien mit dem Völkerrecht vereinbar und ihre provisorische Bezeichnung im Rahmen der UN hingegen nicht vereinbar mit dem Völkerrecht ist. Der IGH könnte des Weiteren feststellen, dass die Auffassung Griechenlands nicht durch das Völkerrecht gedeckt ist und sogar eine Verletzung der Rechte der Republik Makedonien darstellt. Eine Klage vor dem IGH könnte im Sinne der Republik Makedonien ausgehen. Vor dem IGH Recht zu bekommen, bedeutet noch keine Lösung des Streits, auch wenn der Druck auf Griechenland steigen dürfte. Vielmehr müsste das Urteil durch Griechenland auch anerkannt werden. Es könnten bei Nichtbeachtung Zwangsmaßnahmen gegenüber Griechenland durch den UN-Sicherheitsrat ergriffen werden. Doch aufgrund der politischen Rahmenbedingungen wäre dies unwahrscheinlich. Im Ergebnis könnte die Republik Makedonien den Verwendungsbereich ihres verfassungsmäßigen Namens deutlich erweitern, besonders in Hinblick auf internationalen Organisationen und in allen bilateralen Beziehungen, wo dies noch nicht der Fall ist. Eine Mitgliedschaft der Republik Makedonien in der EU und NATO könnte allerdings noch immer durch Griechenland blockiert werden.

Der politische Lösungsansatz

Der Streit um den Namen „Makedonien“ könnte politisch gelöst werden. Hierbei müssten die Streitparteien im Rahmen von Verhandlungen ihre Differenzen abbauen und eine Lösung herbeiführen. Des Weiteren könnten Vermittlungsbemühungen von Dritten einer Lösungsfindung dienlich sein. Solche gab und gibt es seit Beginn des Streits im Jahre 1991. Ein Beispiel hierfür sind die Verhandlungen zwischen Griechenland und der Republik Makedonien im Rahmen und unter Vermittlung der UN. Es gab auch viele Vorschläge für eine Lösung. In der Regel sahen diese Vorschläge Modifikationen des Staatsnamens der Republik Makedonien vor. Es gab auch andere Vorschläge, etwa das nur in den Beziehungen zu Griechenland oder nur in bestimmten Fällen ein modifizierter Name verwendet werden müsste. Das Ergebnis aller Vermittlungsbemühungen, Verhandlungen und Vorschläge war bisher, dass keine Lösung herbeigeführt werden konnte. Die Differenzen zwischen den Streitparteien konnten nicht aufgelöst werden. Daraus kann das Fazit gezogen werden, dass die bisherige Art der Lösungsfindung nicht zielführend ist.

Zunächst müssten geeignete Rahmenbedingungen für Verhandlungen geschaffen werden. Diese müssten auf Augenhöhe und nach gemeinsam festgelegten Regeln stattfinden. An Augenhöhe fehlt es, wenn Griechenland z.B. aufgrund einer EU- und NATO-Mitgliedschaft im Vorteil ist und aus taktischen bzw. strategischen Gründen die Republik Makedonien blockieren kann. Diese Blockade ist sogar gegen den Willen der großen Mehrheit der EU- und NATO-Mitglieder möglich. Die Bereitschaft Griechenlands zu Zugeständnissen ist entsprechend geringer. Die Hauptvoraussetzung ist die Evaluierung des Streits selbst: Es bringt nichts über den Staatsnamen Makedonien zu verhandeln, wenn dieser nur das Symptom eines viel tiefer gehenden und weiter zurückreichenden Kulturstreits ist. Vielmehr muss dieser selbst beendet werden. Zur Zweckerreichung müssen die Gespräche entsprechend geführt und den ganzen Themenkomplex umfassen. Mit der Beendigung des Kulturkampfes und einer von allen Parteien getragenen Lösung löst sich auch der Streit um den Namen Makedonien auf.

Der Kulturkampf um Makedonien hat seinen Ursprung im Kampf um die Vorherrschaft in Makedonien und über die makedonische Bevölkerung. Seit der Aufteilung Makedoniens zwischen Bulgarien, Griechenland und Serbien im Jahre 1913 steht vor allem die Konsolidierung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse in Makedonien im Vordergrund des Kulturkampfes. Die besondere Entwicklung im serbischen bzw. jugoslawischen Teil (statt des serbischen ab 1944 ein makedonischer Akteur) führte aus Sicht der Bulgaren und Griechen zu einem neuen Störfaktor, der für Griechenland besonders im Bürgerkrieg von 1943 bzw. 1946 bis 1949 sichtbar wurde. Ein Reflex auf diese Ereignisse ist eine gewichtige Ursache des Streits um den Namen Makedonien. Doch dürfte es geeignetere Mittel geben diesen Konflikt zu lösen, als einem Volk den Namen zu verbieten, selbst dann, wenn der Name einen antiken griechischen Ursprung haben sollte. Denn eines dürfte klar sein: Die Art des antiken Makedonien und der antiken Makedonier präjudiziert nicht die Art des heutigen Makedonien und der heutigen Makedonier. Es kann auch kein Exklusivrecht an einem Namen geben, der sich von einer geographischen Region ableitet, an der alle Streitparteien anteilig beteiligt sind.

Der Streit um den Namen Makedonien dürfte derzeit zwar reell, jedoch irrational sein. Er müsste zunächst rationalisiert und in einem objektiven Rahmen überführt werden. Dieser objektive Rahmen kann von den Streitparteien durch eine entsprechende Übereinkunft selbst oder durch den UN-Sicherheitsrat geschaffen werden. Im Rahmen einer Konferenz oder eines dafür geschaffenen Gremiums muss die makedonische Frage mit allen ihren Facetten behandelt und geklärt werden. Dieser Konferenz bzw. diesem Gremium müssten fachlich geeignete Experten und Wissenschaftler mit entsprechender Reputation angehören. Des Weiteren sind die Streitparteien gleichberechtigt zu beteiligen. Das Ergebnis dieser Konferenz bzw. dieses Gremiums ist für alle Streitparteien verbindlich. Im Idealfall einigen sich die Streitparteien in Verhandlungen darauf, die Arbeit einer entsprechenden Konferenz bzw. Gremiums zu unterstützen und ihr Ergebnis zu akzeptieren. Anderenfalls könnte der UN-Sicherheitsrat dieses Ergebnis verbindlich erklären, um den Kulturkampf um Makedonien zu beenden und den Frieden in der betroffenen Region zu sichern.

Schon jetzt dürfte jedoch klar sein, dass eine entsprechende Bildungs- und Kulturpolitik der Schlüssel zu Beendigung des Kulturkampfes und des damit verbundenen Streits um den Namen Makedonien ist. Eine Änderung des Staatsnamens der Republik Makedonien dürfte dafür nicht erforderlich sein. Vielmehr hat die Existenz der Republik Makedonien und einer eigenständigen makedonischen Kulturnation zu Frieden und bisher größtmöglicher Stabilität in der betroffenen Region geführt. Ein ethologisches Vakuum würde viel eher geeignet sein Begehrlichkeiten bei den Nachbarstaaten zu wecken sowie den Frieden und die Stabilität in der betroffenen Region zu gefährden. Extreme Nationalismen sind bei allen Streitparteien gefährlich und die Folge einer einseitigen Bildungs- und Kulturpolitik. Eine gemeinsam von allen Streitparteien erarbeitete und abgestimmte Bildungs- und Kulturpolitik würde dem Frieden und der Stabilität in der Region dienen. Diese multilaterale Bildungs- und Kulturpolitik könnte eine konkrete Umsetzung des Arbeitsergebnisses einer Konferenz bzw. eines Gremiums sein. Im Idealfall würden die Streitparteien diese multinationale und auf die Region Makedonien bezogene Bildungs- und Kulturpolitik selbst vereinbaren und entwickeln. Damit könnte der Kulturkampf um Makedonien in geeigneter Weise beendet werden und im Ergebnis wäre damit auch der Streit um den Namen „Makedonien“ obsolet geworden.

Fazit

Der Streit um den Namen Makedonien ist eines der stärksten Symptome eines Kulturkampfes um Makedonien, der seine Wurzeln zum Ende des 18. Jahrhunderts hat und in seiner moderneren Form seit dem Ende des griechischen Bürgerkrieges (1943/1946 – 1949) präsent ist. Dieser Kampf wird heute nicht mehr militärisch, sondern durch eine entsprechende Bildungs- und Kulturpolitik sowie Außenpolitik geführt. Zur Lösung eines zwar reellen, jedoch überwiegend irrationalen Streits bedarf es einiger Voraussetzungen: Zunächst muss der Streit rationalisiert und in einem objektiven Rahmen überführt werden. Dies kann zum Beispiel im Rahmen einer Konferenz oder eines Gremiums erfolgen, wo entsprechend fachlich geeignete Experten und Wissenschaftler mitwirken und die Streitparteien gleichberechtigt beteiligt werden. Der Schlüssel zur Beendigung des Streits dürfte eine entsprechend reformierte Bildungs- und Kulturpolitik sein. Auf diese müssten sich die Streitparteien einigen. Im Rahmen einer abgestimmten und vereinbarten multinationalen Bildungs- und Kulturpolitik dürfte der Kulturkampf um Makedonien und der Streit um den Namen Makedonien ein Ende finden. Zur möglichen Konfliktlösung gibt es zwei mögliche Ansätze: Im völkerrechtlichen Lösungsansatz wird eine erneute Entscheidung des UN-Sicherheitsrates zum Sachverhalt oder eine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) herbeigeführt. Beim politischen Lösungsansatz stehen Verhandlungen im Vordergrund, die durch Vermittlungsbemühen von Dritten unterstützt werden können. Doch welcher Weg auch gegangen wird, am Ende ist eine objektive Klärung der makedonischen Frage entscheidend. Nur so können der Kulturkampf und der Namensstreit um Makedonien sein Ende finden. Es bleibt zu hoffen, dass nach 25 Jahren Streit um den Namen Makedonien ein geeigneter Lösungsansatz gefunden wird und der Beginn vom Ende dieses Streits einsetzen wird.