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Leipzig für Balkan-Autoren sehr attraktiv

Die Leipziger Buchmesse fördert seit einigen Jahren die Literatur aus Mittel- und Osteuropa
© Die Berliner Literaturkritik, 06.03.09

Interview: Sophia-Caroline Kosel

LEIPZIG (BLK) – Die Leipziger Buchmesse fördert seit einigen Jahren die Literatur aus Mittel- und Osteuropa. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Balkan. In den vergangenen beiden Jahren etwa präsentierten sich zahlreiche Autoren aus Slowenien und Kroatien. In diesem Jahr sind erstmals auch Mazedonien und Bosnien auf der Messe zu Gast. Die in Kroatien geborene Autorin, Literaturwissenschaftlerin und Übersetzerin Alida Bremer organisiert die Balkan-Aktivitäten – und berichtet der Deutschen Presse-Agentur in einem Interview, dass die Literatur im ehemaligen Jugoslawien noch stark von den Kriegserfahrungen, aber auch von Humor geprägt ist.

Welche Autoren reisen aus Bosnien und Mazedonien nach Leipzig?

Bremer: „Aus Mazedonien kommen Nikola Mad¸irov – ein Dichter und Essayist, der auch international bekannt ist – und die Dichterin Lidija Dimkovska. Beide wurden für Literaturzeitschriften auch schon ins Deutsche übersetzt. Es sind junge, sehr kritische Autoren, die unter anderem über den Wunsch schreiben, sich Europa anzunähern. Bosnien ist mit Asmir Kujovic und Jasmin Imamovic vertreten. Der Lyriker Kujovic beschreibt sein Verhältnis zum Krieg und zur Zukunft. Imamovic ist als Prosa-Autor und Politiker – er ist Bürgermeister von Tusla – eine doppelt interessante Person. Als Schriftsteller hat er sich vor allem gegen den Nationalismus eingesetzt.“

Wie unterscheiden sich diese beiden Länder literarisch voneinander?

Bremer: „In Mazedonien wird oft das Verhältnis zu Griechenland, Bulgarien und Deutschland zur Sprache gebracht. Bosnien ist das am meisten vom Krieg gekennzeichnete Balkan-Land. Die Situation für junge Autoren ist dort kompliziert. Das Verlagswesen ist fast zusammengebrochen. Veröffentlichungen sind schwer, weil die Strukturen fehlen. Die beiden Länder haben aber auch Gemeinsamkeiten: Die Autoren schreiben in einem modernen Stil und beschäftigen sich stark mit ihrer Vergangenheit. Häufig sind Erfahrungen aus dem Krieg der Impuls dafür, über aktuelle globale Ereignisse nachzudenken. Hauptstilmittel ist der Humor – oft schwarzer Humor und Ironie.“

Wie wichtig ist der deutschsprachige Buchmarkt für die Autoren?

Bremer: „Er ist sehr wichtig. Deutschland setzt sich stark für Übersetzungen ein und im deutschsprachigen Raum gibt es eine große Leserschaft. Die Autoren kommen aus kleinen Sprachräumen. In Deutschland haben sie sofort ein Millionenpublikum. Zudem trauen sie der Kritik hier mehr als der im eigenen Land, wo sie die Kritiker oft alle persönlich kennen und damit Objektivität fehlt. Die Leipziger Messe wiederum ist sehr attraktiv, weil dort – anders als in Frankfurt – die Verlage und das Publikum ein großes Interesse zeigen.“

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