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Hintergründe zu den gewaltsamen Auseinandersetzungen im makedonischem Kumanovo unklar

Die mehrheitlich von albanischen Makedoniern bewohnte Stadt Kumanovo liegt im Norden der Republik Makedonien, nahe der Grenze zu Serbien und ebenfalls in der Nähe zur Grenze zum Kosovo. Am 09. und 10.05.2015 kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen makedonischen Sicherheitskräften und einer bewaffneten Gruppe aus zirka 30 bis 50 Personen.

Die genauen Hintergründe zu diesem sehr schwerwiegenden Vorfall bleiben jedoch unklar, da eine unabhängige Bewertung des Sachverhaltes noch fehlt. Nach Angaben der makedonischen Regierung soll es sich bei den Bewaffneten um Angehörige der „Befreiungsarmee des Kosovo“ („UCK“) gehandelt haben, welche aus ethnischen Albanern aus Albanien, der Republik Makedonien und dem Kosovo besteht.

Bei den Kämpfen in Kumanovo sollen nach makedonischen Angaben 8 Polizisten und 14 Terroristen getötet worden sein. Über zivile Opfer wurden keine Angaben gemacht. Andere wiederum unterstellen der makedonischen Regierung die Kämpfe nur inszeniert zu haben, um von den derzeitigen schwerwiegenden innenpolitischen Problemen abzulenken. Begonnen haben die Kämpfe am Morgen des 09. Mai 2015. Am Nachmittag des 10.05.2015 waren sind abgeflaut.

Nach Angaben des makedonischen Innenministeriums seien die Terroristen „neutralisiert“ worden. So sollen sich nach diesen Angaben zwischen 30 und 50 Uniformierte in einem Aussenquartier verschanzt haben, worauf Spezialpolizei mit Schützenpanzern einen langwierigen Straßenkampf aufnahm. Die von den bewaffneten Auseinandersetzungen betroffene Bevölkerung der Stadt wurde von der Polizei evakuiert und mit Reisebussen an sichere Orte gebracht.

Die makedonische Regierung vertritt die Auffassung, dass die Kämpfer aus dem Nachbarstaat (gemeint ist wohl das Kosovo) eingedrungen seien und gab die Namen von fünf Anführern bekannt, die aus dem Kosovo stammen sollen. Sie sollen schon bei dem bewaffneten Konflikt zwischen der Republik Makedonien und albanischen Kämpfern im Jahre 2001 aktiv gewesen sein. Ein UCK-Kommandant soll den bewaffneten Angriff mit der Unterdrückung der Albaner und dem Versagen der internationalen Gemeinschaft begründet haben.

Die offizielle Darstellung der makedonischen Regierung wird jedoch von vielen Beobachtern auch kritisch gesehen. Die Taktik der Bewaffneten weicht von der bekannten Taktik der UCK deutlich ab, die in früheren Konflikten Dörfer im unwegsamen Hinterland besetzte und sich dann bei einem Angriff der staatlichen Sicherheitskräfte in sicheres Gebiet zurückzog. Dabei wurde die zivilen Opfer dann jeweils propagandistisch ausgeschlachtet. Im Falle der Stadt Kumanovo war ein Rückzug der Kämpfer aus einem durch Sicherheitskräfte abgesperrten Stadtviertel jedoch von vornherein nicht möglich. Es wäre sozusagen ein eine Art „Selbstmordkommando“ gewesen, was jedoch bisher nie Teil einer Strategie oder Taktik der UCK war. Es bleiben hiermit ganz klar Fragen zu den Hintergründen und zum genauen Ablauf der bewaffneten Auseinandersetzungen offen.

Die Vorkommnisse der Republik Makedonien haben sowohl in der Nachbarrepublik Serbien als auch in der internationalen Gemeinschaft Besorgnis ausgelöst. Die albanische Frage, dass Schicksal der ethnischen Albaner außerhalb Albaniens, hatte in der Vergangenheit zu schwerwiegenden Konflikten geführt. In der ursprünglich serbischen Provinz Kosovo stellen die ethnischen Albaner mit einem Bevölkerungsanteil von etwa 90 Prozent die Mehrheit dar und wurden durch Serbien zwischen 1989  und 1999 massiv unterdrückt. Dies führte zum Kosovo-Krieg in den Jahren 1998/99 zum völkerrechtlich umstrittenen Eingreifen der NATO sowie zur Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Jahre 1999 und zur umstrittenen Abspaltung des Kosovo von Serbien im Jahre 2008.

In der Republik Makedonien stellen die ethnischen Albaner einen Bevölkerungsanteil von 25 Prozent. Zwar wurden die Albaner in der Republik Makedonien nicht unterdrückt wie im Kosovo, wurden jedoch benachteiligt und waren nicht mit ihrem staatsrechtlichen Status zufrieden. Zwischen Januar und August 2001 kam es zu einem bewaffneten Konflikt zwischen der Republik Makedonien und bewaffneten albanischen Kämpfern. Dieser Konflikt wurde durch das Rahmenabkommen von Ohrid vom 13.08.2001 beendet. Aufgrund dieses Abkommens wurden die kulturellen und staatlichen Rechte der Albaner in der Republik Makedonien massiv erweitert. Dennoch gibt es im Alltag noch Diskriminierungen und es gibt vieles für den inner-ethnischen Frieden zu tun. Doch die Frage ist nun: Droht ein neuer ethnischer Krieg? Die große Mehrheit der Bevölkerung in der Republik Makedonien oder in den anderen Staaten des Balkans dürfte unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit keinen ethnischen Krieg wollen. Das Volk ist sehr um ein friedliches Zusammenleben bemüht. Bereits nach Bekanntwerden des Zwischenfalls in Kumanovo haben zahlreiche ethnische Albaner sowie ethnische Makedonier über die Sozialen Medien ihren Wunsch für ein friedliches Zusammenleben kund getan.