Zum Inhalt springen

Innenpolitische Krise in Mazedonien spitzt sich zu

Nikola Gruevski im Gespräch mit dem Oppositionsführer Zoran Zaev (SDSM)

Der Machtkampf zwischen der Regierung bzw. der Regierungskoalition und der Opposition in der Republik Makedonien hat eine neue Qualität bekommen. Seit der letzten Parlamentswahl am 27.04.2014 boykottierte vor allem die größte Oppositionspartei, die Sozialdemokratische Union Makedoniens (SDSM), die Parlamentsarbeit und wirft der Regierungskoalition aus VMRO-DPMNE und DUI eine unfaire Organisation und Durchführung der Parlamentswahl vor. Tatsächlich agiert die Regierung unter Ministerpräsident Nikola Gruevski immer autoritärer, baut ihren Einfluss auf die Justiz und Medien immer mehr aus. Zwar dürften die Parlamentswahlen formal korrekt verlaufen sein, doch dürfte ein uneingeschränkt fairer Wahlkampf unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht gewährleistet gewesen sein.

Statt zu einem demokratischen, rechtsstaatlichen und überparteilichen Konsens zurückzukehren, werden die Maßnahmen und Rhetorik zwischen den beteiligten Akteuren aktuell noch schärfer. Die Regierung wirft der Opposition einen Putschversuch und Spionage vor. Infolgedessen wurde der Pass des SDSM-Vorsitzenden Zoran Zaev eingezogen. Des Weiteren wurden drei Personen verhaftet, darunter der ehemalige Chef des Geheimdienstes Zoran Verusevski und dessen Frau.

Der Vorsitzende der oppositionellen Sozialdemokraten Zoran Zaev konterte damit, dass man ihm trotzdem nicht daran hindern werde, die „politische Bombe“ platzen zu lassen und belastende Unterlagen gegen die Regierung zu veröffentlichen. Seit Monaten kündigt die Opposition an, dieses die Regierung belastende Material zu veröffentlichen. Dieses Material soll belegen, dass die makedonische Regierung durch einen informellen Geheimdienst Personen illegal abgehört haben soll. Nach Angaben der makedonischen Opposition sollen tausende von Personen davon betroffen sein.

Der makedonische Ministerpräsident wirft Zoran Zaev und den drei Verhafteten in einer Fernsehansprache wiederum vor, dass sie mit ausländischen Geheimdiensten zusammengearbeitet und damit die Verfassung der Republik Makedonien unterlaufen hätten. Des Weiterem wirft der makedonische Ministerpräsident Zaev vor ihn erpressen zu wollen, damit es zur Bildung einer gemeinsamen Regierung und zu vorgezogenen Parlamentswahlen kommt.

Tatsächliche dürfte ein Machtkampf zwischen der makedonischen Regierung und der Opposition ausgebrochen sein, bei der es um die Macht in der Republik Makedonien geht. Dabei werden von allen Beteiligten demokratische und rechtsstaatliche Grundsätze massiv missachtet. Sowohl die makedonische Regierung bzw. Regierungskoalition als auch die Opposition dürften den Boden der makedonischen Verfassung mittlerweile verlassen haben. Aktuell dürfte es dem makedonischen Ministerpräsidenten darum gehen die Veröffentlichung des möglicherweise belastenden Materials zu verhindern, in dem dazu die Justiz instrumentalisiert wird. Allerdings dürfte auch die Rolle der Opposition in dieser Staatsaffäre nicht ganz astrein sein.

International wird die Situation ebenfalls wahrgenommen. Die Russische Föderation stellte sich auf der Seite der makedonischen Regierung, fordert eine Untersuchung des Vorwurfes eines Putschversuches und warnt vor einer Zuspitzung der Situation, die auch in ethnischen Spannungen münden könnte. Die Europäische Union (EU) und die USA sehen den aus ihrer Sicht stattfindenden Einflussversuch der Russischen Föderation wiederum kritisch. Sie verlangen von der Republik Makedonien die Einhaltung von rechtsstaatlichen Standards, halten sich jedoch mit konkreten Schuldzuweisungen zurück.

Eines dürfte jedoch klar sein. Demokratische und rechtsstaatliche Standards werden mittlerweile von allen Beteiligten nicht mehr eingehalten. Der Boden der makedonischen Verfassung ist längst verlassen worden. Es bedarf zunächst der Rückkehr aller beteiligten Parteien und Akteure auf den Boden der Verfassung. Die Rückkehr zu den in der Verfassung festgelegten Grundwerten, insbesondere der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit, sind unabdingbar. Danach bedarf es auch eines Konsenses zwischen den Parteien, zu einer angemessenen politischen Kultur zurückzukehren. Hier wäre vielleicht ein entsprechendes Rahmenabkommen, was im Rahmen von Verhandlungen unter internationaler Vermittlung zwischen den Parteien ausgehandelt und unterzeichnet werden könnte, ein Ausweg aus der Staatskrise.